21/1302

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
21/1302
21. Wahlperiode
21.08.15
Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 14.08.15
und
Betr.:
Antwort des Senats
Krimineller Clan im Karoviertel
Aus aktuellen Medienberichten ist zu entnehmen, dass in Hamburg ein serbischer Clan – Familie B. – lebt, dessen Mitglieder weder arbeiten noch eine
Ausbildung haben und von sozialer Unterstützung und Kindergeld leben. Es
sei bekannt, dass dessen Mitglieder vorzugsweise im Karoviertel kriminellen
Tätigkeiten nachgehen. Jetzt haben vier Mitglieder des Clans wieder durch
einen Diebstahl auf sich aufmerksam gemacht. Die vier Personen wurden für
diesen Diebstahl strafrechtlich verurteilt und sind darüber hinaus auch bereits
vorbestraft. Die Aufenthaltserlaubnis der Clanmitglieder soll aber trotz ihrer
kriminellen Tätigkeiten nie entzogen und stattdessen stets verlängert worden
sein.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt:
1.
Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die geschilderte Problematik bekannt?
2.
Wann erfolgte die erstmalige Einreise der entsprechenden Personen und
seit wann halten sich diese dauerhaft im Bundesgebiet auf?
3.
Wie ist der jeweilige aktuelle aufenthaltsrechtliche Status der betreffenden Personen und welche Status gingen diesen jeweils voraus?
Ausgehend von bekannten aktuellen Medienberichten erfolgte anhand des dort
geschilderten Sachverhaltes eine Zuordnung der angesprochenen Personen aufgrund
polizeilicher Erkenntnisse.
Eine Person reiste 1990 erstmalig in das Bundesgebiet ein und hält sich seit 2008
dauerhaft hier auf. Aus dem geduldeten Aufenthalt heraus hat diese Person zur Ausübung der Personensorge für ein deutsches Kind einen Aufenthaltstitel erhalten.
Eine weitere Person reiste 1991 erstmalig in das Bundesgebiet ein und hält sich seit
1996 dauerhaft hier auf. Diese Person hatte zuvor einen Aufenthaltstitel im Rahmen
des Familiennachzugs und hat dann einen Aufenthaltstitel zur Ausübung der Personensorge für ein deutsches Kind erhalten.
Eine weitere Person hält sich seit Geburt 1986 im Bundesgebiet auf und hatte Aufenthaltstitel im Rahmen des Familiennachzugs. Aufgrund von Straftaten wurde die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels 2007 versagt. In dem sich
anschließenden Rechtsmittelverfahren hat das Verwaltungsgericht die Versagung
aufgehoben und der Betreffende erhielt im Vergleichswege weiterhin einen Aufenthaltstitel.
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Die vierte Person reiste erstmals 2009 in das Bundesgebiet ein. Im Jahre 2012 wurde
der Betreffende zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert. Zuletzt war die
Person ausreisepflichtig und wollte das Bundesgebiet freiwillig verlassen, wozu im
Juni 2015 der Reisepass ausgehändigt wurde.
4.
Welche Sozialleistungen werden von den entsprechenden Personen in
Anspruch genommen?
Eine der betroffenen vier Personen bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch (SGBII) – Grundsicherung für Arbeitsuchende. An einer detaillierteren
Antwort ist der Senat aus Gründen des Sozialdatenschutzes gehindert. Bei den detaillierteren Daten handelt es sich um geschützte Sozialdaten im Sinne der §§ 35 SGB I,
67 fortfolgende SGB X, da die Betroffenen anhand der Presseberichte zumindest für
Personen mit Zusatzkenntnissen identifizierbar („bestimmbar“, vergleiche § 67 Absatz
1 S. 1 SGB X) sind.
Gemäß § 67 b Absatz 1 S. 1 SGB X ist die Verarbeitung von Sozialdaten, wozu
gemäß § 67 Absatz 6 S. 1 SGB X auch das Übermitteln gehört, nur zulässig, soweit
eine Rechtsvorschrift im SGB dies erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene
schriftlich eingewilligt hat. Im SGB existiert keine Übermittlungsbefugnis zugunsten
des Parlaments. Eine vorherige schriftliche Einwilligung der Betroffenen, die eine
Übermittlung zulassen würde, liegt nicht vor.
5.
Welche Ermittlungsverfahren gegen die betreffenden Personen bestanden beziehungsweise bestehen?
6.
Zu welchen strafrechtlichen Verurteilungen der betreffenden Personen
ist es bislang gekommen?
Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Strafverfahren mitzuteilen, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein
Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Unter dieser Maßgabe werden
für die betreffenden Personen folgende rechtskräftige Verurteilungen mitgeteilt:
Person 1:
Entscheidungsdatum: 18.01.2001
Tatbezeichnung: Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen
Amtsgericht Hamburg
rechtskräftig seit: 09.02.2001
Datum der (letzten) Tat: 02.05.2000
30 Tagessätze zu je 20,00 DM Geldstrafe
Entscheidungsdatum: 02.10.2003
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl
Amtsgericht Hamburg-Wandsbek
rechtskräftig seit: 10.10.2003
Datum der (letzten) Tat: 02.01.2001
40 Tagessätze zu je 7,00 Euro Geldstrafe
Entscheidungsdatum: 04.08.2006
Tatbezeichnung: Urkundenfälschung
Amtsgericht Erding
rechtskräftig seit: 23.08.2006
Datum der (letzten) Tat: 27.04.2006
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90 Tagessätze zu je 10,00 Euro Geldstrafe
Entscheidungsdatum: 27.06.2012
Tatbezeichnung: versuchter gemeinschaftlicher Diebstahl
Amtsgericht Pinneberg
rechtskräftig seit: 05.07.2012
Datum der (letzten) Tat: 25.04.2011
80 Tagessätze zu je 10,00 Euro Geldstrafe
Entscheidungsdatum: 23.06.2014
Amtsgericht Hamburg-Harburg
Aktenzeichen: 2051 Js 108/14 (621-194/14)
rechtskräftig seit: 11.07.2014
Tatbezeichnung: Urkundenfälschung
Datum der (letzten) Tat: 06.02.2014
Angewendete Vorschriften: § 267 Absatz 1 StGB
50 Tagessätze zu je 40,00 Euro Geldstrafe
Entscheidungsdatum: 6.8.2015
Amtsgericht Hamburg St. Georg
Aktenzeichen: 3202 Js 513/13
rechtskräftig seit: 14.8.2015
Tatbezeichnung: Bandendiebstahl
Vier Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung
Person 2:
Entscheidungsdatum: 14.01.2009
Tatbezeichnung: Diebstahl
Amtsgericht Hamburg
rechtskräftig seit: 04.09.2009
Datum der (letzten) Tat: 10.04.2008
Acht Monate Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 03.09.2013
Bewährungshelfer bestellt
Strafe erlassen mit Wirkung vom 16.10.2013
Ein Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2015 wegen des Verdachts der gefährlichen
Körperverletzung ist noch nicht abgeschlossen.
Person 3:
Entscheidungsdatum: 21.06.2013
Tatbezeichnung: Fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis
Amtsgericht Hamburg-Altona
rechtskräftig seit: 21.06.2013
Datum der (letzten) Tat: 22.12.2012
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30 Tagessätze zu je 8,00 Euro Geldstrafe
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 20.12.2013
Entscheidungsdatum: 27.05.2014
Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
Amtsgericht Hamburg-Barmbek
rechtskräftig seit: 04.06.2014
Datum der (letzten) Tat: 20.01.2014
60 Tagessätze zu je 8,00 Euro Geldstrafe
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 03.06.2015
Entscheidungsdatum: 16.02.2015
Tatbezeichnung: Körperverletzung
Amtsgericht Hamburg
rechtskräftig seit: 24.02.2015
Datum der (letzten) Tat: 05.08.2014
90 Tagessätze zu je 8,00 Euro Geldstrafe
Entscheidungsdatum:6.8.2015
Amtsgericht Hamburg St. Georg
Aktenzeichen: 3202 Js 513/13
rechtskräftig seit: 6.8.2015
Tatbezeichnung: Bandendiebstahl
Geldstrafe: 180 Tagessätze à 7 Euro
Person 4:
Entscheidungsdatum:6.8.2015
Amtsgericht Hamburg St. Georg
Aktenzeichen: 3202 Js 513/13
rechtskräftig seit: 14.8.2015
Tatbezeichnung: Bandendiebstahl
Geldstrafe: 150 Tagessätze à 7 Euro
7.
Warum wurden die betreffenden Personen bislang nicht ausgewiesen?
In zwei Fällen besteht besonderer Ausweisungsschutz aufgrund der Ausübung der
Personensorge für ein deutsches Kind nach § 56 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Aufenthaltsgesetz. Die heranzuziehenden rechtskräftigen Verurteilungen reichen nach der
gefestigten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für solche Fälle für eine Aufenthaltsbeendigung nicht aus. In einem Fall hat die Versagung des Aufenthaltstitels aufgrund von Straftaten einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten
und mündete in einem Vergleich. Dies schließt bei weiteren strafrechtlichen Verurteilungen eine erneute Versagung wegen des Vorliegens von Ausweisungsgründen
beziehungsweise die Prüfung einer Ausweisung nicht aus. In einem weiteren Fall
besteht ohnehin eine Ausreiseverpflichtung. Sollte sich der Betroffene illegal im Bundesgebiet aufhalten, kommt neben der Abschiebung auch die Möglichkeit der Ausweisung in Betracht. Bei Vorlage des strafgerichtlichen Urteils wird alternativ die Einstellung von Einreisebedenken in das Ausländerzentralregister geprüft werden.
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