Seminar zum Recht des Geistigen Eigentums im Sommersemester

Prof. Dr. Haedicke . Albert-Ludwigs-Universität . 79085 Freiburg
Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg
Institut für Wirtschaftsrecht,
Arbeits- und Sozialrecht
Seminar zum Recht des Geistigen Eigentums
im Sommersemester 2016
Abt.IV: Recht des Geistigen
Eigentums
Prof. Dr. Maximilian Haedicke
RiaOLG Düsseldorf
Postfach
79085 Freiburg
Im Sommersemester 2016 werde ich zusammen mit Herrn Dr. Johannes
Bukow (Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan) ein Seminar zum Recht
des Geistigen Eigentums anbieten. Das Seminar wird voraussichtlich als
Blockveranstaltung einen Tag in Freiburg und einen Tag in den Räumlichkeiten der Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan in Mannheim stattfinden.
Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.
Nach der Studien- und Prüfungsordnung der Universität Freiburg für die
universitäre Schwerpunktbereichsausbildung stellt die Teilnahme an dem
Seminar die Erbringung der Prüfungsleistung im Sinne von § 9 der Studienordnung (schriftliche Studienarbeit) im Rahmen des Schwerpunktbereichs
9 dar.
Die gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Paal abgehaltene Seminarvorbesprechung und die verbindliche Themenzuteilung werden am
Montag, 22.02.2016, um 14:30 Uhr im Institut für Medien- und Informationsrecht (Rempartstr. 4, 3. OG, Raumnr. 308)
stattfinden.
Tel. 0761/203-9326
Fax 0761/203-9325
[email protected]
Themenliste:
1. Die Patentierung menschlicher Stammzellen – neueste Entwicklungen in Europa
Die Patentierung menschlicher Stammzellen stellt seit jeher ein viel diskutiertes Thema im Patentrecht dar. Es sind die neuesten Entwicklungen der
Diskussion in der EU aufzuzeigen und einzuordnen. Zu berücksichtigen sind
insbesondere die Entscheidung Brüstle/Greenpeace (EuGH GRUR 2011,
1104) und die Entscheidung EuGH BeckRS 2014, 82642 (mit Anmerkung
Uhrich, GRUR-Prax 2015, 11).
2. Sind Standard Essential Patents (SEP) noch etwas wert? Die Durchsetzbarkeit standardessentieller Patente in Europa.
Nachdem die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aus standardessentiellen Patenten wohl nicht mehr uneingeschränkt möglich ist, ist offen, in
welchem Umfang dem Patentinhaber der Unterlassungsanspruch noch zusteht. Vor dem Hintergrund, dass der Unterlassungsanspruch oft das einzige
Mittel zur Wahrung der Interessen des Patentinhabers ist, stellt sich folglich
die Frage, welchen Wert standardessentielle Patente überhaupt noch für
ihre Inhaber haben. Mit der Frage des Umfangs des Unterlassungsanspruchs hat sich der EuGH im Rahmen eines Vorlageverfahrens beschäftigt
(EuGH EuZW 2015, 725). Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Entscheidung
der EU-Kommission im Verfahren gegen Motorola (Pressemitteilung
IP/14/489, hierzu Müller/Henke, GRUR Int. 2014, 662). Untersuchen werden
soll zudem, ob und wie die nationalen Instanzgerichte die EuGH-Vorgaben
zwischenzeitlich umgesetzt haben (vgl. etwa LG Mannheim, Urt. v.
27.11.2015 – 2 O 106/14; LG Düsseldorf, Urt. v. 3.11.2015 – 4a O 144/14;
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.1.2016 – I-15 U 65/15; die Ausführungen des
Generalanwalts berücksichtigend OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.4.2015 – 6 U
44/15).
3. Prioritätsrechte und deren Übertragbarkeit im Patentrecht
Erfinder sind zur effektiven Verwertung ihrer Erfindung auf sog. Prioritätsrechte angewiesen. Die Seminararbeit soll die vorhandenen Möglichkeiten
der Inanspruchnahme einer Priorität für eine Patentanmeldung sowie deren
Voraussetzungen darstellen und bewerten. Der Fokus der Arbeit soll dabei
auf der Übertragbarkeit des Prioritätsrechts (vgl. BGH GRUR 2013, 712 –
Fahrzeugscheibe; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 13744; BPatG, BeckRS
2011, 07318; EPA, T 62/05; High Court [2009] EWHC 1304 (Pat) – Edwards
Lifesciences AG v. Cook Biotech Incorporated) liegen.
4. Äquivalenz – Wiederbelebung oder endgültiger Tod?
Nachdem die Bedeutung der äquivalenten Patentverletzung in der Vergangenheit abgenommen hat, wurde die Debatte über ihren Anwendungsbe-
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reich zuletzt wieder neu belebt. Besonders relevant sind hierbei die Entscheidungen „Begrenzungsanschlag“ (GRUR 2014, 852) und „Kochgefäß“
(GRUR 2015, 361) des BGH sowie „WC-Sitzgelenk“ des OLG Düsseldorf
(GRUR-RR 2014, 185).
5. Die „Epilady“-Fälle im Spiegel der Rechtsprechung der unterschiedlichen Patentgerichte in Europa
Epiliergeräte haben in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl von Gerichten
in Europa beschäftigt. Die sog. „Epilady“-Fälle sind ein prominentes Beispiel
für die mangelnde Harmonisierung des europäischen Patentrechts geworden: Trotz im Wesentlichen gleicher tatsächlicher Grundlagen sind die nationalen Gerichte mitunter zu gegensätzlichen Ergebnissen gelangt. Die Seminararbeit soll die ergangene Rechtsprechung problemorientiert darstellen
und bewerten.
6. Der Schutz unmittelbarer Verfahrenserzeugnisse
§ 9 Satz 2 Nr. 3 PatG sieht einen (das Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen, Besitzen) umfassenden Sachschutz für diejenigen Erzeugnisse vor, die durch das patentierte Verfahren unmittelbar hergestellt sind.
Es ist darzustellen, wie weit dieser Schutz reicht und ob es sich hierbei um
ein sinnvolles Instrument zur Sicherung von Verfahrenspatenten handelt.
Ausgangspunkt kann die Entscheidung BGH GRUR 2012, 1230 - MPEG-2Videosignalcodierung sein.
7. Neuherstellung und Reparatur im Patentrecht
Welche Wirkungen einem Patent zukommen, scheint in den §§ 9-13 PatG
auf den ersten Blick klar geregelt. Probleme tauchen dort auf, wo ein ursprünglich hergestelltes und in Verkehr gebrachtes Erzeugnis z.B. nach
Beschädigung wieder in den patentgemäßen Zustand gebracht wird. Die
Seminararbeit soll sich der Abgrenzung zwischen zulässigen Reparaturhandlungen und dem Patentinhaber vorbehaltenen Handlungen zur Neuherstellung widmen (vgl. z.B. LG Düsseldorf, Urteil vom 16.08.2012 - 4b O
81/12; 4b O 82/12).
8. Das Recht des Erfinders
Das Recht des Erfinders besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher rechtlicher Positionen (vgl. z.B. BGH GRUR 2010, 817 – Steuervorrichtung). Dabei
stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit diese ein konsistentes System
bilden und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen dem Erfinder und der Allgemeinheit gewährleisten.
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9. Das Nebeneinander von nationalem Patentrecht und EPGÜ in der
Übergangszeit
Das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) enthält
auch materielles Patentrecht. Da das EPGÜ für europäische Bündelpatente
und ihre Anmeldungen ebenfalls gelten wird, fragt es sich, ob diese Bestimmungen während der Übergangsphase und nach einem Opt-out gem. Art.
83 EPGÜ auch in Verletzungsverfahren vor den nationalen Gerichten zu
beachten sein werden. Zur Einführung: Nieder, GRUR 2014, 627.
10. Die Sprachenregelungen im System des Einheitlichen Patentgerichts
Bereits im Jahr 2017 soll das Einheitliche Patentgericht seine Arbeit aufnehmen und erstmals in Europa mit supranationaler Wirkung über Patentrechtsstreitigkeiten entscheiden. Nach derzeitigem Stand werden 25 Staaten
an dem neuen System teilnehmen. Vor diesem Hintergrund kommt den
Sprachenregelungen (namentlich Art. 49 ff. des Übereinkommens über ein
Einheitliches Patentgericht; Regeln 7, 14 und 321 ff. der Verfahrensordnung
des Einheitlichen Patentgerichts; VO (EU) Nr. 1260/2012) besondere Bedeutung zu. Die Seminararbeit soll das Sprachenregime des neuen Systems
beleuchten und bewerten.
11. Die Patentierbarkeit von Pflanzen, die durch „im wesentlichen biologische Verfahren“ hergestellt worden sind
Inwieweit auch auf Pflanzen Patente erteilt werden können, wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Wichtige Entscheidungen des Europäischen
Patentamts vom 25.3.2015, G2/12 und G2/13 – Tomate II und Brokkoli II –
haben die Diskussion über die Patentierbarkeit von Pflanzen jüngst wieder
befeuert. Die Seminararbeit soll die geltende Rechtslage in Deutschland und
Europa darstellen und kritisch bewerten.
12. Unabhängigkeit von EPA-Beschwerdekammern – Notwendigkeit
von Strukturreformen im System des Europäischen Patentamts?
Seit Jahrzehnten fordern Mitglieder der EPA-Beschwerdekammern, aber
auch Nutzer des EPA-Systems, mehr Eigenständigkeit der Beschwerdekammern. Die Amtsführung des EPA hat hierzu im März 2015 einen eigenen
Reformvorschlag unterbreitet (vgl. das Papier CA/16/15 vom 6.3.2015). Die
Seminararbeit soll sich mit der Forderung nach größerer Autonomie der
Beschwerdekammern auseinandersetzen und die vorgeschlagenen Strukturreformen kritisch bewerten.
13. Entwicklungen zur Frage der Patentierbarkeit softwareimplementierter Erfindungen – neuere Tendenzen in der Rechtsprechung des
BPatG und des BGH
Die Patentierbarkeit von softwareimplementierten Erfindungen ist seit jeher
Gegenstand kontroverser Diskussionen. Die Seminararbeit soll herausarbeiten, inwieweit für softwarebezogene Erfindungen Patentschutz erteilt werden
kann, und dabei insbesondere die neuere Rechtsprechung von BPatG und
BGH auswerten (vgl. z.B. BGH GRUR 2015, 1184).
Freiburg, 05.02.2016
Prof. Dr. M. Haedicke, LL.M.
Dr. J. Bukow, LL.M.
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