Herrschaft, Militär, Seefahrt

Die Dunklen Zeiten
Das Diamantene Sultanat: Herrschaft, Militär, Seefahrt
von Boronian
Riten jedoch zu große Ausmaße annimmt, muß der SulHerrschaft
tan mit dem Unmut des Volkes und seines Hofes rech„Ich, Sheranbil al’Shahr, Scheik al’Scheik, der Nachnen.
komme von göttlichem Blut, der große Sultan, der
Die Diamantenen Sultane glauben fest an ihre Bestimmächtige Sultan, Sultan des Großen Diamanten, Sultan
mung
zur Herrschaft über die ganze Welt mit all ihren
von Khunchom, Sultan von Tulamidistan, der große
Ländern,
Städten und Völkern. Traditionell wird dies
Zauberer, der mächtige Zauberer, der Sohn des Alefdurch
den
Titel „Sultan von Tulamidistan“ ausgedrückt,
Faizal, des großen Sultans, des Sultans des Großen
womit
sie
den Anspruch auf den von Menschen beDiamanten [...], der Nachkomme des Tarif al’Rashan,
wohnten
Teil
der Weltenscheibe verbinden. Selbstverdes großen Sultans, des Sultans von Khunchom [...], der
ständlich
denken
sie meistens pragmatisch genug, um
Nachkomme des Raschtul al’Sheik, des Sheik al’Sheik,
diesen
Anspruch
hintanzustellen und auch diplomatides Göttergesandten, errichtete wieder die Kulte für Basche
Kontakte
mit
fremden Herrschern einzugehen, die
strabun und Rahandra. Sie erfreuten sich daran und gasie
jedoch
prinzipiell
als illegitim ansehen.
ben mir ewige Herrschaft.“
Im
Verlauf
der
Dunklen
Zeiten ändern sich natürlich
Inschrift auf einem Relief am Tempel des Bastrabun
einige
Aspekte
dieser
Ideologie.
So geben die meisten
zu Fasar
Usurpatoren vor allem während der Interregna die typische Abgeschiedenheit der Sultane auf und legitimieren
Während die ersten Herrscher der Tulamiden ihren Unsich wie die ersten Tulamidenherrscher durch militäritertanen noch nahe waren und ihre Legitimation vor alsche Erfolge und die Fähigkeit, ihr Volk sowohl gegen
lem aus ihren Leistungen im Kampfe gegen die EchsenKrieg als auch gegen überderische Gefahren zu schütwesen bezogen, änderte sich dies langsam mit zunehzen. In friedlichen Phasen besinnen die Diamantenen
mendem Einfluß der echsischen Kultur. Während der
Sultane sich eher auf ihre übermenschliche AbstamSkorpionkriege der Khunchomer Sultane gegen die Mamung und leben entrückt von ihren Untertanen, wofür
giermogule vom Gadang bekam die Legitimation eine
die fast einhundert Jahre währende Herrschaft des Sulvöllig neue Grundlage. Der große Sulman al’Nassori,
tans Sheranbil V. al’Shahr (Regierungszeit 983-1077
Sultan von Khunchom, nahm im Jahre 168 Horas den
Horas) ein besonders einprägsames Beispiel ist.
Titel des Diamantenen Sultans an und führte das HofzeNatürlich schützt alle Abgeschiedenheit und göttliche
remoniell des vergangenen Echsenreichs von Zze Tha
Herkunft
die Sultane nicht vor Intrigen und Machtkämpein. Von nun an wurde der Sultan selbst wie ein Halbfen
am
Hofe.
Stets konkurrieren Adelshäuser, hohe Begott verehrt und lebte abgeschieden von seinen Untertaamte
und
Militärs,
Priesterschaften, Zauberer und Abgenen, mit denen er nur durch Beamte und Priester in
sandte
der
tributpflichtigen
Fürsten und Stämme um
Kontakt trat. Die meisten Sultane seit dieser Zeit führen
Einfluß
und
Vorteile.
Die
Sultane
sind in einem steten
ihre Abstammung auf einen göttlichen Ahnherrn zurück
zähen
Ringen
um
die
Erhaltung
ihrer
Zentralmacht ge– je nach Dynastie meist Raschtul al’Sheik oder halbgenüber
den
Unabhängigkeitsbestrebungen
der Provingöttliche Kinder des Feqz oder der Radscha Uschtamzen
und
Reichsteile
gefangen,
das
jeweils
abhängig
vom
mar – und fühlen sich deshalb als Halbgötter, denen oftpolitischen
Geschick
des
derzeitigen
Herrschers
neu
mals auch eigene kleine Kulte gewidmet werden.
ausgetragen
wird.
Dabei
kommt
es
in
Zeiten
der
SchwäIhre Herrschaft basiert demnach auf der Abstammung
che durchaus zu Bürgerkriegen und Umstürzen, wähvon göttlichen Ahnen, und ihre höchste Pflicht ist es, die
rend starke Sultane die Macht fest in ihren Händen halTempel und Kulte instand zu halten und zu fördern.
ten.
Wenn dies unterlassen wird oder den Göttern nicht zuWährend also das gemeine Volk den halbgöttlichen
sagt, würden sie dem Sultan und damit dem ganzen
und
zaubermächtigen Diamantenen Sultan in seiner AbReich ihre Gunst entziehen. Deshalb ist es sehr wichtig,
geschiedenheit
verehrt und ein wenig wohl auch fürchdie einzelnen Maßnahmen zugunsten der Tempel öffenttet,
müssen
die
Sultane von Tulamidistan sich am Hofe
lich darzustellen, wie die obige Inschrift zeigt. Die Sulgegen
unterschiedliche
Gruppen und Interessen behauptane bevorzugen zwar bestimmte Gottheiten, haben aber
ten.
prinzipiell die Pflicht, auch die lokalen Kulte und Stadtgötter zu unterstützen.
Eine weitere bedeutende Betätigung der Sultane ist
die Zauberei und die Entschlüsselung alter echsischer
Geheimnisse. Während das gemeine Volk noch immer
abergläubische Furcht davor verspürt, erwartet man von
den mächtigen und geheimnisvollen Sultanen in ihren
Palästen die Beherrschung von echsischer Magie zum
Nutzen des ganzen Reiches, egal, ob der Herrscher nun
wirklich mit einer magischen Begabung gesegnet ist
oder nicht. Sobald die Ausübung solcher „unheiliger“
Militär
Zahlreiche Völkerschaften vereinen sich im Heer der
Diamantenen Sultane. Neben den Kontingenten aus dem
Kernland des Reichs, dem Sultanat Khunchom, stehen
verschiedenartige Einheiten, die von tributpflichtigen
Fürsten gesandt werden und beizeiten auch angeworbene Söldnertruppen.
Die Basis des Heeres bilden seit den mittleren
Dunklen Zeiten die berittenen Truppen, die sich aus
leichten und schweren Reitern, dazu einigen Kriegselefanten, Kamelreitern und Streitwagen zusammensetzen.
Zuvor stellen eher die Fußtruppen das Rückgrat des
Heeres, da die Tulamiden die Pferde und damit echte
Kavallerie erst im Kontakt mit den Bosparanern nach
611 Horas kennenlernten.
Die berittenen Bogenschützen sind zwar nur leicht
gerüstet, aber aufgrund ihrer Schnelligkeit und der
plötzlichen Pfeilhagel gefürchtet. Sie sind zumeist mit
Kompositbogen und Kurzschwert bewaffnet. Die
schwergepanzerten Reiter sind ebenso als berittene
Schützen wie auch als schwere Kavallerie für schlagkräftige frontale Angriffe einsetzbar. Ihre kostspielige
Ausrüstung ändert sich während der Dunklen Zeiten.
Die ersten schweren Reiter in den mittleren Dunklen
Zeiten zählen den Pferdepanzer, eine Schuppenrüstung,
Arm- und Beinschienen und einen offenen Helm sowie
eine beidhändig geführte lange Lanze, eine Axt, ein
Krummschwert, eine Keule und den Bogen zu ihrer
Ausrüstung. In den späten Dunklen Zeiten wird die
Schuppenrüstung durch das Kettenhemd und eine Brustplatte ersetzt, wozu ein geschlossener Helm getragen
wird. Insgesamt wird die Rüstung in den späten
Dunklen Zeiten also noch schwerer. Die leichten Reiter
mit Lanzen oder Schwertern rekrutieren sich vor allem
aus Stämmen von den Randgebieten des Reichs und behalten ihre Ausstattung zu großen Teilen im Laufe der
Zeit bei.
Zu Kriegselefanten werden die Brabaker Waldelefanten Südaventuriens ausgebildet. Sie sind während der
ganzen Dunklen Zeiten recht selten, stellen aber wegen
ihrer unglaublichen Kraft und des für den Gegner
schrecklichen Anblicks eine sehr nützliche Einheit dar.
Meist werden sie von nur einem Menschen geritten und
sollen die gegnerischen Linien zersprengen. Einige besonders große Elefanten können jedoch einen kleinen
Holzturm auf ihrem Rücken tragen, der zwei bis vier
Bogenschützen oder Lanzenträgern Platz bietet.
Zwei weitere Einheiten, die man nur in den Tulamidenlanden findet, sind die Kamelreiter und die Streitwagen, die im Verlauf der Dunklen Zeiten drastisch an
Bedeutung verlieren und in der Spätphase nur mehr in
den Aufgeboten lokaler Fürsten auftreten, namentlich in
den Truppen Araniens und der Nomadenstämme der
Khôm. Die Kamelreiter sind mit Bogen oder Lanze bewaffnet; die Streitwagen sind mit einem Lenker und einem Schützen besetzt. Manche Streitwagen weisen auch
Sicheln an den Radnaben auf, die gegnerischen Fußkämpfern und Pferden schreckliche Wunden reißen können.
Selbstverständlich gibt es immer auch Fußkämpfer,
die in der Frühzeit noch den bedeutendsten Teil der Armee bilden. Hier gibt es zahlreiche, vor allem regionale
Unterschiede. Sicherlich überwiegen hier jedoch eher
leicht gerüstete Kämpfer, die Speer, Schwert oder Axt
und Schild tragen. An Fernwaffen sind beim Fußvolk
sowohl Bogen wie auch Wurfspeer und Schleuder verbreitet. Gerade diese Kämpfer sind bei Belagerungen
von Städten und Festungen von großer Bedeutung. Zu
diesem Zweck sind dann zusätzlich Spezialisten zum
Bau von Belagerungsmaschinen und dem Unterminieren
von Stadtmauern im Heer anzutreffen.
Organisiert sind die Kerntruppen der Armee – vor allem die berittenen Schützen, schweren Reiter und Fußkämpfer – im Dezimalsystem. Zehn Soldaten bilden
eine dshadra, einhundert Kämpfer eine orta. Darüber
hinaus faßt man zu größeren Kriegszügen zehn ortanim
zu einer ala’i zusammen. Die bunt gemischten Aufgebote der abhängigen Fürsten und Stämme kämpfen zumeist in ihren traditionellen Strukturen, die mehr oder
minder komplex sein können und oftmals auf verwandtschaftlichen Beziehungen beruhen. Der Feldherr – fast
immer ein Vertrauter oder Verwandter des Sultans,
während der Interregna oftmals ein Usurpator des Sultanstitels selbst – steht mit seiner Leibwache im Zentrum der Truppen und kämpft oftmals sogar mit, wobei
sein Tod in der Schlacht auch entscheidend für eine Niederlage sein kann.
Zur Unterstützung der regulären Truppen wird vielfach auf Magie zurückgegriffen. Es werden beispielsweise Dschinne zum Transport von Mensch und Material, Dämonen zur Einschüchterung des Gegners und zum
Kampf oder alte Rituale der echsischen Edelsteinmagie
zur Stärkung der eigenen Männer eingesetzt. Auch
mächtige Artefakte spielen immer wieder eine große
Rolle, wie die berüchtigte Feuerschleuder – ein feuerverschießendes Belagerungsgeschütz – bei der Eroberung Khunchoms durch den späteren Diamantenen Sultan Mustafa ibn Abu Nuwas im Jahr 1188 Horas.
Seefahrt
Die Tulamiden sind – von einigen wagemutigen Naturen abgesehen – keine großen und leidenschaftlichen
Seefahrer. Ihr Verhältnis zum Meer und zu Schiffen ist
von Pragmatismus und Nützlichkeitsdenken geprägt.
Die Menschen in den Küstendörfern leben natürlich von
der Fischerei, und auch der Handel entlang der Küste
spielt eine wichtige Rolle: Obwohl der Seeweg wegen
der Piratenplage im Perlenmeer keineswegs sicherer ist
als der Landweg, ist der Schiffstransport doch deutlich
billiger als der Karawanenhandel. Hochseeschiffahrt
vermeiden die meisten Kapitäne tunlichst. Selten einmal, wenn es einem kühnen Seefahrer gelingt, mit seinen Expeditionsplänen einen Herrscher zu überzeugen,
wird dennoch eine Flotte in ferne Länder wie die Waldinseln oder gar zum geheimnisvollen Rakshazastan gesandt.
Der Schiffbau der Tulamiden während der Dunklen
Zeiten ist dem in moderner Zeit recht ähnlich. Die aus
Zedernholz gebaute Zedrakke ist ein Mehrmaster ohne
Kiel und auch gut für die hohe See geeignet. Der Rumpf
besteht aus getrennten Abschnitten, was häufig den Untergang der Schiffe verhindert. Die drachenflügelartigen
Segel sind aus Palmblättern und Binsen geflochten und
mit hölzernen Latten verstärkt. Die schlanke Thalukke
ist ein schnelles und wendiges, mit einem Dreieckssegel
ausgestattetes Schiff. Sie wird sowohl zum Handel als
auch zur Piraterie entlang der Küsten eingesetzt. Alle
kleinen, mindestens einmastigen Kutter heißen Dhau.
Das Diamantene Sultanat hat keine reichsweite
Kriegsmarine. Kriegsschiffe unterstehen neben dem
Diamantenen Sultan den ‚Khunchomer Königsmüttern’
Haranijas und den Sultanen von Thalusa und Elem. Ihre
wichtigste Aufgabe ist es, Küstendörfer und Handelsschiffe vor Piraten und anderen Angriffen zu schützen.
Als Großsultan Ghulshev von Elem im Jahre 1290 Horas Thalusa einnimmt, etabliert sich Elem endgültig als
die mit Abstand stärkste Seemacht des Perlenmeeres.