Prozesstaktik SS 2015 Handout 3

Dipl.-Volkswirt Dr. jur. Thomas Kaiser
Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer
Fachanwalt für SteuerR und InsoR
Kaiser & Sozien Partnerschaft
Wilhelmstrasse 1 b, 79098 Freiburg
www.kaisersozien.de
Anwaltliche Prozesstaktik
- SPB 2 SOMMERSEMESTER 2015
HS 3042
19. Juni 2015
5.3.
Einzubeziehende Parteien
Literatur:
Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozeß, 5. Aufl. 2011, S. 150 –
155
E. Schneider, Die Klage im Zivilprozeß, 3. Aufl. 2007, S. 51 - 69
Erlangung von Zeugen/Verbesserung der Beweissituation
5.3.1.
Wer soll klagen?
Voraussetzung der Klage:
 Parteifähigkeit
 Prozessfähigkeit
 Postulationsfähigkeit
 Prozessführungsbefugnis
Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO)
 Alle Menschen (auch Geisteskranke, Minderjährige,
bei Ausländer kommt es auf ihr Heimatrecht an [BGHZ
51, 27])
 Jur. Personen des öffentlichen Rechts
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Dr. Thomas Kaiser
Teil 3
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Jur. Personen des Privatrechts (Problem: ausl. jur.
Personen, Art. 43, 48 EG-Vertrag, EuGH NJW 2002,
3614ff. [Überseering]; BB 2003, 2195ff. [Inspire Art])
Personengesellschaften (oHG, KG, BGB-Gesellschaft
[BGH NJW 2001, 1056ff.])
Prozessfähigkeit (§§ 51 Abs. 1, 52, 53 ZPO)
Postulationsfähigkeit (§ 78 ZPO)
 Vor dem Amtsgericht kann – mit Ausnahme der in § 78
Abs. 2 ZPO genannten Familiensachen – jede Partei
selbst das Verfahren führen oder durch Dritte führen
lassen (§ 79 ZPO)
 Vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem
BGH besteht Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO)
 Ausnahmen: § 78 Abs. 3 – 5 ZPO
Prozessführungsbefugnis
Begriff: Befugnis, einen Prozess als richtige Partei in
eigenem Namen zu führen
 Gestaltungsklagen idR gesetzlich geregelt
 Leistungs- und Feststellungsklagen: regelmäßig
Inhaber des materiellen Rechts
Änderung der Prozessführungsbefugnis:
 Abtretung des Anspruchs
 Gewillkürte Prozesstandschaft
 Auswechseln des vertretungsberechtigten
(BGH MDR 2003, 928)
Organs
Forderungsabtretung:
Voraussetzungen:
 Forderungsabtretung zulässig
 Vor der Klageerhebung erfolgt (arg.. § 265 Abs. 2 Satz
1 ZPO)
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Kein Abtretungsverbot (z.B.: AGBs, aber § 354 a HGB)
Nicht aus sonstigen Gründen unwirksam (z.B.: § 49 b
Abs. 4 BRAO)
Prozessstandschaft, § 51 ZPO, wenn Dritte das Recht
haben, fremde Ansprüche ineigenem Namen geltend zu
machen
Formen:
 Gesetzliche Prozessstandschaft
o Parteien kraft Amtes
Insolvenz-,
Nachlass-,
Zwangsverwalter,
Testamentsvollstrecker
o Z.B. § 265 ZPO, §§ 407 Abs. 2, 432, 1368,
1422, 1629 Abs. 3 Satz 1, 2039 BGB, § 27
WEG
 Gewillkürte Prozessstandschaft
o Begriff: Die Prozessführungsbefugnis wird durch
Rechtsgeschäft auf Dritte übertragen
o Voraussetzungen:
 Ermächtigung
 Schutzwürdiges Interesse
 Abtretbarkeit des Rechts oder seiner
Ausübung
 Offenlegung im Prozess
o Rechtsmissbrauch
o Wirkung: grds. Klage auf Leistung an den
Dritten
5.3.2.
Wer soll verklagt werden?
Frage nach der sog. Passivlegitimation = regelmäßig der
materiell-rechtliche Schuldner,
Ausnahme: z.B.: Prozessstandschaft
Taktische Überlegungen
 Ausschalten von Zeugen
 Verjährungsunterbrechung!
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5.4.
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Solvenz des Beklagten
Die Auswahl des zuständigen Gerichts
Literatur:
Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozeß, 5. Aufl. 2011, S. 150
E. Schneider, Die Klage im Zivilprozeß, 3. Aufl. 2007, S. 69 - 101
5.4.1.
Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit
BGH, Urt. 28.02.2012 – XI ZR 9/11
In der ZPO nicht geregelt
Reglungen in europäischen VErordnungen, zB EuInsVO
Frage der örtlichen Zuständigkeit, dh., das Gericht ist
international zuständig, das örtlich zuständig ist
5.4.2.
Zulässigkeit des Rechtswegs
§ 13 GVG: bürgerrechtliche Streitigkeiten
Abzugrenzen von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten
Bsp.: Hausverbot der Universität
Arbeitsrechtliche Streitigkeiten
Verweisung nach § 17 a GVG bindend
Neufassung § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG: Gericht des
zulässigen Rechtswegs entscheidet unter allen in
Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, nicht
aber bei zwei Streitgegenständen
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5.4.3.
Die Zuständigkeit des Gerichts
Literatur: Prechtel/Oberheim, Erfolgreiche
Zivilprozess, S. 78 - 93
5.4.3.1.
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Taktik
im
Die örtliche Zuständigkeit, §§ 12ff. ZPO
Prozessvoraussetzung
Ausschließliche Gerichtsstände: §§ 24, 29 a, 29 c Abs. 1
Satz 2 ZPO
Bei mehreren zuständigen Gerichtsständen = Wahlrecht, §
35 ZPO
Ausübung des Wahlrechts durch Klageerhebung
Genaue Adressierung
Gerichtsstandsvereinbarung (§ 38 ZPO)
 Zulässig über örtliche, sachliche und internationale
Zuständigkeit, nicht über funktionelle Zuständigkeit
 Vereinbarung durch Vertrag oder AGBs (nicht im
nichtkaufmännischen Verkehr)
 Rügeloses Einlassen, § 39 ZPO
5.4.3.2.
Sachliche Zuständigkeit
Amtsgericht bis Streitwert von € 5.000, § 1 ZPO, §§ 23ff.
GVG, darüber das Landgericht
Kein Wahlrecht, aber rügeloses Einlassen, § 39 ZPO