06 www.polizei-verkehr-technik.de Nov./Dez. 2015 60. Jahrgang A 5625 | € 7,00 ISSN 0722-5962 POLIZEI VERKEHR + TECHNIK Fachzeitschrift für Polizei- und Verkehrsmanagement, Technik und Ausstattung Kooperative Straßenverkehrskontrollen in NRW Rückblick auf die CCExpo® 2015 SFP9 – Das neue Polizei-Pistolen-System von Heckler & Koch Neue Schiffe für die Bundespolizei? 60 Jahre Flugdienst der BPOL Inhalt 2 Editorial Polizei- und Verkehrsmanagement 3 Ehrenamtliches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern gewürdigt B undespräsident überzeugt sich von der Leistungsfähigkeit der Behörden des Bevölkerungsschutzes Von Helmut Kimmerle, Bonn 5 Von Günter Krebs, Leitender Polizeidirektor a.D., Hamburg 9 Von Dr. Uwe Wehrstedt , Falkenstein/Harz 10 Von Helmut Kimmerle, Bonn 13 Alles, was Gott und die StVO verboten haben: Die verkehrsrechtliche Auffangvorschrift des § 23 Abs. 1 StVO Von Dr. Adolf Rebler, Regensburg 17 Für eine nachhaltige Erhöhung der Verkehrssicherheit Kooperative Straßenverkehrskontrollen in Nordrhein-Westfalen Von der CCExpo® 2015 in Berlin Neuer IP-Standard für den Notruf Kommunikationstag auf CCExpo zeigt: G roße Zufriedenheit bei Digitalfunk, große Sorgen über mangelnde Konzepte zum Breitband Weder Pkw noch Lkw Das Wohnmobil aus dem Blickwinkel der StVZO Von Dr. Alfred Scheidler, Regierungsdirektor am Landratsamt Neustadt an der Waldnaab, Dozent bei der Bayerischen Verwaltungsschule 19 Gefahrgutbeförderungen durch Behörden Von Reinhard Leuker, Polizeihauptkommissar a.D., Gastdozent am LAFP NRW, Gefahrgutbeauftragter, Telgte Technik und Ausstattung 22 „Ohne Beanstandungen“ zertifiziert SFP9 – Das neue Polizei-Pistolen-System von Heckler & Koch Von RA Marc Roth* – Heckler & Koch GmbH – Oberndorf/Neckar und Hans Damm**, Leitender Regierungsbaudirektor a.D., Drensteinfurt 26 27 30 Ersatzbeschaffungen stehen an Von Dr. Uwe Wehrstedt , Falkenstein/Harz 32 Statement von Ingo Gädechens, MdB, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Neue Schiffe für die Bundespolizei See dringend erforderlich 33 Mit dem Fernbus durchs Land – bequem, preiswert und sicher? Von Polizeikommissar Stephan Bockting, Dipl.-Ing. Sicherheitstechnik, Duisburg Neue Schiffe für die Bundespolizei? Vom „Pflichtenheft Faustfeuerwaffen“ zur „Technischen Richtlinie Polizeipistole“ Von Hans Damm, Leitender Regierungsbaudirektor a.D., Drensteinfurt Es begann auf dem Flugplatz Bonn-Hangelar 60 Jahre Flugdienst der BPOL Von Achim Friedl, Direktor in der Bundespolizei, Berlin 37 Sicherheitsforschung „Free but secure“ Von Achim Friedl, Direktor in der Bundespolizei, Berlin 39 Enforcement Trailer Autonome Überwachung von Unfallschwerpunkten Von Sebastian Ramb*, Wiesbaden Forum 41 „Der Mensch fährt, wie er lebt“ Täterschnittmengen zwischen Allgemein- und Straßenverkehrskriminalität Von Polizeirat Frank Fischer, M.A., Dortmund, FHöV NRW - Studienort Hagen - Herausgeber Ministerialdirektor Stefan Kaller, Bundesministerium des Innern Präsident Dr. Dieter Romann, Bundespolizeipräsidium Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder Wolfgang Lohmann, Bundesministerium des Innern Präsident Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange, Deutsche Hochschule der Polizei Landespolizeipräsident Gerhard Klotter, Innenministerium Baden-Württemberg Landespolizeipräsident Prof. Dr. jur. Wilhelm Schmidbauer, Bayerisches Staatsministerium des Innern Senatsdirigent Klaus Zuch, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Berlin Ministerialdirigent Dr. jur. utr. Herbert Trimbach, Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg Senatsrat Dierk Schittkowski, Senator für Inneres und Sport der Freien Hansestadt Bremen Leitender Polizeidirektor Lothar Bergmann, Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg Landespolizeipräsident Udo Münch, Hessisches Ministerium des Innern und für Sport Ministerialdirigent Frank Niehörster, Innenministerium des Landes MecklenburgVorpommern Präsident Uwe Binias, Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Ministerialdirigent Wolfgang Düren, Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Leitender Ministerialrat Wolfgang Klein, Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten des Landes Saarland Landespolizeipräsident Jürgen Georgie, Sächsisches Staatsministerium des Innern Ministerialdirigent Karl-Heinz Willberg, Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt Ministerialdirigent Jörg Muhlack, Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein REDAKTION Chefredakteur: Leitender Polizeidirektor i. BGS a.D. Dipl.-Ing. Helmut Kimmerle (ki) Nietzschestraße 46, 53177 Bonn Telefon und Fax: (02 28) 3 24 09 95 E-Mail: [email protected] Redaktionelle Mitarbeit (Information und Kommunikation): Leitender Polizeidirektor a.D. Günter Krebs (kr) E-Mail: [email protected] VERLAG EMW Exhibition & Media Wehrstedt GmbH Hagenbreite 9, 06463 Falkenstein/Harz, OT Ermsleben Tel.: (+49) 0700 WEHRSTEDT oder (+49) 034 743 - 62 090 Fax: (+49) 034 743 - 62 091 Email: [email protected] Internet: www.Wehrstedt.org Geschäftsführer: Dr. Uwe H. Wehrstedt (uw) Amtsgericht Stendal HRB 111856 Anzeigen- und Abonnementservice siehe Seite 47 Rubriken Titelbild: Kooperative Straßenverkehrskontrolle auf einer Autobahn in NRW (Foto: Kimmerle) 40 46 48 Verstöße des Güterverkehrs ziehen insbesondere auf Bundesautobahnen regelmäßig Verkehrsunfälle mit schwersten Folgen nach sich. 2013 wurden in Deutschland 759 Personen bei Unfällen unter Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen getötet, davon allein in Nordrhein-Westfalen 108. Die Unfallfolgen sind aufgrund der Größe und Masse der Güterkraftfahrzeuge für die Unfallgegner meist deutlich schwerer als für die Güterkraftfahrzeugbenutzer selbst. Jeder Verstoß gegen Verkehrsvorschriften beinhaltet aber auch ein Sicherheitsrisiko für die Straßenverkehrsteilnehmer und erhöht die Unfallwahrscheinlichkeit. Das Europäische Parlament hat deshalb bereits im Jahr 2000 mit der „Richtlinie 2000/30/EG“ die Weichen für effizientere Straßenverkehrskontrollen gestellt. Medien Aus Bund und Ländern Aus Wirtschaft und Wissenschaft Dieser Ausgabe ist der pvt-Wandkalender für 2016 beigefügt. Um freundliche Beachtung wird gebeten. In Nordrhein-Westfalen werden diese Überwachungen auch durch „Kooperative Straßenverkehrskontrollen“ wahrgenommen. pvt hatte Gelegenheit an Kontrollen der Autobahnpolizeiwachen (APWen) Bochum und Moers teilzunehmen. Siehe hierzu auch Beitrag auf Seite 10 ff Technik und Ausstattung „Ohne Beanstandungen“ zertifiziert SFP9 – Das neue Polizei-Pistolen-System von Heckler & Koch Von RA Marc Roth* – Heckler & Koch GmbH – Oberndorf/Neckar und Hans Damm**, Leitender Regierungsbaudirektor a.D., Drensteinfurt Derzeit sind rund 165.000 Pistolen verschiedener Modelle von Heckler & Koch bei deutschen Landes- und Bundesbehörden im Einsatz. Mit der SFP9 bietet HK ein neu konzipiertes Behörden-Pistolensystem an. Nach der Zertifizierung gemäß Technischer Richtlinie durch das Beschussamt Ulm im Oktober 2014 mit dem seltenen Prädikat „ohne Beanstandungen“ haben sich Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg mit einer Gesamtstückzahl von rund 27.000 Waffen als erste Länderpolizeien für die Beschaffung der SFP9, sowie des Üb-Systems SFP-FX und dem Handhabungsmodell SFP-H entschieden. Darüber hinaus befindet sich die SFP9 aktuell bei mehreren deutschen Bundes- und Landesbehörden in der Erprobung. Von der US-Version der SFP9, der VP9, sind bereits rund 100.000 Stück in den USA im Umlauf. Polymerpistole mit Schlagbolzenschloss und „High Capacity“Magazin – Teil der „Heckler & Koch-DNA“ Mit der vor mehr als 40 Jahren entwickelten Pistole VP70 ist HK der eigentliche Erfinder der Polymerpistole mit Schlagbolzenschloss und sog. „High Capacity“-Magazin. Abb. 1: Die weltweit erste Pistole mit Polymergriffstück, Schlagbolzenschloss und zweireihigem „High Capacity“Magazin: die Heckler & Koch VP70M Später wurde mit der PSP/P7-Baureihe erstmals eine HK-Pistole mit Schlagbolzenschloss in großem Umfang bei deutschen und internationalen Polizeiverbänden eingeführt. Bei der bayerischen Landespolizei ist die P7 bis heute Standardwaffe. Nach der P7-Baureihe begann auch bei HK Anfang der 1990er Jahre die Ära der Pistolen mit Polymergriffstück und der Wechsel zum Hammerschloss. Nach USP Compact/P10 und P2000 ist seit 2006 die P30 im deutschen und in* Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für tragbare militärische und polizeiliche Schusswaffen und Munition ab 1945 ** Ehemaliger Leiter des Polizeitechnischen Instituts (PTI) bei der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) 22 pvt 6/15 Abb. 2: Die erste deutsche Polizeipistole mit Schlagbolzenschloss im Kaliber 9mm x 19: die Heckler & Koch PSP, P7, P7M8 und P7M13 (Foto). Einer der ersten Nutzer war die GSG9; bis heute ist die P7 Standard-Dienstwaffe der bayerischen Polizei. ternationalen Polizeibereich überaus erfolgreich: Mit der SFP9 trägt HK nun der seit rund 10 Jahren bestehenden Nutzerforderung nach einer Pistole mit Schlagbolzenschloss und entsprechend niedriger Visierlinie Rechnung. SFP9 – Behördliche Waffenfamilie mit System Die SFP9-TR ist Kernstück einer behördlichen Pistolen-Produktfamilie auf Basis des P30-Magazins, welche insbesondere die untenstehenden Modelle und Zubehörkomponenten umfasst; alle SFP9-Modelle sind jeweils mit TR- oder SF-Abzug1 verfügbar bzw. auf Werkstattebene oh- ne Veränderung von Griffstück oder Verschluss umrüstbar. Auf Wunsch können alle SFP9-Modelle auch in maritimer Ausführung realisiert werden: "" SFP9-SF – „Special Forces“, wie SFP9-TR, jedoch statt TR-Abzug, sog. SF-Abzug, vollständig vorgespannt, mit kurzem Auslöse- und Resetweg (6mm bzw. 3 mm).2 "" SFP9M – „Maritim“, störungsfreie Waffenfunktion unter Wasser3 und volle Nutzungsfähigkeit der Waffe nach NATO-AC225/D14-Langzeit-Salzwassertest. Volle Teiltauschbarkeit mit nicht-maritimen SFP9-Modellen4 "" SFP9SD/SFP9SD-RD – Schalldämpfer-Version, wie SFP9, jedoch mit langem SD-Rohr und erhöhter mechanischer SD-Visierung; die RD-Version („Red Dot“) verfügt über Technik und Ausstattung einen modifizierten Verschluss zur Aufnahme eines Rotpunkt-Visiers, optional in Verbindung mit einer mechanischen Notvisierung. "" SFP9SK – Subkompakt-Modell mit identischer Magazinschnittstelle wie SFP9 "" SFP-FX/SFP-UTM/SFP-CM – Üb-Systeme zur Farbmarkierung "" SFP-H – „Handling“, Handhabungswaffe; voll funktionsfähig, jedoch nicht schussfähig5 Im Zubehörbereich ist insbesondere das High-Capacity-Magazin zu nennen, welches formschlüssig nur wenige Zentimeter über die Griffstückunterkante hinaus- Abb. 4: Die sog. Durchladehilfen können auf Werkstadtebene nach Abnahme des Visiers beliebig ausgetauscht und auch asymmetrisch montiert werden. ragt und mit einem Fassungsvermögen von 20 Patronen einen Schuss mehr aufweist als das international verbreitetste Wettbewerbsmodell. Weiterhin ist u. a. eine glatte Abdeckleiste für die Picatinny-Schiene verfügbar, um diese vor Beschädigungen zu schützen und beim Ziehen der Waffe aus verdeckter Trageweise ein Verhaken des Schienenprofils an der Kleidung zu verhindern. Für erhöhte Griffigkeit, werden Griffschaleneinsätze und -rücken mit Gummierung realisiert, welche einfach gegen die Standardbauteile ausgetauscht werden können. Hierdurch wird nun endlich die Nutzung der nach „TR-Polizeipistole“ nicht zugelassenen sog. „Griffüberzieher“ aus Gummi6 entbehrlich und so auch Nicht-Spezialkräften der Polizei erstmals seit Bestehen der „TR-Polizeipistole“ die rechtskonforme Nutzung eines gummierten Griffes ermöglicht. Grundaufbau Bei der SFP9 handelt es sich um ein starr verriegeltes, modifiziertes Browning-System. Das Polymergriffstück nimmt das Stahlb- Abb. 3.: Heckler & Koch SFP9 – TR-zertifiziert „ohne Beanstandungen lechmagazin der Polizeipistole P30 auf und fasst 15 Patronen. Im gefrästen Stahlverschluss befindet sich das gehärtete Polygonrohr mit der Schließfederführungsstange aus Stahl. Das Entriegelungselement ist im Gegensatz zur P30 nicht mehr Teil der Federführungsstange, sondern des Griffstücks. Hierdurch wird auch bei Nutzern, welche die Waffe beim Schießen etwas „lockerer“ halten, eine akzeptable Waffenfunktion bzw. Hülsenauswurf gewährleistet. Bei Zerlegung auf Nutzerebene gliedert sich die SFP9 in die fünf Hauptbaugruppen Griffstück, Verschluss, Rohr, Schließfederführungsstange und Magazin; der Verschlussfanghebel ist unverlierbarer Bestandteil des Griffstücks. Alleinstellungsmerkmal „Maximale Zerlegesicherheit“ Neben maximaler Funktionssicherheit und Lebensdauer war Bedienersicherheit eine Top-Priorität bei der Entwicklung der SFP9. Bereits die Dienstpistole Walther P38 der ehemaligen Deutschen Wehrmacht ermöglicht das Betätigen des Zerlegehebels erst sofern sich der Verschluss in vollständig geöffneter Stellung befindet. Hierdurch wird eine im Patronenlager befindliche Patrone zwangsläufig ausgeworfen und somit sichergestellt, dass die Waffe nicht fertiggeladen zerlegt werden kann. Diese Zwangssteuerung wurde bei der bekannten deutschen Polizeipistole SIG-Sauer P6 (kommerzielle Bezeichnung P225) eben- falls übernommen und hat sich somit in der behördlichen Nutzung seit mehr als 75 Jahren bewährt. Auch die SFP9 verfügt über diese Zwangssteuerung und wurde in ein ganzheitliches konstruktives Konzept „maximaler Zerlegesicherheit“ integriert: Bei der SFP9 muss vor dem Zerlegen nicht nur der Verschluss in vollständig geöffneter Stellung arretiert werden. Vielmehr muss zusätzlich das im Griffstück befindliche Magazin entfernt werden. Erst dann kann der links am Griffstück befindliche Zerlegehebel betätigt und der Verschluss mit Rohr und Schließfeder nach vorn vom Griffstück abgenommen werden. Es ist somit vollkommen unmöglich eine geladene Waffe zu zerlegen. Alleinstellungsmerkmal Ergonomie – Griff und Durchladehilfen Durch das einzigartige Griffsystem, welches sich bereits bei der P30 bewährt hat, kann auch bei der SFP9 die Griffergonomie nach drei Seiten durch austauschbare Griffrücken, und Seitenschalen in mindestens 27 Volumenkonfigurationen variiert werden. Nachdem kundenseitig inzwischen zwei weitere Griffrücken gefordert wurden, sind bei der SFP9 inzwischen bis zu 45 Volumenoptionen auf Nutzer- oder Werkstattebene realisierbar. Die Formgebung der Griffgeometrie der SFP9 erfolgte – wie schon bei den Polizeipistolen P30 und P30SK – in enger Zusammenarbeit mit der Fa. Karl Nill/Mössingen, die über jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich verfügt und neben vielen Sportwaffengriffen unter anderem bereits Anfang der 1980er Jahre den Griff des Präzisionsschützengewehrs 1 „PSG1“ gestaltete. Ebenfalls einzigartig sind die sog. Durchladehilfen, welche sich auf Werkstattebene nach Abnahme der Kimme von oben beidseitig in den Verschluss einsetzen lassen; auch asymmetrisch. Hierfür sind derzeit drei verschiedene Geometrien verfügbar, inklusive einer flachen Version, welche nicht auf dem Verschlussquerschnitt aufträgt. Letztere eignet sich sehr gut für verdecktes Tragen sowie Nutzer, welche optisch einen minimalen Verschlussquerschnitt bzw. ein Zielbild wünschen, welches links und rechts am Verschluss vorbei eine optimale Umfeldbeobachtung ermöglicht. 6/15 pvt 23 Technik und Ausstattung Die neueste Form der Durchladehilfen wurde auf Basis einer breit angelegten HK-eigenen Anwendererprobung gestaltet, an welcher ausschließlich Damen teilnahmen. Alleinstellungsmerkmal „Maximal zulässige Gesamtzuladung“ Die SFP9 verfügt vorne an der Griffstückunterseite über eine sog. Picatinny-Schiene nach MIL-STD-1913; eine Realisierung der hierauf basierenden neuen NATO-STANAG4694-Schienengeometrie ist herstellerunabhängig aufgrund der engen Tolerierungen der STANAG-Norm in Kunststoff nicht realisierbar. Hier lauert vor allem für militärische Beschaffungsbehörden ein versteckter Fallstrick, da seit der STANAG-Standardisierung aufgrund der NATO-Zughörigkeit der Beschaffungsnationen die ausschließliche Beschaffung von Waffen bzw. Montageschienen nach STANAG4694 angewiesen wurde, obwohl einige Werkstoffe dies herstellerunabhängig nicht ermöglichen können und diese enge STANAG-Tolerierung bei Langwaffen gerade bei Zweibein- und Sturmgriff-Schienen auf 3h, 6h- und 9h-Position praktisch keinen Sinn macht; hier reichen die MIL-STD-1913-Maße vollkommen aus. Für die SFP9 wird herstellerseitig erstmals – vergleichbar einem Fahrzeug – eine maximal zulässige Gesamtzuladung von 160g für Laser-Licht-Module und andere Zubehörteile definiert und die volle Waffenfunktion bis zu diesem Zuladungsgewicht garantiert. Dies ist das Ergebnis intensiver funktionaler Untersuchungen, welche ergaben, dass Anbauteile schwere Funktionsstörungen und Lebensdauerverkürzung (z. B. des Griffstücks) herbeiführen können, sofern Waffenkinematik oder konstruktive Stabilität für diese Zuladungen nicht ausgelegt sind. Alleinstellungsmerkmal Magazin der Polizeipistolen P30/P30SK In allen SFP9- und SFP9SK-Modellen werden die Magazine der Polizeipistolen P30 bzw. P30SK verwendet. Hierdurch weisen insgesamt vier Pistolengrundmodelle eine identische Magazinschnittstelle auf. Dies bietet u. a. den einsatztaktischen Vorteil, dass im verbundenen Einsatz verschiedener Polizei- und auch Militärkräfte, SFP9und P30-Nutzer Magazine austauschen kön- 24 pvt 6/15 Abb. 5: Heckler & Koch SFP9CM – „Low Energy“-Farbmarkiersystem, entwickelt auf Initiative und in enger Zusammenarbeit mit der Bundespolizei im Projekt P30-BPol. nen. Ebenso verhält es sich, sofern bspw. polizeiliche Spezialkräfte mit einem SFP9-Modell ausgerüstet werden, während reguläre Kräfte zeitlich vorgelagert bereits mit der P30 ausgestattet wurden. Erstmals ist es nun auch möglich, maritime Kräfte mit einer Pistole auszustatten deren Magazine identisch sind mit de- nen der TR-zertifizierten Waffen P30 bzw. SFP9. Bedenkt man, dass sich alleine bei deutschen Länderpolizeien und Bundesbehörden aktuell rund 70.000 Pistolen des Modells P30 in Nutzung befinden und in den nächsten Jahren weitere ca. 27.000 vom Typ SFP9 hinzukommen, sind alleine bei deutschen Behörden insgesamt weit über 100.000 Pistolen mit dem SFP9/P30-Magazin im Umlauf. Darüber hinaus nutzen im militärischen Bereich das Kommando Spezialkräfte (KSK) und die Personenschutzkräfte der Feldjäger die P30. Alleinstellungsmerkmal ÜbSystem „CM“ (Color Marker) Neben den marktgängigen Farbmarkier-Systemen der sog. „High“ und „Medium Energy“-Kategorie, UTM und FX-Simunition, bietet HK als einziger Hersteller auch das in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei entwickelte „Low Energy“-Üb-System „CM“ (Color Marker) an, Technische Daten Modelle SFP9-TR / SFP9-SF / SFP9M / SFP9SD / SFP9SK Waffenfarben schwarz / RAL8000 – grünbraun (Bw-Standard) Üb-Modelle (Farbmarkierung) SFP-FX / SFP-UTM / SFP-CM Handhabungswaffe SFP-H Laser-Ziel-Üb-Waffe SFP-LZ Kaliber 9mm x 19 (TR / NATO / CIP / SAAMI) Systemverträglichkeit (Auswahl) Polizeimunition MEN – PEP II / 2.0 (TR Polizeipatrone 2009) RUAG – Action 4 (TR Polizeipatrone 2009) RUAG – Action 5 = Bw DM101 RUAG – Green Range MEN – PTP Militärmunition NATO AD60 = Bw DM51/DM41 (Vollmantel-Weichkern) NATO AD63 = Bw DM91 (Vollmantel-Hartkern) RUAG/MEN – Subsonic/Unterschall (Vollmantel-Weichkern) Magazintyp/-schnittstelle Identisch mit P30 bzw. P30 SK Magazinkapazitäten 10 / 15 (Standard) / 20 Patronen Abzugsystem SA – Single Action mit vollständiger Vorspannung ohne Double-Action-Funktion8 Abzugsentspannung Automatisch beim Zerlegen (Abnahme des Verschlusses) Abzugswiderstände ca. 32N (SFP9-TR) / ca. 24N (SFP9-SF) Zündsystem Schlagbolzenschloss Verschluss-/Antriebssystem Starr verriegelt, Browning modifiziert, Rückstoßlader Rohrlängen 104 mm (Standard) / 120 mm (Schalldämpfer) / 86mm (SK) Rohrprofil Polygon Gesamtlänge ca. 187 mm Gesamtbreite ca. 34 mm Gesamthöhe ca. 137 mm Visierlinie 162 mm Leergewicht 710 g 7 Technik und Ausstattung SFP9-Abzugssysteme im Vergleich SFP9-TR (Technische Richtlinie) SFP9-SF (Special Forces – Spezialkräfte) nicht zertifizierungsfähig wegen TR-Mindestvorgaben Abzugswiderstand Ca. 32N (TR-Vorgabe: min. 30N) Ca. 24N Auslöseweg bis zum Druckpunkt Ca. 11mm (TR-Vorgabe: min. 10-15mm) Ca. 6mm Rückstellweg bis zu erneuter Auslösemöglichkeit (sog. „Reset-Weg“) Ca. 5mm (TR-Vorgabe: min. 4mm) Ca. 3mm APC-Entladestationen m 23 c x m 3c .1 Da eine weitere Aufrüstung der persönlichen Ausstattung terroristischer Attentäter auch im Bereich der Schutzwesten zu erwarten ist, wird im militärischen wie polizeilichen Bereich gerade seit den jüngsten Terror-Anschlägen immer wieder die Forderung der Durchdringung von Schutzwesten im Bereich der Schutzklasse 4 bzw. mit Keramik-Elementen mittels Pistolenmunition diskutiert und teilweise gefordert. Der einzige Munitionstyp, welcher hierfür in Deutschland für behördliche Nutzer in Frage kommt, ist die Patrone DM91 des Herstellers MEN. Die DM91 wurde vor ca. 10 Jahren bei der Bundeswehr als sog. „Nahkampfmunition“ für eine Schussentfernung bis ca. 7m beschafft. Derzeit erfolgt – unabhängig vom Waffenmodell bzw. -hersteller – jedoch in der Bundeswehr keine Nutzung der DM91. Die genauen Gründe hierfür sind nicht bekannt. Auf Initiative aus dem Bereich der deutschen Polizeien wurde auf Basis des DM91-Geschosses durch die Fa. MEN eine Variante dieser Patrone generiert, deren Gasdruckwerte sich an den Vorgaben der TR-Polizeipistolenpatrone 9x19 orientieren; jedoch hat die sog. „DM91-TR“ bisher kein TR-Zertifiziem Die r ung s v er f ahr en 2c x2 m c 5 kompaktesten durchlaufen. 4, .1 ca sicheren Es ist grundsätzEntladestationen lich möglich, beide für alle Kaliber Varianten der Patbis cal.50 BMG AP* rone DM91 aus der SFP9 schützen- und Geprüft vom: funktionssicher zu verBundesbeschussamt schießen. Die maxiFBI, mal gewährleistete Sandia Laboratories, U.S. Dept. Of Energy Schuss-zahl bzw. die sog. „Hartkernfähigkeit“ hängt hierbei jedoch – wie bei jeder anderen Waffen- und Munitionskombination auch – von Nutzervorgaben ab, welche u. a. Beschusszy*APC-100 alle Modelle klus, Präzisions- und !!! Beschusstest-Video unter www.nabco.de !!! DurchschlagsfordeTel.: +49 (0) 2151 4537 106 – Fax: +49 (0) 02151 891 7888 rungen eindeutig definieren müssen. www.nabco.de Grundsätzlich ist – unca „Hartkern-Fähigkeit“ für den Anti-Terror-Einsatz? – Varianten der Patrone DM91 Endnotes 1 Zu den genauen Unterschieden siehe Tabelle unten 2 Daher nicht TR-zertifizierungsfähig 3 Waffe vollständig und blasenfrei an der Wasserlinie getaucht; störungsfreier Verschuss inkl. Verschlussfang von bis zu 30 Schuss unter Wasser. 4 Bei Einbau bzw. Verwendung nicht-maritimer Bauteile in der SFP9-M wird die volle Waffenfunktion nicht-maritimer Modelle der SFP9 gewährleistet; maritime Nutzungsmöglichkeiten können in einem solchen Zustand zwangsläufig teilweise oder ganz verlorengehen. 5 Bisher aufgrund der Farbgebung der Griffstücke umgangssprachlich auch als sog. „Rot-“ oder „Gelbwaffen“ bezeichnet. 6 z. B. der US-Hersteller Hogue und Pachmayr 7 Voll funktions-, jedoch nicht schussfähig 8 Auf die Double-Action-Funktion wurde bewusst verzichtet. Hierdurch wird nicht nur ein identischer Abzugswiderstand in allen Szenarien gewährleistet, sondern auch der Tatsache Rechnung getragen, dass das Risiko eines erneuten Zündversagens bei erneutem Abschlag der zugeladenen Patrone erfahrungsgemäß deutlich höher ist als bei einer neu zugeladenen Patrone. Die Auslegung des SFP-Abzugs folgt damit konsequent dem insbesondere bei Spezialkräfte gängigen Drill, bei Funktionsstörung kräftig auf dem Magazinboden zu schlagen und sofort durchzuladen – international bekannt als „Tap and Rack“-Methode. Höhe ca. 80cm welches sich an Nutzer wendet, deren Prioritäten dahingehend gesetzt sind, an jedem beliebigen Ort (außerhalb zugelassener Schießstände) mit minimaler Schutzbekleidung, ohne schädlich Emissionen, bei identischer Waffenhandhabung, realitätsnah zu trainieren. Ein häufig unterschätzter Aspekt im Zusammenhang mit den verschiedenen Farbmarkierungssystemen ist der Umstand, dass aus physikalischen wie rechtlichen Gründen jedes Üb-System immer im Kontext mit der jeweils angebotenen Schutzausstattung zu betrachten ist. Eine simple „Überkreuz“-Nutzung von bspw. UTM-Waffen in Verbindung mit FX-Schutzausstattung stellt nicht jeden Nutzer zufrieden bzw. kann ballistische bzw. gesundheitliche Restrisiken bergen. HK empfiehlt daher immer jedes Üb-System nur mit der dazu angebotenen Schutzausstattung zu nutzen. Insofern erscheint die sorgfältige Abwägung taktischer, logistischer und finanzieller Aspekte besonders sinnvoll, insbesondere dann, wenn bereits für andere Waffensysteme Farbmarkiersysteme eingeführt worden sind und im Trainingsalltag verschiedene Waffensysteme im Verbund eingesetzt werden sollen. abhängig vom Waffenmodell – bei der Nutzung von Hartkerngeschossen gegen Schutzkomponenten (insbesondere mit Keramikelementen) zu beachten, dass gerade im Nahbereich von 0 bis ca. 7m in der Regel heiße Fragmente von Geschossmantel und Penetrator-Führungselement zusammen mit Keramiksplittern in Richtung des Schützen zurückgeschleudert werden. Das Tragen entsprechender Schutzbrillen und -kleidung hat daher in diesem Kontext eine besondere Bedeutung. Kontakt: [email protected]
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