tigung Unter- lassung Schadens- ersatz / Be

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URHEBERRECHT (OHLY)
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IV.
Sanktionen
1.
Ansprüche bei Verletzung
Lit.:
Schack, § 21; Rehbinder/Peukert, § 54; Ohly, ZUM 2015, 308 und Gutachten, F 92 ff.
a)
Überblick und allgemeine Voraussetzungen
Allgemeines
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Interessenlage: Einerseits bedarf das Urheberrecht eines effektiven Schutzes, insb. gegen
organisierte Piraterie. Andererseits dürfen die Sanktionen Nutzer nicht von erlaubten
Handlungen abschrecken, und gerade private Verletzer dürfen keinen unverhältnismäßigen Sanktionen ausgesetzt sein (kontroverses Beispiel: Internetsperren, vgl. BGH GRUR
2016, 268 – Störerhaftung des Access-Providers).
Besondere Verletzlichkeit von Urheberrechten, insbesondere im digitalen Zeitalter.
Unionsrechtlicher Hintergrund: Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des
Geistigen Eigentums, umgesetzt 2008
Überblick zu den Ansprüchen
Rechtsverletzung
Abwehransprüche
Unterlassung
Vernichtung
Schadensersatz / Bereicherung
Auskunft
Vorlage
/ Besichtigung
Urteilsveröffentlichung
Beseitigung
Rückruf /
Entfernung
Allgemeine Voraussetzungen des Anspruchs aus § 97 I und II UrhG

Zentrale Anspruchsgrundlage ist § 97, der den Beseitigungs-, Unterlassungs- und
Schadensersatzanspruch bei Verletzung des Urheberrechts oder eines verwandten
Schutzrechts regelt.
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b)
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§ 97 I sollte in der Fallbearbeitung im Verbindung mit der Norm zitiert werden, die das
jeweils verletzte Verwertungsrecht bzw. die verletzte urheberpersönlichkeitsrechtliche
Befugnis umschreibt, Beispiel bei unerlaubter Vervielfältigung: Anspruch aus §§ 97 I, 16
I UrhG bzw. aus § 97 I UrhG i.V.m. § 16 I UrhG.
Wesentliche Voraussetzungen (vgl. auch das Prüfungsschema unter III 3):
a) Eingriff in das Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht, dazu gehört jedoch
nicht die Nichterfüllung schuldrechtlicher Ansprüche, insb. der Vergütungsansprüche, oder der Verstoß gegen §§ 95a ff.
b) kein Eingreifen von Schrankenregelungen, keine Zustimmung des Berechtigten
c) zusätzliche Voraussetzungen:
für den Schadensersatzanspruch: Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§ 276 II BGB),
dabei besteht eine strenge Sorgfaltspflicht, insbesondere für Fachleute.
für den Unterlassungsanspruch: Wiederholungsgefahr, wird durch Verletzung
indiziert, aber durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
ausgeschlossen. Erstbegehungsgefahr genügt, wenn künftige Verletzung
ernsthaft droht.
Aktivlegitimation:
Rechtsinhaber
Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts, sofern Verletzung in den Bereich
des ausschließlichen Nutzungsrechts fällt, ist der Rechtsinhaber nur im Fall eines
eigenen schutzwürdigen Interesses klagebefugt
Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts hat keine eigene Klagebefugnis, doch
ist eine gewillkürte Prozessstandschaft möglich.
Passivlegitimation:
Verletzer = jeder als Täter, Anstifter oder Gehilfe Beteiligte, Beispiele: bei der unerlaubten Verbreitung auch der Verleger und der Buchhändler, bei der unerlaubten
Aufführung auch der Veranstalter. Mehrere Verantwortliche haften gesamtschuldnerisch, §§ 830, 840 BGB
Bei Verletzung über einen bestimmten Internetanschluss gilt eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber der Täter ist. Trägt der Inhaber Gründe vor, die die
Vermutung erschüttern (z.B. mehrere Benutzer des Anschlusses), trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast dazu, wer der Verletzer war (dazu zuletzt BGH GRUR 2016,
191 – Tauschbörse III)
Haftung für Hilfspersonen: Der Unternehmensinhaber haftet verschuldensunabhängig (§ 99 UrhG), ausgenommen ist aber der Schadensersatzanspruch, für den die
allgemeinen Vorschriften (§§ 831, 31, 278 BGB) gelten.
Auf Unterlassung haftet auch der Störer. Die Störerhaftung gehört zu den Hauptproblemen des Urheberrechts. Näher dazu sogleich.
Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch
Allgemeines und Voraussetzungen
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Der Verletzungsunterlassungsanspruch (§ 97 I 1) besteht, wenn bereits ein Recht verletzt
wurde und Wiederholungsgefahr besteht (materielle Anspruchsvoraussetzung!).
- Wiederholungsgefahr wird vermutet
- Kann durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt werden
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Beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch (§ 97 I 2) muss der Anspruchsteller die Begehungsgefahr nachweisen, etwa indem er Vorbereitungshandlungen oder eine
Rechtsberühmung des Verletzten darlegt und beweist
Vor der gerichtlichen Geltendmachung soll der Verletzte abmahnen (§ 97a, ähnlich wie §
12 I UWG), näher hierzu die Vorlesung „Einführung in das geistige Eigentum“, S. 102 f.
Der Abmahnende kann die Abmahnkosten verlangen, die sich nach dem Streitwert richten. Durch die Neufassung des § 97a III S. 2 ist der Streitwert bei der erstmaligen Abmahnung Privater auf 1.000 € gedeckelt, das ergibt Abmahnkosten von ca. 130 – 150 €.
Bei Unverhältnismäßigkeit und fehlendem Verschulden kann der Unterlassungsanspruch
durch eine Geldentschädigung abgelöst werden (§ 100)
Beseitigung (ebenfalls verschuldensunabhängig), Beispiele: Beseitigung einer gem. § 14
UrhG verbotenen Veränderung, nachträglicher Hinweis auf Urheberrechtsschutz in einem Kopierladen.
Unterlassung und Beseitigung können parallel bestehen (Unterschiede bei der Vollstreckung!) Beispiel: urheberrechtsverletzendes Foto auf Website
- Unterlassungsanspruch darauf, dass die Wiedergabe des Fotos zukünftig unterbleibt
- Beseitigungsanspruch darauf, dass das Foto von der Website genommen wird
§ 98 regelt besondere Ausprägungen der Beseitigung: Vernichtung, Rückruf (Problem:
bis zu welcher Grenze geschuldet?), Überlassung, dabei gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip (§ 98 IV)
Die Störerhaftung: Grundlagen
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Oft wird die Verletzung von Mittelspersonen zwar nicht begangen, aber doch ermöglicht.
Beispiele: verletzendes Musikvideo auf YouTube, Raubkopie eines Films bei Sharehoster,
Internet-Zugangsvermittler vermittelt seinen Nutzern auch den Zugriff auf kino.to
Für den Rechtsinhaber ist es interessant, diese Personen in Anspruch zu nehmen, um so
das Übel an der Quelle zu packen. Die Mittelsperson ist oft am besten in der Lage, die
Verletzung am effizientesten abzustellen (in der Terminologie der ökonomischen Analyse
ist sie „cheapest cost avoider“). Außerdem ist oft die Identität des unmittelbaren
Verletzers unbekannt.
Andererseits üben die Mittelspersonen oft sozial erwünschte Tätigkeiten aus. Würden sie
allgemein verpflichtet, ihr Angebot auf verletzende Gegenstände zu überprüfen, wären
die Kontrollkosten prohibitiv hoch.
Lösung:
- Der Störer haftet nur auf Unterlassung, nicht auf Schadensersatz.
- Er haftet nur, wenn er eine zumutbare Prüfungspflicht verletzt.
- Rechtspolitische Überlegung, ob Intermediäre, die auch an rechtswidrigen Handlungen Geld verdienen, auch auf Schadensersatz haften oder einem Vergütungsanspruch
ausgesetzt sein sollten.
Unionsrechtlicher Rahmen: Art. 8 III InfoSocRL verlangt, dass gegen Mittelspersonen
Unterlassungsansprüche zur Verfügung stehen müssen (ebenso Art. 11, 3
DurchsetzungsRL für das geistige Eigentum insgesamt). Aber Art. 12-15 (umgesetzt in
§§ 7-10 TMG) der E-Commerce-Richtlinie enthalten einige Haftungsfreistellungen für Internet-Diensteanbieter.
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EUGH, Rs. C-324/09 – L’Oréal/eBay: Ansprüche können sich nicht nur auf die Beseitigung rechtswidriger Inhalte, sondern auch auf die Überwachung auf gleichartige Verletzungen erstrecken
EUGH, Rs. C-360/10 – SABAM/Netlog: allgemeine präventive Überwachungspflichten
auf eigene Kosten des Intermediärs sind unverhältnismäßig
EUGH, Rs. C-314/12 – Telekabel Wien/Constantin Film: Sperrverfügungen gegen Internet-Anbieter mit der Verpflichtung, den Zugriff auf „Piratenseiten“ zu sperren, verstoßen nicht gegen die Grundrechte des EU-Rechts
Problem 1: dogmatische Grundlage
- nach Rspr § 1004 BGB analog (BGH GRUR 2010, 633 – Sommer unseres Lebens)
- anders aber für das UWG BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei
eBay: täterschaftliche Haftung wegen der Verletzung von Verkehrspflichten
- Was ist richtig? Die täterschaftliche Haftung wegen der Verletzung von Verkehrspflichten ist dogmatisch stimmiger, aber sie führt auch zu Schadensersatzansprüchen,
die unverhältnismäßig sein können. Am besten wäre es, wenn der Gesetzgeber die
Störerhaftung regeln würde.
Problem 2: Reichweite der Privilegierung für Anbieter vom Telemediendiensten gem. §§
7-10 TMG (z.B. Service-Provider wie T-Online, Plattformen wie eBay)
- Idee: Haftungsfreiheit bei „Notice and take down“ (Vorbild war das US-Recht) – nach
Hinweis auf die Rechtsverletzung muss der Intermediär sie beseitigen und haftet
dann nicht
- Beruhen auf der E-Commerce-RL (2000/31/EG), daher richtlinienkonforme Auslegung. Nach EuGH aber nur Privilegierung gem. §§ 8-10 TMG (= Art. 12-15 ECommerce-RL), wenn die Tätigkeit des Intermediärs „rein technischer, automatischer
und passiver Art“ ist (Egrd. 42 E-Commerce-RL), daher z.B. nicht einschlägig für
Dienste wie eBay oder YouTube, die ihren Nutzern umfangreiche Hilfe bieten.
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Grundsatz (§ 7 TMG): Haftung für eigene Inhalte nach allgemeinen Gesetzen
Keine Haftung bei reiner Zugangsvermittlung und Durchleitung (§ 8 TMG), soll nach
Absicht der Bundesregierung auf Betreiber von W-LAN-Netzen ausgedehnt werden,
in diesem Sinne auch Generalanwalt Szpunar in Rs. C-484/14 – Mc Fadden/Sony Music
Keine Haftung bei reinem Caching (§ 9 TMG)
Haftung bei Anbieten fremder Informationen nur dann, wenn Anbieter Kenntnis erlangt und die Information nicht unmittelbar beseitigt (§ 10 TMG), Reichweite dieser
Vorschrift unklar EUGH (verb. Rs. C-236/08 bis C-238/08, Google France und Rs. C324/09 – L’Oréal/eBay): keine Privilegierung des aktiven Mittlers
Anwendung auf Unterlassungsansprüche? BGH in älterer Rechtsprechung: (-), inzwischen wohl (+), also keine allgemeine Pflicht, die Vermittlung rechtswidriger Inhalte
zu unterlassen, sondern nur Beseitigungspflichten nach Hinweis. Praktisch legt der
BGH die Voraussetzungen der Störerhaftung im Licht der §§ 7-10 TMG aus.
Die Störerhaftung: Voraussetzungen
 Voraussetzungen:
(1) kausaler Beitrag zur Rechtsverletzung ohne Teilnehmervorsatz
(2) Verletzung zumutbarer Prüfungs- und Überwachungspflichten
 Der Umfang der Prüfungspflichten ist Gegenstand eines umfangreichen case-law.
 Regelmäßig sind Intermediäre nicht allgemein verpflichtet, ihr Angebot auf Rechtsverletzungen zu durchsuchen (Ausnahme: wenn sie zu Rechtsverletzungen geradezu aufrufen), sondern müssen nur auf einen Hinweis auf rechtsverletzendes Verhalten reagieren.
 Nach einem solchen Hinweis allerdings unterschiedlich weite Pflichten zur Überwachung auf gleichartige Verletzungen (= gleicher Verletzer oder gleiches Werk / gleiche
Marke). Kriterien für die Reichweite der Prüfungspflichten:
- Aktivität des Störers: rein passive, technische Tätigkeit oder Unterstützung der Tätigkeit der Kunden?
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Bedeutung der Tätigkeit des Störers für das Allgemeininteresse: notwendiger Beitrag
zur Netz-Infrastruktur?
Gefahrgeneigtheit des Geschäftsmodells: starke Nutzung durch Verletzer (z.B.
Rapidshare) oder weitgehend rechtmäßige Nutzungen
Möglichkeit und Kosten von technischen Hilfsmitteln (z.B. Filtern) und Prüfungsmaßnahmen: vollautomatische Suche eher zumutbar als händische (Nach-)Kontrolle
Möglichkeit des Verletzten, gegen den unmittelbaren Verletzer vorzugehen
Möglichkeit des Selbstschutzes, z.B. durch Verfahren, die der Betreiber zur Verfügung stellt
Die Störerhaftung: Beispiele
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c)
BGH GRUR 2010, 633 – Sommer unseres Lebens: Der Inhaber eines ungesicherten WLAN-Anschlusses haftet, wenn sich der Verletzer über seinen Anschluss ins Internet
einwählt. Das sieht der GA beim EUGH anders, der Gesetzgeber beabsichtigt, die
Störerhaftung in diesem Bereich zurückzunehmen.
BGH GRUR 2013, 511 – Morpheus, Eltern haften nicht (weder nach § 832 BGB noch als
Störer), wenn sie ihrem 13jährigen Sohnes hinreichende Warnhinweise wegen Surfens
im Internet geben (aber strenge Beweispflicht: strenger aber BGH GRUR 2016, 184 –
Tauschbörse II, keine Überwachungs- oder Belehrungspflichten bei volljährigem, im
Haushalt lebenden Kind (BGH GRUR 2014, 657 – BearShare), ebenso bei volljährigen
Gästen oder Mitbewohnern (BGH v. 12.5.2016, I ZR 86/15).
OLG Hamburg MMR 2016, 269 – GEMA/YouTube: YouTube haftet nicht als Täter, keine
allgemeine Prüfungspflicht, aber Pflicht, Wortfilter und ContentID-Verfahren einzusetzen
BGH GRUR 2013, 370 – Alone in the Dark: Sharehoster muss nach Hinweis auf rechtswidrige hochgeladene Dateien Linksammlungen, die auf die Dateien verweisen, nicht
nur mit Wortfiltern, sondern auch händisch kontrollieren
Linking ist nach EUGH Rs. C-466/12, GRUR 2014, 360 – Svensson keine täterschaftliche
Urheberrechtsverletzung, was aber die Störerhaftung (wohl) nicht ausschließt. Dazu
BGH GRUR 2003, 958 – Paperboy: keine Störerhaftung, weil die Gefahr einer Urheberrechtsverletzung nicht erhöht wird und weil jeder, der eine Website ins Internet stellt,
konkludent in die Verlinkung einwilligt. Anders aber, wenn durch den Link technische
Schutzmaßnahmen umgangen werden (BGH GRUR 2011, 56 – Session-ID),
Im Einzelnen ist die Rechtslage stark im Fluss. Tipp auch hier: in der Praxis und in Seminararbeiten Kommentare lesen und auf Juris und BeckOnline recherchieren!
Vertiefend Ohly, ZUM 2015, 308; pro und contra strengere Pflichten: Czychowski/Nordemann, GRUR 2013, 986 ff. (pro); Nolte/Wimmers, GRUR 2014, 16 ff. (contra)
Der Schadensersatzanspruch und sonstige Ansprüche
Die dreifache Schadensberechnung (§ 97 II)

Der Verletzte kann zwischen drei Berechnungsarten wählen:
(1) konkreter Schaden einschl. des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB), häufig schwer
nachweisbar
(2) Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 II 2). Höhe: alle Einnahmen, die kausal
auf die Verletzung zurückgehen (BGH GRUR 2009, 856 – Tripp-Trapp-Stuhl, interes-
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sant auch zur Schadensberechnung bei Absatzketten), dabei kein Abzug der Fixkosten
(BGH GRUR 2001, 329 – Gemeinkostenanteil) oder des an Abnehmer geleisteten Schadensersatzes (BGH GRUR 2002, 532, 535 – Unikatrahmen)
(3) Lizenzanalogie (§ 97 II 3): Betrag, den vernünftige Parteien bei Kenntnis aller Umstände als Lizenzgebühr vereinbart hätten.
Ersatz immaterieller Schäden gem. § 97 II 4, insbesondere bei der Verletzung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse.
Akzessorischer Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung (§ 259 BGB), etwa über
Umsätze, gesetzlich nicht geregelt, aus § 242 BGB abgeleitet
Str., ob erhöhter Schadensersatz aus Präventionsgesichtspunkten möglich, dagegen:
Bereicherungsverbot, dafür: DurchsetzungsRL betont Präventionszweck und spricht in
Art. 13 I 2 lit. b von „mindestens“ der angemessenen Lizenzgebühr. Bisher im deutschen Recht striktes Bereicherungsverbot, eigenartige Ausnahme (BGH GRUR 1973,
359 – Doppelte Tarifgebühr): doppelte Tarifgebühr bei Verletzung musikalischer Rechte, die durch die GEMA wahrgenommen werden (GEMA-Kontrollzuschlag) Rechtfertigung: pauschalierte Abgeltung des Kontrollaufwandes.
Weitere Ansprüche nach UrhG
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Auskunftsanspruch (§ 101), auch: „Anspruch auf Drittauskunft“
- Selbständiger Anspruch (vom akzessorischen Anspruch zur Vorbereitung der Schadensberechnung u unterscheiden), der der Beweissicherung und der Vorbereitung
eines Verletzungsverfahrens dient
- Praktisch von erheblicher Bedeutung, um Quelle der Verletzung herauszubekommen
- Voraussetzung: bei Verletzung „im gewerblichen Ausmaß“ (= Rechtsverletzung zur
Gewinnerzielung, im Einzelnen Auslegung str., vgl. Musiol, GRUR-RR 2009, 1 ff.)
gegen den Verletzer (§ 101 I)
- Seit 1.9.2008 Ausdehnung auch auf unbeteiligte Dritte (S. § 101 II 1 Nr. 3) bei
Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung oder nach Klageerhebung, insbesondere Internet-Service-Provider (§ 101 II Nr. 3)
- Problem dabei: Konflikt mit Datenschutzrecht? Dazu EuGH, Rs. C-275/06 –
Promusicae: Mitgliedstaaten dürfen Auskunftsanspruch vorsehen, müssen das aber
nicht. Lösung des deutschen Rechts: Richtervorbehalt bei Verkehrsdaten (= Daten,
die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder
genutzt werden), § 101 IX
Anspruch auf Vorlage und Besichtigung (§ 101a), dient der Informationsbeschaffung, um
Verletzungstatbestand darlegen und beweisen zu können. Gericht muss Maßnahmen treffen, um Unternehmensgeheimnisse des angeblichen Verletzers zu schützen (§ 101a I 2)
Befugnis zur Urteilsbekanntmachung auf Kosten der unterlegenen Partei (§ 103)
Prozessuales:
- Üblicher Rechtszug in Zivilsachen, sachliche Zuständigkeit richtet sich nach Streitwert, d.h. anders als im Patent- und Markenrecht können AGe erstinstanzlich zuständig sein
- Gem. § 105 können die Landesregierungen durch Verordnung Spezialgerichte einrichten. In Bayern: LGe München I und Nürnberg-Fürth
Allgemeine Ansprüche
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Werden durch § 97 nicht ausgeschlossen (§ 102a)
Bereicherungsanspruch (§ 812 I 1, 2. Alt. BGB): Urheberrechtsverletzung als Eingriff in
den Schutzbereich eines absoluten Rechts, erlangtes Etwas ist die Nutzungsmöglichkeit
Vorteil gegenüber dem Schadensersatzanspruch: verschuldensunabhängig
Nachteil: § 818 III BGB, Haftung nur auf Wert des Erlangten (§ 818 II BGB) = angemessene Lizenzgebühr, nicht hingegen auf Verletzergewinn
praktische Bedeutung wegen strengen Verschuldensmaßstabs relativ gering
§ 823 I BGB: tritt gegenüber § 97 (lex specialis) zurück, insb. kein SchE, wenn Voraussetzungen einer Urheberrechtsverletzung nicht vorliegen.
§ 823 II BGB kann in Ausnahmefällen eine zusätzliche Bedeutung zukommen, Beispiel: §
95 a UrhG (Umgehung technischer Schutzmaßnahmen) ist Schutzgesetz i.S.d. § 823 II
BGB (BGH GRUR 2008, 996 – Clone-CD)
§§ 3 I, 4 Nr. 3 UWG: Urheberrecht kann durch wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz
ergänzt werden. Dabei gilt aber der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit: Unlauterkeit
nur, wenn zusätzliche unlauterkeitsbegründende Merkmale vorliegen. Beispiel (BGH
GRUR 2014, 258; GRUR 2016, 725 – Pippi-Langstrumpf-Kostüm I und II): Angebot eines
Pippi-Langstrumpf-Kostüms verletzt nicht das Recht an der literarischen Figur und löst
keine Ansprüche gem. §§ 3 I, 4 Nr. 3 aus, weil es an der Nachahmung und den zusätzlichen Umständen fehlt.
§§ 3 I, 3a UWG: Urheberrechtsverletzung fällt nicht unter UWG-Rechtsbruchtatbestand,
weil die Verletzungsfolgen im UrhG abschließend geregelt sind und da Verbandklage hier
unangemessen wäre, der Rechtsinhaber soll selbst entscheiden, ob er gegen eine Verletzung vorgeht (BGH GRUR 1999, 325 – elektronische Pressearchive)
2.
Strafrechtliche Sanktionen
Lit.:
Rehbinder/Peukert, § 55; Schack, § 22
Bedeutung
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Schwerpunkt der Rechtsdurchsetzung liegt auf zivilrechtlichem Gebiet, Gründe: Reichweite und Effizienz des zivilrechtlichen Rechtsschutzes, mangelnde personale und sachliche Ausstattung der Staatsanwaltschaften.
Strafrechtsdogmatisches Problem: Zivilrechtsakzessorietät beeinträchtigt strafrechtliche
Bestimmtheit.
Die §§ 106 ff. sind Antragsdelikte (§ 109). Beispiel: Ein urheberrechtsverletzendes Plagiat
in einer Dissertation wird strafrechtlich nur verfolgt, wenn einer der Urheber Strafantrag
stellt oder wenn die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse bejaht.
Bedeutung:
- Bekämpfung systematischer und organisierter Piraterie
- zusätzliche Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden gem. StPO
Tatbestände im Überblick
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Unerlaubte Verwertung geschützter Werke (§ 106)
Unzulässiges Anbringen der Urheberbezeichnung (§ 107)
Bestimmte unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrechte (§ 108)
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Unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen (§ 108 b)
Es handelt sich (abgesehen von der Qualifikation in § 108 a) um Antragsdelikte
Ordnungswidrigkeiten gem. § 111a im Zusammenhang mit technischen Schutzmaßnahmen.
3.
Fragen der Zwangsvollstreckung
Lit.:
Schack, § 23
Besonderheiten in der Zwangsvollstreckung
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Wegen der persönlichkeitsrechtlichen Ausprägungen des Urheberrechts ist die Vollstreckung nur eingeschränkt möglich.
Das UrhR insgesamt ist unübertragbar und kann daher nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein (§§ 857 I, 851 ZPO, 36 I InsO).
Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Urheber in das Urheberrecht ist
nur mit dessen Einwilligung zulässig (§ 113 UrhG), dabei kann nur auf Verwertungsbefugnisse (im Rahmen des § 31 IV, V UrhG) zugegriffen werden.
Die Zwangsvollstreckung gegen Rechtsnachfolger ist unter geringeren Voraussetzungen
möglich, vgl. § 115 UrhG.
Für die Vollstreckung in Tantieme-, Vergütungs- und Schadensersatzforderungen des
Urhebers ist nach allgemeinen Bestimmungen möglich.
Soweit die Weiterübertragung abgeleiteter Rechte der Zustimmung des Urhebers bedarf
(vgl. §§ 34, 35 UrhG) ist auch die Pfändung an seine Zustimmung gebunden (vgl. §§ 851,
857 ZPO)
Vollstreckung in körperliche Gegenstände: Werkoriginale sind grundsätzlich nur mit Einwilligung des Urhebers pfändbar, § 114 I UrhG (aber weite Ausnahmen in § 114 II).