Die VIK-Kurzmitteilungen 1/2016 enthalten Auszüge aus der im

Die VIK-Kurzmitteilungen 1/2016 enthalten Auszüge aus der im Februar 2016 erschienenen
Ausgabe der VIK-Mitteilungen (Inhaltsverzeichnis). Sollten Sie Interesse an weiteren Artikeln aus diesem Heft oder vorherigen Ausgaben haben, können Sie diese hier bestellen.
Inhalt
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Seite
EU-Industriestrom- und -erdgaspreisvergleich –
Preissituation 1. Halbjahr 2015
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Referentenentwurf zur Durchschnittsstrompreisverordnung vorgelegt
4
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Abschaltbare Lastenverordnung (AbLaV) wird novelliert
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Der europäische Energiesektor 2015/16
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VIK-Kurzmitteilungen
1/2016
Expertenwissen Energiekosten
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Verantwortlich für den Inhalt: Barbara Minderjahn
Redaktion: Sven Marschalek
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Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers gestattet. Ausgabe 1/2016 erschienen am 12. Februar 2016.
VIK-Kurzmitteilungen 1/2016
Expertenwissen Energiekosten
EU-Industriestrom- und erdgaspreisvergleich – Preissituation 1. Halbjahr 2015
Eurostat, das statistische Amt der EU, erhebt zweimal pro Jahr vergleichende Daten zu
den Erdgas- und Strompreisen für die Industrie in den EU-Mitgliedstaaten. Aktuell liegen
die Zahlen für die Preissituation im 1. Halbjahr 2015 vor. Die Gegenüberstellung zeigt,
dass die Strompreise für Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin hoch sind:
Hier liegt Deutschland in der Gruppe der teuersten fünf Länder. Bei den Erdgaspreisen ist
Deutschland im Mittelfeld zu finden.
Der EU-Industriestrom- und -erdgaspreisvergleich des VIK stellt aus den Daten von Eurostat
die Strom- und Gaspreise von jeweils vier typischen industriellen Verbrauchergruppen –
charakterisiert durch einen Korridor jährlicher Verbrauchsmengen – in den EU-Mitgliedstaaten, den Beitrittskandidaten Mazedonien, Montenegro und der Türkei sowie Bosnien-Herzegowina und Norwegen gegenüber. Die genannten Preise sind Durchschnittspreise für das
erste Halbjahr 2015 und enthalten neben den direkten Preisen für die Energie sowie für den
Transport (Netzentgelte) auch alle sonstigen nicht erstattungsfähigen Steuern. In der Systematik von Eurostat sind dies für Deutschland im Strombereich die Konzessionsabgabe, die
EEG-Umlage sowie die Netzumlagen (KWKG-, Offshore-, AbLaV- und § 19-Umlage). Stromsteuer und gesetzliche Mehrwertsteuer sind dagegen nicht in den Preisangaben enthalten.
Im Gasbereich gelten Konzessionsabgabe und Erdgassteuer als nicht erstattungsfähig. Der
Vergleich spiegelt damit insgesamt die durchschnittliche Preisentwicklung in Europa wider.
Durch die sehr grobe Einteilung in die einzelnen Verbrauchsgruppen und die Durchschnittsbetrachtung ist ein Vergleich mit konkreten unternehmensindividuellen Strom- und Erdgaspreisen nur eingeschränkt möglich.
EU-Industriestrompreisvergleich
Aus den von Eurostat in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ermittelten Werten zeigt der
VIK-Preisvergleich die durchschnittlichen Strompreise für industrielle Verbraucher aus vier
industriellen Verbrauchergruppen, die sich nach ihrer jährlichen Verbrauchsmenge unterscheiden (vgl. Tab. 1). Dabei werden Jahresverbräuche im Bereich 2-20 GWh (Gruppe ID),
20-70 GWh (IE), 70-150 GWh (IF) und oberhalb von 150 GWh (IG) erfasst. Die in Tabelle 1
angegebenen Werte spiegeln die Kostensituation der industriellen Verbraucher im Durchschnitt des 1. Halbjahres 2015 wider. Es wird deutlich, dass die Strompreisschere in der EU
weiterhin weit auseinanderklafft: Je nach Abnahmefall sind die Preise in den teuersten Ländern über zwei- bis mehr als dreieinhalbmal so hoch wie in den günstigsten. Abbildung 1
zeigt das Preisranking für die Gruppe IF. Bei diesem Abnahmefall beträgt die Preisspreizung
zwischen dem günstigsten (Bosnien und Herzegowina) und dem teuersten Land (Vereinigtes
Königreich) 377 %, der absolute Preisunterschied beträgt 9,58 ct/kWh. Erstmals nimmt Zypern nicht den teuersten Rang ein, sondern wird vom Vereinigten Königreich überholt.
Deutschland weist mit 10,12 ct/kWh wie bereits im letzten Halbjahr den fünfthöchsten Preis
auf. Lediglich im Vereinigten Königreich und Italien sowie auf Zypern und Malta ist Strom
teurer.
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Tab. 1: Ergebnisse EU-Industriestrompreisvergleich, Stand: 1. Halbjahr 2015 (Quelle:
Eurostat)
Abb. 1: Ergebnisse EU-Industriestrompreisvergleich, Verbrauchsgruppe IF, Stand: 1. Halbjahr
2015 (Quelle: Eurostat)
Der Vergleich mit der Preissituation im zweiten Halbjahr 2014 zeigt ein uneinheitliches Bild.
Zwar ist das durchschnittliche Preisniveau der Gruppe IF erneut gesunken (um 5,9 % bzw.
um 0,47 ct/ kWh auf 7,38 ct/kWh). Allerdings reicht die Spanne der nationalen Werte von
einer prozentualen Preissenkung um 24,3 % (-3,6 ct/kWh) in Zypern bis zu einer Preissteigerung um 19,2 % (1,04 ct/ kWh) in Frankreich. Die höchste absolute Preissteigerung hat das
Vereinigte Königreich zu verzeichnen (+1,31 ct/kWh). Der längerfristige Preisvergleich seit
dem zweiten Halbjahr 2007 verdeutlicht die weiter bestehende Spreizung der Strompreise in
der EU. Der starke Anstieg der Spannbreite im ersten Halbjahr 2015 ist wesentlich darauf
zurückzuführen, dass der von Bosnien und Herzegowina erstmals für die Verbrauchsgruppe
IF gemeldete Preis der niedrigste in dieser Gruppe ist. Vor dem Hintergrund der weiter
bestehenden starken Preisspreizung kann von einem einheitlichen Marktgeschehen innerhalb der EU weiterhin nicht ausgegangen werden.
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EU-Industrieerdgaspreisvergleich
Die VIK-Auswertung der Daten von Eurostat zu den Industrieerdgaspreisen umfasst die vier
Verbrauchergruppen I3 (2,8 bis 28 GWh), I4 (28 bis 280 GWh), I5 (280 bis 1.120 GWh) und
I6 (mehr als 1.120 GWh). Die folgenden Preise wurden ermittelt (vgl. Tab. 2). Die Preisspreizung liegt beim 2- bis 3-fachen. Abbildung 3 zeigt die Preissituation für die Gruppe I5.
Deutschland befindet sich an 11. Stelle und liegt damit im Mittelfeld. Ein Blick auf die Preisentwicklung seit dem zweiten Halbjahr 2014 zeigt einen leichten Trend zur Preissenkung, die
im Durchschnitt der Abnahmegruppe I5 0,12 ct/kWh bzw. 3,74 % beträgt. Dabei reichen die
Veränderungen für einzelne Länder von einer Senkung um 0,43 ct/kWh in Polen (-14,2 %)
bis zu einem Anstieg um 0,26 ct/kWh in Dänemark (+10,2 %). Deutschland weist mit -0,06 ct/
kWh (-2 %) im europäischen Vergleich eine unterdurchschnittliche Preissenkung auf. Der
längerfristige Preistrend seit dem zweiten Halbjahr 2007 zeigt, dass auch im Erdgasbereich
trotz eines seit vier Halbjahren bestehenden Trends zur Verringerung weiterhin eine starke –
und wieder ansteigende – Preisspreizung (256 %) besteht.
Tab. 2: Ergebnisse EU-Industrieerdgaspreisvergleich, Stand: 1. Halbjahr 2015
(Quelle: Eurostat)
Abb. 2: Ergebnisse EU-Industrieerdgaspreisvergleich, Verbrauchsgruppe I5, Stand: 1.
Halbjahr 2015 (Quelle: Eurostat, VIK)
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Fazit
Auch dieser EU-Energiepreisvergleich zeigt, dass die deutschen Strompreise im EU-Vergleich weiterhin in der absoluten Spitzengruppe liegen. Im Erdgasbereich sind die deutschen
Preise im Mittelfeld zu finden. Aufgrund der bestehenden erheblichen – und im Strombereich
auch wieder ansteigenden – Preisspreizungen kann immer noch nicht von einem einheitlichen Energiebinnenmarkt gesprochen werden.
Referentenentwurf zur Durchschnittsstrompreisverordnung vorgelegt
Das BMWi hat Anfang des Jahres einen Referentenentwurf zur Durchschnittsstrompreisverordnung vorgelegt. Diese Verordnung regelt die Ermittlung von Durchschnittsstrompreisen, die ab diesem Antragsjahr für die Ermittlung der Stromkostenintensität im
Rahmen der BesAR-Antragstellung herangezogen werden.
Die Ermittlung der Durchschnittsstrompreise folgt grundsätzlich dem Mechanismus einer
(jährlich neu vorzunehmenden) Einteilung in 64 gleich große Vergleichsgruppen, für die
jeweils ein Durchschnittspreis ermittelt wird. Die Gruppeneinteilung erfolgt anhand der Merkmale „Strombezug“ und „Vollbenutzungsstunden“. Zur Ermittlung dieser Durchschnittspreise
werden zunächst unternehmensspezifische Strompreise ermittelt, wobei die Kosten des
Stromfremdbezugs aller Abnahmestellen (auch solcher, für die kein BesAR-Antrag gestellt
wird) des jeweiligen Unternehmens herangezogen werden (inkl. der Kosten für Strom, der
innerhalb der Abnahmestelle weitergeleitet wird). Innerhalb jeder der 64 Gruppen wird dann
der durchschnittliche Strompreis als ungewichteter Mittelwert der unternehmensspezifischen
Strompreise errechnet, wobei die volle EEG-Umlage herangezogen wird. Datenbasis sind
die Angaben, die die antragstellenden Unternehmen im Antragsverfahren des Vorjahres
beim BAFA gemacht haben.
Für die BesAR-Antragstellung eines jeden Unternehmens wird die unternehmensindividuelle
Stromkostenintensität schließlich als Produkt aus dem Durchschnittsstrompreis der für das
Unternehmen relevanten Gruppe und dem mittleren Stromverbrauch des antragstellenden
Unternehmens in den letzten drei Jahren errechnet. Dabei gelten als Stromverbrauch diejenigen Strommengen, die von einem EVU geliefert wurden oder die nach § 61 EEG umlagepflichtig sind (bspw. EEG-pflichtiger Eigenstrom). Die Veröffentlichung der Durchschnittspreise für die einzelnen Gruppen soll erstmals bis zum 29. Februar 2016 erfolgen, in den
Jahren danach jeweils bis zum 31. Januar.
Die Verwendung von Durchschnittsstrompreisen wird für einige Unternehmen erhebliche
Auswirkungen haben. Eine gutachterliche Abschätzung für das BMWi geht davon aus, dass
das neue Modell dazu führen wird, dass rund 80 Unternehmen aus der Besonderen Ausgleichsregelung herausfallen werden. Zugleich wird eine nicht bezifferbare Anzahl von
Unternehmen neu in die BesAR hineinkommen. VIK wird sich für eine Auffangregelung für
die zukünftig nicht mehr Begünstigten einsetzen.
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Abschaltbare Lastenverordnung (AbLaV) wird novelliert
Das BMWi hat am 7. Januar 2016 einen Referentenentwurf für eine Verordnung über
Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) vorgelegt, welche die bisherige Verordnung ab Juli 2016 ablösen soll. Letztere wäre zum 1. Januar 2016 fristgerecht ausgelaufen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestags hatte aber noch
Ende Dezember 2015 einer Fristverlängerung um weitere sechs Monate zugestimmt. In
dieser Zeit soll die Verordnung auch im Sinne des im Juni 2015 von der Bundesnetzagentur dem BMWi vorgelegen Evaluierungsberichts zur AbLaV weiterentwickelt
werden.
Der vorliegende Entwurf der AbLaV 2016 sieht im Wesentlichen folgende Änderungen vor:
Zur Präqualifikation der Verbrauchseinrichtung soll die Stromabnahme nicht mehr mit einer
Spannung von mindestens 110 kV erfolgen, sondern bereits ab mindestens 20 kV. Der VIK
hat hierzu gefordert, den in der Gesetzgebung und in den allgemeinen technischen Regeln
üblichen Begriff „Mittelspannungsnetz“ zu verwenden, um auch Unternehmen in industrieüblichen Spannungsebenen ab 5 kV eine Teilnahme an den Ausschreibungen zu ermöglichen. Nach wie vor sollen die Verbrauchseinrichtungen im Bereich eines Höchstspannungsknotens des deutschen Übertragungsnetzes liegen. Hier regt der VIK an, ein ergänzendes
„Abschaltprodukt zur Frequenzhaltung“ zu schaffen, welches auch die Teilnahme von Verbrauchseinrichtungen ermöglicht, die nicht unmittelbar im Bereich eines Höchstspannungsnetzknotens liegen – also zu Redispatchzwecken herangezogen werden können –, aber
trotzdem zur Frequenzhaltung des Netzes dienlich sind.
Die bisherige monatliche gemeinsame Ausschreibung der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)
soll zukünftig von einer wöchentlichen Ausschreibung abgelöst werden. Die Ausschreibungsmengen sollen halbiert werden und zukünftig jeweils 750 MW für sofort abschaltbare Lasten
(SOL) und schnell abschaltbare Lasten (SNL) betragen. Anbieter von abschaltbaren Lasten
sollen laut Referentenentwurf zukünftig einen Leistungspreis pro Erbringungszeitraum einer
Ausschreibung bieten, dieser soll höchstens 500 €/MW/Woche betragen (bisher war der
Leistungspreis mit 2.500 €/MW/Monat festgeschrieben), der Arbeitspreis darf wie bisher
höchstens 400 €/MWh betragen. Hier wäre eine Differenzierung der Leistungspreisgrenze
wünschenswert, da seitens VIK in der sofort abschaltbaren Leistung im Vergleich zur schnell
abschaltbaren Leistung eine höhere Wertigkeit gesehen wird. Die Angebotsleistung soll in
einer parallelen Änderung des § 13 Abs. 4b Satz 4 EnWG von 50 MW auf 10 MW gesenkt
werden. Zur Erreichung der Mindestangebotsleistung soll es zukünftig keine Beschränkung
der Anzahl von Verbrauchseinrichtungen (bisher 5 Einheiten) geben, wenn diese Anlagen
durch ein Konsortium angeboten werden.
Grundsätzlich ist der Referentenentwurf, bis auf die o.g. Einschränkung auf die 20-kVNetzebene, als ein großer und wichtiger Schritt zur Nutzung industrieller Lasten zur Stabilisierung des Stromnetzes zu begrüßen. Auch die Laufzeitverlängerung bis 2022 sollte Unternehmen ausreichende Investitionssicherheit geben. Abschaltbare Lastenverordnung (AbLaV)
wird novelliert.
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Der europäische Energiesektor 2015/16
2015 entwickelte sich der regulatorische und gesetzliche Rahmen der europäischen Energiewirtschaft schrittweise weiter, wie insbesondere in der Rückschau auf den Strom- und
Gassektor ersichtlich wird. Die 2015 angestoßene Strategie zur Energieunion legte zudem
den Pfad für die energiewirtschaftliche und klimapolitische Zukunft Europas. Darüber
hinaus lässt der Ausgang des Weltklimagipfels in Paris erahnen, welchen erheblichen
Einfluss die Ergebnisse von COP 21 und deren Umsetzung auf die zukünftige Orientierung und Ausrichtung der europäischen Klima- und Energiepolitik nehmen werden. Ein
Überblick.
Europäische Kommission
2015 war die EU-Kommission Initiatorin u.a. von zwei umfassenden Vorschriften-Paketen.
Zum einen veröffentlichte sie im Februar 2015 ihre Strategie zur Erreichung einer krisenfesten Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik. Die Rahmenstrategie
für eine Energieunion enthält die Vision der EU-Kommission für die energiewirtschaftliche
und klimapolitische Zukunft Europas. In ihr werden Maßnahmen in mehreren politischen
Bereichen zu einer zielgerichteten Strategie zusammengefasst. So soll Europas Energieversorgung sichergestellt und die Importabhängigkeit verringert werden. Die nationalen Energiemärkte sollen integriert, Energieeffizienz zur Priorität gemacht, die CO2-Emissionen der Wirtschaft gesenkt sowie Forschung, Innnovation und Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden.
Mitte Juli 2015 veröffentlichte die EU-Kommission im Rahmen ihrer Strategie für die Energieunion zudem ein „Klima- und Energie-Sommer-Paket 2015“, das aus vier Teilen besteht: ein
Legislativvorschlag zur Reform des EU-Emissionshandelssystems, eine Mitteilung zur Neugestaltung des Strommarktes sowie eine Mitteilung zur Stärkung der Energieverbraucher als
auch ein Richtlinienvorschlag zur Reform des EU-Energieeffizienzlabels.
Das Sommer-Paket stellt eine erste Teilumsetzung der Rahmenstrategie zur Energieunion
dar. Zudem nahm die Juncker-Kommission im Oktober 2015 ihr Arbeitsprogramm 2016 an,
das die wichtigsten Initiativen beschreibt, die kommissionsseits im Jahr 2016 ergriffen werden, um in diesen Bereichen konkrete Ergebnisse zu erzielen. Eine dieser Schlüsselinitiativen betrifft die Umsetzung der Energieunion. Die Kommission wird nun im Jahr 2016 den
Großteil der im Fahrplan für die Energieunion vorgesehen Einzelmaßnahmen vorlegen.
Dieser Fahrplan für die Energieunion wurde mit dem im November 2015 veröffentlichten
Ersten Bericht zur Lage der Energieunion aktualisiert. In diesem Fortschrittsbericht kommt
die Kommission zu dem Schluss, dass die EU auf einem guten Weg ist, ihre 2020-Ziele zu
erreichen: Die Treibhausgasemissionen um 20 % bis 2020 im Vergleich zu 1990 zu verringern, würde nach jüngsten Prognosen der Mitgliedstaaten mit 24 % Emissionsvermeidung
bis 2020 übererfüllt. Auch das Erreichen des Ausbaus erneuerbarer Energien mit bis zu
20 % würde erreicht werden. In einigen Mitgliedstaaten ist es möglich, dass sie ihre Erneuerbaren-Ziele bis 2020 in beträchtlichem Umfang übertreffen. Die Verwirklichung des Energieeffizienzzieles von 20 % könnte nach aktuellem Stand mit einer Primärenergieverbrauchseinsparung von 17,6 % um bis zu 2,4 Prozentpunkte verfehlt werden. Aus dem aktualisierten
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Fahrplan für die Energieunion selbst geht der Zeitplan 2016 für die häufig in Paketlösungen
erscheinenden Maßnahmen hervor (Tabelle 1).
Tab. 1: Vorläufiger Zeitplan für Maßnahmen der Energieunion im
Jahr 2016 (Quelle: In Anlehnung an den aktualisierten Fahrplan
für die Energieunion der EU-Kommission vom 18.11.2015)
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EU-Ministerrat
Auf Basis der von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien zur Steuerung der Energieunion einigten sich die Energieminister der 28 Mitgliedstaaten Ende November 2015 auf
grundlegende Eckpfeiler zum Governance-System der Energieunion. Diese beinhalten, dass
bis Ende 2019 jedes Land einen nationalen Energie- und Klimaplan für den Zeitraum 2021
bis 2030 zu erarbeiten hat, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen das jeweilige
Land zur Zielerreichung beitragen wird. Dies umfasst die Verbesserung der Energiesicherheit, Vollendung des Energiebinnenmarktes, Steigerung der Energieeffizienz, Dekarbonisierung des Energiemixes sowie Forschung und Entwicklung. Mittels Fortschrittsberichten sollen die Maßnahmen kontinuierlich überprüft werden. Lettland hatte sich mit Übernahme der
Ratspräsidentschaft von Italien ab dem 1. Januar 2015 als einen Schwerpunkt gesetzt, den
strategischen Rahmen der Energieunion mit zu entwickeln. Zudem wurde sich auch unter
der ihr ab dem 1. Juli 2015 folgenden Ratspräsidentschaft Luxemburgs weiter auf die Vollendung und weitere Entwicklung des Energiebinnenmarktes, die Stärkung der Versorgungssicherheit und den Energie- und Klimarahmen 2030 fokussiert. Der hierauf folgende Dreiervorsitz mit den Niederlanden (Januar bis Juni 2016), Slowakei (Juli bis Dezember 2016) und
Malta (Januar bis Juni 2017) wird sich ebenfalls diesen Schwerpunkten verpflichtet fühlen.
Europäisches Parlament
Das Europäische Parlament hat und wird sich mit verschiedenen Legislativvorschlägen der
Kommission auseinandersetzen, dies betrifft u.a. die Mitteilungen der Kommission zur Energieunion und zum Stromverbundziel von 10 % sowie zur Überarbeitung der EnergieeffizienzRichtlinie. Eine besondere Herausforderung stellte für das Parlament der Legislativvorschlag
der Kommission zur Einführung einer Marktstabilitätsreserve im Rahmen einer strukturellen
Reform des europäischen Emissionshandels dar. Mit dieser Reserve sollen Marktungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage nach Zertifikaten ausgeglichen werden. Die
Vielzahl von Änderungsanträgen machte eindrucksvoll die kritische Haltung des EU-Parlaments zum Kommissionsvorschlag deutlich. Schlussendlich im Juli 2015 hatte dann das
Plenum des Parlaments seine Zustimmung zum Kommissionsvorschlag gegeben.
Strom
Das Thema Kapazitätsmärkte nahm auch 2015 eine bestimmende Rolle ein. Die im Rahmen
des Klima- und Energie-SommerPakets veröffentlichte Mitteilung zum zukünftigen Strommarkt stellt die erneuerbaren Energien in den Mittelpunkt, bei denen die Europäische Union
weltweit die Führungsrolle übernehmen will. Dafür wird ein neues Strommarktdesign als
erforderlich angesehen. Ein Element des zukünftigen Marktdesigns soll verstärkter grenzüberschreitender Handel und als Voraussetzung dafür, der Ausbau der Kuppelkapazitäten
sein. Daneben wird v.a. die Stärkung der Flexibilität betont, d.h. es sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Verbraucher ihr Verhalten flexibel an Marktbedingungen
anpassen können. Konkrete Aussagen zu den Kapazitätsmechanismen werden erst im Zuge
der Ergebnisauswertung aus der Sektoruntersuchung zu Kapazitätsmechanismen erwartet.
Die Europäische Kommission hatte bereits im April 2014 eine beihilferechtliche Sektoruntersuchung in Bezug auf die mitgliedstaatlichen Maßnahmen zur Sicherung einer ausreichenS. 9 von 12
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den Stromversorgung (Kapazitätsmechanismen) eingeleitet. Zudem wurde die MarktdesignKonsultation von der Konsultation zur Risikovorsorge bei der Energieversorgung flankiert.
Diese konsultiert vor allem zur Standardisierung und Regionalisierung von Krisenvorsorgeplänen zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit. Beide Konsultationen bereiten ein
Legislativpaket in der zweiten Hälfte 2016 vor. Da die bis Ende 2014 avisierte vollständige
Harmonisierung und Integration der nationalen Energiemärkte in den europäischen
Energiebinnenmarkt noch nicht abgeschlossen ist, ist das Umsetzen und Einführen verbindlicher EU-weiter Netzkodizes (NC = Network Codes) im Elektrizitätsbereich 2015 weiter
vorangeschritten und wird auch 2016 weiter voranschreiten.
Gas
2015 stand im Rahmen des Fahrplanes zur Energieunion die Gasversorgungssicherheit im
Fokus. Die Kommission unterzieht die entsprechende Verordnung über die Sicherheit der
Erdgasversorgung einer Überprüfung mit dem Ziel, insbesondere eine Harmonisierung der
nationalen Gasnotfallpläne und deren prozessuale Anwendung in Krisensituation herzustellen. Die Kommission plant, eine neue Richtlinie zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung als Teil einer Paketlösung im ersten Quartal 2016 zu veröffentlichen. Zudem konsultierte die Kommission zur Strategie für Flüssigerdgas und dessen Speicherung. Im Rahmen
der Anforderungen durch die Energieunion soll eine umfassende LNG- und Speicherstrategie das volle Potenzial von LNG und Gasspeicher in mittel- bis langfristiger Perspektive
ermitteln und verdeutlichen, wie LNG und Gasspeicher Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der Versorgung in der EU verbessern können. Zur Vollendung des Energiebinnenmarktes im Gasbereich wurde zudem eine Reihe von Netzkodizes bearbeitet und fand
mit 2015 Anwendung.
Energieeffizienz
Energieeffizienz wird von der Kommission als ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit Europas gesehen, so dass die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, Energieeffizienz im Rahmen ihrer politischen Maßnahmen als Angelegenheit höchster Priorität zu
betrachten. Wie dem Ersten Bericht zur Lage der Energieunion zu entnehmen ist, könnte die
Verwirklichung des Energieeffizienzzieles um bis zu 2,4 Prozentpunkte verfehlt werden.
Jedoch geht die Kommission davon aus, dass eine ordnungsgemäße und vollständige
Umsetzung bereits bestehender Rechtsvorschriften genüge, das 20 %-Ziel bis 2020 zu erreichen. Zur künftigen Weiterentwicklung des EU-Energieeffizienzrahmens bis 2030 schlägt die
Kommission ein Einsparziel von 30 % bis 2030 vor. Die Europäischen Staats- und Regierungschef einigten sich hingegen darauf, den Primärenergieverbrauch bis 2030 um 27 %
zurückzufahren, wobei es sich hierbei, wie bei der 2020-Vorgabe, um ein indikatives Ziel
handelt. Um die Zielvorgabe zu erreichen, plant die Kommission eine Anpassung der Energieeffizienz-Richtlinie. Die Energieeffizienz-Richtlinie sieht rechtsverbindliche Maßnahmen
zur Intensivierung der Bemühungen der Mitgliedstaaten für eine effizientere Energienutzung
in allen Phasen der Energieversorgungskette vor, von der Energieumwandlung und -verteilung bis zum Endverbrauch. Die Ergebnisse einer aktuellen Konsultation sollen in eine umfassende Folgenabschätzung einfließen, auf Basis derer, die EU-Kommission im zweiten
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Halbjahr 2016 konkrete Legislativvorschläge zur Revision der Richtlinie vorzulegen gedenkt.
Im Rahmen der Kommissionsstrategie zur Energieunion wurde deutlich, dass sie Effizienzpotentiale vornehmlich im Gebäude- und Transportsektor sowie bei der Wärme- und Kälteerzeugung sieht. Anfang 2016 ist eine spezielle Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung geplant, mit der eine intelligente Umstellung dieses Sektors angestrebt wird. In der
Strategie sollen u.a. Lösungen und Maßnahmen zur Verringerung der Nachfrage nach
Heizung und Kühlung im Wohnungs-, im Tertiär- und im Industriesektor angeführt werden.
Klima
In klimapolitischer Hinsicht schlug die Kommission beim Paket einer neuen EU-Energie- und
Klimapolitik von 2020 bis 2030 vor, die CO2-Emissionen bis 2030 um 40 % im Vergleich zu
1990 zu senken. Als Kernstück einer strukturellen Reform des EU-Emissionshandels zur
Erreichung der europäischen Klimaziele wurde eine Marktstabilitätsreserve (MSR) für die
vierte Handelsperiode des Emissionshandelssystems vorangebracht. Dem Kommissionsvorschlag stimmte der Rat der EU Mitte September 2015 zu, nachdem bereits im Juli 2015
das Plenum des Europäischen Parlaments seine Zustimmung gegeben hatte. Der Kompromiss beinhaltet u.a., dass die MSR im Jahr 2018 eingerichtet werden soll und ab dem Jahr
2019 in den EU-Emissionshandel eingreift. Nach Einführung der Marktstabilitätsreserve hat
die EU-Kommission zudem einen Legislativvorschlag zur Revision des EU-Emissionshandelssystems für die Zeit von 2021 bis 2030 vorgelegt. Die Kommission schlägt vor, das
System der kostenlosen Zuteilung einzuschränken. Der Legislativvorschlag wurde dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Annahme vorgelegt. Die Reformbemühungen sind im
Lichte der Ausgestaltung des internationalen Klimaschutzabkommens, das im Dezember
2015 verhandelt wurde, zu sehen. Inhaltlich wurde sich vor allem auf eine Temperaturobergrenze von 2 Grad Celsius, einen Ambitionsmechanismus zum Nachsteuern von Emissionsminderungsbeiträgen und Berichterstattungs- und Transparenzmaßnahmen geeinigt.
Entscheidend wird nun die globale Umsetzung in den Vertragsstaaten sein. Für die EU
bedeutet dies im Kern, die zukünftige Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels zu
klären.
Erneuerbare Energien
Mit dem Bericht zur Lage der Energieunion nahm die Kommission ebenfalls eine Vorbereitung einer Neuauflage der Erneuerbare-Energien-Richtlinie auf. Für das 27 %-Ausbauziel
der erneuerbaren Energien bis 2030 will die Kommission die existierende Erneuerbare-Energien-Richtlinie überarbeiten. Eine Erstellung nationaler Unterziele soll dabei nicht mehr erfolgen und die Mitgliedstaaten dürfen über Art und Umfang ihrer Beteiligung in nachhaltiger und
kosteneffizienter Weise selber entscheiden. Flankiert wird dies mit dem Governance-System
der Energieunion, das u.a. die Dekarbonisierung des Energiemixes über nationale Fortschrittsberichte vorsieht, in denen die nationalen Maßnahmen kontinuierlich überprüft werden.
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Fazit
Erwartungsgemäß war 2015 nicht das Jahr, in dem ein neuer stabiler europäischer Rahmen
den Markt für die Energiewirtschaft bestimmte und Klarheit sowie Sicherheit für Investitionen
und strategische Entscheidungen lieferte. Die Kommission hat mit der ersten Bestandsaufnahme zur Energieunion erklärt, dass bis Ende des Jahres 2016 alle wichtigen Vorschläge
zur Umsetzung der Energieunion vorliegen sollen. In Zeiten, in denen die EU 53 % ihrer
Energie mit Kosten von ungefähr 400 Milliarden Euro importierte, die Großhandelspreise für
Elektrizität immer noch 30 %, für Gas sogar mehr als 50 % höher als in den USA liegen, ist
es begrüßenswert, wenn die EU die Vollendung des EU-Energiebinnenmarktes schneller
vorantreibt und mit der Energieunion diesem Anliegen weiter Nachdruck verleiht. Zudem ist
es hinsichtlich der politischen Euphorie um den Ausgang des Weltklimagipfels sicherlich von
Vorteil, zunächst ein sachliches Resümee zu ziehen, ob und was das Ergebnis dieses globalen Abkommens nun für nationale Konsequenzen nach sich ziehen wird. Ziel kann es
sicherlich dabei aus europäischer Sicht nicht sein, das globale Problem CO2-Emissionen
weiter durch einseitige europäische Zielverschärfungen lösen zu wollen und so Europa
einem wettbewerblichen Ungleichgewicht zu den anderen Wirtschaftsblöcken der Welt auszusetzen.
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