Rechtliche Gestaltung Unternehmensnachfolge

SZA SCHILLING, ZUTT & ANSCHÜTZ RECHTSANWALTS AG
Prof. Dr. Stephan Scherer (FA ErbR/FA StR)
ROWEDDER, ZIMMERMANN & HASS
Prof. Dr. Ralph Landsittel (FA ErbR/FA StR)
Rechtliche Gestaltung Unternehmensnachfolge
Frühjahrsemester 2016
Skript zur 4. Vorlesung (09.03.2016)
Zu Fall 3:
Zu Frage 1: Im Wege der gesetzlichen Erbfolge haben F und S den U zu je ½ beerbt. Für F folgt die
Erbquote von ½ aus § 1931 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB (gesetzlicher Güterstand der
Zugewinngemeinschaft). Als gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung gemäß § 1924 BGB fällt die verbleibende Nachlasshälfte an S. Die Erben haften jedoch auch für Nachlassverbindlichkeiten,
§§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB.
a)
Da sich die Haftung grundsätzlich nicht auf den Nachlass beschränkt, sondern auch Eigenvermögen der Erben erfasst, stellt sich hier besonders die Frage der Ausschlagung,
§ 1942 Abs. 1 BGB, die innerhalb der Frist des § 1944 BGB (grundsätzlich nur 6 Wochen!)
zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden muss
(§ 1945 Abs. 1 BGB). Die Ausschlagung hat zur Folge, dass der Ausschlagende rückwirkend
sein Erbrecht verliert. Er wird so behandelt, als habe er beim Anfall der Erbschaft nicht mehr
gelebt. Die Ausschlagung der F hätte daher zur Folge, dass S als einziger Erbe der ersten Ordnung Alleinerbe geworden wäre. In Fall 3 ist unklar, ob man F und S zu einer Ausschlagung raten sollte. Zwar besteht gegen den Nachlass eine titulierte Forderung von Euro 500.000,00, daneben existiert die Forderung des S über Euro 60.000,00. An Aktiva wurde nur das (mit Altlasten belastete) Betriebsgrundstück erwähnt. Dessen Wert müsste geschätzt werden. Aus dem
Umstand, dass sich U von S Geld zur Prozessführung geliehen hat, lässt sich aber nicht ohne
Weiteres schließen, dass keine sonstigen Vermögenswerte vorhanden sind. Im Mandantengespräch müsste erfragt werden, welches weitere Vermögen vorhanden ist. In der Praxis erweist es
sich nicht selten als problematisch, sich innerhalb der Frist des § 1944 BGB einen Überblick
über Nachlasswerte und Nachlassverbindlichkeiten verschaffen zu müssen.
b)
Als Alternative zur Ausschlagung kommen Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung in Betracht.
Gemäß § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB haften die Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft nur
mit dem Nachlass. Diese Regelung vermittelt jedoch nur einen schwachen Schutz, weil die Miterben auch vor der Teilung zur Zahlung verurteilt werden können und die Zwangsvollstreckung
lediglich aufgeschoben wird.
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Stellt sich nach Ablauf der Ausschlagungsfrist heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, sollten die Erben die Nachlassinsolvenz beantragen, § 1980 BGB. Grundsätzlich hat dies zur Folge, dass der Nachlass vom Eigenvermögen der Erben getrennt und einem Nachlassinsolvenzverwalter zugewiesen wird, der die Nachlassverbindlichkeiten ausgleicht, soweit es die Nachlassmittel zulassen. Ist der Nachlass nicht überschuldet, können die Erben statt der Nachlassinsolvenz Nachlassverwaltung, § 1981 BGB, beantragen. Die Wirkungen sind ähnlich wie bei
der Nachlassinsolvenz. Auch hier wird der Nachlass vom Eigenvermögen der Erben getrennt
und einem Nachlassverwalter zugeordnet, der die Gläubiger befriedigt und den Nachlass auseinandersetzt. In der Praxis ist die Nachlassverwaltung oft eine Vorstufe zur Nachlassinsolvenz.
Sollte das Nachlassvermögen nicht ausreichen, um die Kosten der Nachlassverwaltung oder
Nachlassinsolvenz zu decken, wird die Eröffnung des betreffenden Verfahrens abgelehnt. In
diesem Fall steht den Erben die sog. Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB zu. Danach können
sie die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten aus ihrem Eigenvermögen verweigern, wenn
sie das Nachlassvermögen an Nachlassgläubiger herausgegeben haben.
Mit diesen Möglichkeiten vor Augen sollten F und S den Nachlass gezielt auf seine Werthaltigkeit
prüfen.
Zu Frage 2: F kann die Veräußerung des Betriebsgrundstücks grundsätzlich nicht isoliert durchsetzen.
Da sie den Nachlass mit S in Erbengemeinschaft erhalten hat, kann sie über einzelne Nachlassgegenstände nur mit S gemeinsam verfügen, § 2040 Abs. 1 BGB. F hat allerdings die Möglichkeit, jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen, § 2042 Abs. 1 BGB, und S notfalls
auf Zustimmung zu einem von ihr vorzulegenden Auseinandersetzungsplan zu verklagen. Genügt das
sonstige Nachlassvermögen, die Nachlassverbindlichkeiten auszugleichen, ist auch das Betriebsgrundstück in die Auseinandersetzung einzubeziehen. Soweit es bei wirtschaftlicher Betrachtung geteilt
werden kann, hat Teilung in Natur Vorrang, §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB. Scheidet diese Möglichkeit
aus, ist das Grundstück zu veräußern, § 753 BGB.
Die Miterben können einstimmig einen Auseinandersetzungsvertrag schließen und die Auseinandersetzung von den gesetzlichen Regeln abweichend vereinbaren. Sie können die Auseinandersetzung
auch für eine bestimmte Zeit ausschließen. Ebenso kann der Erblasser letztwillig die Auseinandersetzung für bis zu 30 Jahre ausschließen. Von diesen Möglichkeiten haben die Beteiligten hier aber keinen Gebrauch gemacht.
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Zu Frage 3: Zwischen der Erbengemeinschaft und einzelnen ihrer Mitglieder bestehen die Rechtsbeziehungen unverändert fort, die bis zu dem Erbfall zwischen Erblasser und einzelnen späteren Miterben bestanden haben. Daher steht S die Rückzahlung des vollen Betrages von Euro 60.000,00 zu. Insbesondere kommt es nicht zur Konfusion von Forderung und Verbindlichkeit, wenn ein Miterbe eine
Forderung oder Verbindlichkeit gegenüber dem Nachlass hat.
Zu Frage 4: Es kommen mehrere Möglichkeiten in Frage:
a)
Wie oben (zu Frage 2) angedeutet, hätte U die Auseinandersetzung des Nachlasses für bis zu
30 Jahre ausschließen können, § 2044 BGB. Dieses Auseinandersetzungsverbot hätte er auf
das Betriebsgrundstück beschränken können. Sind sich die Miterben jedoch einig, können sie
sich über das Auseinandersetzungsverbot gemeinschaftlich hinwegsetzen (BGHZ 40, 115). Ein
reines Auseinandersetzungsverbot ist daher kein sicheres Mittel.
Vertiefender Exkurs: Ob etwas anderes gilt, wenn U gleichzeitig Testamentsvollstreckung
angeordnet hat, ist umstritten. Der BGH hat in seiner Entscheidung in NJW 1984, 2464 die Ansicht vertreten, das Auseinandersetzungsverbot entfalte dingliche Wirkung. Dieses Ergebnis beruhe zum einen darauf, dass die Miterben – was unstreitig ist – nicht über Nachlassgegenstände
verfügen können, soweit diese der Testamentsvollstreckung unterliegen. Zum anderen stünden
dem Testamentsvollstrecker gemäß § 2208 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2205 S. 2 BGB (lesen!) ebenfalls nur die Verfügungsbefugnisse zu, die ihm der Erblasser zugewiesen habe. Aufgrund des
Auseinandersetzungsverbots ergebe sich daher keine Verfügungsbefugnis über das Grundstück.
Einige Obergerichte folgen dieser Ansicht des BGH (vgl. OLG Zweibrücken, DNotZ 2001, 399;
OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 527). In der Literatur ist diese Rechtsprechungslinie jedoch
insbesondere deswegen kritisiert worden, weil im Ergebnis niemand mehr über den betroffenen
Vermögensgegenstand verfügen kann. Dies ist mit Blick auf § 137 S. 1 BGB (lesen!) problematisch, weil gerade vermieden werden soll, dass ein Einzelner einen Vermögensgegenstand durch
rechtsgeschäftliche Anordnung dinglich dem Wirtschaftsverkehr entziehen kann (vgl. die Anmerkung von Winkler zur Entscheidung des OLG Zweibrücken, DNotZ 2001, 399, 401 ff.).
b)
Der Erblasser kann es den Miterben auch zur Auflage machen, das Betriebsgrundstück nicht zu
veräußern, § 1940 BGB. Die Erfüllung der Auflage können jedoch nur die Miterben untereinander sowie – soweit vorhanden – ein Testamentsvollstrecker verlangen. Wirken die Miterben
zusammen und ist – wie hier – kein Testamentsvollstrecker ernannt, stellt auch die Auflage kein
sicheres Mittel dar.
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U könnte die Erbeinsetzung von F und S an die auflösende Bedingung knüpfen, dass sie das
Betriebsgrundstück nicht veräußern, § 158 Abs. 2 BGB. Mit dem Eintritt der Bedingung würden
F und S ihre Erbenstellung verlieren und ihre Erbanteile fielen an weitere von U benannte Begünstigte oder an seine entfernteren gesetzlichen Erben, notfalls den Staat. Die Bedingung kann
die Veräußerung des Betriebsgrundstücks nicht sicher ausschließen, beinhaltet jedoch eine erhebliche Abschreckung gegenüber den Erben. Will U den Fortfall der gesamten Begünstigung
vermeiden, kann er nur einen Teil der Begünstigung entfallen lassen. Als problematisch kann
sich jedoch die Formulierung der Bedingung erweisen, die eindeutig gefasst sein muss und u. U.
mögliche Umgehungen erfassen sollte. So wäre zu fragen, ob auch der Abschluss eines Erbpachtvertrages über 99 Jahre die Bedingung auslösen soll oder nicht.
IV. Gesellschaftsrechtliche Grundlagen (I.)
Vererblichkeit von Gesellschafts- und Geschäftsanteilen
1.
Überblick über wichtige deutsche Gesellschaftsformen

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, §§ 705-740 BGB),

Offene Handelsgesellschaft (OHG, vgl. §§ 105-160 HGB),

Kommanditgesellschaft (KG, vgl. §§ 161-177a HGB),

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, vgl. GmbHG) sowie

Aktiengesellschaft (AG, vgl. §§ 1-277 AktG)
Als Grundform der Personengesellschaft kann die GbR angesehen werden, weshalb die
Regelungen der §§ 705 ff. BGB auch auf die übrigen Personengesellschaften Anwendung finden, soweit das Gesetz für diese nicht abweichende, spezielle Regelungen getroffen hat. Ebenso wie die OHG und die KG ist die GbR eine Personengesellschaft, die
nach neuer Rechtsprechung des BGH entgegen seiner früheren Auffassung (BGHZ 80,
222, 227) über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt (BGH, NJW 2001, 1056; 2008,
1378, 1379). Wesentliche Charakteristika sind in folgender Tabelle zusammengefasst:
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Personengesellschaften
GbR
OHG
Kapitalgesellschaften
KG
Komplementäre
Juristische Person
Nein
Nein
Nein
Haftung
der
Gesellschafter
Unbeschränkt
Unbeschränkt,
§ 128 HGB
Unbeschränkt:
Komplementäre, §§ 128, 161
Abs. 2 HGB
Mindestkapital
beliebig
beliebig
beliebig
Vererblichkeit
der
Gesellschafts/Geschäftsanteil
e bzw. Aktien
Grds.
nein.
Auflösung bei
Tod
eines
Gesellschafters,
§ 727
Abs. 1 BGB
Grds.
nein.
Fortsetzung
unter den übrigen
Gesellschaftern,
§ 131 Abs. 3
S. 1 Nr. 1 HGB
Grds.
nein.
Fortsetzung
unter den übrigen Gesellschaftern,
§§ 131 Abs. 3
S. 1 Nr. 1,
161 Abs. 2 HGB
möglich, solange die KG über
mindestens
einen Komplementär verfügt
2.
§ 128 HGB
analog
GmbH
AG
Ja
Ja
Haftung auf das Gesellschaftsvermögen
beschränkt,
§ 13
Abs. 2 GmbHG
Haftung auf
das
Gesellschaftsvermögen
beschränkt,
§ 1 Abs. 1
S. 2 AktG
€ 25.000,00
bzw. € 1 bei UG (haftungsbeschränkt) gem.
§ 5a GmbHG
€ 50.000,00
Ja,
§ 15 Abs. 1
GmbHG.
Ja.
Bei
Erbengemeinschaft nur gemeinschaftliche Rechtsausübung zulässig, § 18
Abs. 1 GmbHG; Bestellung gemeinsamen
Vertreters möglich
Bei Erbengemeinschaft
Rechtsausübung
nur
durch
gemeinsamen
Vertreter
möglich,
§ 69 Abs. 1
AktG.
Kommanditisten
Beschränkt:
Kommanditisten,
§ 171
Abs. 1 HGB
Grds.
ja.
Nachfolge der
Erben im Wege
der Sondererbfolge,
§ 177 HGB
Gesetzliche Regelungen zur Vererblichkeit von Gesellschaftsanteilen und Aktien
Wie in den ersten Vorlesungen besprochen, liegt dem deutschen Erbrecht der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge, § 1922 Abs. 1 BGB, zugrunde. Danach treten die Erben grundsätzlich in die Rechtsstellung des Erblassers unverändert ein. Wird der Erblasser von mehreren Miterben beerbt, so stehen der Erbengemeinschaft also grundsätzlich
alle Nachlasswerte gemeinsam zur gesamten Hand zu, wie sie zuvor auch dem Erblasser zur Verfügung standen. Hierzu gehört auch, dass die Erben auch für ererbte
Verbindlichkeiten, und zwar grundsätzlich unbeschränkt, aber beschränkbar haften,
§ 1967 Abs. 1 BGB. Dieses erbrechtliche Konzept stößt bei der Vererbung von Anteilen
an Personengesellschaften an seine Grenzen. Im Kern beruht dies auf zwei Überlegungen:
Erstens ist für Personengesellschaften die enge Verbundenheit der Gesellschafter wesenstypisch. Rechtspolitisch spricht dies gegen die Vererblichkeit von Personengesell-
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schaftsanteilen, weil mit der Nachfolge der Erben in die Gesellschafterstellung des
Erblassers aus Sicht der übrigen Gesellschafter das Eindringen außenstehender Dritter
in die Gesellschaft verbunden ist. Hinzu kommt zweitens, dass insbesondere die GbR
und die OHG, im Grundsatz auch die KG, „in der Regel eine persönlichkeitsbezogene
Arbeitsgemeinschaft und stets eine persönlichkeitsbezogene Haftungsgemeinschaft“
(BGHZ 22, 186, 192) sind, denen eine Erbengemeinschaft nicht angehören kann. Weder
kann die Erbengemeinschaft als solche, sondern allenfalls ihre einzelnen Mitglieder Arbeitsverpflichtungen in der Personengesellschaft übernehmen. Noch problematischer ist
die Unverträglichkeit des personengesellschaftsrechtlichen mit dem erbrechtlichen Haftungsregime: Während das Gesetz nämlich für Gesellschafter einer GbR und einer OHG
sowie für Komplementäre einer KG die unbeschränkte persönliche Haftung vorsieht,
haben Erben die Möglichkeit, ihre grundsätzlich unbeschränkte Haftung auf den Nachlass zu beschränken. In der Erbengemeinschaft greift zudem die Einrede des § 2059
Abs. 1 S. 1 BGB (lesen!).
Da eine GbR typischerweise auf der persönlichen Zusammenarbeit ihrer Gesellschafter
beruht, erklärt sich die Regelung des § 727 Abs. 1 BGB, dass die Gesellschaft aufgelöst
wird, wenn ein Mitgesellschafter verstirbt. Demgegenüber bedarf es für die GmbH und
die AG einer solchen Beschränkung der Vererblichkeit der Geschäftsanteile (GmbH)
und Aktien (AG) nicht (freie Vererblichkeit). Das Gesetz sieht in § 18 Abs. 1 GmbHG
für den Fall der Erbengemeinschaft lediglich vor, dass Rechte aus einem Geschäftsanteil
– unbeschadet der Möglichkeit, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen – nur gemeinschaftlich ausgeübt werden können, während bei Aktien die Bestellung eines gemeinschaftlichen Vertreters in diesem Fall zwingend ist, vgl. § 69 Abs. 1 AktG. Zwischen diesen beiden Extremen stehen die OHG und die KG. Dort sieht das Gesetz zwar
keine Vererblichkeit der Gesellschaftsanteile vor (Argument: persönliche Verbundenheit der Gesellschafter), jedoch wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt, während die Erben des Verstorbenen abgefunden werden. Stirbt
ein Kommanditist einer KG, sieht § 177 HGB sogar vor, dass seine Erben ihm im Wege
der Sondererbfolge einzeln in seine Kommanditistenstellung nachfolgen.
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3.
Überblick über die Möglichkeiten abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag
Die gesetzlichen Regelungen zur Vererblichkeit von Personengesellschaftsanteilen
sind dispositiv. Daher können die Gesellschafter einer GbR ihre Gesellschaftsanteile im
Gesellschaftsvertrag vererblich stellen, indem sie insbesondere die Nachfolge der Erben
oder Vermächtnisnehmer eines verstorbenen Gesellschafters zulassen (sog. einfache
Nachfolgeklausel). Sie können aber auch nach dem gesetzlichen Vorbild des
§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB vorsehen, dass die Gesellschaft unter den verbliebenen
Gesellschaftern bei Abfindung der Erben des Verstorbenen fortgesetzt wird (sog.
Fortsetzungsklausel). Auch der Gesellschaftsvertrag einer OHG oder KG kann eine
Nachfolgeklausel enthalten. Es ist unüblich, aber grundsätzlich denkbar, auch hier die
Auflösung festzuschreiben. In Abweichung von § 177 HGB ist beim Tod eines Kommanditisten auch an eine Fortsetzungsklausel zu denken, was in der Praxis jedoch
ebenfalls die Ausnahme ist. Das Recht der Kapitalgesellschaften lässt den Ausschluss
der Vererblichkeit von GmbH-Anteilen und Aktien nicht zu. In der GmbH ist es allerdings möglich, die Regelung in die Satzung aufzunehmen, dass die Erben eines Gesellschafters die Geschäftsanteile an die übrigen Gesellschafter (gegen Abfindung) abzutreten haben, wenn die Erben nicht bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen. Von
dieser Möglichkeit machen insbesondere Familiengesellschaften Gebrauch, wo die Satzung vielfach eine Abtretungspflicht festschreibt, sollte ein Erbe nicht der Familie angehören (z. B. Ehepartner oder Freund des Verstorbenen).
Fall 4:
Unternehmer U (verheiratet mit Frau F und Vater von Tochter T) betreibt mit seinen Bekannten B1
und B2 in Heidelberg die Glassouvenir GbR. Vor kurzem haben alle drei zudem die Heidelberger
Braubier GmbH übernommen.
Weder der Gesellschaftsvertrag der Glassouvenir GbR, noch die Satzung der Braubier GmbH enthalten Regelungen zur Vererblichkeit, Übertragbarkeit oder Einziehung von Gesellschafts- bzw. Geschäftsanteilen. U hat auch keine letztwillige Verfügung errichtet.
Frage 1:
Was geschieht mit den Gesellschafts- und Geschäftsanteilen des U, wenn
dieser plötzlich verstirbt?
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Frage 2:
Was ändert sich, wenn der Souvenirbetrieb in der Rechtsform der OHG betrieben wird?
Frage 3:
Welche (insbesondere wirtschaftlichen) Gründe sprechen für die Vererblichkeit
der Gesellschafts- und Geschäftsanteile? Was spricht gegen die sog. Fortsetzungsklausel?
Frage 4:
Welche Regelungen sind erforderlich, damit F die Gesellschaftsanteile an der
Glassouvenir GbR erhält und T die Geschäftsanteile an der Braubier GmbH?

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Lesen Sie: Brox/Walker, Erbrecht, 26. Auflage 2014, § 43