Echter Zuerwerb mit Wasser-Pulver

NUTZTIERE
Echter Zuerwerb mit Wasser-Pulver
ANSPRECHENDE MAST- UND SCHLACHTRESULTATE mit Milchpulver und
Wasser machen die Kälbermast jetzt auch für Betriebe ohne Kühe und Vollmilch
interessant. Ein Wasser-Pulver-Regime vereinfacht die Fütterung und reduziert den
Arbeitsaufwand für die Automatenreinigung.
Martin
Baumeler
Die Agrarpolitik 2014-17 hat für
viele Tal- und Hügelzone-Betriebe
zu einem Einkommensverlust geführt. Da sich die Einbussen kaum
durch ökologische und landschaftliche
Leistungen kompensieren lassen, sind
Alternativen gesucht.
Es geht auch ohne Kuhmilch Wer
Vorlieben für Rindvieh hat, dem steht
der Einstieg in die Kälbermast offen.
Chancen für eine Produktion ohne
Kuhmilch bieten QM Schweizer Fleisch
oder auch das Label «Coop Naturafarm». Kühe und Milch sind dazu nicht
notwendig. Denn auch das Tränken mit
Milchaustauscher (MAT) und Wasser
zeigt gute Resultate. Der Betrieb Heiniger aus Vordemwald (AG) mästet seit
40 Jahren Kälber. Seit 2014 kommt
MAT zum Einsatz. Auffällig sind dabei
die tiefe Abgangsrate (2.5 %) und die
gute Schlachtkörperqualität (>T = 78 %,
> –T = 93 %). Mit 101 Tagen ist die Dauer je Umtrieb kurz. Neben den guten
Mast- und Schlachtergebnissen «fällt
auch weniger Arbeitsaufwand an und
die Einstellung des Automaten ist einfacher», betätigt der Betriebsleiter.
Genauere Fütterung Der alleinige
Einsatz von MAT hat den Vorteil, dass
die Futterkosten exakt kalkulierbar und
die genauen Gehalte der Tränke be-
kannt sind. Grössere Milchpulver-Bezüge führen zu tieferen Preisen beziehungsweise höheren Rabatten.
Dosierung und Wirkstoffergänzung
werden einfacher. In Kuhmilch variieren die Inhaltsstoffe, weil auch die Gehalte im Raufutter schwanken, und der
Verzehr nicht immer gleich hoch ist.
Solche Veränderungen entdeckt der
Mäster erst, wenn der Milchkonsum
der Kälber nicht der Sollkurve entspricht oder die Leistungen sinken.
Wird darauf die Vollmilch- und Ergänzungspulver-Dosierung korrigiert, kann
es sein, dass die Gehalte in der
Kuhmilch schon am nächsten Tag wieder ändern. Die Suche nach dem Opti-
UFA-Bühl ist auf MAT-Versuche spezialisiert
Seit vielen Jahren führt die UFA AG auf
dem Versuchsbetrieb UFA-Bühl wissenschaftliche Mastkälber-Fütterungsversuche mit Milchaustauscher (MAT)
und Wasser durch. Stephan Roth, Leiter Forschung & Entwicklung, gibt
Auskunft.
Stephan Roth ist für
die Rezeptierung
der UFA-Kälbermilchen verantwortlich.
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UFA-Revue: UFA-Bühl ist der einzige
Betrieb in der Schweiz, wo die Kälbermast unter kontrollierten Versuchsbedingungen erforscht wird. Was motiviert Sie dabei?
Stephan Roth: Eine praxisnahe Forschung ist für die Weiterentwicklung
der UFA-Kälbermilchen und Kälbermast in der Schweiz ein wichtiger Vorteil. Die Fütterungsversuche auf UFABühl erfolgen nach wissenschaftlichen
Kriterien. Das heisst, die Versuchsverfahren dürfen sich nur im zu untersu-
chenden Faktor unterscheiden. Für die
Tierbetreuer müssen die einzelnen
Varianten anonym sein, so dass jede
Beeinflussung ausgeschlossen ist. Beim
UFA-Kälbermast-Stall handelt es sich
um eine stützenfreie, isolierte Halle
mit zwei Abteilen à 40 Tiere. Die Haltung erfüllt die BTS- und RAUS-Richtlinien. Pro Jahr werden drei Umtriebe
im Rein-Raus-Verfahren ausgewertet.
Stand-alone-Automaten von Förster
und Wägeeinrichtungen ermöglichen
die tierindividuelle Erfassung von Gewicht und Tränkeaufnahme.
Früher schien Kälbermast mit MAT und
Wasser ein Ding der Unmöglichkeit.
Warum funktioniert diese Fütterung
heute?
Milchen, Technik und Management
wurden soweit optimiert, dass heute
mit Wasser-Pulver vergleichbare Mastund Schlachtleistungen erzielt werden
wie mit Vollmilch-Regimen. Entscheidend ist eine gezielte Dosierung der
Wasser- und Pulvermenge. Das Pulver
muss sich tadellos im Wasser auflösen,
der Anteil an hochwertigem Protein im
Milchpulver stimmen.
Was sind weitere Knackpunkte, damit
gute Resultate erzielt werden?
Der Grat zwischen Erfolg oder Misserfolg ist in der Kälbermast sehr schmal.
Aus diesem Grund muss vom Management her alles unternommen werden,
damit Kälber, welche mit Wasser-Pulver gefüttert werden, möglichst gut
und intensiv betreut sind. Basis für den
Erfolg bildet eine homogene Gruppe
mit sehr guter Gesundheit. Kranke
Kälber müssen schnellstmöglich er6 2015 · UFA-REVUE
NUTZTIERE
Betriebsspiegel
Marktpuffer und Energieeffizienz
Urs und Ramona Heiniger,
4803 Vordemwald
Die Herstellung von Milchpulver dient als Puffer für einen funktionierenden Milchmarkt. Zudem lassen sich via Pulver sonst nicht benötigte
Nebenprodukte sinnvoll veredeln. Im UFA-Milchwerk Sursee ist die
Energieeffizienz in den vergangenen Jahren massiv erhöht worden. Mäster können auf qualitativ hochstehende Kälbermilchen zählen, die auch
hinsichtlich Löslichkeit und Mischgenauigkeit (Dosibox-System für Zusatzstoffe) nochmals gewonnen haben. Für eine erfolgreiche Wasser-Pulver-Mast sind die Voraussetzungen damit geschaffen.
Nutzfläche: 32 ha (Tal)
Tiere: 90 Mastkälberplätze (70 besetzt),
rund 18 Milchkühe, 9 Stück Jungvieh
Pflanzenbau: 19 ha offene Ackerfläche
(Weizen, Gerste, Silo-/Körnermais, Raps)
Arbeitskräfte: Urs und Kurt Heiniger
Die Wasser-Pulver-Fütterung bringt viele Vorteile mit sich. Wo beispielsweise flüssige Nebenprodukte eingesetzt wurden, entfällt der aufwändige, wenig Energie-effiziente Transport zwei- bis dreimal pro Mastwoche.
Urs Heiniger mit seinen Eltern Kurt
und Martha.
mum beginnt von vorne. Bei einem
MAT-Regime sind die Genetik der
Tränker, deren Gesundheitszustand
und die Stalltemperatur die einzigen
variablen Parameter.
Die automatische Kalibrierwaage
am Förster «TAP7-AHA-81» garantiert
eine exakte Kalibrierung. «Die Kälbermast macht uns heute mehr Spass, weil
es wegen der Fütterung keine Abgänge
mehr gibt», so Urs Heiniger, der den
Hof 2013 von seinem Vater Kurt übernommen hat. Neben einem speziellen
100-kg-Pulvertrichter verfügt der Förster-MAT-Automat auch über spezielle
Temperatursensoren, um bei der Auf-
kannt und behandelt werden. Das
Klima im Stall muss für die Kälber
stimmen, damit diese sich wohl fühlen. Eine sehr gute Hygiene und Sauberkeit rund um die Tränkeeinrichtungen trägt dazu bei, dass die
Kälber viel Tränke von guter Qualität
saufen können. Weiter muss eine
regelmässige Kontrolle der Technik
erfolgen. Das Pulver muss immer in
der gewünschten Menge dosiert
werden. Zu guter Letzt braucht es
das richtige Milchpulver zum richtigen Zeitpunkt sowie eine gezielte
Ergänzung mit Spezialitäten nach
dem Bedarf der Kälber. Wenn alles
rund läuft, dann stimmen Schlachtkörperqualität, Zuwachs und Futterverwertung und in Abhängikeit der
Tränker- und Schlachtkälberpreise
auch der Ertrag aus der Kälbermast.
UFA-REVUE · 6 2015
nahme durch die Kälber eine Milchtemperatur von 41 °C zu sichern. Ein
weiterer Vorteil der Förster-Tränkeautomaten ist die Energieeffizienz. Es
wird jeweils nur 0.5 l Milch zubereitet,
was einen unnötigen Stromverbrauch
verhindert und einem Anschwellen der
Keimzahl während Trinkpausen entgegenwirkt.
Weniger Arbeit Das Handling einer
MAT-Wasser-Tränke ist zeitsparend, da
keine Vollmilch oder Nebenprodukte
transportiert und keine Vollmilchbehälter gereinigt werden müssen. So resultiert bei einem Tiefstreue-System
mit Tränkeautomat ein ansprechendes
Einkommen pro Arbeitsstunde. Pro
Kalb kann mit einem Deckungsbeitrag
von über 100 Fr. gerechnet werden.
Hinzu kommen bei «Coop Naturafarm»
die RAUS-Beiträge. Da kein Raufutter
für Kühe produziert werden muss, ist
die Fläche des Betriebs anderweitig
nutzbar.
Impfung und «Mikroklima» Hohen Wert legt Urs Heiniger auf die
Qualität der Tränker. Zirka am zweiten
Masttag werden diese mit einem Lebendimpfstoff gegen Atemwegserkrankungen geimpft. «Abgänge wegen Lungenentzündungen haben wir seither
kaum mehr», rühmt der Betriebsleiter.
Ebenfalls findet zum Einstallen in Absprache mit dem Tierarzt eine Behandlung gegen Läuse statt. Um die Luftqualität im Stall zu optimieren, wird
aus den Tiefstreueabteilen mittels Ventilatoren Luft in den Zentralgang befördert, von wo sie mit dem Wind nach
draussen gelangt. Um Kälte im Winter
und Hitze im Sommer (Eternit-Dach)
Mit dem Aufhängen
von Vlies wird das
erwünschte Mikroklima
geschaffen.
abzufedern, wurde oberhalb der Kälber
ein Vlies aufgehängt, das ein so genanntes «Mikroklima» schafft. Obwohl
die vier Tiefstreue-Abteile Platz für 90
Kälber böten, werden im ReinRaus-Verfahren jeweils nur 70 Kälber
eingestallt, um den Krankheitsdruck zu
minimieren.
Zweiphasige Fütterung Die Fütterung erfolgt mit zwei phasengerechten UFA-Milchpulvern. Zur Mineralisierung und Vitaminierung der Tränke
kommen «UFA top-start» und «UFA
top-fit» über den Zudosierer am Automaten zum Einsatz. Als Raufutter erhalten die Kälber «UFA 215 Fibrafit» in einem Fohlentrog und Stroh in einer
Raufe.
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Die Kälber danken
das abgestimmte
Fütterungsregime mit
guter Gesundheit.
Autor Martin
Baumeler, Kälbermastspezialist im UFABeratungsdienst,
6210 Sursee.
www.ufa.ch
www.ufarevue.ch
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