Mittwoch, 15. Tag / Donnerstag, 16. Tag

3 - Sao Miguel – unsere dritte Woche
Mittwoch, 15. Tag, Teil 2
Der Flug verlief angenehm, die Winde über dem Meer waren zahm und so war auch die Landung recht
erträglich. Nur dieses heftige Bremsen in Sao Miguel wegen der offensichtlich sehr kurzen Landebahn nervte
etwas. Wir bekamen unsere Koffer und marschierten zum Schalter des Autoverleihers. Dort bekamen wir die
Autoschlüssel für die dritte Art von Auto, einen Nissan Micra in Rot. Gott, was für eine Möhre war das denn? Der
Kofferraum war wohl eher als überdimensioniertes Handschuhfach geplant. Die Hälfte unseres Gepäcks landete
jedenfalls auf dem Rücksitz. Die Sitze sahen aus wie Omas altes Sofa und nach Jahren musste ich die Spiegel
mal wieder mit einem Hebel mechanisch einstellen.
Das alles ging ja noch, aber drei Dinge waren dann endgültig nervig:
Zum einen konnte ich den Sitz für meine Beinlänge nicht weit genug zurückstellen. So saß ich ein wenig wie auf
einem Toilettensitz. Zudem kam die Kupplung ausgesprochen spät und ich musste das ganze Bein nach hinten
ziehen, wenn der 1. Gang die Kraftübertragung herstellen sollte und zum dritten gab dieses Auto Geräusche
von sich, dass man befürchten musste, gleich irgendwelche wichtigen Teile zu verlieren.
Trotz dieser schlechten Vorzeichen setzte sich die Kiste mit ihren schon fast 82.000 gefahrenen Kilometern in
Gang und kam auch ganz zügig voran. Gut, die Bremse war auch nicht gerade die Beste und wenn man das
Fenster herunterkurbelte, gab es noch andere komische Geräusche, die man eigentlich nicht hören wollte, aber
die rund 25 km zu unserer letzten Ferienbehausung in Agua de Pau schaffte das möhrenrote Spielmobil. Ich ließ
einfach die Fenster zu und versuchte so zu fahren, dass ich eben nicht so oft kuppeln oder bremsen musste.
Zum Glück sind die Berge ja hier auch nicht ganz so hoch wie auf Pico.
Wir kamen - obwohl wir eine Abfahrt zu früh von der autobahnähnlichen Fernverkehrsstraße abgefahren waren
- irgendwie doch in Quinta Altamira, unserer Ferienhausanlage in der Nähe von Agua de Pau an. Unser
Navigationssystem konnte uns nicht wirklich helfen, die richtige Abfahrt zu nehmen, weil die Straße noch so
neu ist, dass wir laut Navi irgendwo über Felder fuhren und ständig aufgefordert wurden, zurück auf die Straße
zu fahren. Wie dem auch sei, wir schafften den Weg auch auf die alte und herkömmliche Weise, indem wir uns
an der Karte und den Straßenschildern orientierten. Gerade die Navigationssysteme zeigen einem immer
wieder, wie sehr man von der Technik abhängig wird und wie bequem und gedankenlos ein solches System uns
gelegentlich macht.
Die Ferienanlage wird von Mechthild und Sönke
Hormann betrieben und existiert schon fast 50 Jahre.
Davon natürlich fast 40 Jahre unter Leitung der
Eltern Hormann. Die Betreiber selbst bewohnen ein
Herrenhaus am Eingang der parkähnlichen Anlage,
die insgesamt etwa 67.000m² umfasst, und stammen
aus Kiel bzw. von der Insel Sylt. Er ist
Gartenbauingenieur und sie hat Lehramt in Kiel
studiert. Da hatten wir als Alt- bzw. NeuschleswigHolsteiner gleich eine Gesprächsgrundlage. Die
Anlage besteht aus 12 Bungalows, die nicht nur
nummeriert sind, sondern auch Blumennamen
tragen. Unser Bungalow, die Nummer drei, heißt
Azalea, was mir allemal lieber ist als der Name des
Nachbarbungalows mit der Nummer 2: Camelia. Das
löst bei mir komische Assoziationen aus...
Die Anlage hat nur zwei Sterne und das hat einen
einfachen Grund, den ich sofort bemerkte, als uns die
Dame des Hauses zu unserem Bungalow brachte. Es gibt ganz bewusst keinen Fernseher und auch keinen
Internetanschluss. Für mich also die dritte Woche hintereinander ohne jeden Zugang zu dem, was man heute
für normale Informations- und Kommunikationsquellen hält.
Somit muss mein armer Sohn, der zu der Personengruppe
zählt, für die ich unter anderem dies alles schreibe, den
ganzen Bericht auf einen Rutsch lesen und kann nicht wie
bei unseren anderen Reisen üblich die Tagesberichte als
tägliche
abendliche
Mail-Häppchen
in
vermutlich
bekömmlicheren Teilen verdauen. Doch zurück zu unserer
neuen und letzten Unterkunft auf den Azoren. Die
Bungalows sind einfach aber praktisch und gut eingerichtet.
Ein Wohnraum mit Esstisch, kleiner Sitzgruppe und Couch
wird vervollständigt von einer kleinen offenen Küche ohne
Geschirrspüler, dafür aber mit doppeltem Gefrierfach. Ein
Bad mit Bidet und Dusche sowie ein Schlafraum mit
Doppelbett bieten eigentlich alles was man für eine Woche
im Urlaub benötigt. Die Terrasse ist von Blumenhecken
umwachsen und bietet Platz für eine Sitzgruppe und zwei
Sonnenliegen. Ansonsten verfügt die Anlage über einen
Tennisplatz und einen Swimmingpool sowie einen direkten
Zugang zum Meer. Dazu muss man aber ein paar Meter
laufen und dann die Steilküste herunterkraxeln. Um es für bergunerfahrene Touristen wie uns erträglich zu
machen, erleichtern einige in den Abhang der Steilküste gebaute Treppenstufen den Ab-bzw. Aufstieg doch
erheblich. Nur schwindelfrei sollte man sein, denn ein Geländer gibt es nicht und es geht schon einige dutzende
Meter steil nach unten an das Meer, so dass es sich empfiehlt, stur auf dem Weg zu bleiben.
Neben den Besitzern empfing uns auch eine kleine weiße Katze, die eigentlich zugelaufen im Tierheim
abgegeben werden sollte. Da sie aber den Katzenschnupfen hatte, fand sie dort keine Aufnahme und da sie sich
sofort mit dem Hund des Hauses verstand, bekam sie Asyl und nimmt nach und nach immer mehr Platz für sich
in Anspruch. Ganz Katze eben...
Wir waren gegen 20 Uhr angekommen und wollten nicht mehr kochen, also fuhren wir auf Rat der Dame des
Hauses in ein in der Nähe gelegenes Restaurant, in dem es nur die Früchte des Meeres dieser Gegend frisch auf
den Teller gibt. Wer keinen Fisch mag, der hat es auf den Azoren nicht ganz leicht. Wir mögen zum Glück Fisch
und so haben wir es leicht, unseren Appetit zu stillen. Vorausgesetzt, wir finden einen Platz. Das Restaurant
musste gut sein, wenn man die Tatsache als Maßstab gelten lässt, dass alle der durchaus vielen Plätze, die es
bietet, besetzt waren. Aber kein Problem, wie schon auf Terceira im Beira Mar wurde durch den Chef persönlich
schnell ein Platz gezaubert und wir bekamen unser Essen.
Vielleicht lag es ja an unserem hungrigen Aussehen, der Geschäftstüchtigkeit der Besitzer, vielleicht aber auch
einfach an der Freundlichkeit der meisten Menschen hier. Uns war es letztlich egal, wir hatten unseren Tisch,
gingen zur Fischtheke, um uns unser Abendessen auszuwählen und entschieden uns für Tigerfischfilet ich bzw.
Peche Porkas, also Schweinefisch, meine Frau. Nomen est Omen, wie der Lateiner sagt und da ich nicht einmal
über das kleine Latinum verfüge, kann ich das sagen, ohne Gefahr zu laufen, zu viel Ärger zu bekommen. Im
Zweifel kann ich immer behaupten, nicht so ganz genau gewusst zu haben, was ich schreibe oder sage.
Gepflegtes Halbwissen schadet also nicht immer.
Wir fuhren zurück in unseren Bungalow, um unser müdes Haupt zur Ruhe zu betten. Das mit dem Betten
funktionierte gut, das mit dem erholsamen Schlaf, den wir uns erhofft hatten, nicht ganz so. Ich fand die Betten
und die Matratzenhärte ausgesprochen angenehm. Meine Frau sah das anders. Dafür nervte mich die halbe
Nacht ein ewig bellender Hund und gegen Morgen, als der Köter endlich selbst ein wenig schlief, fing ein Hahn
an den Morgen zu begrüßen. Wenn irgendetwas meinen Schlaf stört, kommen mir manchmal ganz komische
Assoziationen. Was mir zum Bellen des Hundes einfiel, weiß ich nicht mehr, aber der Hahn erinnerte mich
irgendwie an die Tatsache, dass ich sehr gerne Hühnerfrikassee mag und eigentlich lange nicht mehr gegessen
habe.
Donnerstag, 16. Tag
Zum Frühstück gab es aber frische Brötchen sowie Eier und Marmelade aus dem kleinen Shop unserer Anlage
und dann machten wir uns auf den Weg nach Ponta Delgada, der Hauptstadt der Azoren. Hier leben rund
35.000 Menschen und man sieht sogar so etwas Ähnliches wie Arbeiterschließfächer am Rande der Stadt.
Insgesamt leben auf Sao Miguel 138.000 Menschen. Damit ist das nicht nur geografisch die größte der
Azoreninseln. Sie ist auch touristisch am besten erschlossen und ich hoffte hier auf eine Ausfahrt mit einem Big
Game Boot, um mich mit den Giganten des Atlantiks anzulegen.
Wir fuhren in die Innenstadt und fanden problemlos einen Parkplatz. Im Gegensatz zu den anderen Inseln muss
man hier für das Parken bezahlen. Auch das zeigt den Fortschritt oder was man dafür hält. Wir schlenderten
durch die Stadt, fanden einen Fotoladen, der unsere Bilder auf eine DVD brannte und uns so ermöglichte, den
Speicher unserer Kamera zu leeren. Während die freundliche Dame aus dem Fotogeschäft mit unserem 1GB
SD-Speicher beschäftigt war, gingen wir Kaffee trinken.
Das Kaffee und die gesamte Innenstadt wurden gerade geentert durch eine riesige Menge an
Kreuzfahrttouristen, die offensichtlich immer noch glaubten, auf ihrem Schiff zu sein. So benahmen sich diese
Rentnerrocker jedenfalls. Wir fielen einer Gruppe überwiegend weiblicher Skandinavier zum Opfer, die
drängelnd und laut diskutierend unser Kaffee eroberten und sich ständig vordrängelten. Unhöfliches Benehmen
ist also nicht altersabhängig und auch Gruppen mit einen Durchschnittsalter von mindestens 75 Jahren können
sich schlecht benehmen. Diese Damen taten es jedenfalls und man hatte das Gefühl, sie waren der Meinung,
die ganze Stadt ist nur auf den Beinen, um sie, diese Gruppe von Gruftiflegeln, zu unterhalten und ihnen die
Zeit zu vertreiben.
Wir fanden eine Touristeninformation und fragten nach Angelmöglichkeiten. Man drückte uns zwei Flyer von
Anbietern in die Hand und schickte uns etwa 500 Meter zum Sportboothafen. Die Preise waren nicht so
astronomisch, wie man mir in Deutschland angekündigt hatte. Angeboten wurden verschiedene Aktivitäten und
unterschiedliche Angeltourlängen. Bei www.azoressportfishing.com (Telefon Silvino 00351-962812982 oder Jao
Braga 00351 966866826) kostete der halbe Tag Big Game (8.00 -13.00 Uhr) 500 Euro für maximal 6 Personen.
Das sind nicht einmal 100 Euro pro Person. Der ganze Tag kostet dann 900 Euro (08.00 -18.00 Uhr). Aber auch
das kann, wer will, durch 6 teilen. Ich wollte nicht teilen, jedenfalls nicht durch sechs. Zudem werden noch
andere Arten des Angelns wie Coast Fishing oder Deep Light Tackle Fishing angeboten. Ein anderer Anbieter ist
unter [email protected] (Tel.: 00351 915501714) zu erreichen. Im Internet findet man die
Firmenseite unter www. bluemarlinazores.com und ich möchte zur Beruhigung der Sprachmuffel anmerken,
dass sehr mäßige Englischkenntnisse ausreichen, um einen Angeltrip nach eigenem Gusto zu vereinbaren. Ich
bin einfach in den Hafen gegangen und habe im Angelladen nachgefragt. Die Dame zeigte mir Vater und Sohn,
die gemeinsam eine weitere Charterfirma für Angeltouren betreiben, die sich Pesca de Costa nennt (Tel.: 00351
910 137 237). Ich habe mir eine Big Game Ausfahrt mit der Cachalote 1 gebucht. Das Schiff ist etwas kleiner
und kann nicht so viele Angler mitnehmen. Daher ist der Preis mit 360 Euro für eine fünfstündige Chartertour
etwas günstiger als bei den großen Booten. Am Samstag um 08.00 Uhr geht es los. Ich werde berichten, ob
und was ich wie gefangen habe.