Mehr Milchkühe als Einwohner - IFAJ Congress New Zealand 2015

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reportage
st.galler bauer 49 – 2015
Landwirtschaft in Neuseeland ist vom Export abhängig
Mehr Milchkühe als Einwohner
Neuseeland ist der grösste
Exporteur von Milchprodukten, Schaffleisch, Wildfleisch
und Kiwi. Es werden auch
Holz, Rindfleisch, Wolle, Äpfel,
Weine sowie Meeresfrüchte
exportiert. Ungefähr 90
Prozent der neuseeländischen
Landwirtschaftsprodukte
gehen ins Ausland.
Text und Bild: Hans Müller, Flawil
Die wichtigsten Exportgüter Neuseelands sind land- und forstwirtschaftliche Produkte. Der Anteil
von Primärprodukten am Warenexport beträgt über 60 Prozent.
Im Wirtschaftsjahr 2014/2015 (bis
Ende Juni) wurden aus dem Primärsektor total Waren im Wert
von 35,2 Milliarden NZD (1 neuseeländischer Dollar entspricht 68
Rappen) exportiert. Davon entfielen 40 Prozent auf Milchprodukte,
gefolgt von Fleisch und Wolle mit
25 Prozent sowie der Forstwirtschaft mit 13 Prozent. Die wichtigs-
Knapp 30 Millionen Schafe und 3,7 Millionen Masttiere weiden in Neuseeland das ganze Jahr auf einer Fläche von 10 Millionen Hektaren.
ten Aussenhandelspartner für den
Export sind China, Australien, die
EU-Länder, die USA und Japan.
Agrarexport verdoppeln
Am diesjährigen Kongress der Internationalen Vereinigung der Agrarjournalisten (IFAJ) in Hamilton betonte der neuseeländische Landwirtschaftsminister Nathan Guy die
grosse Bedeutung der Exporte aus
Geschätzte Exporterlöse aus dem
neuseeländischen Primärsektor (NZD Millionen)
Jahr bis 30. Juni
2015
Anteil in %
Milchprodukte14 17440,3
Fleisch und Wolle
8757
24,9
Waldwirtschaft4630
13,1
Meeresfrüchte
1513
4,3
Früchte und Gemüse
3969
11,3
Andere Produkte
1960
5,5
Ackerkulturen 198
0,6
Total
35 201
100,0
36
der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei für die neuseeländische Wirtschaft. «Unsere Vision
ist, bis zum Jahr 2025 den Agrar­
export zu verdoppeln», erklärte der
Agrarminister. Dies werde einen
Bedarf von 55 000 neuen Arbeitsplätzen auslösen. Der neuseeländische Handelsminister Tim Groser
wies darauf hin, dass sich die Farmer in Neuseeland auf den Weltmarkt der Agrarprodukte ausrichten müssen. «In Neuseeland werden die Farmer nicht durch den
Staat eingeengt, der Agrarhandel
ist voll liberalisiert», erklärte Groser.
Neuseeland habe die besten Strukturen in der Landwirtschaft dank
natürlicher Ressourcen, der Technik
und der Fähigkeit der Farmer, die
richtigen Dinge zu tun.
Gras wächst das ganze Jahr
Die ausgedehnten Meeresflächen
um die Inseln von Neuseeland sor-
st.galler bauer 49 – 2015reportage
gen für ein ozeanisches Grund­
klima mit einem relativ geringen
­Unterschied zwischen Winter und
Sommer und im Durchschnitt eher
hohen Niederschlagsmengen. Nur
wenige Agrarregionen erhalten für
längere Zeit Schnee. Gras wächst
im Norden über das ganze Jahr
und im Süden acht bis zehn Monate. Die trockenste Saison ist dabei
der Sommer von Dezember bis Februar.
Sinkende Anzahl Masttiere
Die Hauptgrundlage der Landwirtschaft in Neuseeland sind 13,5 Millionen Hektaren Raygras- und mit
Kleegras gemischte Weiden. Dies
ist die Hälfte der gesamten Landesfläche. Zehn Millionen Hektaren Grasland werden von 25 000
Betrieben mit total 29,6 Millionen
Schafen und 3,7 Millionen Mastvieh bewirtschaftet.
Die Zahl der Schafe ist in den vergangenen zehn Jahren um rund 25
Prozent zurückgegangen. Seit Ende
der 1980er-Jahre hat sich der Schafbestand halbiert und die Anzahl
der Tiere für die Rindermast ist
zwanzig Prozent tiefer. Hingegen
Die Kühe kommen zum Melken von der Weide und kehren nachher
wieder auf die Weide zurück.
hat in der gleichen Zeit die Zahl
der Tiere für die Milchproduktion
um 95 Prozent zugenommen. Die
6,7 Millionen Tiere für die Milchwirtschaft werden auf einer Fläche
von 2,4 Millionen Hektaren gehalten. Knapp eine Million Hektaren
werden von Rotwild und Ziegen
beansprucht. Auf 30 000 Hektaren
wird Obst-, Wein- und Gartenbau
betrieben.
Neuseeland – die «grüne Insel»
Neuseeland besteht aus zwei Hauptinseln, der Nordinsel und der
Südinsel, sowie mehr als 700 kleineren Inseln. Bei der Tageszeit ist
Neuseeland der Mitteleuropäischen Zeit genau zwölf Stunden voraus. Da sich Neuseeland in der südlichen Hemisphäre befindet, wird
dort Weihnachten im Hochsommer gefeiert. Die gesamte Landes­
fläche Neuseelands beträgt 268 107 Quadratkilometer und ist damit
6,5 Mal grösser als jene der Schweiz. Das Land hat eine Länge von
1600 Kilometern, die grösste Breite beträgt 400 Kilometer und die
Küste ist 15 000 Kilometer lang. Ende Januar 2015 zählte Neuseeland
4,56 Millionen Menschen. Das sind 18 Prozent mehr als im Jahre
2000. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in den vier grössten
Städten Neuseelands. Die Bevölkerungsdichte beträgt 17 Menschen
pro Quadratkilometer. hm.
Die Milchproduktion ist der wichtigste Betriebszweig der Landwirtschaft. Neuseeland hat mit den
4,5 Millionen Einwohnern und fünf
Millionen Milchkühen pro Einwohner mindestens eine Kuh. Diese produzierten im Produktionsjahr
2014/2015 rund 21,7 Milliarden Liter Milch inklusive des Verbrauchs
auf der Farm und der verkauften
Frischmilch in lokalen Märkten.
Bezahlung nach Inhaltsstoff
Die durchschnittliche Milchleistung
pro Kuh und Jahr liegt bei 4323 Liter bei 4,8 Prozent Fett und 3,8
Prozent Eiweiss. Die Milch wird
nach Milchinhaltsstoffen bezahlt.
Die Milchproduktion 2014/2015
war ein neuer Rekord und um 56
Prozent höher als 2004/2005.
Die Anzahl Kühe pro Herde lag
2014/2015 bei 419 Milchkühen.
Sie hat sich in den vergangenen
30 Jahren verdreifacht. Die durchschnittliche Betriebsgrösse der
Milchfarmen beträgt 146 Hektaren. Im Durchschnitt können drei
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Die Milchpulverfabrik Fonterra’s Te Rapa in Hamilton produziert mehr als
325 000 Tonnen Milchpulver und Rahmprodukte pro Jahr für den Export.
Milchkühe pro Hektare gehalten
werden.
Exporte in 140 Länder
Neuseeland produziert rund drei
Prozent der Weltproduktion von
Milch. 95 Prozent der neuseeländischen Milchprodukte werden in
140 Länder exportiert. Der Rückgang der internationalen Milchpreise in der zweiten Hälfte 2014
und im ersten Halbjahr 2015 hat-
Neuseeland hat pro
Einwohner mindestens
eine Kuh.
te einen geschätzten Mindererlös
bei den Exporten von neuseeländischen Milchprodukten von 3894
Millionen NZD oder zehn Prozent
zur Folge.
Seit dem Jahr 1984 gibt es in Neuseeland keine staat­lichen Exportsubventionen oder Milchpreisunterstützungen mehr. Die Milchproduzenten erhalten nur, was auf
dem internationalen Markt für
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Milchpulver, Butter, Käse, Kasein
gelöst werden kann. Die Bauern erhalten dabei ungefähr die Hälfte
des Exporterlöses. Die andere Hälfte wird für den Transport, die Verarbeitung und die Marketingkosten
benötigt.
85 Prozent Fonterra
Die neuseeländische Gesetzgebung
ermöglichte den Milchproduzenten
die Fusion von zwei gros­sen Milchverarbeitungsgenossenschaften
zur Fonterra Cooperative Group.
Zu Beginn ihrer Geschäftstätigkeit
im Jahre 2001 sammelte Fonterra
95 Prozent aller neuseeländischen
Milch ein. Heute sind es noch 85
Prozent.
Von den 11 970 Milchproduzenten
liefern 10500 ihre Milch direkt an
die 52 Verarbeitungsbetriebe der
Fon­terra. 550 grosse Tankwagen
der Fonterra sammeln die Milch
ein. 90 Prozent der Milchprodukte
werden laufend auf die Schiffe verladen und in 140 Länder exportiert.
Fonterra produziert 30 Prozent des
weltweiten Exports von Milchprodukten und hat 17 000 Mitarbeitende.
TELEX
Neuer Präsident von Swiss
Granum. Die Delegierten der
Branchenorganisation Swiss Granum haben Fritz Glauser zu
ihrem neuen Präsidenten gewählt. Er ist unter anderem Vizepräsident des Schweizer Bauernverbandes und Präsident des Getreideproduzentenverbandes.
Zudem wurde beschlossen, den
Eierproduzentenverband GalloSuisse als neues Mitglied in die
Organisation aufzunehmen. lid.
Tiefes Einkommen für US-Farmer. Im aktuellen Jahr werden
die Einkommen von US-Farmern
voraussichtlich auf den tiefsten
Stand seit zehn Jahren fallen.
Gemäss einer Schätzung werden
die Einkommen im Vergleich
zum Vorjahr um 38 Prozent fallen. Grund dafür sind tiefe Preise
für Ölsaaten und Getreide sowie
schwache Milch- und Schweinefleischmärkte. lid.
Preis für Shrimps-Pioniere.
Die Stiftung der Baloise Bank
SoBa verleiht dem Team der
SwissShrimp AG den diesjährigen
Innovationspreis. Die Shrimps-­
Pioniere haben in einer Pilot­
anlage bewiesen, dass es möglich ist, in der Schweiz Crevetten
zu züchten. Anfang Oktober gab
die SwissShrimp AG bekannt,
dass man die Produktion auf
dem Areal der Schweizer Salinen
in Rheinfelden AG errichten
wolle. Dabei soll die Abwärme,
die bei der Salzproduktion entsteht, genutzt werden. Der Produktionsstart ist für 2017 vorgesehen. lid.