Alternative Streitbeilegung in Verbraucherkonflikten 2. Bayerischer Mediationstag München, 30. April 2015 Felix Braun Dr. Christof Berlin Alternative Streitbeilegung in Verbraucherkonflikten Gliederung Praxisbeispiel Online-Schlichter Praxisbeispiel SÖP Weitere Erkenntnisse aus Deutschland und Europa Alternative Streitbeilegung in Verbraucherkonflikten Gliederung Praxisbeispiel Online-Schlichter Praxisbeispiel SÖP Weitere Erkenntnisse aus Deutschland und Europa Praxisbeispiel Online-Schlichter – Praktische Erfahrungen mit dem Online-Schlichter • Start des Projekts Online-Schlichter.de im Sommer 2009 mit der Grundannahme: „Wer online einkauft, sollte sich auch online beschweren können!“ • Von Anfang an Einhaltung der Kriterien der Empfehlung 98/257 der EU-KOM und Notifizierung und daher schon heute hohe Kompatibilität mit den Erfordernissen der ADR-Richtlinie 2013/11/EU • Schwerpunkt: Warenkauf, geringe Streitwerte Praxisbeispiel Online-Schlichter – Der Online-Schlichter.de in Zahlen • Erfolg in zwei Dritteln der Fälle seit 2009 - trotz Freiwilligkeit des Verfahrens und im Vorfeld bereits gescheiterter Einigung der Parteien • Schnelle Verfahren dank hoher Spezialisierung: Durchschnittliche Verfahrensdauer ca. 1,5 Monate, in manchen Fälle Erfolge binnen 24 Stunden • Deutlich gestiegene Nachfrage seit dem Einstieg einiger neuer Partner seit 2012 – seitdem Öffentlich-Private Partnerschaft • Übertragbarkeit der Idee auf andere Offline-Sektoren -> Auffangschlichtungsstelle Praxisbeispiel Online-Schlichter – Wesentliche Vorteile der Online-Schlichtung • Asynchrone Kommunikation der Parteien • Überwindung weiter Wege • Versachlichung der Diskussion • Beschwerdeformulare: Checkliste für Beschwerdeführer und Filter für Schlichter zugleich • Komplette elektronische Aktenführung • Teilautomatisierte Arbeitsabläufe • Automatische Statistikfunktionen Praxisbeispiel Online-Schlichter – Grenzüberschreitende Fällen in Kooperation mit dem ECC-Net: Effizienter Abbau sprachlicher und juristischer Hürden Verbraucher Händler Schlichtungs -stelle ECC A Mitgliedstaat A ECC B Mitgliedstaat B Alternative Streitbeilegung in Verbraucherkonflikten Gliederung Praxisbeispiel Online-Schlichter Praxisbeispiel SÖP Weitere Erkenntnisse aus Deutschland und Europa Praxisbeispiel söp – Übersicht • Private Schlichtung Privater Trägerverein (> 250 Verkehrsunternehmen) Vollständig unternehmensfinanziert (Fallpauschale und Jahresbeitrag) • Unabhängige Schlichtung Leitung durch Edgar Isermann, Präsident OLG a.D. Beirat mit Vertretern von Seiten Verbraucher, Unternehmen, Politik, Staat und Wissenschaft • Verkehrsträgerübergreifende Schlichtung Schlichtung für Bahn-, Bus-, Flug- und Schiffsreisen Schwerpunkt auf Bahn und Flug • Freiwillige Schlichtung Teilnahme grundsätzlich fakultativ (Besonderheit Luftverkehr) Schlichtungsempfehlungen für beide Seiten zunächst unverbindlich Praxisbeispiel söp – Typische Beschwerdefälle • Charakteristika Niedriger Streitwert Standardisierte Vorkorrespondenz Reisende fühlen sich nicht ernst genommen Rechtsweg keine Option • Beispiele: Verspätungen Ausfälle / Annullierungen Nichtbeförderung Gepäckprobleme Praxisbeispiel söp – Ablauf Schlichtungsverfahren 1. Vorverfahren Beschwerde des Reisenden an Unternehmen Keine befriedigende Antwort vom Unternehmen 2. Schlichtungsantrag, Weiterleitung an Unternehmen 3. Stellungnahme Unternehmen Falls mit Forderung einverstanden: sof. Anerkenntnis Falls nicht einverstanden: Stellungnahme zu Sachlage 4. Prüfung Schlichtungsantrag söp Falls unzulässig: Ablehnung des Schlichtungsantrags Falls offensichtlich unbegründet : Kurzentscheid Falls nicht offensichtlich unbegründet: Schlichtungsempfehlung 5. Rückmeldung Parteien Parteien erklären Annahme/Ablehnung Falls beiderseitige Annahme (> 80%): Vertragl. Einigung Praxisbeispie söp – Schlichtungsempfehlung ca. 2–4 Seiten Rubrum und Tenor Sachverhalt „Nach den uns mitgeteilten Angaben gehen wir von folgendem Sachverhalt aus:…“ Argumente pro Verbraucher / Unternehmen „Zugunsten des Beschwerdeführers / des Beschwerdegegners haben wir folgende Aspekte berücksichtigt: …“ Gesamtabwägung „Nach Abwägung aller Umstände (…) erscheint es uns angemessen, dass ….“ Vorschlag und Antwortfrist Alternative Streitbeilegung in Verbraucherkonflikten Gliederung Praxisbeispiel Online-Schlichter Praxisbeispiel SÖP Weitere Erkenntnisse aus Deutschland und Europa Forschung zu Best Practice Dissertation 2011 – 2014 Forschung zu Best Practice Fallstudien Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen 1. Verbraucher-ADR ist noch eine „verborgene Welt“. 2. Verbraucher-ADR ist ein Sammelbegriff für ein breites Verfahrensspektrum. 3. Verbraucher-ADR ist in mehrfacher Hinsicht alternativ. 4. Verbraucher-ADR und Justiz stehen nicht in Konkurrenz zueinander. 5. Die Qualitätskriterien der Richtlinie bedürfen weiterer Konkretisierung. 6. Die Konkretisierung sollte interessenorientiert auf Grundlage von best practice erfolgen. 7. Ohne aktive Förderung wird sich Verbraucher-ADR nicht durchsetzen. Vielen Dank! Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (1/7) Verbraucher-ADR ist noch eine „verborgene Welt“. Stuyck u.a. 2007 Alleweldt u.a. 2009 Hodges u.a. 2012 „widespread ignorance about exactly how consumer ADR systems work ‘on the ground’. (Hodges) Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (2/7) Verbraucher-ADR ist ein Sammelbegriff für ein breites Verfahrensspektrum. Erdsieb-Modell Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (3/7) Verbraucher-ADR ist in mehrfacher Hinsicht alternativ. Mehr als „außergerichtliche“ Streitbeilegung Rechtsanwalt/ Gerichtsverfahren „Verbraucherinkass o“ AS Verzicht auf weitere Schritte Verbraucherberatung Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (4/7) Verbraucher-ADR und Justiz stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Verschiedene Schwerpunkte trotz Schnittmengen Parteiautonomie Intervention Dritter Freiwilligkeit Informell Individuelle Lösungen Interessenausgleich/ Befriedungsfunktion Verbindlichkeit AS Justiz Formell GrundsatzEntscheidungen „Kampf ums Recht“/ Rechtsdurchsetzung Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (4/7) Verbraucher-ADR und Justiz stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Möglichkeiten zur Förderung der Durchlässigkeit • Freiwilligkeit für Verbraucher • Abbruch von AS jederzeit möglich • Abgabe von Verfahren mit rechtsgrundsätzlicher Bedeutung • Verjährungsschutz während AS • Nach gescheiterter AS normaler Instanzenzug vor Gericht möglich • „Berufung“ gegen AS-Entscheidung Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (5/7) Die Qualitätskriterien der Richtlinie bedürfen weiterer Konkretisierung. Fallstudien zeigen Vielfalt – kein „one-size-fits-all“ Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (6/7) Die Konkretisierung sollte interessenorientiert auf Grundlage von best practice erfolgen. Beispiel der Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen: Typisierte Interessen der beteiligten Akteure Verbraucher • Niedrigschwellige Konfliktbearbeitung • Schnelle Lösung • Individuelle Konfliktbearbeitung Unternehmen • Vertraulichkeit • Kundenvertrauen und Reputation • Flexible Konfliktlösungen Allgemeinheit • Transparenz • Rechtssicherheit/ Rechtsfortbildung • Verwirklichung des materiellen Rechts Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (6/7) Die Konkretisierung sollte interessenorientiert auf Grundlage von best practice erfolgen. Beispiel der Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen: Differenzierte Empfehlungen für die Umsetzung Entscheidungsverfahren Vorschlagsverfahren Einigungsverfahren • • • Zusammenfassung Jahresbericht o.ä. Eingeschränkte Veröffentlichung Zusammenfassungen von Standardfällen • • • Vollumfängliche Veröffentlichung Anonymisiert im Volltext online Verknüpfung mit juristischen Datenbanken Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (7/7) Ohne aktive Förderung wird sich Verbraucher-ADR nicht durchsetzen. „Teufelskreislauf“ bei fehlenden Erfahrungen Unkenntnis und Skepsis bei Unternehmen Zweifel an Fachkompetenz der Streitmittler Zweifel an Unabhängigkeit der Streitmittler keine Akzeptanz keine Erfahrung keine Teilnahme Fehlendes Bewusstsein bei Verbrauchern Unkenntnis über Option Verbraucher-AS Unkenntnis über Angebote für Verbraucher-AS Forschung zu Best Practice Erkenntnisse und Empfehlungen (7/7) Ohne aktive Förderung wird sich Verbraucher-ADR nicht durchsetzen. Aufbrechen des „Teufelskreislaufs“ Teilnahme von Unternehmen Teilnahme durch Branchenlösung Teilnahme durch gesetzliche Regelung Bewusstsein bei Verbrauchern Zentrale, gut auffindbare ASStellen Hinweise auf AS-Stelle durch die Unternehmen Akzeptanz Erfahrung Teilnahme
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