Job-Shadowing im Amtsgericht Neumarkt am 07.07.2015 – Luisa

Job-Shadowing im Amtsgericht Neumarkt am 07.07.2015 – Luisa Daume, Q11
,, Was soll ich bloß anziehen? ‘‘, diese Frage quält wohl jede Frau an jedem Morgen. Aber heute bin
ich besonders unschlüssig, denn mein Tag im Amtsgericht Neumarkt steht an. Diesen werde ich an
der Seite von Herrn Dr. Müller, dem Direktor des Amtsgerichts, verbringen und verständlicherweise
ist es mir sehr wichtig, passend gekleidet zu sein. Da es sehr warm ist, entscheide ich mich schließlich
für ein schwarzes Sommerkleid und mache mich auf den Weg nach Neumarkt.
Um 8.30 betrete ich dann mit klopfendem Herzen das Amtsgericht und werde sogleich von zwei
Wachmännern angehalten, die wissen möchten, warum ich dort bin. Als ich ihnen von meinem
Termin mit Herrn Dr. Müller erzähle, darf ich aber sofort weiter bis zu seinem Büro gehen. Ich treffe
Herrn Müller gleich am Gang, er begrüßt mich sehr freundlich und wir setzen uns in sein Büro. Dort
führen wir ein allgemeines Gespräch über Jura und seinen Beruf als Richter und Direktor des
Amtsgerichts. Er berichtet mir über die verschiedenen Berufsmöglichkeiten, die man in der
,,Juristerei‘‘ hat, erzählt mir einiges über die Beamtenlaufbahn und seine persönlichen Erfahrungen in
diesem Berufsfeld. Dann darf ich mir die Akten von zwei Personen ansehen, die er in einem
Betreuungsverfahren unterstützt und die später am Tag noch zu einer Anhörung vorbeikommen
werden.
Um zehn Uhr sehe ich mir anschließend zwei öffentliche Verfahren, bei denen es einmal um
Fahrerflucht und beim anderen Mal um unerlaubtes Abstellen von Schrott geht. Bei beiden Malen
wird eine Geldstrafe verhängt, die aber doch niedriger ausfällt, als eigentlich angesetzt. Das liegt
daran, dass der Richter zu Beginn der Anhörung auch die Einkommensverhältnisse feststellt, die in
diesen Fällen schlechter sind als ursprünglich angenommen, was zu einer Herabsetzung der zu
zahlenden Tagessätze führt. Als die Anhörungen fertig verhandelt worden sind, treffe ich mich
wieder mit Herrn Dr. Müller und habe natürlich einige Fragen, die er mir geduldig und ausführlich
beantwortet. Mich interessiert besonders, woran es liegt, dass so gut wie alle Verhandlungen
öffentlich sind, denn davor habe ich immer angenommen, dass es wichtig ist, die Identität von
Straftätern zu schützen. Dass die Verhandlungen öffentlich sind liegt aber vor allem an unserer
Vergangenheit (besonders bezogen auf das Dritte Reich) und den daraus resultierenden
Festsetzungen in unserer Verfassung: denn nur die Öffentlichkeit kann garantieren, dass
Verhandlungen gerecht und rechtsgemäß abgehalten werden und der Angeklagte nicht
beispielsweise gefoltert oder das Urteil anderweitig beeinflusst wird. Herr Müller erzählt mir auch,
dass es möglich ist, Verfahren bei geringer Schuld einzustellen oder, dass man sich gegebenenfalls
auch selbst verteidigen kann und nicht zwingend einen Anwalt braucht.
Es klopft an der Tür und eine Frau Anfang zwanzig betritt gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter das
Büro, in dem wir uns gerade unterhalten. Sie hat jetzt ihren Termin mit Herrn Dr. Müller, bei dem es
um die Aufhebung ihrer Betreuung geht. Ich darf zuhören, während sie einige Fragen zu ihrem
Befinden und ihrer aktuellen Lebenssituation beantwortet. Am Ende des Gesprächs beschließt Herr
Dr. Müller, dass es nicht nötig ist, eine Betreuung fortzusetzen. Kurz darauf erscheint schon die
zweite Frau zu ihrem Gesprächstermin, allerdings geht es ihr wesentlich schlechter und sie bittet um
eine Verlängerung der Betreuung. Herr Dr. Müller fragt aber neben den Formalitäten auch nach
ihrem Befinden, wird also auch etwas persönlicher, was ich sehr schön finde.
Nach einer kurzen Mittagspause fahre ich gemeinsam mit Herrn Dr. Müller zum Haus St. Marien um
dort einen Asylanten anzuhören, dessen Betreuung neu organisiert werden muss, da er gerade 18
geworden ist. Bei dem kurzen Gespräch sind noch seine neue Betreuerin und ein Dolmetscher
anwesend. Der junge Mann ist mit seiner neuen Betreuerin einverstanden und so beendet Herr Dr.
Müller das Gespräch schon nach wenigen Minuten.
Wir fahren wieder zurück zum Amtsgericht und ich darf noch ein paar abschließende Fragen stellen.
Zum Abschluss mache ich noch ein paar Fotos, auch gemeinsam mit Herrn Dr. Müller, um meine
Eindrücke festzuhalten und dann ist mein Tag im Amtsgericht auch schon beendet.
Alles in allem hat es mir im Amtsgericht sehr gut gefallen; ich durfte viele Fragen stellen und Herr Dr.
Müller hat sich wirklich viel Zeit genommen, mir diese zu beantworten. Es war auch schön, überall
hin mitgenommen zu werden und wirklich ganz nah am Geschehen zu sein.
Luisa Daume, Q11