Bäuerliche Mäster produzieren die beste Qualität

NUTZTIERE
Bäuerliche Mäster produzieren die beste Qualität
VOLLMILCHKÄLBER Immer mehr Betriebe prüfen, ihre Milch über die Kälber-
mast zu veredeln. Die UFA-Mastauswertungen 2015 bestätigen, dass mit bäuerlicher
Vollmilchmast gute Qualitäten und Renditen erzielt werden können.
Alfred Erni
Erfolgreiche Landwirte halten laufend die Augen offen, wo der
Markt neue Möglichkeiten bietet.
Seit Aufhebung der Kontingentierung ist der Milchpreis unberechenbarer geworden. Viele Betriebe haben
deshalb neben den Aufzuchtkälbern
eine Bucht für Mastkälber eingerichtet,
um bei tiefen Milch- und/oder Tränkerpreisen bessere Erlöse zu erzielen. Kälbermast wird es immer geben, solange
Milch produziert wird. Sie ist das nötige Ventil, um einerseits ein Überangebot an Grossviehmasttieren, andrer-
seits ethisch fragwürdige Frühtötungen
zu vermeiden.
Erfolgsfaktoren Der Rückblick auf
das Jahr 2015 bestätigt: Eine professionelle Kälbermast bringt ansprechende
Milchpreise (Grafik). Die Resultate
können aber von Betrieb zu Betrieb
schwanken. Hauptverantwortlich für
die unterschiedliche Wirtschaftlichkeit
sind die Mast- und – vor allem –
Schlachtleistungen. Anhand der
UFA-Mastauswertungen lassen sich
folgende Erfolgsfaktoren erkennen:
• Bäuerlich: Der Betrieb mästet vorwiegend eigene Kälber aus und füttert sie mit Vollmilch, ergänzt mit
Pulver-Wasser, um den erwünschten
Ausmastgrad zu erreichen.
• Überblickbar: Kleinere Gruppen, mit
bis etwa 30 Kälbern, vereinfachen
die Einstallprophylaxe, begrenzen
den Krankheitsdruck und ermöglichen eine gute Kontrolle.
• Viel frische Luft (ohne Zugluft) ist
wichtiger als die Temperatur im Stall.
Am besten wird die Lüftung mit einem ausgewiesenen Experten be-
Eine solche tierfreundliche Kälberhaltung kommt
bei den Konsumentinnen und
Konsumenten an.
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3 2016 · UFA-REVUE
NUTZTIERE
Grafik: Bruttomilchpreis aus der Kälbermast im Jahr 2015
Bruttomilchpreis (Fr./kg)
1.2
1.0
1000 l Vollmilch, IP-Suisse, RAUS
0.8
0.6
0.4
1000 l Vollmilch, QM
0.2
0.0
1 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 1
Wochen
Berechnungsbasis: Schlachtpreis inkl. Abzüge und Transport – Tränkerpreis – Milch­
pulverkosten – Spezialitätenkosten = Deckungsbeitrag 1.
sprochen und optimiert. In niederen
Ställen mit weniger als 4 m3 Luftvolumen pro Kalb sollten entweder
keine Kälber gehalten oder Liegeboxen einem Tiefstreusystem vorgezogen werden.
• Colorispotop: Werden die Kälber –
sowohl die eigenen als auch die zugekauften – nach den Empfehlungen
des UFA-Projekts «Colorispotop»
aufgezogen, ist die Tiergesundheit
deutlich besser als ohne diese Massnahmen. «Colorispotop» bedeutet:
Viel Kolostrum (ca. 4 l) in den ersten
vier Lebensstunden, eine EisenSelen-Gabe, dreimaliges Tränken pro
Tag, Zudosierung von «UFA top-paleo» und «UFA 207» sowie eine
«Rispoval»-Impfung.
• Arbeitseffizienz: Starke Synergien generiert die gemeinsame Haltung von
Aufzucht- und Mastkälbern. Für die
Mastkälber fällt in einem solchen
System mit Halsband-Tränkeautomat
praktisch keine Zusatzarbeit an.
• Zuschläge: Qualitativ hochstehende
Kälber aus bäuerlicher Haltung stossen in allen Regionen auf eine gute
Nachfrage und werden entsprechend
bezahlt. Der UFA-Beratungsdienst
vermittelt auf Anfrage attraktive Absatzmöglichkeiten, die zu Ihrem Betrieb passen.
Beispielsweise erfüllen viele Produzenten von «Swiss Farmer Kälbern» diese
Kriterien. In den UFA-Mastauswertungen erreichen sie entsprechend einen
Milchpreis, der im Schnitt etwa 5 Rp.
über dem Milchpreis konventioneller
QM-Betriebe liegt.
Potenzial beim Fett Während sich
die CH-TAX Klassierungen positiv entwickelt haben, besteht auf einzelnen
Betrieben seit Inkrafttreten der aktuellen Tierschutzverordnung (2013) beim
Fett noch Verbesserungspotenzial. Korrigieren lassen sich die Fettzahlen mit
einer angepassten Milchpulverergänzung und allenfalls Einsatz eines Halsband-Tränkeautomaten, um die Tränke
aufs Einzeltier abstimmen zu können.
Die erzielten Mast- und Schlachtleistungen sind für die Beurteilung der
Wirtschaftlichkeit viel wichtiger als der
Milchpulverpreis. Um die erwünschte
Fettzahl zu erreichen, lohnt sich des-
UFA-REVUE · 3 2016
«Die Schweiz ist Weltmeister»
Die Lucarna-Macana AG hat den Umsatz mit Kalbfleisch 2015 erneut
um einen zweistelligen Prozentbetrag steigern können. Geschäfts­
leitungsmitglied Ruedi Uhlmann zeigt auf, weshalb Kalbfleisch für Produzenten und Verarbeiter Chancen bietet.
UFA-Revue: Bei der Lucarna-Macana AG boomt das Kalbfleischgeschäft.
Weshalb?
Ruedi Uhlmann: Kalbfleisch ist ein Premium-Produkt, das sich geschmacklich und farblich von Rindfleisch abheben muss. Bei der bäuerlichen Kälbermast ist die Fütterung am natürlichsten mit den Komponenten Vollmilch, Wasser, Raufutter und qualitativ hochwertigem Milch­-
pulver. Es kann nicht sein, dass Kalbfleisch mit Palmöl und tierischem
Fett produziert wird. Ein weiterer Vorteil von unserem Premium-Kalbfleisch ist, dass die Mastplätze begrenzt sind. Dadurch ist es unseren
Mästern möglich, das einzelne Tier besser zu beobachten und falls nötig
Behandlungen am Einzeltier und nicht wie bei der industriellen Mast
ganzbetrieblich vorzunehmen.
Wie definieren Sie eine gute Schlachtqualität?
Lucarna-Macana braucht beides, top Kälber wie auch die weniger fleischigen Schlachttiere. Wichtig ist, dass die Fleischfarbe nicht rot, sondern rosa ist und die Schlachtkörper eine optimale Fettabdeckung von 3
oder 4 aufweisen. So kann die gewünschte Qualität auch zu einem höheren Preis verkauft werden.
Wie sehen Sie die Zukunft des Schweizer
Kalbfleisches?
Es ist sehr wichtig, dass wir die Kalbfleisch-
produktion erhalten können. Andernfalls werden die Tränkekälber aus den Milch­
betrieben zum Abfallprodukt. Das darf nicht
sein! Wenn wir weiterhin mit der richtigen
Fütterung und Haltung Kalbfleisch produzieren, welches sich sowohl geschmacklich wie
auch farblich von Rindfleisch abhebt, hat das
Schweizer Kalbfleisch eine Zukunft. Beim bäuerlichen Kalbfleisch ist die Schweiz Weltmeister.
Nutzt die Chancen von Schweizer
Qualitätskalbfleisch gekonnt:
Ruedi Uhlmann, Lucarna-Macana.
halb ein abgestimmter Milchpulvereinsatz in jedem Fall.
Alternative Wasser-Pulver Bei allen Vorteilen der Vollmilchmast – auch
Betriebe ohne Kühe können erfolgreich
Kälber mästen. Aufgrund der Erfahrungen auf dem UFA-eigenen Versuchsbetrieb Bühl, Hendschiken, hat die UFA
spezifische Kälbermilchen entwickelt,
die sich zu Wasser eignen und mit denen gute Mast- und Schlachtleistungen
erzielt werden. Wasser-Pulver-Masten
haben in den vergangenen Jahren stark
zugenommen. Sie sind für Betriebe interessant, die einen nutzflächenunabhängigen Zuerwerb suchen.
m
Autor Alfred Erni,
Leiter Kälberbereich,
UFA AG, 9501 Wil,
www.ufa.ch
www.ufarevue.ch
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