3. Textprobe zur „Makroökonomik + Klausurlösungen“ 11.1.7) Klausur 9.2004, Aufgabe 7 a) Die Wirtschaftssubjekte X,Y und Z bilden ihre Erwartungen über den zukünftigen Zinssatz ie. Es gilt: i e X > i eY > i e Z Ermitteln Sie in der Grafik die Geldnachfrage aus dem Spekulationsmotiv, wenn gilt: 1) i > i e X 2) i e X > i > i e Y , i e Z 3) i e Y , i e X > i > i e Z 4) i e Y , i e X , i e Z > i i,ie Md b) Die gesamtwirtschaftliche nominale Geldnachfrage sei gegeben durch: M d = PL(Y , i ) LY > 0 > Li Stellen Sie die Geldnachfrage in Abhängigkeit vom Einkommen grafisch dar. Zeigen Sie grafisch ceteris paribus den Einfluß einer Zinssenkung auf die Geldnachfrage. Y MD c) Beantworten Sie folgende Fragen. Es ist jeweils nur eine Lösung richtig. Es gibt keine Minuspunkte, d.h. eine richtige Antwort wird mit zwei Punkten bewertet, eine falsche mit 0 Punkten. 1 Welcher Geldnachfrageansatz beinhaltet das Transaktionsmotiv? - neoklassisch und keynesianische Geldnachfrage. - nur neoklassische Geldnachfrage. - nur keynesianische Geldnachfrage. - Keine Aussage ist richtig. Das keynes`sche der Spekulationskasse geht davon aus, dass - ein Haushalt Wertpapiere hält, wenn er eine Zinssenkung erwartet. - ein Haushalt Geld hält, wenn er eine Erhöhung der Wertpapierkurse erwartet. - der Geldmarkt nicht im Gleichgewicht ist. - Keine der vorherigen Aussagen ist richtig. Lösungsansatz (16 von 100 Punkten): 7a) i, ie 1. Fall i > ie X 2. Fall i e X > i > i eY , i e Z 3. Fall i eY , i e X > i > i e Z 4. Fall i eY , i e X , i e Z > i ie X i e Y ieZ Md (Summe von MDX, MDY und MDZ ) MDX MDY MDZ Da relativ viele Studenten „Probleme“ mit dem Geldmarkt haben, seien an dieser Stelle sehr ausführliche ergänzende Erläuterungen erbracht: Ein Anlage der Ersparnisse in Wertpapiere erbringt auf jeden Fall einen Couponzinsgeldbetrag in Höhe von einer Geldeinheit. Der nominale Ertrag aus einer Geldhaltung ist da2 gegen immer Null. Eine Geldhaltung wird nämlich nicht verzinst. Ein Anleger berücksichtigt jedoch nicht nur den Couponzinsgeldbetrag bei seinen Entscheidungen ob er Geld halten oder Wertpapiere erwerben will, sondern auch erwartete Gewinne oder Verluste, die durch erwartete Kursschwankungen der Wertpapiere hervorgerufen werden. Für die Anlage des finanziellen Vermögens oder der Ersparnis in Wertpapieren oder in Kasse (Geldhaltung) ist nicht nur der augenblicklich herrschende Zins i bzw. der Kurs q, sondern auch der in der Zukunft erwartete effektive Zins ie bzw. der erwartete Kurs qe von Bedeutung. Erwartet ein Wirtschaftssubjekt in der Zukunft ein Sinken des Marktzinses i bzw. erwartet es eine Kurserhöhung, wird es jetzt Wertpapier kaufen, da das Wirtschaftssubjekt davon ausgeht, in der Zukunft dieses Wertpapier dann wieder teurer verkaufen zu können. Neben dem Couponzinsgeldbetrag erwartet es noch zusätzliche Einkünfte aus dem zukünftigen Verkauf des Wertpapiers. Der nominale Ertrag eines Wertpapiers wird also determiniert durch feste Zinszahlungen in Höhe einer (1) Geldeinheit und erwarteten Kurswertveränderungen. Es ergibt sich die folgende Gleichung für den nominalen Ertrag aus der Haltung eines Wertpapiers: 1) 1 + (q e − q) oder 2) 1+ ( 1 1 − ) ie i Die Differenz ( q − q ) zwischen dem in der Zukunft erwarteten Kurswert qe und dem jetzt existierenden Kurs q ist der erwartete Kursgewinn (Kapitalgewinn) oder Kursverlust (Kapitalverlust) aus der Wertpapieranlage. Ist nun der Ertrag aus der Wertpapierhaltung e größer als der Null-Ertrag aus der Geldhaltung ( 1 + ( q − q ) > 0 ), wird das Wirtschaftssubjekt kein Geld halten, sondern sein Vermögen bzw. seine Ersparnisse nur in Wertpapiee re halten. Ist dagegen der Wertpapierertrag negativ ( 1 + ( q − q ) < 0 ), wird nur Geld gehalten. Ein Wertpapier wird der Geldhaltung vorgezogen, wenn also die folgende Gleichung erfüllt ist: e 3) 1+ ( 1 1 − )>0 ie i In der Geldnachfragetheorie von Keynes haben die einzelnen Wirtschaftssubjekte subjektiv sichere Erwartungen über die zukünftige Entwicklung des Kurses bzw. des Zinses. Keynes geht nämlich davon aus, dass jedes Wirtschaftssubjekt eine ganz bestimmte Vorstellung vom „normalen“ Zins i bzw. Kurs q hat. Und das sich Einstellen dieses normalen Kurses bzw. Zinses auf dem Wertpapiermarkt wird für die Zukunft sicher erwartet. Der erwartete Zins ie bzw. der erwartete Kurs qe ist daher der normale Zins bzw. der normale Kurs. Das Wirtschaftssubjekt wird ein Sinken des effektiven Marktzinses bzw. ein Steigen des Kurses erwarten, wenn der Marktzins i über seinem „normalen“ Marktzins ie liegt bzw. wenn der herrschende Kurs unter dem normalen (erwarteten) Kurs ist ( ( q − q ) > 0 ). In diesem Fall wird also das Wirtschaftssubjekt für die Zukunft Kurswerterhöhungen erwarten und jetzt Wertpapiere kaufen und kein Geld halten. Ist aber der Marktzins (Kurs) unter (über) dem normalen Zins (normalen Kurs), erwartet das Wirtschaftssubjekt eine Zinssteigerung bzw. erwartet es eine Kurssenkung bzw. Kapie talverluste ( ( q − q ) < 0 ). Ist diese erwartete Kurssenkung so groß, dass sie den festen e Couponzinsgeldbetrag in Höhe einer Geldeinheit mehr als aufzehrt ( 1 < −( q − q ) ), ist e der Ertrag der Wertpapieranlage negativ ( 1 + ( q − q ) < 0 ), und das Wirtschaftssubjekt zieht die Geldhaltung der Wertpapierhaltung vor. Das Vermögen wird dann nur in Geld gehalten. Schließlich ist noch der Fall denkbar, dass der Marktzins bzw. der herrschende Kurs eine solche Höhe annimmt, dass sich erwartete Kapitalverluste und fester Zinsgelde betrag gerade ausgleichen ( 1 = −(q − q ) ) und der Ertrag der Wertpapierhaltung gleich e Null ist ( 1 + ( q − q ) = 0 ). Diese Zinshöhe wollen wir als „kritischen“ Zins bezeichnen. In diesem Falle ist das Wirtschaftssubjekt indifferent zwischen einer Geld- und Wertpapierhaltung. Die Vorteilhaftigkeit einer Wertpapieranlage gemäß Gleichung 3) läßt sich mathematisch einfacher darstellen. Hierzu muss die Gleichung 3) nur umgeformt werden: e 3 4) 1 1 − > −1 ie i bzw. 5) 1 1 i − i > −1i e i i bzw. 6) i −1 > − i ie bzw. 7) i ie − >−i ie ie bzw. bzw. 9) i − i > − i i i e ie e e 8) e i − e i > − i i i i e e Eine ausschließliche Wertpapierhaltung lohnt sich, wenn die Gleichung 10) vorliegt: 10) i > i − i i e e Eine Geldhaltung ist entsprechend vorzuziehen, wenn die Gleichung 11) erfüllt ist: 11) i < i − i i e e Es reicht also nicht aus, dass der Zins unter dem erwarteten Zins liegt, damit nur Geld gehalten wird. Der Zins muss, damit eine Geldhaltung erfolgt, eine kritische Marke (kritischer Zins: ikritisch = i − i i ) unterschreiten. Der Zins muss um mehr e e e als i i kleiner sein als der erwartete Zins. Prof. Wagner vernachlässigt, um u.a. die Darstellung zu vereinfachen, in seinen (weiteren) e Ausführungen (Siehe z.B. die Fernuni CD „Makroökonomik 1“) den Term i i : Eine Geldhaltung ist nach Prof. Wagner vorzuziehen, wenn nur i < i . Aus diesem Grund muss in obiger Grafik auch kein kritischer Zins abgetragen werden. Die grafische Darstellung als auch die Interpretation vereinfacht sich hierdurch. Es sei jetzt die Abbildung ökonomisch interpretiert: e 1. Fall: i > i e X Da der Zins größer als i e X , i e Y , , i e Z ist, erwarteten alle Wirtschaftssubjekte Zinssenkungen und damit Kurssteigerungen, so dass die Geldhaltung der drei Wirtschaftssubjekte Null ist. Die gesamte Geldnachfrage MD als Summe der Geldhaltung der Wirtschaftssubjekte ist Null. Sie halten nur Wertpapiere. 2. Fall: i e X > i > i e Y , i e Z Da der Zins unterhalb des erwarteten Zins von X liegt, erwartet X Kursverluste (Zinssteigerungen) und hält deswegen nur Geld. Der Zins liegt aber noch oberhalb des erwarteten Zins von Y und Z, so dass die beiden Subjekte Kurssteigerungen d.h. Zinssenkungen erwarten und deshalb nur Wertpapiere und kein Geld halten. Die gesamte Geldnachfrage entspricht allein der Geldhaltung des X. 3. Fall: i e Y , i e X > i > i e Z Der Zins liegt jetzt unter dem erwarteten Zins von X und Y, so dass beide Zinssteigerungen bzw. Kurssenkungen (Kursverluste) erwarten. X wie nun auch Y halten keine Wertpapiere. Die gesamte Geldnachfrage entspricht der Summe der Geldhaltung von X und Y. 4. Fall: i e Y , i e X , i e Z > i 4 Der Zins liegt nun unter dem erwarteten Zins der drei Subjekte. Auch Z erwartet Kursverluste (Zinssteigerungen), so dass Z keine Papiere sondern auch nur Geld hält. In diesem Falle ist die gesamte Geldnachfrage gleich der Summe der Geldhaltung von X, Y und Z. Ende der Textprobe! Die Lösungen zu den weiteren Teilaufgaben 7b) und 7c) finden sich selbstverständlich in meinem „Makro-Skript“. 5
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