Richtungsstreit: Wie weit rechts steht die AfD? | Manuskript

Richtungsstreit: Wie weit rechts steht die AfD? | Manuskript
Richtungsstreit: Wie weit rechts steht die AfD?
Bericht: Sebastian Pittelkow, Christine Schönfeld, Ines Ziglasch
Björn Höcke- ein Sport – und Geschichtslehrer mit dem Potential die AfD zu spalten. Er hat
sich ins Rampenlicht agitiert. Björn Höcke - auf historischer Mission.
Zitat: „Die AfD ist die letzte evolutionäre Chance für unser Land.“
Sein Weltbild: erst der Mann, dann die Frau. In dieser Reihenfolge.
Zitat: „Diese Geisteskrankheit namens Gender-Mainstreaming ist doch ein Sonntagskind der
Dekadenz.“
Björn Höcke ist der AfD-Fraktionsführer im Erfurter Landtag – will aber mehr: die
Ausrichtung der gesamten Partei bestimmen. Die AfD jetzt ist ihm zu weichgespült-liberal.
Deswegen verfasste er mit anderen im März eine Kampfschrift zur Rettung AfD.
Björn Höcke, AfD-Fraktionschef Thüringen:
Wenn sie sich zu schnell gemein macht mit den etablierten Parteien, dann kann sie
Mehrheitsbeschafferin werden im einstelligen Prozentbereich. Das bringt dann Ämter und
Pfründe für einige Parteikarrieristen und Funktionäre, aber das ist nicht das was ich mit der
AFD will. Ich will die die AfD als Erneuerungsbewegung am Leben erhalten und in die Zukunft
führen.“
Die AfD um Parteigründer Bernd Lucke systemtreu und angepasst? Ein Affront gegen die
ohnehin wacklige Parteispitze. Es geht um die Frage: Wie weit nach rechts soll die
rechtspopulistische AfD noch rücken? Das Ganze eskaliert, als Björn Höcke wagt, was so
offen in der AFD noch niemand getan hat. In einem Zeitungsinterview hofiert er die NPD:
Zitat: „Ich gehe nicht davon aus, dass man jedes einzelne NPD-Mitglied als extremistisch
einstufen kann.“
An der Universität Münster treffen wir Andreas Kemper. Der Soziologe analysierte für eine
Studie über 100 Höcke-Zitate. Sein Ergebnis: Höckes Aussagen hätten ultra-nationale Züge.
Andreas Kemper, Soziologe, Universität Münster:
„Ein ganz zentraler Begriff, der bei Björn Höcke auch immer wieder vorkommt, ist das
organisch gewachsene Volk. Das ist auf jeden Fall völkisch und man könnte auch mit
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bestimmten Faschismustheoretikern sagen, dass es halt faschistischen Charakter hat, was
Björn Höcke in seiner Ideologie fordert.“
Bei seinen Recherchen stößt Andreas Kemper auch auf die NPD-nahe Zeitschrift „Volk in
Bewegung“. Hier schreibt ein gewisser Landolf Ladig – die Worte, die Inhalte, all das
könnte möglicherweise von Björn Höcke selbst kommen, vermutet der Wissenschaftler:
Andreas Kemper:
„Da gibt es so viele Überschneidungen in den Phrasen, in den Begrifflichkeiten, die nur bei
ihm und bei dem Ladig zu finden sind. Auch die ganze Ideologie, die würde Björn Höcke ohne
weiteres unterschreiben.“
Bewiesen ist nichts. Nur so viel: Björn Höcke hat es abgelehnt, der AfD eidesstattlich zu
versichern, dass er nicht der Verfasser ist. Sein Ehrenwort müsse reichen.
All das – zu viel für Parteigründer Bernd Lucke, der selbst auf wackligen Beinen steht. Was
im Wahlkampf noch sein durfte, weil es rechte Wählerstimmen brachte, wird jetzt zum
Politikum.
Bernd Lucke, AfD-Bundessprecher:
„Herr Höcke hat sich geäußert über die NPD in einer Art und Weise, die ich für inakzeptabel
halte.“
Deswegen soll Björn Höcke die Partei verlassen.
Björn Höcke:
„Dieses Amtsenthebungsverfahren entbehrt in meinen Augen jeder Grundlage. Das ist
lächerlich, anders kann ich das nicht ausdrücken. Und es ist in meinen Augen auch ein
Instrument des parteiinternen Machkampfes der gerade geführt wird.“
Höcke gelassen. Er ist längst zur Symbolfigur des rechtsnationalen Flügels geworden.
Schaden kann das im Kampf gegen die bürgerliche Spitze nicht. Er schafft es auch interne
Kritiker los zu werden. Siegfried Gentele ist einer davon. Mit ihm kam es zum Bruch, als
Höcke der Fraktion vorgeschlagen haben soll, Anzeigen in einem rechtsextremen Blatt zu
schalten.
Siegfried Gentele, ehem. AfD-Fraktionsmitglied Thüringen:
„Da stellte ich also fest, dass Herr Höcke nicht mehr auf der Linie der AfD ist sondern auf der
Linie in Richtung der NPD ist, NPD 2.0 sag ich mal.“
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Wer ist dieser Björn Höcke, der so für Zündstoff sorgt? Privat zeigt sich der 43-Jährige gern
naturverbunden. Der Studienrat aus Hessen hat eine Ostdeutsche geheiratet und ist erst
vor sieben Jahren nach Thüringen gezogen.
Wir fahren ins malerische Bornhagen im Eichsfeld. 303 Einwohner, einer davon Björn
Höcke. Hier wohnt er mit seiner Frau und den vier Kindern. Bei der letzten Landtagswahl
haben über 38 Prozent ihre Stimme dem Kandidaten Björn Höcke gegeben. Bürgermeister
Mario Apel ist verwundert:
Mario Apel, ehrenamtlicher Bürgermeister Bornhagen:
„Wir haben uns im Gemeinderat auch schon Gedanken gemacht, wie so was sein kann, weil
ja Bornhagen in den letzten Perioden zwischen Rot und Schwarz gewählt hat. Wie so was
sein konnte. Aber wahrscheinlich beruht es darauf, dass es eben ein neuer Wind ist.“
Wir sind im Dorf unterwegs, wollen wissen, wer hat ihn denn gewählt?
„Ich denk mal, dass er die Jugendlichen hinter sich hat. Die Älteren bestimmt nicht.“
„Ich brauch keine Alternative für Deutschland. Ich bin hier eigentlich gut aufgehoben, denke
ich mal.“
Die Mehrheit des Dorfes schweigt oder weicht aus. Am Ende finden wir niemanden, der
zugibt Höcke gewählt zu haben.
Dresden. Letztes Wochenende. Die AfD hat zum Demokratie Kongress geladen. Björn
Höcke selbst ist nicht da. Aber viele seiner innerparteilichen Freunde, auch wenn die ihre
Solidarität nur zurückhaltend äußern.
Reporter: „Mut zur Wahrheit, hat den auch ihr Bundesvorstand, wenn die Herrn Höcke nicht
so gerne mehr in der Partei haben möchten?“
„Das ist die Meinung des Bundesvorstandes.“
Reporter: „Und Ihre?“
„Die ist etwas anders.“
„Ich denke, hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, mehr möchte ich dazu nicht
sagen.“
Björn Höcke ein Spatz? Im Gegenteil- er fühlt sich zu Höherem berufen.
Björn Höcke:
„Je nachdem welche Konstellationen in den nächsten Wochen noch zu Tage treten werden,
kann ich nicht ganz ausschließen dass ich auch für ein Amt im Bundesvorstand kandidiere.“
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Sollte er dann auch tatsächlich gewählt werden. Die AfD wäre weiter an den
rechtsnationalen Rand gerückt.
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