Newsletter zum Zoll-, Verbrauchsteuer-, Außenwirtschafts

Z&V
Zol l - u n d Ve rb ra uc hs te ue rre c ht
Newsletter zum Zoll-, Verbrauchsteuer-, Außenwirtschafts- und Marktordnungsrecht
denken
Inhaltsübersicht
.
Seite
RECHTSPRECHUNG
Gestaltungsfreiheit und -missbrauch im Zollrecht
2
Zolltarifrecht – Teile als unabdingbarer Bestandteil eines Ganzen
3
ENTWICKLUNGEN IM ZOLLRECHT
Durchfuhr von Waffen und Munition
4
Unterlagencodierung D008 bei Antidumpingwaren
4
Unionszollkodex5
ZAHLEN UND FAKTEN
Zahlen und Fakten der Zollverwaltung für das Jahr 2014
6
Zahlen und Fakten der Finanzgerichtsbarkeit für das Jahr 2014
7
1/15
.
der vorliegende Newsletter zum Zollrecht stellt Ihnen einige interessante
Entscheidungen und Entwicklungen
aus dem Jahre 2014 vor. Außerdem
wollen wir Sie auf einige typische Fallgestaltungen hinweisen, bei denen
sich entweder Fallstricke ergeben
können oder aber die Zollverwaltung
seit geraumer Zeit verstärkt eine sehr
strikte Rechtspraxis zu etablieren versucht. Er endet mit einer kurzen Darstellung der zollbehördlichen Tätigkeiten und der zuständigen Finanzgerichtsbarkeit im Jahre 2014.
Eine interessante Lektüre wünschen Ihnen
Torsten Kühl
Gert Schemmann
Rechtsanwalt
Dipl.-Finanzwirt
Dipl.-Betriebswirt
Schomerus TaxConsult GmbH
Steuerberatungsgesellschaft
Zölle, Verbrauchsteuern,
Außenwirtschafts- und
Marktordnungsrecht
Deichstraße 1
20459 Hamburg
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RECHTSPRECHUNG
Gestaltungsfreiheit und -missbrauch im Zollrecht
In einem Urteil vom 13.03.2014 (Rs. C-155/13 – „SICES“) nahm der EuGH im Rahmen eines
Vorabentscheidungsverfahrens zu rechtsmissbräuchlichen Handelstätigkeiten bei der Einfuhr von Zollkontingentware Stellung. Im Streitfall war die Einfuhrlizenz eines EU-ansässigen Wirtschaftsteilnehmers für präferenzbegünstigte Einfuhren von Knoblauch aus China
erschöpft. Dennoch kaufte er zunächst weiteren Knoblauch aus China ein, veräußerte diese
Chargen jedoch vor der Einfuhr an einen EU-ansässigen Unternehmer, dessen Einfuhrlizenz für Knoblauch noch nicht erschöpft war. Dieser Handelspartner führte den Knoblauch
sodann ordnungsgemäß in den freien Verkehr der EU ein und verkaufte ihn nach erfolgter
Einfuhr zurück an den ersten Wirtschaftsteilnehmer. Durch diesen gelangte der Knoblauch
schließlich in den Wirtschaftskreislauf der EU.
Der EuGH entschied hierzu, dass eine Handelstätigkeit, wie oben dargestellt, als Rechtsmissbrauch zu werten ist, wenn sie künstlich mit dem wesentlichen Ziel geschaffen wurde,
in den Genuss eines präferenziellen Vorzugstarifs zu gelangen.
Eine Handelskonstellation ist
missbräuchlich, wenn ein ungerechtfertigter Vorteil erlangt werden soll.
Die im Streitfall einschlägige Verordnung [Verordnung (EG) 341/2007 vom 29.03.2007] verbot die Übertragung von Kontingentlizenzen oder von Rechten aus solchen Lizenzen. Die
oben dargestellte Vertragskonstellation stellt nach Auffassung des EuGH indes eine rechtsmissbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht dar, sofern sie allein deshalb gewählt wird,
um missbräuchlich Vorteile aus dem Unionsrecht zu ziehen und nicht mehr im Rahmen
eines normalen Handelsgeschäfts erfolgt. Für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen
Verhaltens wird objektiv gefordert, dass trotz formaler Einhaltung des Unionsrechts das Ziel
der Regelung nicht erreicht wird und subjektiv, dass mit der zu bewertenden Handelskonstellation im Wesentlichen die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils bezweckt wird,
es sich also um eine künstliche Handelstätigkeit handelt.
Einfuhrkontingente sollen den
Wettbewerb zwischen den Einführern bewahren.
Das Ziel der einschlägigen Verordnung, mit der hier die Einfuhrzollkontingente eingeführt
und verwaltet werden, sei es, den Wettbewerb zwischen den Einführern zu bewahren und
zu verhindern, dass ein Einführer eine marktbeherrschende Stellung erlange. Dieses Ziel
wird nach Auffassung des EuGH vorliegend vereitelt, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer, dessen Zollkontingent bereits erschöpft ist, sich durch vertragliche Gestaltung dennoch zum
Präferenzzoll eingeführten Knoblauch beschafft und dadurch seinen Einfluss auf den EUMarkt über das ihm zugestandene Zollkontingent hinaus ausweitet.
Es liegt kein Missbrauch vor, wenn
das Handelsgeschäft wirtschaftlich sinnvoll ist.
Das subjektive Element sah der EuGH vorliegend als gegeben an, weil die gewählte Vertragskonstellation keine andere wirtschaftliche oder kommerzielle Erklärung bot und somit
die Verschaffung eines Vorteils durch Umgehung des erschöpften Kontingents im Vordergrund stand. Etwas anderes gelte etwa, wenn der tatsächliche Einführer die Waren mit
einem bedeutenden Gewinn wieder an den ersten Wirtschaftsbeteiligten verkauft hätte.
Ist die Gewinnspanne für den tatsächlichen Einführer hingegen gering oder liegt der Wiederverkaufspreis an den ersten Wirtschaftsbeteiligten unterhalb des Marktniveaus, so deutet dies darauf hin, dass das wirtschaftliche Risiko eben nicht durch den formalen Einführer getragen wird, sondern durch den ersten Wirtschaftsbeteiligten und somit eine nur
künstliche Vertragsgestaltung vorliegt, die keine plausible wirtschaftliche oder kommerzielle Erklärung findet.
Praxis-Tipp
Die hier streitrelevante Handelstätigkeit wird jedoch auch vom EuGH nicht per se
als rechtsmissbräuchlich angesehen. Letztlich ist entscheidend, ob wirtschaftliche
oder kommerzielle Erwägungen eine derartige Vertragskonstellation nachvollziehbar begründen können. Demnach kann ein Wirtschaftsbeteiligter, der sein eigenes
Zollkontingent bereits ausgeschöpft hat, sehr wohl Kontingentware bei einem Dritten beziehen, sofern er hierfür einen marktüblichen Kaufpreis zahlt.
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Zolltarifrecht – Teile als unabdingbarer Bestandteil eines Ganzen
In einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen (Urteil vom 12.12.2013, Rs. C-450/12 –
„Hark“) beschäftigte sich der EuGH u. A. mit der Frage, ob bestimmte Ofenrohrsets (Rohrwinkelstücke) als „Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit“ oder als „Teile von Raumheizöfen“ anzusprechen seien. Die streitgegenständlichen Ofenrohrsets wurden von den
Raumheizöfen getrennt zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet. Wären die
streitgegenständlichen Ofenrohrsets Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit, so
käme die KN-Position 7307 für (sämtliche) Rohrform-, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücke in Betracht. Wären die Ofenrohrsets hingegen bereits speziell und ausschließlich für die Ableitung von Rauchgasen aus Raumheizöfen konzipiert, so stellten sie Teile von
Raumheizöfen im Sinne der KN-Position 7321 dar.
Zunächst führt der EuGH aus, dass für die Eintarifierung von Waren allein deren objektiven Merkmale und Eigenschaften entscheidend sind. Eine besondere Verwendungsmöglichkeit kann nur dann berücksichtigt werden, wenn diese sich aus der Natur der Ware
ergibt. Dies wiederum ist anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften zu beurteilen. Demnach konnte vorliegend nicht allein deshalb, weil der Hersteller den Ofenrohrsets die Verwendung zur Installation an Raumheizöfen zugewiesen hat, auf die KN-Position 7321 geschlossen werden.
Objektive Merkmale und Eigenschaften sind maßgeblich.
Der Begriff „Teile“ wird im Wortlaut der KN-Position 7321 nicht definiert. Daher war auf die
ständige Rechtsprechung zu verweisen. Demnach setzt der Begriff des „Teils“ voraus, dass
es ein Ganzes gibt, für dessen Funktionieren dieses Teil unabdingbar ist. Hierbei genügt es
jedoch nicht, dass die Maschine ohne dieses Teil nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Vielmehr muss das mechanische oder elektrische Funktionieren der fraglichen
Maschine oder des Gerätes gerade von diesem Teil abhängen.
Ein „Teil“ muss gerade für das
Funktionieren eines „Ganzen“
erforderlich sein.
Vorliegend war auch zu berücksichtigen, dass die KN-Position 7321 nach Anmerkung 2
lit. a) zu Abschnitt XV der KN keine „Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit“ erfasst.
Nach den tatsächlichen Feststellungen im Streitfall, konnten die fraglichen Ofenrohrsets,
bestehend aus Rohrwinkelstücken, Kaminsteckteilen und Blenden, jedoch ausschließlich
als Verbindungsstücke von Raumheizöfen zu Schornsteinen verwendet werden, um die
Rauchgase abzuleiten. Ohne die Installation dieser Rohrstücke waren die Raumheizöfen
zudem nicht betriebsfähig, da ansonsten gefährliche Rauchgase ausgetreten wären. Mithin waren die streitgegenständlichen Ofensets für das Funktionieren des Raumheizofens
unabdingbar und nach Auffassung des EuGH auch nur für Raumheizöfen zu verwenden.
Mithin stellten sie keine „Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit“ dar, sondern Teile
von (fertigen) Raumheizöfen i. S. d. der KN-Position 7321.
Die Raumheizöfen können nur
mit den Rohrwinkelstücken
betrieben werden.
Praxis-Tipp
Die Einreihung von Waren in den Zolltarif kann sehr schnell eine anspruchsvolle
Aufgabe werden. Das obige Urteil bekräftigt zum einen, dass es bei der Bestimmung der Verwendungsmöglichkeit einer Ware allein auf deren objektive Merkmale ankommt und zum anderen, dass Teile von Waren bei einer KN-Position, deren
Wortlaut die vollständige Ware und deren Teile erfasst, nur dann angenommen werden können, wenn diese Teile unabdingbar für das technische Funktionieren der
vollständigen Ware sind. Nicht jedes umgangssprachliche Teil einer Ware ist mithin
zwangsläufig auch ein zolltarifliches Teil einer Ware.
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ENTWICKLUNGEN IM ZOLLRECHT
Durchfuhr von Waffen und Munition
Seit geraumer Zeit häufen sich Fälle, in denen bei der Beförderung von Waren und Gegenständen, die dem deutschen Waffengesetz unterliegen, die nach dem Waffenrecht notwendige Durchfuhrgenehmigung fehlt, wenn die Waren zwar nicht in Deutschland verbleiben,
jedoch über das Staatsgebiet der Bundesrepublik befördert werden.
Eine Durchfuhrgenehmigung
muss vor Beginn der Beförderung
vorliegen.
In der Folge werden die Waren zum einen von der Zollbehörde solange sichergestellt, bis
die notwendige Durchfuhrgenehmigung vorliegt und zum anderen leitet die Staatsanwaltschaft regelmäßig ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ein.
Beides hat für die betroffenen, bzw. beteiligten Unternehmen unangenehme Folgen, die
nur zeitaufwendig beseitigt werden können.
ffWenn
Waren, die dem deutschen Waffenrecht unterliegen, über das Staatsgebiet der
Bundesrepublik Deutschland hinweg von einem Drittstaat in einen anderen Drittstaat
befördert werden, ist eine sog. Durchfuhrgenehmigung erforderlich, die vor Beginn der
Beförderung über das deutsche Staatsgebiet vorliegen muss. Eine nachträgliche Vorlage ist nicht möglich, ohne dass nicht auch die eingangs dargestellten Probleme entstehen würden.
ffDie
Notwendigkeit zur Beibringung einer Durchfuhrgenehmigung beurteilt sich ausschließlich nach deutschem Waffenrecht. Das heißt, selbst wenn die Waren nach dem
Recht eines EU-Mitgliedstaates nicht dem dortigen Waffenrecht unterfallen, kann es sich
dennoch um Waffen nach dem deutschen Waffengesetz handeln.
Eine Durchfuhr liegt bereits beim
bloßen Umladen des Containers
in einem Seehafen vor.
ffZu beachten ist auch, dass das Erfordernis der Durchfuhrgenehmigung nicht zwingend
einen langen Beförderungsweg durch das deutsche Staatsgebiet zu Lande voraussetzt.
Es genügt insoweit bereits die Umladung eines Containers mit dem Waffenrecht unterliegenden Waren in einem deutschen Seehafen zwecks Weiterbeförderung mittels Feeder-Schiff in einen anderen EU-Mitgliedstaat, ohne dass der Container mit den Waren das
Hafengebiet verlässt. Dies gilt selbst bei einer planmäßigen Zwischenlagerung bis zum
Weitertransport von nur wenigen Tagen.
Praxis-Tipp:
Gerne vermitteln wir Ihnen einen
entsprechenden Kontakt, wenn
Sie eine waffenrechtliche Durchfuhrgenehmigung benötigen.
Die Durchfuhrgenehmigung muss nicht in der Person des Frachtführers oder Spediteurs vorliegen. Diese können sich auch eines Unternehmers bedienen, dem bereits
eine solche Bewilligung erteilt wurde. Dieser tritt dann als „Durchführer“, bzw. Verantwortlicher im Sinne des Waffenrechts auf. Durch die Einschaltung eines Dritten
wird vor allem das langwierige Genehmigungsverfahren vermieden, zumal nicht
in Deutschland ansässige Unternehmer schon keine Durchführungsgenehmigung
erhalten.
Unterlagencodierung D008 bei Antidumpingwaren
Seit Mitte letzten Jahres monieren die Hauptzollämter verstärkt, dass bei der Anmeldung
von Antidumpingwaren zur Überführung in den freien Verkehr die per ATLAS-Codierung
anzugebenden besonderen Handelsunterlagen nicht korrekt angemeldet worden seien
oder diese Handelsunterlagen selbst nicht den Anforderungen der jeweiligen Antidumpingverordnung entsprächen. Die Folge sind Nacherhebungsbescheide in teils empfindlicher Höhe, da Antidumpingzölle nachgefordert werden und diese von den Wirtschaftsbeteiligten nicht in die Preisgestaltung einkalkuliert wurden.
Die Hauptzollämter suchen hier sprichwörtlich mit einer Lupe die Haare in der Suppe, um
aufgrund rein formaler Ungenauigkeiten die Anwendung von individuellen Antidumpingzollsätzen auszuschließen. Als angemessene und verhältnismäßige Zollrechtsverwaltung
kann ein solches Vorgehen wohl nicht mehr betrachtet werden.
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ffWenn
beispielsweise in der Zollanmeldung zwar der individuelle TARIC-Zusatzcode für
einen bestimmten (z. B. chinesischen) Lieferanten angegeben wurde, jedoch in den beigefügten Unterlagen nicht die ATLAS-Codierung D008 angegeben wird (Rechnung mit
besonderer Verpflichtungserklärung), so vertritt die Zollverwaltung die Ansicht, es sei
kein Antrag auf Anwendung des individuellen Zollsatzes gestellt worden. Ein nachträgliches Vorlegen der entsprechend ausgestellten Rechnung scheide aus, sodass der allgemeine Antidumpingzoll anfalle.
Häufiger Fehler: N380 statt D008
Hier verkennt die Zollverwaltung, dass der Zollanmelder mit der Angabe des individuellen TARIC-Codes klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er auch die Anwendung des
individuellen Antidumpingzollsatzes begehrt. Stimmen die Unterlagen-Codierungen
nicht mit diesen Angaben überein, so ist die Zollanmeldung in sich unschlüssig und
müsste zurückgewiesen werden. Im ATLAS-Zeitalter sollte es zudem technisch möglich
sein, dass eine automatische Fehlermeldung generiert wird, wenn TARIC-Zusatzcodierung und Unterlagen-Codierung nicht zusammenpassen.
ffDie
Zollverwaltung moniert teilweise auch die Herstellererklärung selbst. So werden
Nacherhebungsbescheide erlassen, nur weil die unter den eigentlichen Rechnungstext
gedruckte Herstellererklärung zwar unterschrieben, jedoch neben der Unterschrift nicht
nochmals ein Datum vermerkt war. Der Zollverwaltung genügte es nicht, dass die Rechnung selbst im Kopfteil freilich über ein Rechnungsdatum verfügte.
Sicherlich kann man die formalen Vorgaben in den Anhängen der jeweiligen Antidumpingverordnung so verstehen, dass die Herstellererklärung auch selbst in „räumlicher
Nähe“ zur Unterschrift mit einem eigenen Datum versehen sein soll/muss. Indes: Ergibt
sich ein qualitativer Unterscheid im Hinblick auf die Aussage- und Beweiskraft der Herstellererklärung, wenn „nur“ das Rechnungsdatum gegeben ist? Oder anders gewendet,
gilt nicht das Rechnungsdatum gleichsam für alle in der Rechnung angegebenen Daten
und Aussagen und somit auch für die Herstellererklärung?
Übertriebener
Formalismus
durch die Zollverwaltung
Es stellt vor diesem Gesichtspunkt puren, vollkommen übertriebenen und sachfremden
Formalismus dar, wenn eine Herstellererklärung nicht akzeptiert wird, nur weil sie nicht
selbst noch einmal eine Datumsangabe ausweist.
Praxis-Tipp:
1. Wir müssen dringend dazu raten, die formalistischen Vorgaben genauestens einzuhalten, da die geringsten Abweichungen von der Zollverwaltung als Vorwand
genommen werden, die Anwendung individueller Antidumpingzölle zu verweigern und den zumeist sehr viel höheren allgemeinen Antidumpingzoll zu vereinnahmen.
2. Bei der Abgabe von Zollanmeldungen, welche Antidumpingware betreffen,
muss streng darauf geachtet werden, dass neben der Angabe des zutreffenden (!) individuellen TARIC-Zollsatzes auch die entsprechenden UnterlagenCodierungen angegeben werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die
Zollverwaltung auch tatsächlich einen Antrag auf Anwendung des individuellen Antidumpingzollsatzes anerkennt. Außerdem ist die Handelsrechnung stets
mit Rechnungsnummer anzugeben.
Die Zollverwaltung vertritt hier
eine wirtschaftsfeindliche Linie
und sucht jedweden Grund, den
allgemeinen und somit in der
Regel deutlich höheren Antidumpingzollsatz anwenden zu können.
Unionszollkodex
Nachdem der sog. Modernisierte Zollkodex mangels Inkrafttreten keine Praxisrelevanz entfaltet hat, soll nunmehr bekanntermaßen der sog. Unionszollkodex zum 01.05.2016 in Kraft
treten [Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09.10.2013]. Hierzu sind bislang zwei Arbeitspapiere für einen delegierten Rechtsakt und eine Durchführungsverordnung zum Unionszollkodex bekannt. Weiterhin soll ein Arbeitspapier für einen delegierten Rechtsakt mit Übergangsbestimmungen für den Zeitraum bis Ende 2020 folgen.
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Es bleibt abzuwarten, ob der Unionszollkodex überhaupt wirksam
umgesetzt werden kann, wenn
die Zollbehörden die Anpassungen an die geänderten IT-Erfordernisse erst Jahre nach dem
Inkrafttreten des Unionszollkodex realisieren.
Gemäß dem Unionszollkodex soll der erforderliche Austausch zwischen den Zollbehörden und den Wirtschaftsteilnehmern und der Kommission IT-basiert erfolgen. Jüngst veröffentliche die Europäische Kommission ein Arbeitsprogramm im Hinblick auf die Entwicklung und Inbetriebnahme der elektronischen Systeme, wie sie der Unionszollkodex vorsieht (Durchführungsverordnung der Kommission vom 29.04.2014). Das Arbeitsprogramm
betrifft zwar hauptsächlich den behördeninternen Datenaustausch, jedoch sind auch ITInformationssysteme für die Wirtschaftsbeteiligten betroffen. Das Arbeitspapier sieht als
frühestes geplantes Anfangsdatum für die Inbetriebnahme der IT-Systeme den 01.01.2017
vor. Die Vielzahl der IT-Systeme soll jedoch erst 2018 oder später in Betrieb genommen
werden.
Praxis-Tipp:
Um die Entwicklung zum neuen europäischen Zollrecht und den damit verbundenen möglichen Änderung in Ihrem oder für Ihr Unternehmen nicht zu versäumen,
sollten Sie zumindest ab Herbst 2015 das Fortschreiten der technischen Umsetzung
des Unionszollkodex beobachten.
ZAHLEN UND FAKTEN
Zahlen und Fakten der Zollverwaltung für das Jahr 2014
1. Steuereinnahmen und Erstattungen
ffFür
das Jahr 2014 nahm die deutsche Zollverwaltung 4,6 Milliarden EURO Zölle für die
EU ein. Dieser Betrag fließt in den Haushalt der Europäischen Union. Die nationalen Einnahmen beliefen sich auf 65,9 Milliarden EURO Verbrauchsteuern (alle Arten) und 48,9
Milliarden EURO Einfuhrumsatzsteuer. Unter den Verbrauchsteuern waren die Energiesteuer mit 39,8 Milliarden EURO und die Tabaksteuer mit 14,6 Milliarden EURO die aufkommensstärksten Verbrauchsteuerarten. Die eingenommenen Stromsteuern beliefen
sich auf 6,6 Milliarden EURO.
ffIm
Rahmen von Nacherhebungen aufgrund von Prüfungen des Prüfdienstes wurden
107,1 Millionen EURO an Zöllen und Einfuhrumsatzsteuern eingenommen. Ungewöhnlich signifikant ist der Anstieg an nacherhobener Tabaksteuer. Hier lag der Betrag bei
39,3 Millionen EURO im Vergleich zu 8,0 Millionen EURO im Jahre 2013 und 4,5 Millionen
EURO im Jahre 2012. Insgesamt betrugen die Nacherhebungen 437,0 Millionen EURO
für Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuern (2012: 333,3 Millionen EURO und
2013: 607,6 Millionen EURO).
ffDen Nacherhebungen stehen nur 13,1 Millionen EURO an Erstattungsbeträgen für Zölle
und Einfuhrumsatzsteuer gegenüber. Interessanterweise blieb dieser Betrag in den letzten drei Jahren erstaunlich stabil (2012: 12,3 Millionen EURO und 2013: 13,0 Millionen
EURO). Insgesamt betrugen die Erstattungen 112,1 Millionen EURO für Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuern (alle Arten).
2. Grenzkontrollen und Zolldelikte
ffBezüglich
der Kontrolle des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs wurde bei knapp
3.000 Bußgeldbescheiden insgesamt 8,4 Millionen EURO Bußgeld verhängt.
ffIm
Vergleich zu den Vorjahren stieg die Anzahl der von den Zollbehörden als Zolldelikt verfolgte Handlungen von 13.900 (2012) auf 14.657 im Jahre 2014. Auch die Anzahl
der Tatverdächtigen erhöhte sich von 17.048 (2012) auf 18.339 Personen im Jahre 2014.
Ob diese Erhöhung auf einen tatsächlichen Anstieg der Grenzkriminalität zurückzuführen ist oder aber lediglich gegen eine größere Anzahl von Personen ermittelt wurde,
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erklärt sich aus diesen Zahlen jedoch nicht. Nach hiesiger Beobachtung wird zunehmend
„in alle Richtung“ ermittelt.
3. Marken- und Produktpiraterie
ffDie Anzahl der Anträge auf Grenzbeschlagnahmen lag gleichbleibend bei 1.000 bis 1.100
Vorgängen. Allerdings erhöhte sich die Anzahl tatsächlich erfolgter Grenzbeschlagnahmen signifikant von je rund 24.000 (2012) und 26.000 (2013) auf 45.700 Fälle.
ffEntsprechend erhöhte sich auch die Anzahl der beschlagnahmten Waren von 3,2 Millio-
nen Stück (2012), bzw. 3,9 Millionen Stück (2013) auf 5,9 Millionen Stück in Jahre 2014.
ffDer Wert dieser beschlagnahmten Waren blieb jedoch trotz der deutlich höheren Anzahl
an Beschlagnahmen mit 137,7 Millionen EURO konstant (2012: 127,4 Millionen EUR und
2013: 134,0 Millionen EURO).
ffÜber
ein Drittel aller Beschlagnahmen betrafen persönliche Gegenstände wie Sonnenbrillen, Taschen, Geld- und Zigarettenetuis, Uhren, Schmuck etc.
ffAls Herkunftsländer der beschlagnahmten Waren liegen mit großem Abstand China und
Hongkong vorn (46,9 %, bzw. 28,2 %). Deutlich dahinter rangieren als nächstes die USA
mit 8,0 %.
China ist hauptsächliches Herkunftsland.
4. Zollverfahren
ffDie Anzahl der Zollanmeldungen zur Überführung von Waren in den freien Verkehr (57,0
Millionen) lag ebenso wie die Anzahl der in Deutschland beendeten oder eröffneten Versandverfahren (7,3 Millionen) höher als in den beiden Jahren zuvor.
57 Mio Freiverkehrsanmeldungen und 7,3 Mio eröffnete Versandverfahren.
ffDie
deutsche Zollverwaltung nimmt zunehmend internationale Rechts- oder Amtshilfe
in Anspruch. So stieg die Anzahl von Rechtshilfeersuchen oder ausgehenden Mitteilungen von 12.608 Fällen in 2013 auf 21.017 Fälle in 2014.
Wirtschaftsbeteiligte müssen sich mithin darauf einstellen, dass sie auch im EU-Ausland
Sachverhalten zunehmend das streng formalistische und strikte Verwaltungshandeln
der deutschen Hauptzollämter spüren, welches nach hiesiger Beobachtung vor allem auf
Einnahmeerzielung ausgerichtet ist, auch wenn es deutliche Unterschiede zwischen den
Hauptzollämtern bei der Anwendung dieses Formalismus gibt. Es soll erwähnt werden,
dass es durchaus (zunehmend weniger) zollbehördliche Dienststellen gibt, die Sachverhalte gemeinsam mit den Wirtschaftsbeteiligten zu lösen versuchen und nicht die bloße
Einnahmeerzielung unter häufiger Missachtung des § 88 Abs. 2 AO anstreben.
Zahlen und Fakten der Finanzgerichtsbarkeit für das Jahr 2014
1. Finanzgerichte
ffDie von uns betreuten Verfahren bei den Finanzgerichten weisen eine zunehmend län-
gere Verfahrensdauer auf. Gleichwohl sind regionale Unterschiede zu erkennen.
Verfahren dauern länger, dadurch
steigt auch das finanzielle Risiko.
So schwankt die Verfahrensdauer bis zur Terminierung der mündlichen Verhandlung zwischen 8 Monaten bis zu 2 Jahre. Entsprechend kann sich auch die Verfahrensdauer bis
zum Erhalt eines Urteils auf bis zu 3 Jahren hinziehen. Die Verfahrenslänge wird seitens
der Finanzgerichtsbarkeit mit dem gestiegenen Arbeitsaufwand bei gleichbleibendem
oder geringerem Personal begründet.
ffWenn
man bedenkt, dass inklusive vorhergehendem Rechtsbehelfsverfahren bei den
Hauptzollämtern realistischerweise bis zu 5 Jahre vergehen können, um über einen
Abgabenbescheid eine bestandskräftige Entscheidung zu erhalten, so stellt dies zunehmend eine unbefriedigende Situation für den Abgabenschuldner dar, da er entweder für
diesen Zeitraum eine Liquiditätseinbuße erleidet, wenn er den Abgabenbescheid frist
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gerecht zahlt oder er sich auf ein finanzielles Risiko einlässt, wenn er zuvor die Aussetzung der Vollziehung erhalten hat und bei negativem Urteil für 5 Jahre Aussetzungszinsen anfallen.
ffBerücksichtigt man weiterhin die zu erkennende Tendenz, dass Hauptzollämter die Steu-
ersachverhalte vor Verfügung eines Abgabenbescheides häufig nicht mehr sorgfältig
auch zugunsten des Beteiligten ausermitteln und somit lieber zunächst einmal Abgaben
festsetzen, um erst im Nachgang die Rechtmäßigkeit des Vorgehens prüfen zu lassen –
wenn denn überhaupt Einspruch eingelegt wird – , so ist eine zunehmende Schieflage
im Rechtschutzsystem zulasten der Wirtschaftsbeteiligten zu erkennen.
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Denn wenn die Hauptzollämter einen Steuersachverhalt nicht mehr gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag auch zugunsten des Wirtschaftsbeteiligten ermitteln (vgl. § 88 Abs. 2 AO)
und so ggf. von einer Abgabenfestsetzung absehen, verlagert sich die Verantwortung für
die Prüfung des rechtmäßigen Behördenhandelns unter Auferlegung der mit der Abgabenfestsetzung verbundenen finanziellen Belastung vollumfänglich auf den Wirtschaftsbeteiligten. Damit wird jedoch de facto das Besteuerungsverfahren der Abgabenfestsetzung umgekehrt, d. h. der Wirtschaftsbeteiligte sieht sich in solchen Fällen zunehmend
der Situation ausgesetzt, die Rechtswidrigkeit eines gegen ihn – aufgrund des zuvor nur
unzureichend ausermittelten und entsprechend nicht objektiv gewürdigten Sachverhaltes – erlassenen Abgabenbescheides darzulegen.
2. Bundesfinanzhof
ffGegen finanzgerichtliche Urteile kann nur vor dem Bundesfinanzhof Revision eingelegt
werden. Wird die Revision durch das Finanzgericht nicht zugelassen, so ist vor der Durchführung des eigentlichen Revisionsverfahrens eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, die ebenfalls durch den Bundesfinanzhof entschieden wird.
Mit Beendigung des finanzgerichtlichen Verfahrens ist jedoch auch die Tatsachenfeststellung beendet. D. h., in den Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht können keine neuen
Tatsachen vorgetragen werden. Der Bundesfinanzhof ist an die Tatsachenfeststellungen
des Finanzgerichtes gebunden.
2014 gibt der Bundesfinanzhof an, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer bei
Revisionen mit ergangener Sachentscheidung 19 Monate betrug. Bei den Nichtzulassungsbeschwerden lag die Bearbeitungszeit bei 6 Monaten.
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Erfolgsquoten zugunsten der Steuerpflichtigen stellen sich dabei als übersichtlich
dar. Lediglich 17 % aller Nichtzulassungsbeschwerden führten zu einer anschließenden
Revision. Die Revisionsverfahren selbst wiederum führten in 42 % der Fälle zu einem für
den Steuerpflichtigen positiven Abschluss.
Berücksichtigung der o. g. Verfahrensdauer können mithin durchaus insgesamt
7 Jahre vergehen, bis eine rechtskräftige Entscheidung durch den Bundesfinanzhof über
einen ursprünglich angefochtenen Abgabenbescheid ergeht. Diese Verfahrensdauer
wird sich verlängern, wenn zudem der EuGH wegen eines Entscheids über eine Vorlagefrage bezüglich der Auslegung europäischen Rechts angerufen wird.
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