Hämophilie A

Dr. med. Hans-Dieter Hüwer
Kinder- und Jugendarzt
PRAXIS
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Arbeitsbereich Lernen
Verhalten Aufmerksamkeit
Verhaltenstherapie nach Dr. Jansen
œ Spessartstraße 25
Hämophilie A
Faktor VIII-Mangel, Inzidenz 1:10.000, X-chromosomal rezessiv, schon im Talmud erwähnt;
Gen an der Spitze des langen Arms des X-Chromosoms (Xq28), 186 kB mit der 26 Exons (5%) und
25 Introns (95%), mRNA von ca. 9000 Nukleotiden, Protein mit 2332 Aminosäuren, Glykoprotein von
256 kD mit mehreren Domänen: schwere Kette mit den Domänen A1 und A1 verbunden über die BDomäne mit der leichten Kette (Domänen A3, C1 und C2); viele verschiedene Mutationen des Gens
sind bekannt, häufigste Variante: Inversion im Intron 22 (45 bis 50% der Betroffenen)
Synthese in der Leber, zirkuliert im Blut an von-Willebrand-Faktor gebunden (Schutz vor Proteolyse,
Stabilisierung), Plasmahalbwertzeit 8 bis 12 Stunden;
Aktivierung durch Thrombin und auch Faktor Xa
durch Ausbildung von Heterodimeren aus der
schweren Kette mit variablem Anteil der B-Region
und der leichten Kette; Inaktivierung durch Faktor Xa,
Thrombin und aktiviertes Protein C
Funktion: Faktor VIIIa beschleunigt (im Komplex mit
Phospholipiden und Calcium) die aktivierende
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Wirkung von Faktor IXa auf den Faktor X um das 10 fache; klinische Bedeutung: keine Störung des
primären Gefäßverschlusses durch Thrombozyten,
jedoch fehlende Stabilisierung dieses Thrombus
durch Ausbildung eines Fibringerinnsels.
Hämophilie B: Faktor IX-Mangel, Inzidenz 1: 100.000,
X-chromosomal rezessiv, auf dem langen Arm des
X-Chromosoms (Xq27), 34 kB mit 8 Exons und 7 Introns,
einkettiges Glykoprotein von 57 kD aus 415 Aminosäuren,
Plasmahalbwertzeit 24 bis 32 Stunden, Aktivierung durch
Faktor VIIa oder Faktor
Klinik: Je nach genetischer Variante gibt es verschiedene Schweregrade abhängig vom Blutspiegel
des Faktor VIII.
Spontanblutungen bei Konzentrationen <1%, Restaktivität von 2% bis 5% Blutungen bei leichten bis
mittleren Verletzungen, Restaktivität von 5% bis 25% für zu Blutungen bei größeren Operationen,
keine Spontanblutungen, Restaktivität 25% bis 50% "Subhämophilie" in der Regel keine Symptome
und nur auffällig bei Gerinnungsdiagnostik.
Gelenkblutungen (Knie, Ellenbogen, Sprunggelenke, Schulter, Hüftgelenke, Handgelenke), Gefahr der
Ausbildung einer Arthropathie.
Hautblutungen, solange oberflächlich nicht sehr problematisch.
Intrakranielle und intrazerebrale Blutungen,
gefürchtet, aber selten
(meist bei Geburt)
Muskelblutungen: problematisch M. psoas (wegen
N. femoralis), Mundboden,
Rachen, Kehlkopf
Diagnose: typisch Verlängerung der aPTT bei
zugleich unauffälliger
Prothrombinzeit (PTZ =
Quick),
Faktorenbestimmungen,
gegebenenfalls genetische
Untersuchungen
Differentialdiagnose: von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, Faktor XI-Mangel, Faktor XII-Mangel; VitaminK-Mangel, Verbrauchskoagulopathien, Lebererkrankungen, Thrombopenien (z.B. ITP), Vaskulitiden
(z.B. Morbus Schoenlein-Henoch) usw.
von-Willebrand-Jürgens-Syndrom: autosomal dominant, großes Glykoprotein im Multimeren von 500 bis
10.000 kD, bewirkt Plättchenadhäsion und Thrombusformation an der Blutungsstelle, stabilisiert Faktor VIII;
Symptome: Schleimhautblutungen, Nasenbluten, Blutungen nach Zahnextraktion, Menorrhagien, mit
unterschiedlicher Ausprägung da verschiedene Subtypen (Multimerenanalyse)
Behandlung:
®
DDAVP (Minirin ) i.v., s.c. oder intranasal, nur bei milden Formen der Hämophilie: bewirkt wahrscheinlich Freisetzung des Faktors VIII aus den Endothelzellen des Lebersinusoide, rasches Nachlassen der Wirkung (Tachyphylaxie)
Faktorensubstitution: a) Prophylaktische Dauertherapie, b) Bedarfsbehandlung (wird bei Kindern nicht
durchgeführt)
Erforderliche Faktorenspiegel bei Kindern bei ca. 30% (vor erneuter Substitution), vor Operationen
(50% -) 80% bis 100%
Mittlere Dosis bei Kindern mit schwerer Hämophilie 20 bis 30 IE/kg KG dreimal/Woche
Zukunft: Gentherapie
Probleme der Behandlung:
Virusinfektionen (HBV, HCV, HIV; Parvovirus B19) durch Virusinaktivierung bzw. durch gentechnologisch hergestellte (rekombinante) Faktorenkonzentrate vermeidbar.
Antikörper/Inhibitoren: abhängig von Schweregrad der Erkrankung und Art der Mutation, betrifft etwa
50%, Kennzeichen: nicht angemessener Faktoranstieg nach Transfusion, Unwirksamkeit der Therapie
nach Blutung, verminderte Halbwertzeit des Faktors; Bethesda-Test: Inkubation von verdünnter in
Patientenplasma mit gepooltem Normalserum; Behandlung: hochdosierte Faktor VIII Gabe,
Umgehung von Faktor VIII durch Gabe von aktivierten Prothrombin-Komplex-Konzentraten oder
aktiviertem Faktor VII (Faktor VIIa), Induktion von Immuntoleranz (gelingt in 60% bis 90%)
Die in Deutschland zugelassenen Faktor-VIII-Konzentrate
Faktor-VIII-Konzentrate
Zusammensetzung
Hersteller/Vertreiber
Haemate HS
Beriate
Bioclate
Helixate
Monoclate-P
Immunate STIM plus
Hemofil M
Recombinate
Kogenate
Haemoctin SDH
Profilate
Faktor VIII SDH Intersero
Octanate
ReFacto
pd F VIII, vWF, Albumin
pd F VIII
r F VIII, Albumin
r F VIII, Albumin
pd F VIII, Albumin
pd F VIII, vWF, Albumin
pd F VIII, Albumin
r F VIII, Albumin
r F VIII, Albumin
pd F VIII
pd F VIII, vWF, Albumin
pd F VIII, vWF
pd F VIII, vWF
r F VIII
Centeon Pharma
Centeon Pharma
Centeon Pharma
Centeon Pharma
Centeon Pharma
Baxter Hyland-lmmuno Division
Baxter Hyland-lmmuno Division
Baxter Hyland-lmmuno Division
Bayer Vital
Biotest
Grifols
Intersero
Octapharma
Wyeth
Präparate zur Therapie von Inhibitoren
Präparate
Zusammensetzung
Hersteller
NovoSeven
r F VII a
Novo Nordisc
FEIBA S-TIM 4
aktivierte Faktoren II, VII, IX, X Baxter Hyland-lmmuno-Division
pd = plasma derived — vWF = von-Willebrand-Faktor — r = rekombinanter — F = Blutgerinnungsfaktor
Zusammenfassung: Die Hämophilie A in ihrer schweren Verlaufsform ist aufgrund der massiv
gesteigerten Blutungsneigung eine lebensbedrohliche Erkrankung. Typische Symptome sind spontane
Gelenks- und Muskelblutungen. Besonders gefürchtet sind Hirnblutungen. Die Therapie besteht in der
regelmäßigen Gabe eines Gerinnungskonzentrates und Substitution des fehlenden Gerinnungsfaktors. Wesentliches Problem der Therapie ist die Entwicklung von Hemmkörpern. Unter der
Therapie können betroffene Kinder, von den regelmäßigen Injektionen abgesehen, ein normales
Leben führen.