Energieunion - Sommerpaket der Kommission

Energieunion - Sommerpaket der Kommission
Im Rahmen der Strategie für die Energieunion hat die Kommission unter Vizepräsident
Maroš Šefčovič und Energie-/Klimakommissar Miguel Arias Cañete ihr Sommerpaket
veröffentlicht.
Dieses Paket umfasst folgende…
… vorgeschlagene Rechtsakte
1. Überprüfung des EU-Emissionshandelssystem
2. Überarbeitung der Energieverbrauchskennzeichnung (Energy Label)
… Konsultation
3. Umgestaltung des europäischen Strommarktes
… Mitteilung
4. Schaffung neuer Möglichkeiten für die Energieverbraucher
Alle Dokumente dazu sind hier abrufbar: http://ec.europa.eu/energy/en/news/newelectricity-market-consumers
Ad 1. Überprüfung des Emissionshandelssystem (ETS)
Es handelt sich hiermit um den ersten Legislativvorschlag zur Umsetzung der Zusage der
Reduktionsverpflichtung, die europäischen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens
40 % (Basis 1990) zu senken. Da der ETS laut den Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates von Oktober 2014 eine CO2-Reduktion von 43% (Basis 2005) bis 2030 erreichen muss,
wurde der Kürzungsfaktor auf jährlich 2,2% angehoben. Auch weitere Elemente des neuen
Richtlinienvorschlags richten sich nach den Schlussfolgerungen.
Die wichtigsten Änderungsvorschläge:
 Das Verhältnis zwischen Versteigerung und Gratiszuteilung wurde mit 57% zu 43%
festgelegt, somit ist die Gesamtmenge an Gratiszertifikaten für Carbon Leakage
Sektoren fixiert. Damit ist klar, dass der Korrekturfaktor weiterhin schlagend werden
wird, auch für die effizientesten Anlagen. Dies auch weil die Dynamisierung der
Allokation fast gänzlich ausbleibt.
 Die Kriterien für die Carbon Leakage Liste werden neu gestaltet. Ausschlaggebend sind
Handels- und Emissionsintensität. Damit soll die Liste von der Anzahl an Sektoren (aber
nicht den abgedeckten Emissionen) stark gekürzt werden. Theoretisch sollen Leakage
Sektoren 100% Gratiszuteilung erhalten, durch den Korrekturfaktur und den jährlich um
1% sinkenden Benchmark, wird man aber sehr weit davon entfernt sein. Nicht-Leakage
Sektoren erhalten 30%.
 Die Kompensation von „indirekten Kosten“ bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, sie
„sollen“ aber der Industrie, zumindest teilweise, Kompensation gewähren. Die nicht
verwendeten Zertifikate („unallocated/unused allowances“) kommen in die
Marktstabilitätsreserve, dadurch wird die Gratiszuteilungsmenge weiter reduziert.
 Eine sehr gute Erstanalyse des Kommissionsvorschlags auf Englisch gibt es von dem
europäischen Stahlverband Eurofer - siehe Anhang.
WKÖ: Der präsentierte Vorschlag einer neuen EU-Emissionshandelsrichtlinie (EU-ETS) geht
aus Sicht der WKÖ allerdings in die völlig falsche Richtung. Statt der europäischen Industrie
Planungssicherheit und Schutz vor Abwanderung zu gewähren, wird deren
Wettbewerbsfähigkeit unterminiert. Erst vor wenigen Wochen haben sich die EUGesetzgeber auf klimapolitische Maßnahmen geeinigt, die zu einer Kostenlawine für
europäische Industriebetriebe führen. Die jetzige Reform könnte diese Unternehmen vor
einem Großteil dieser Kosten schützen. Nun schlägt die Kommission jedoch vor, die
Gratiszuteilungen an energieintensive Industriezweige sogar noch weiter zu dezimieren.
Die WKÖ kritisiert, dass der Produktionsstandort Europa dadurch massiv gefährdet wird und
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Investitionen ausbleiben: Allein in Österreich stehen laut Studien bis zu 60.000
Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Schutz der Industrie vor Carbon Leakage, also der
Abwanderung aus Europa aufgrund von einseitigen CO2-Kosten, muss bis zum
klimapolitischen Gleichziehen anderer Wirtschaftsräume ohne Wenn und Aber
sichergestellt werden. Deshalb fordert die WKÖ, dass die effizientesten energieintensiven
Betriebe 100% ihres aktuellen Bedarfs an CO2-Zertifikaten gratis erhalten.
WKÖ-Presseaussendung:
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150716_OTS0069/wkoe-schwarzer-neue-euemissionshandelsrichtlinie-demontiert-industriestandort-und-verschaerft-arbeitslosigkeit
Bei Fragen dazu steht Eli Widecki gerne zur Verfügung. Eine genauere Analyse des
Kommissionsvorschlags wird noch einige Tage dauern, da die Details und vor allem die
Auswirkungen dieser Vorschläge erst bewertet werden müssen. Ich würde insbesondere die
Fachverbände und die betroffenen Unternehmen bitten, ihre Bewertungen möglichst mit
uns zu teilen, insbesondere bei der Neuausrichtung der Carbon Leakage Kriterien.
Ad 2. Überarbeitung der Energieverbrauchskennzeichnung (Energy Label)
Vor zwanzig Jahren wurde die Energieverbrauchskennzeichnung eingeführt. Seitdem soll
sie als Anreiz für die Entwicklung einer immer größeren Zahl energieeffizienter Produkte
dienen. Die Kommission geht davon aus, dass nun die vorgeschriebene Kennzeichnung zu
komplex geworden ist und schlägt eine Rückkehr zu der ursprünglichen Skala von A bis G
vor. Sie soll einfacher und für die Verbraucher leicht verständlich sein.
Dem gegenüber steht die Meinung von Unternehmen, insbesondere der Verbände UEAPME,
EuroCommerce und Independent Retail Europe. Diese Änderung würde vor allem KMUs
belasten. Produzenten und Händler wären dazu gezwungen, ihre bereits in Umlauf
befindlichen Produkte anders zu kennzeichnen, wodurch ein überproportionaler
administrativer Aufwand entstehen würde.
Brief der drei genannten Verbände an Kommissarin Elżbieta Bieńkowska:
http://www.ueapme.com/IMG/pdf/Joint_letter_to_Commissioner_Bienkowska_on_Energy
_Labelling_Directive.pdf
Kritische Presseaussendung von EuroCommerce:
http://www.eurocommerce.eu/media/120975/eurocommerce_press_release__proposed_revision_of_the_energy_label_directive_pdf.pdf
Nächste Schritte: Der Vorschlag der Kommission wird dem Europäischen Parlament und
dem Rat übermittelt. Diese werden den Vorschlag erörtern und zu einer Einigung darüber
gelangen. Dieses Verfahren wird voraussichtlich ein Jahr in Anspruch nehmen. Nach
Annahme durch die Mitgesetzgeber wird die Kommission diese Änderungen für die meisten
Produkte von Produktgruppen mit Energieetikett innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren
umsetzen. Wir werden in den kommenden Wochen eine Position zum Thema Energielabel
koordinieren und diese aktiv in die Diskussion einbringen.
Ad 3. Umgestaltung des Energiemarktes
Um die Klima- und Energieziele für 2030 zu erreichen, möchte die Kommission, dass die
Europäische Union weltweit die Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien übernimmt.
Dafür ist eine Umgestaltung des europäischen Stromsystems notwendig, wozu auch die
Neugestaltung des europäischen Strommarktes gehört. Die vorliegende Mitteilung leitet
eine öffentliche Konsultation zu der Frage ein, wie der neu gestaltete Strommarkt
aussehen sollte, damit den Verbrauchererwartungen Rechnung getragen wird, wie neue
Technologien echte Vorteile bringen und wie Investitionen erleichtert werden,
insbesondere in erneuerbare Energien und kohlenstoffarme Stromerzeugung. Auch die
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wechselseitige Abhängigkeit der europäischen Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung einer
sicheren Energieversorgung wird behandelt.
Begrüßt werden kann in dem Zusammenhang die Betonung der grenzüberschreitenden
Vernetzung der nationalen Strommärkte sowie die Bestrebungen in Richtung einer
Vereinheitlichung bezüglich der Förderung erneuerbarer Energien und ihrer Heranführung
an die Märkte. Ein positives Beispiel für einen funktionierenden integrierten
Strombinnenmarkt ist die gemeinsame Preiszone Österreich und Deutschland, deren
Vorteile - mehr Wettbewerb, höhere Marktliquidität, niedrigere Endkundenpreise und
geringere Kosten für die Systemstabilität - evident sind. Die WKÖ spricht sich daher ganz
klar für die Aufrechterhaltung der österreichisch-deutschen Preiszone aus (WKÖPresseaussendung vom 9. Juli 2015:
https://www.wko.at/Content.Node/iv/presse/wkoe_presse/presseaussendungen/pwk_552
_15_Wirtschaft-fordert:-Deutsch-oesterreichische-St.html)
Nächste Schritte: Um eine einheitliche WKÖ-Position zu koordinieren, wird die Konsultation
zur Neugestaltung des Strommarkts in den nächsten Tagen von uns ausgeschickt. Im
Anschluss an die öffentliche Konsultation – die bis 8. Oktober 2015 läuft - arbeitet die
Kommission im zweiten Halbjahr 2016 Vorschläge für Rechtsakte aus. Mögliche Änderungen
könnten die Binnenmarktsvorschriften, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die
Energieeffizienz-Richtlinie und die Infrastrukturverordnung betreffen.
Ad 4. Stärkung der Position der Verbraucher
Die Kommission ist der Auffassung, dass die Bürger im Mittelpunkt der Energieunion stehen
müssen, und legt daher eine Mitteilung über neue Möglichkeiten für die Energieverbraucher
vor, die sich auf eine Drei-Säulen-Strategie stützt:
die Verbraucher sollen durch bessere Information die Möglichkeit erhalten, Geld
und Energie zu sparen,
sie sollen mehr Optionen für ihre Beteiligung an den Energiemärkten erhalten, und
der Verbraucherschutz soll weiterhin auf dem höchsten Niveau gehalten werden.
Bestehende Gesetze auf EU- und MS-Ebene sowie der regulatorische Rahmen bieten bereits
Instrumente, diese Strategie zu verfolgen. Die bevorstehenden Überprüfungen dieser
Gesetzgebungen (EE-D, EPBD, RES-D), die Netzwerkcodes und die Initiative zur
Überarbeitung des Marktdesign sollen dabei helfen, weitere Möglichkeiten zu erarbeiten.
Ein erster Schritt ist auch die Überarbeitung der Energieverbrauchskennzeichnung.
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