stp_06_15_B&MFirmenportraet (1,5 MiB)

Titel-CD  Portrait
Aktiv führend
Seit über 40 Jahren baut B&M Aktivboxen. Und zwar nur Aktivboxen.
Wer so lange erfolgreich gegen den Strom schwimmt, braucht Ideen,
Ausdauer – und überlegene Technologien. B&M hat alles davon.
V
om Transrapid bis zum
Wankelmotor – die Geschichte ist voller technischer
Lösungen, denen trotz klarer
Vorteile der wirtschaftliche Erfolg verwehrt blieb. Lange sah
es so aus, als werde dieses
Schicksal der Sparte der Aktivboxen im High End zuteil. Im
Zeitalter dicker Mono-Endstufen, glitzernder Plattenspieler
und protziger Lautsprecherkabel kämpften nur wenige Überzeugungstäter für die überle­
146 06/15 stereoplay.de
gene Technologie, die jedem
Lautsprecher-Chassis eigene
Endstufen zuweist und die Aufteilung durch eine aktive und
damit verlustarme Weiche übernimmt.
Backes&Müller als treusten
Vertreter dieser Bewegung zu
bezeichnen ist nicht vermessen:
Seit 1973 baut man in Saarbrücken ausschließlich aktive Boxen. Und überstand in dieser
Nische nicht nur die schwierige
Zeit der 1990er, sondern läute-
te in den 2000er Jahren auch
eine beispiellose Erfolgswelle
für Aktivkonzepte ein, die mit
volldigitalen Streaming-Ketten
ihren vorläufigen Gipfel findet
und auf der mittlerweile auch
eine Reihe von namhaften Passivherstellern schwimmt.
Vorsprung durch Technik
Der technologische Grundstein
dafür wurde schon Mitte der
1970er gelegt: Backes&Müller
gelang es, alle Chassis einer
Aktivbox mit Sensoren auszustatten, die die tatsächliche
Membranposition erfassten und
so die Wiedergabe deutlich präziser an das Originalsignal anpassen konnten (siehe Kasten,
Seite 148).
Neben der reinen Regelung
des vom Lautsprecher abgestrahlten Schalls hat sich B&M
in den letzten 15 Jahren auch
verstärkt der Frage gewidmet,
wie man Boxen so bauen kann,
dass diese Präzision auch beim
Hörer ankommt und nicht von
allerlei Reflexionen, Resonanzen und Nachhall des Wiedergaberaums zunichte gemacht
wird. Der Verlockung, die Box
beliebig herumstrahlen zu lassen und alles mit Equalizern zu
korrigieren, wurde dabei schnell
als Irrweg erkannt. Nur, wer die
Winkel des abgestrahlten
Schalls beherrscht, kann den
Hörraum teilweise ausblenden
und so eine präzisere, besser
ortbare und höher aufgelöste
Wiedergabe erzeugen.
Die naheliegendste Lösung
dafür, ein Mehrwegehorn, kam
für B&M-Geschäftsführer und
Vordenker Johannes Siegler allerdings nicht infrage – er strebte zwar die Bündelung und damit Direktheit eines Horns an,
aber ohne den räumlichen Versatz der einzelnen Töner sowie
die prinzipbedingt nie ganz resonanzfreie Wiedergabe. Besser
geeignet schienen ihm Zeilenstrahlerkonzepte, bei denen viele Chassis übereinander für eine
vertikale Bündelung sorgen.
Doch leider hat auch dieses
Konzept Nachteile in Form von
Auslöschungen und zu großer
Ausdehnung des Töners – vor
allem im Mittelhochtonbereich.
Es galt also, die Vorteile beider Konzepte zu verbinden und
die Nachteile zu vermeiden.
Das Ergebnis ist der patentierte
Zylinderwellenstrahler von
B&M, der in seiner neuesten
Version im Mittelhochtonbereich der BMLine 35 (siehe
Seite 20) zum Einsatz kommt
und der auch bei schlecht bedämpften Räumen und riesigen
Hörabständen noch eine verblüffende Abbildung, Direktheit
und Transparenz ermöglicht.
Der akustische Hintergrund
dazu: Die Zylinderwelle, die
horizontal breit, aber in der Vertikalen klar begrenzt abgestrahlt
wird, blendet Boden- und De-
Elektronik- und Endmontage, teilweise auch die Herstellung der Treiber, findet bei B&M in der Manufaktur
statt. Das hält die Wege zwischen Produktion, Entwicklung und Qualitätsmanagement kurz und sorgt für
eine hohe Zuverlässigkeitsquote, die in den frühen Tagen der Aktivtechnik noch undenkbar schien.
ckenreflexionen aus und verliert
mit wachsender Entfernung viel
weniger Schallenergie als die
Kugelwelle von klassischen Boxen. Deshalb hat sich B&M
diese Technologie auch als
„Near Field Extension“, also
Erweiterung des Nahhörbereichs, patentieren lassen.
Natürlich kommt diese auch
in der größten je gebauten B&M
zum Einsatz, der BM100 (siehe
Bild links). Aber auch bei dieser
Box der Superlative wird der
ortungs- und auflösungsrelevante Mittelhochtonbereich von
einem kleinen Zeilenstrahler
erzeugt: nicht größer als eine
Kompaktbox und entsprechend
homogen und ortungsscharf.
Auch bei Aktivboxen ist Qualitätskontrolle enorm wichtig. Jedes
Chassis wird vor dem Einbau komplett durchgemessen, inklusive
der später für die DMC-Regelung wichtigen Beschleunigungs­
sensoren, die sich in den Basschassis verbergen.
Dritte Dimension
Aber auch auf der Ebene der
Elektronik lässt sich mit aktiver
Technik noch viel tun für eine
präzisere Wiedergabe: etwa
durch die Verwendung digitaler
Weichen- und Entzerrerfilter,
denen nicht nur Zeit- und Phasenfehler, wie sie bei allen passiven Weichen zwangsläu-
Die Elektronikmodule in einigen B&M-Modellen sind extrem komplex
und beherbergen neben Netzteil und DSP-Weiche auch noch
zahlreiche Endstufenmodule. Entsprechend anspruchsvoll ist die
Endmontage durch speziell geschultes Personal.
06/15 stereoplay.de
147
Titel-CD  Portrait
Die Monitor 3 (oben) entwickelte Backes &
Müller 1973 noch vor der offiziellen Firmengründung. Die Vier-Wege-Aktivbox kam noch
ohne vollständige Sensorregelung aus.
Die BM40 kam 1986 auf den Markt und läutete
bei B&M das Zeitalter der Superboxen ein.
Man erkennt bereits die symmetrische
Anordnung aller fünf Wege auf der Schallwand, aber noch ohne Zylinderwellenstrahler.
Volle Kontrolle – wie ein Sensor präzisesten Bass bringt
Ein Vorteil von Aktivboxen ist die
direkte Kontrolle der Chassis durch
die Endstufen, ohne dass Induktivitäten und Widerstände einer passiven
Weiche diese stören würden. Gerade
im Bassbereich allerdings stößt dies
an Grenzen, weil die mechanischen
Eigenschaften den abgestrahlten
Schall zu stark bestimmen. Um auch
in diesem Bereich Verzerrungen,
Kompression, Über- und Nachschwinger ausschließen zu können,
braucht man eine Sensorregelung,
die die tatsächliche Bewegung der
Membran misst, in Echtzeit Soll- und
Istwerte vergleicht und die Spulenträger
Endstufe bei Bedarf zum mit Sensorspule
S/K-Magnet
Schwingspule
Nachregeln anhält. Das
Träger des
S/K-Magneten
Polplatte
Ergebnis kann gerade im
Magnet
Bassbereich eine Präzision
und Impulsgenauigkeit
bedeuten, die weder
Der induktive
Sensor
in der
Antriebs-Schwingspule
Schema
und Abbildung
des induktiv
geregelten Chassis
passiv noch klassischbesteht aus Magnet und Sensorspule. Bewegt sich die
aktiv möglich ist. Die
Membran, induziert sie eine analoge Spannung; diese
DMC-Regelung bei B&M
wird an die Regelelektronik weitergemeldet.
erfasst die tatsächliche
Membranbewegung per
oder Aufschwingen ist durch die neue
Frequenzgang
Schwarz mit FIRTEC (Rot
ohne)
induktiven Sensor und korrigiert
Sensor-Generation
ebenfalls
ausgedB so
30
ohne jeglichen Zeitversatz, ja verrinschlossen, hörbare Vorteile bringt
gert sogar Zeitfehler. Ein Überregeln
dies aber nur im Tiefton.
20
10
148 06/15 stereoplay.de
0
-10
Die BM8 erschien in einer
Johannes Siegler ist seit 2001 Geschäftsführer
Die AFB von B&M war 1989 das offizielle Staatsgeschenk
Sonderedition in Acrylglas –
und Chefentwickler. Unter seiner Ägide wurden
der Bundesrepublik Deutschland an Michail Gorbatschow
Einblick in die Technik inklusive.
die Zylinderwellenstrahler eingeführt.
für seine Verdienste um die deutsche Einheit.
fig auftreten, vollkommen
fremd sind, sondern die auch in
der Lage sind, Laufzeitverzerrungen, Phasenfehler und zeitliche Ungenauigkeit der Lautsprecher-Chassis selbst vollständig zu korrigieren. Diese
Technologie wird bei B&M
unter dem Stichwort FIRTech
geführt, benannt nach dem hierbei eingesetzten digitalen und
zeitrichtigen Filtertypus (siehe
den Hörtest, Seite 144).
Doch die DSP-Elektronik
dient nicht nur zeitrichtigeren
Weichen und der Korrektur der
Chassis, sie lässt sich auch zu
einer Korrektur der trotz Zylinderwellenstrahler noch verbliebenen Raumeinflüsse, insbesondere im Bassbereich, verwenden. Die DSPs (digitale
Signalprozessoren) in allen
BMLine-Modellen halten dafür
mehrere parametrische Filterbänke parat, die der glückliche
Endbenutzer zwar per Software
programmieren kann, deren
Feineinstellung und Optimierung er aber lieber einem Spezialisten des B&M-Direktvertriebs überlassen sollte (siehe
Kasten unten).
Denn wenn die High-EndGeschichte eine weitere Lehre
bereithält: Überleben wird nicht
der Hersteller, der überlegene
Technologie nur bietet, sondern
der, der diese auch zum Nutzen
des Musikhörers und im direkten Service an selbigem einzusetzen weiß. In diesem Sinne:
Freuen wir uns auf weitere 40
aktive Jahre. Malte Ruhnke ■
Vertrieb mit vollem Room Service
B&M setzt nicht auf ein Netz
Installation. Alle B&M-Modelle
von Händlern, sondern auf
sind akustisch einfach an den
ein Service-Vertriebskonzept
Raum anpassbar, die BMLinemit zwei Vertretungen in
Modelle sogar mit volldigitaler
Deutschland: Sprint Service
DSP-Einmessung. Diese
in Euskirchen sowie Münermöglicht dank der FIRTechchen und das Service Center
Weichen nicht nur eine
Süd bei Stuttgart. Neben der
Korrektur des FrequenzVeranstaltung von Messen
ganges, sondern auch des
Hans Gülker
und Hör-Workshops liefern
Zeitbereichs. Die Einmessung
Geschäftsführer
die beiden Direktvertreist
deshalb dem ServicetechSprint Service GmbH
tungen die teilweise hochniker mit Profi-Equipment
komplexen Aktivboxen nicht
vorbehalten.
nur zum Kunden aus, sondern sorgen www.aktiv-backesmueller24.de
auch für optimale Aufstellung und
www.service-sued-backesmueller.de
06/15 stereoplay.de
149