„Naturschutz und Jagd sind natürliche Verbündete“

Interview mit Sebastian Jutzi
„Naturschutz und Jagd
sind natürliche Verbündete“
Dass die bayerischen Jäger viel für den Naturschutz leisten, darüber besteht kein Zweifel. Doch wird das
auch in der Gesellschaft wahrgenommen? Und wie werden Naturschutz und Jagd in Verbindung gebracht?
Wir sprachen mit dem Diplom-Biologen Sebastian Jutzi, Chefredakteur des Magazins „natur“, der wohl
führenden Zeitschrift für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland, und seit Kurzem selbst Jäger.
der Naturschutz ist ja ein wichtiges
Verbindungsglied zwischen Jagd und
Gesellschaft. Die meisten Menschen kommen ja sonst mit der Jagd
höchstens in Kontakt, wenn sie mal
Wild essen, zufällig eine Treibjagd
beobachten oder der Jäger mit dem
Auto im Wald an ihnen vorbeifährt.
Meiner Meinung nach ist also der
Naturschutz der Hauptanknüpfungspunkt, wie man die Menschen an die
Jagd heranführen kann. Denn Naturschutz interessiert eigentlich jeden
– und das wird sich mit der Zeit noch
verstärken.
Das Gespräch führten Pressesprecher Thomas Schreder, Diplom-Biologe und zuständiges
Präsidiumsmitglied für den Naturschutz, und JiB-Redakteurin Stephanie Schlicht.
JiB: Herr Jutzi, wie und wann kamen
Sie zur Jagd?
Jutzi: Ich habe die Leidenschaft für
die Jagd sprichwörtlich in die Wiege
gelegt bekommen. Mein Vater war
Jäger und ich war von klein auf mit
ihm draußen im heimischen Revier in
der Nähe von Mainz unterwegs. Mit
16 habe ich dann mit der Ausbildung
zum Jugendjagdschein begonnen,
doch standen zunächst andere Interessen im Vordergrund. Und so kam
es, dass ich die ganzen Jahre über
eine offene Wunde mit mir rumgetragen habe und erst vor ein paar Jahren
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mit Mitte 40 den Jagdschein beim
BJV gemacht habe. Die Ausbildung
hat mir sehr viel Spaß gemacht und
ich bin glücklich, das grüne Abitur
endlich in der Tasche zu haben.
JiB: Der Naturschutz ist ja ein eigenes Ausbildungsfach in der Jagdausbildung. Sehen Sie die Lerninhalte
in diesem Fach als ausreichend oder
könnten sie noch ausgebaut werden?
Jutzi: Aus meiner Sicht könnte man
sie durchaus noch verstärken und
sogar einen Schwerpunkt auf den
Naturschutz legen. Denn gerade
JiB: Sind Naturschutz und Jagd in Ihren Augen Gegensätze oder Synergien? Steckt in dieser Verbindung viel
Konfliktpotential?
Jutzi: Sicher ist in diesem Komplex
sehr großes Konfliktpotential enthalten, aber meiner Meinung nach
zu Unrecht. Denn: Naturschutz und
Jagd sind in meinen Augen natürliche
Verbündete. Ohne Natur gibt es keine
Jagd. Und ohne Jagd sähe unsere
Natur heute auch ganz anders aus,
vor allem was die Artenvielfalt und
die Landschaft betrifft.
JiB: Wie sehen das die Naturschützer
beziehungsweise Ihre Leser, hat die
Jagd im Bereich der Natur Aufgaben
oder wird sie eher als Störenfried in
der Natur wahrgenommen?
Jutzi: Als Störenfried eher nicht,
würde ich sagen. Unsere Leserschaft
ist sehr heterogen. Natürlich sind
auch viele Veganer und Vegetarier
darunter, die das Töten von Tieren
grundsätzlich ablehnen, was ja
durchaus legitim ist. Doch wir haben
auch Jäger als Leser. Die sehen das
natürlich anders. Grundlage unserer
redaktionellen Arbeit ist der Respekt
gegenüber der Meinung des anderen.
Als Blatt haben wir eine relativ klare
Position, lassen aber alle zu Wort
kommen. Meine persönliche Meinung
ist ganz klar, dass die Jagd elementare Aufgaben im Naturschutz hat. Ich
verstehe sie als nachhaltige Nutzung.
Wer sein Handwerk als Jäger ernst
nimmt, muss sich auch um den Naturschutz kümmern – und damit um
den Schutz von Wildlebensräumen.
Die Jäger sind Teil des natürlichen
Gefüges und wichtige Botschafter in
Sachen Natur.
JiB: Der BJV ist ja ein anerkannter
Naturschutzverband. Trägt er diesen
Titel zu Recht?
Jutzi: Luft nach oben gibt es natürlich
immer. Aber meiner Meinung nach ist
dieser Titel gerechtfertigt. Der Großteil der Jäger nimmt sein Handwerk
ernst und tut sehr viel im Bereich des
Naturschutzes.
JiB: Wie sehen Sie die Zukunft der Jagd
in den nächsten 20 Jahren? Wo sollte
sie sich Ihrer Meinung nach hinbewegen, damit sie zukunftsfähig ist und
akzeptiert wird?
Jutzi: Sicherlich ist die allgemeine
Akzeptanz am größten, wenn die
Naturschutzleistungen der Jäger noch
weiter herausgestellt werden. Ich sehe
eine Trendwende, die Menschen haben
Sehnsucht nach Natur. Sie werden
bald elementar erkennen, dass sie
von der Natur abhängig sind. Wir sind
ohne funktionierende Natur am Ende.
Deshalb müssen wir uns um die Natur
kümmern, die Natur schützen. Da
tragen die Jäger einen ganz entscheidenden Teil dazu bei.
Sie müssen sich mit Förstern und Landwirten, und allen, die draußen zu tun
haben, zusammenschließen und dann
den Kompromiss suchen. Denn wenn
jeder auf seiner Ansicht beharrt, kommen wir nicht weiter. Da muss jeder
dem anderen etwas entgegenkommen.
JiB: Aktuell beschäftigt uns besonders
der Bestandseinbruch beim Niederwild. Wie sehen Sie die Zukunft der
wiesenbewohnenden Arten und wo
sollten sich die Jäger stärker einbringen, damit sich die Bestände wieder
stabilisieren?
Jutzi: Dieses Thema liegt mir besonders am Herzen. Dass es dem Niederwild so schlecht geht, liegt zum einen
an den sich verändernden Landschaftsstrukturen. Kleinräumige, mosaikartige Landschaften verschwinden
ja zusehends in Deutschland und das
macht dem Niederwild natürlich sehr
zu schaffen. Bei diesem Punkt würde
ich mir auch von den Jägern wünschen,
dass sie sich mehr einbringen. Und
das funktioniert nur in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Die Landwirte haben da eine sehr große Verantwortung und müssten sich eigentlich
mit den Jägern eng zusammentun,
damit es dem Niederwild bald wieder
besser geht. Deshalb muss auch hier
wieder ein Konsens gefunden werden.
Konflikte mit den Landwirten sollten
nicht bestehen. Auch viele Landwirte
haben ein Herz für die Natur und sind
gesprächsbereit, wenn der Jäger vorschlägt, mal einen Randstreifen stehen
zu lassen oder ähnliches.
JiB: Was war Ihr schönstes Erlebnis im
Revier? Gibt es etwas, das Ihnen nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist?
Jutzi: Allgemein finde ich es am
Schönsten, mit dem Hund unterwegs
zu sein. Mit einem Jagdhund zusammenzuarbeiten, ist etwas sehr faszinierendes.
Mein persönlich prägendstes Erlebnis
bisher war, dass ich bei einer Exkursion des BJV und seiner WildlandStiftung in der Rhön neun Birkhühner
beobachten konnte. Für jemanden
wie mich, der noch nie zuvor eines
gesehen hat, war das grandios. Das
ist natürlich wieder den Jägern vor Ort
beziehungsweise den Gebietsbetreuern und dem Berufsjäger der Wildland
zu verdanken, die dafür sorgen, dass
es dort überhaupt noch Birkwild gibt. Interview: T. Schreder/S. Schlicht
Das vollständige Interview finden
Sie auf unserer Homepage unter
www.jagd-bayern.de, Menüpunkte „Naturschutz“, „Naturschutz
und Jagd“
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