Majik DS, Stereoplay Nr. 5 2015

Test & Technik  Netzwerkspieler
A Kind of Majik
Der Linn Majik DS war ein puristischer, herausragend klingender Netzwerkspieler; sein Nachfolger ist eine Revolution. Seine Rechenpower nutzt er nicht
nur zum HiRes-Streamen, sondern auch für eine ausgeklügelte Raumkorrektur.
D
ass sich die Schotten von
Linn in die Weltliga der
innovativsten High-End-Firmen
aufgeschwungen haben, wusste man spätestens seit den verlustfrei zeitkorrigierten Voll­
digitalketten wie der Akubarik
Exakt (vgl. stereoplay 8/14).
Besonders begeisterte sich die
Redaktion bei dieser Komplett­
anlage für die interne Raum-
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korrektur, die ganz ohne Messmikrofon oder komplexe
Einmessprozeduren die gröbsten Auswirkungen von Bass­
resonanzen, wandnaher Positionierung oder suboptimaler
Raumakustik erstaunlich gut
digital wegregelte. Der einzige
Pferdefuß: Die Kette ist mit
30.500 Euro alles andere als
preiswert, und das vollkommen
geschlossene System der Digitalübertragung bietet für Besitzer herkömmlicher Passivboxen
und Amps recht wenig Anwendungsspielraum.
Von dieser Alles-oder-nichtsPhilosophie wenden sich die
Schotten nun ab und verkündeten unlängst die Sensation: Die
verbesserte Version ihrer Raumkorrektur hört auf den Namen
SPACE und ist nunmehr in allen
Linn-Streamern fest eingebaut.
So orderte die Redaktion gleich
das Einstiegsmodell, den künftig mit nur noch 2000 Euro
preiswerten Majik DS.
Gute Gene
Dessen Äußeres kündet nicht
von einer Revolution – im Gegenteil. Optisch und haptisch
hat sich am Gehäuse gegenüber
der Urversion von 2008 nicht
viel geändert. Auch bei der fein
säuberlich bestückten Platine
mit dem abgesetzten, getrennt
gekapselten Netzteil wurden
nur Details verbessert, wie das
genauere Clocking und dadurch
reduzierter Jitter. Der hochwertige D/A-Wandlerchip von
Wolfson wandelt klaglos alle
PCM-HiRes-Formate bis 24 /
192, egal ob das Dateiformat
FLAC, WAV, AIFF oder Apple
Lossless heißt. Lediglich der
DSD-Welt verschließt er sich,
das würde auch weder zur Philosophie von Firmengründer
Ivor Tiefenbrun noch zu den
Möglichkeiten des hochwertigen DACs passen. Die Umwandlung in die analoge Welt
geschieht im Majik DS mit be-
sonders sanft ausgelegten Tiefpassfiltern. Die beeinflussen den
Frequenzgang im Hörbereich
zwar nicht wahrnehmbar, halten
aber Ringing, Phasendrehungen
und andere Auswirkungen auf
den Zeitbereich deutlich geringer als bei steilflankigen Filtern.
Von den Chips kommt im
Majik DS V2 nur einer zum
Zuge, denn im Gegensatz zu
den größeren Brüdern besitzt
der Magiker nur asymmetrische
Analogausgänge per Cinch. Dafür aber gleich zwei Paar, die
sich mit der Config-Software
wahlweise für geregelte oder
ungeregelte Pegel konfigurieren
lassen. So kann er wahlweise
in einer normalen Anlage mit
Vollverstärker oder Vorverstärker als reine Quelle fungieren
oder in einer puristischen Nur-
Streaming-Kette direkt an den
Endstufen/Aktivboxen.
Apropos Aktivboxen: Die
zweite Revolution findet sich
auf der Rückseite, nämlich die
ExaktLink-Digitalausgänge.
Somit kann der kleine Streamer
– oder sein um eine A/D-Wandler- und Vorverstärkersektion
erweiterter Bruder Majik DSM
für 2940 Euro – die DSP-Aktivweiche ExaktBox (siehe stereoplay 3/15) ansteuern und als
Quelle für eine volldigital-verlustfreie Digitalkette dienen.
In der Praxis
Die Installation der hauseigenen
Player-Software namens ­Kinsky
(für Android und iOS) funktionierte ebenso schnell und reibungslos wie die der Konfigurations-Software Config, wahl-
weise für Windows, Mac OS
oder Linux erhältlich. Sind
Laptop und der Majik im selben
WLAN angemeldet, kann man
sofort auf das Gerät zugreifen
und Ausgänge, Räume und Anlagenkonfiguration setzen.
Neu ist die Auswahl des verwendeten Lautsprechers: Sie
dient der Genauigkeit bei der
Berechnung der Raumeinflüsse
im Normalbetrieb oder der genauen Emulation der Frequenzweiche beim Betrieb mit der
ExaktBox. Bisher dominieren
bekannte Lautsprechermodelle
von den britischen Inseln, namentlich von B&W, KEF und
Monitor Audio, aber weitere
Modelle sind in Planung.
Anschließend geht es um die
Definition des Hörraums, wobei
insbesondere dessen Maße
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Reiner Streamer: Die Rückseite des Majik DS V2 sieht gewohnt übersichtlich aus und bietet keine zusätzlichen Eingänge. Neu sind die
zentralen ExaktLink-Buchsen, die digitale Aktivboxen wie die Akubarik Exakt oder die digitalen Aktivweichen ExaktBox verlustfrei ansteuern.
und die Beschaffenheit der
Wände (Beton/Mauer oder
Leichtbau) entscheidenden Einfluss auf die Akustik im Bass
haben (siehe Kasten unten).
Anschließend lässt sich noch
eine zweite, akustisch suboptimale, aber optisch gewollte
­Boxenposition definieren, etwa
wenn die Ehefrau auf einer Platzierung der Lautsprecher in der
Ecke oder an der Wand besteht.
Im stereoplay-Hörraum ging
es dann sofort in die erste Hörtest-Runde. Die lieferte bei Joni
Mitchells „Both Sides Now“
wunderbaren Reichtum der
Klangfarben, höchste Transpa-
renz und eine perfekte Räumlichkeit, sodass die Hörer kaum
glauben konnten, hier einem
lediglich 2000 Euro preiswerten
Streamer zu lauschen. Allerdings standen mit der vollauto-
Mehr Space: So funktioniert die Raumkorrektur in allen Linn-Streamern
Die gesamte
Flotte der
Linn-Streamer,
vom Sneaky DS
bis zum Streamer-Preamp
Klimax DSM
(unten links), wurde jüngst durch
Nachfolger
ersetzt und hört
künftig auf den
Zusatz „V2“ und
auf die neue
Version der Linn-eigenen Software
Config (Screenshots rechts) mit der
Raumkorrektur namens SPACE. Der
Benutzer (oder sein freundlicher
Händler) kann durch Eingabe der
Raumparameter und Positionierung
von Boxen und Hörplatz eine theoretische Korrekturkurve mit mehreren
vollparametrischen Filtern berechnen,
die insbesondere Raummoden und
Bassreflexionen durch die Wände
erstaunlich genau wegregelt. Auch
eine nachträgliche manuelle Korrektur
ist möglich: Im stereoplay-Hörraum
mussten etwa die Notch-Filter bei 46
und 70 Hz deutlich reduziert werden,
weil diese Moden bereits durch
passive Plattenabsorber bedämpft
werden.
Alle Streamer und Pre-Streamer
verfügen künftig über ExaktLink-Ausgänge und lassen sich durch eine
Linn-Digitalaktivbox oder die aktive
Frequenzweiche ExaktBox zu einer
Vollaktivkette ausbauen. In diesem
Fall stellt die Vorauswahl des Lautsprechers (neben Linns eigenen
Modellen gibt es viele, etwa von
B&W, Monitor Audio, KEF und Co.)
der ExaktBox eine komplette digitale,
Zeit korrigierende
und verlustfreie
Emulation der dann
zu überbrückenden
Passivweiche zur
Verfügung.
Im ersten Schritt wird die eingesetzte Box
ausgewählt; neben Linn-Modellen gibt es
auch diverse bevorzugt englische Modelle.
Die Raumdimensionen, Beschaffenheit der
Wände und die Position von Speaker und
Hörer müssen genau angegeben werden.
Die optimierte Basskorrekturkurve lässt sich Filter für Filter einzeln
manuell verändern, falls das Programm zu stark eingreift.
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ERWARTEN
SIE MEHR!
Linn Majik DS V2
2400 Euro (Herstellerangabe)
Vertrieb: Linn Deutschland
Telefon: 040 / 890 66 00
www.linn.co.uk
Auslandsvertretungen siehe Internet
Maße: B: 38 x H: 8 x T: 36 cm
Gewicht: 4,2 kg
Messwerte
Frequenzgänge
Im Hörbereich neutral und breitbandig, aber sanft abfallende Filter
Klirrspektrum
Gewohnt sauber die Platine. Zentral der silberne
und weit weg von der Analogsektion (unten).
matisch generierten SPACE-Korrektur auch bei
Queens „A Kind of magix“ ein schlankes Stimmvolumen und ein wenig durchsetzungskräftiger Bass
auf der verbliebenen Wunschliste. Kein Manko des
Linn indes oder eine Ungenauigkeit der Einmessung,
sondern schlicht der Tatsache geschuldet, dass die
Software und die im stereoplay-Hörraum vorhandenen Bassabsorber sozusagen für eine doppelte Korrektur und entsprechend dünnes Fundament sorgten.
Korrigierte man die entsprechend gesetzten Filter
manuell von -15 auf -5 dB (bzw. von -12 auf -4),
ging auch klangfarblich die Sonne auf. Wagners „Der
smyphonische Ring“ (Duisburger Philharmoniker,
FLAC 192/24) tönte wunderbar vollmundig, fein
aufgelöst und in allen Dynamiklagen und Tonhöhen
genauestens schattiert. Dabei verlor der Linn keineswegs den Überblick über den musikalischen Fluss
und fesselte die Redakteure in Verbindung mit der
Kudos X3 (die auch in der Linn-Datenbank erfasst
ist) für eine entspannte, stundenlange Hörsession.
Dass er auch aus FLACs in CD-Auflösung klanglich das Allerbeste herausholt, bewies er anschließend
bei stereoplays Remixes der Yello-Tracks: Feinperlig und energetisch, doch nie nervig gab er die Elektro-Klassiker wieder, selbst mit der nur spärlich
eingesetzten Raumkorrektur klang die Kudos gleich
mehrere Stufen spritziger. Ein echtes Highlight!
Malte Ruhnke ■
Geringer Klirrpegel mit vorbildlich
dominantem k2, etwas k3, kaum
höherwertige Komponenten
Jitterspektrum
FIDELITY No. 19
ab 10.4.2015 im Handel!
Sehr geringer Jitter (165ps) mit
unauffälliger Spektralverteilung
Rauschabstand (A-bew.)
Ausgangswiderstand
103 dB
300 Ω
Verbrauch Standby/Betr. 11,2/13 W
Bewertung
Klang (24/192 / 24/96, 16/44,1) 67/66/65
0 10 203040506070
Messwerte9
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Praxis8
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Wertigkeit8
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In HiRes wie CD-Qualität sehr
fein aufgelöst und neutral
klingender Netzwerk-Streamer,
der durch seine eingebaute
Raumkorrektur für alle Hörer mit
suboptimaler Boxenplatzierung
zum Geheimtipp wird!
stereoplay Testurteil
Klang
Ansolute Spitzenklasse 67 Punkte
Gesamturteil
überragend
facebook.com/FIDELITY.Magazin
Bild: © fotomek – Fotolia.com
Prozessor, das Netzteil (oben) ist komplett gekapselt
6 x im Jahr. Im Handel,
im Abo und als Download!
92 Punkte
Preis/Leistungüberragend
Das Magazin für HiFi‚ High End und Musik.