Tageblatt, vom: Donnerstag, 17. Dezember 2015

54 SÜDEN
Donnerstag, 17. Dezember 2015 • Nr. 294
Nicht alle haben Angst
BÜRGERVERSAMMLUNG Kaum Unterstützung für „Kee Containerduerf am Duerf“
Luc Laboulle
STEINFORT Vier Minister, der
Steinforter Bürgermeister und
neun Beamte hatten sich auf der
Tribüne aufgebaut, um die Bevölkerung aufzuklären.
Die Angst vor vermeintlichem
Sozialneid und die Befürchtung,
in der sogenannten „Flüchtlingswelle“ zu ertrinken, prägten den
Diskurs der Gegner des Containerdorfs, das die Regierung im
kommenden Jahr hinter dem
Park & Ride in der rue Collart errichten will.
So argumentierte einer der Redner im Publikum, die Regierung
wolle den Westen des Landes mit
Flüchtlingen überschwemmen,
da neben Steinfort auch Flüchtlinge in Arlon und Mamer untergebracht seien bzw. würden. Ein
anderer drückte die Befürchtung
aus, die Asylsuchenden könnten
zur Gefahr werden, wenn sie sehen würden, wie gut es die Menschen in Steinfort hätten, während sie – die Flüchtlinge – gar
nichts hätten.
Fotos: MDDI
Am Dienstagabend fand
im „Centre culturel
Roudemer“ in Steinfort die
Bürgerversammlung im
Rahmen der Prozedur des
„Plan d’occupation du sol“
statt. Die Regierung wird in
der Nähe des P&R eine
Containereinrichtung zur
Aufnahme von 300
Asylsuchenden bauen.
Wegen der nationalen Bedeutung des Projekts leitete die Regierung die im Landesplanungsgesetz vorgesehene Prozedur des
„Plan d’occupation du sol“ ein. Noch bis 23. Dezember liegen die Pläne in der Gemeinde aus. Bis 6. Januar können die Bürger
Anmerkungen bzw. Einwände mitteilen, die dann von der Gemeinde in Form eines „Avis“ an das Ministerium weitergereicht werden.
Und dann waren da noch die
Einwände der Bürgerinitiative
„Kee Containerduerf am Duerf“,
die zwar laut eigenen Angaben
keine Angst vor den Flüchtlingen
an sich, sondern nur vor großen
Menschenansammlungen
hat,
und insbesondere dann, wenn
diese Menschen, die sich sammeln, Flüchtlinge sind. Die Ini-
Zwei Spielplätze für Kinder sollen in dem Containerdorf entstehen
tiative befürchtet, dass es in dem
Containerdorf zu Schlägereien
kommen könnte. Ihre Argumente belegt sie mit Artikeln aus
deutschen Medien, in denen
Konflikte in Flüchtlingsheimen
thematisiert werden.
Wie der Präsident der Bürgerinitiative, der Anwalt Joé Lemmer, bei einer Wortmeldung erklärte, habe man Beschwerde
beim Verwaltungsgericht eingereicht, um gegen die Entscheidung der Regierung vorzugehen.
Ferner habe man im Rahmen einer Petition 500 Unterschriften
von Einwohnern aus Steinfort
und Umgebung gesammelt.
Doch die Einwände der Flüchtlings- und Containergegner ernteten nur wenig Applaus im voll
besetzten Kulturzentrum Roudemer. Längst nicht alle Menschen
aus Steinfort und Umgebung unterstützen die Initiative.
In mehreren Wortmeldungen
wurden die Pläne der Regierung
befürwortet und die Bürgerinitiative scharf kritisiert.
Er stelle fest, dass direkt neben
dem geplanten Standort Menschen wohnen würden, die befürchteten, dass ihre „Schlösser
und Villen“ an Wert verlieren,
meinte ein Bürger in Anspielung
auf die Mitglieder der Bürgerinitiative „Kee Containerduerf am
Duerf“, denen er Hypokrisie vorwarf. Vor dem gleichen Hintergrund betonte eine weitere Bürgerin, man solle Privates nicht
mit Politischem vermischen. Eine
dritte Rednerin bezichtigte die
Bürgerinitiative, aus „unehrlichem Mitleid“ zu handeln.
Ein Vertreter einer weiteren
Bürgerinitiative in Steinfort, der
„Bierger-Initiativ Liewensqualitéit Gemeng Stengefort asbl.“, die
sich seit einigen Monaten gegen
den Bau eines großen Wohnprojekts in der Ortschaft einsetzt,
sprach sich prinzipiell nicht gegen die geplanten Container aus,
brachte als mögliche Alternative
aber den ehemaligen Campingplatz ins Gespräch, der praktisch
an das geplante Wohnprojekt
grenzt.
Platz für 300 Asylsuchende
Die geplante provisorische
Containereinrichtung in Steinfort wird Platz für 300 Asylsuchende bieten. Im Notfall können bis zu 600 Personen aufgenommen werden. Verwaltet
wird das Haus von der Caritas,
die auch für die Betreuung der
Bewohner sorgt.
Im Hof der Steinforter Grundschule soll ein weiterer Container zur Einschulung der
Flüchtlingskinder gebaut werden. Die Gesamtkosten für die
Container belaufen sich auf
11,4 Millionen Euro, die der
Staat bezahlt.
Wenn die Anzahl der Flüchtlinge nachlasse und die Container nicht mehr gebraucht würden, kämen sie weg, betonte
Minister François Bausch. Danach könnte der P&R ausgebaut werden.
Bau von Seniorenwohnungen geplant
GEMEINDERAT MAMER Haushaltsplan für 2016 angenommen
MAMER Im Mittelpunkt der letzten Gemeinderatssitzung in Mamer standen, wie zurzeit in allen
Gemeinden des Landes, die Finanzen. Einerseits gibt es Schulden in Höhe von 36 Mio. Euro,
andererseits einen Überschuss
von 8,2 Mio. Euro im ordentlichen Haushalt.
In den vergangenen Jahren investierte Mamer mehr als 300
Mio. Euro für die Allgemeinheit.
Erst kürzlich wurde der Neubau
des Schulkomplexes in Capellen
fertiggestellt.
Aktuell zahlt die Gemeinde
Mamer rund 77.000 Euro Zinsen
jährlich, angesichts der Investitionen und des Überschusses im
ordentlichen Haushalt sei die
Schuldenlast aber zu meistern, so
Bürgermeister Gilles Roth (CSV)
in seiner Antwort auf Kritiken.
Auch für die kommenden Jahre
hat der Schöffenrat bereits seine
Pläne für den Bau von weiteren
Einrichtungen im Interesse der
Allgemeinheit.
Bürgermeister
Roth informierte über den geplanten Bau von Seniorenwohnungen nahe der „Ligue HMC“
in Capellen. Ein Privatinvestor
habe ihn zwecks Sondierungsgesprächen kontaktiert.
Die Lage rund um das „Ligue
HMC“-Gelände eigne sich gut
hierfür, dank einer direkten Anbindung an den öffentlichen
Transport. Mehr Details gab
Roth zu diesem Projekt nicht bekannt.
Kurzfristig: 120 neue
Sozialwohnungen
Was die Sozialwohnungen angeht, so wurden in den letzten
Jahren insgesamt 112 Einheiten
geschaffen. Weitere 120 Wohneinheiten sollen kurzfristig nahe
dem Wohngebiet „op Bierg“ entstehen.
Der „Fonds du logement“ hat
diesbezüglich den Schöffenrat
über ein Bauvorhaben informiert. Bis Mitte Januar 2016 habe
der Fonds nun Zeit, informelle
Bebauungspläne einzureichen.
Die Baupläne können relativ
kurzfristig umgesetzt werden, so
Gilles Roth.
2/3 der Wohnungen sollen vermietet werden, des restliche Drittel werde zum Verkauf zur Verfügung stehen.
Im weiteren Verlauf der Debatte standen weitere Anregungen
im Raum, etwa Investitionen in
die Kläranlage oder den Bau eines neuen Recyclingcenters. Das
bestehende sei im Jahr 2014 insgesamt 107.000 Mal von den Einwohnern aufgesucht worden.
Auch der Bau einer neuen Musikschule sowie ein „Lifting“ der
Sporteinrichtungen seien vonnöten.
DP-Rat Jean Bissen reichte aufgrund seiner Abwesenheit seine
Anmerkungen schriftlich ein. Er
vertritt die Meinung, dass ein Gesamtüberschuss von 800.000
Euro keine großen Sprünge erlaube.
Die Pro-Kopf-Verschuldung sei
zu hoch, das Anlegen von Reserven sei notwendig, zumal staatliche Subventionen immer wieder
verspätet ausgezahlt werden. Bissen mahnte zu einer vorsichtigeren Finanzpolitik.
Einsparungen, beispielsweise
bei den Architektenhonoraren,
seien möglich.
Der Schultransport müsse
ebenfalls überarbeitet werden,
zudem findet Jean Bissen es ungewöhnlich, dass Schulbusse
trotz der Finanzierung über die
Gemeindekasse zusätzlich werbefinanziert seien.
Abschließend vertrat er noch
die Meinung, dass er dem Schöffenrat konstruktive Vorschläge
zwecks Sparpotenzial unterbreiten könne, er bezweifele jedoch
den Willen hierzu seitens des
Schöffenrats.
Auf die Anmerkung hin, die Architektenhonorare zu plafonieren, argumentierte Gilles Roth,
dass die Honorare sicherlich ins
Geld schlagen, man dürfe jedoch
nicht vergessen, dass der Architekt für ein Projekt die Verantwortung trägt und dazu teure
Versicherungen notwendig seien.
Rat Romain Rosenfeld (LSAP)
lobte die Investitionspolitik in
Schule und Kinder, daher würde
die LSAP auch den Haushalt voll
unterstützen.
Rätin Nancy Brosius („déi
gréng“) fordert neue Visionen im
Bereich Jugendarbeit und Sport.
Insbesondere seien die Sporteinrichtungen aufgrund einer hohen
Nachfrage überlastet.
Nach allen Diskussionen nahm
der Gemeinderat den Haushaltsentwurf mit neun Ja-Stimmen
und drei Gegenstimmen mehrheitlich an.
M.F.
Persönlich erstellt für: asbl asti
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