Auswirkungen der Änderung des HGB

Auswirkungen der Änderung des HGBRechnungszinses auf Pensionsverpflichtungen
Nur eine Entlastung auf Zeit?
In seiner Sitzung am 26. Februar 2016 hat das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung
handelsrechtlicher Vorschriften den Bundesrat passiert.
Die Entscheidung, den Berechnungszeitraum für die Bestimmung des HGB-Rechnungszinses, von 7 Jahre auf einen
längeren Zeitraum umzustellen, ist nun gefallen. Das Rennen machte der 10-Jahres-Durchschnitt, nachdem letztes Jahr
noch 12 und 15 Jahre Durchschnittszeitraum zur Diskussion standen.
Bei der Betrachtung der Auswirkungen dieser Entscheidung werden oft Projektionsrechnungen des Diskontierungssatzes
herangezogen. Graphik 1 stellt eine auf aktuellen Terminkurven basierende Berechnung dar (Stand 29. Februar 2016), die
zeigt, dass der 10-Jahres-Durchschnitt in den nächsten Jahren zunächst eine Entlastung um bis zu ca. 89 Basispunkten im
Vergleich zur bisherigen Berechnungsweise bringen wird. Bereits Ende 2017 wird der Rechnungszins aber schon wieder auf
dem heutigen Niveau des 7-Jahres-Durchschnitts sein.
Wir wollen im Folgenden untersuchen, welche Auswirkungen die aktuelle Entscheidung auf unterschiedliche
Pensionsportfolien hat.
Graphik 1: Projektion HGB-Rechnungszins mit Duration 15 Jahre (alte und neue Regelung) per 29. Februar 2016
Quelle: Bloomberg, Commerzbank, Projektion auf Basis von Terminkurven mit Stichtag 29. Februar 2016
Hinweis: Frühere Entwicklungen, Simulationen und Projektionen sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen
Änderungen im Überblick:
•
Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen werden nun mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz
•
der vergangenen 10 Jahre (bisher 7 Jahre) abgezinst.
•
Der Unterschiedsbetrag zwischen dem neuen und bisherigen Bewertungsansatz ist in jedem Geschäftsjahr
•
zu ermitteln und unterliegt einer Ausschüttungssperrenregelung.
•
Die Änderungen sind erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 enden. Für
Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen und vor dem 01. Januar 2016 enden, besteht ein
Anwendungswahlrecht.
•
Für die Bewertung von sonstigen Rückstellungen bleibt der bisherige Abzinsungssatz unverändert.
Auswirkungen auf die Verpflichtungen im
Zeitverlauf
Bei den Auswirkungen auf die Verpflichtungen wird oft mit der Faustformel agiert, dass eine Änderung des
Diskontierungssatzes um 1% im Mittel eine Änderung der Verpflichtungen um 15%-20% zur Folge hat. Für Bestände mit
einem hohen Anteil an Leistungsempfängern können die Änderungen geringer sein (z.B. 8%), bei Beständen mit einer
hohen Anzahl an Aktiven höher (z.B. 22%).
Diese statische Betrachtungsweise berücksichtigt jedoch nicht, dass die Verpflichtungen keine konstante Größe sind, d.h.
sie ändern sich im Laufe der Zeit, auch wenn man den Rechnungszins konstant lässt.
Szenario-Analyse zweier unterschiedlicher Portfolien
Graphik 2 zeigt beispielhaft die Simulation eines Rentnerportfolios, einmal mit konstanten Rechnungszinsen gerechnet
(gestrichelte Linien) und einmal unter Zugrundelegung von Projektionen des Rechnungszinses für die kommenden Jahre
(durchgängige Linien). Der Unterschied zwischen den gelben und den grauen Linien zeigt direkt die Ersparnis, die durch die
Umstellung des Mittelungszeitraumes generiert wird. Sie beträgt zum Stichtag ca 4% und weitet sich in den Folgejahren bei
den Kurven mit den Projektionen auf bis zu 6% aus. Diese Werte können sehr gut mit den Rechnungszinsunterschieden von
0,51% am Stichtag bzw. 0,89% im Jahr 2017 und einer Duration von ca. 8 nachvollzogen werden.
Sowohl die mit den konstanten Rechnungszinsen gerechneten Verläufe als auch die mit den Projektionen ermittelten fallen
nach dem Stichtag 29. Februar 2016 sofort ab, wobei erstere keinen Schnittpunkt aufweisen (ein konstant hoher
Rechnungszins erzeugt immer niedrigere Verpflichtungen als ein konstant niedriger Rechnungszins). Letztere schneiden
sich 2022, was dem Zeitpunkt des Schnittpunktes der beiden Diskontierungssatzkurven aus Graphik 1 entspricht. Nach
2022 sind die Verläufe dann in etwa gleich.
Graphik 2 zeigt deutlich, dass der Abfall der Rechnungszinsen hier keinen Anstieg im zukünftigen Verlauf der
Verpflichtungen zur Folge hat. Die Umstellung auf den höheren Rechnungszins bringt am Stichtag eine Ersparnis von ca.
4% und in den Folgejahren werden die Verpflichtungen trotz des Absinkens des Rechnungszinses nicht mehr erhöht!
Graphik 2: Bilanzielle Rückstellung (DBO) für ein Rentnerportfolio gerechnet mit konstantem Rechnungszins sowie projizierten
Rechnungszinsen (relativ zur DBO, die mit 10-Jahre Durchschnittszinssatz am Stichtag 29. Februar 2016 ermittelt wurde)
110%
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
2035
2034
2033
2032
2031
2030
2029
2028
2027
2026
2025
2024
2023
2022
2021
2020
2019
2018
2017
2016
20%
Rentnerportfolio, HGB Projektionen auf Basis 10 Jahre Durchschnitt
Rentnerportfolio, konstanter HGB Rechnungszins von 4,27%
Rentnerportfolio, HGB Projektionen auf Basis 7 Jahre Durchschnitt
Rentnerportfolio, konstanter HGB Rechnungszins von 3,76%
Bei dem betrachteten Rentnerportfolio führt das Absinken der Rechnungszinsen in den nächsten Jahren zu keinem
Anstieg im zukünftigen Verlauf der Verpflichtungen.
Graphik 3 zeigt beispielhaft die Simulation eines Aktivenportfolios unter denselben Grundlagen wie bei Graphik 2. Der
Unterschied der Kurven zum Stichtag beträgt ca. 11%, was auf die deutlich höhere Duration des Aktivenportfolios (22 Jahre)
zurückzuführen ist. Während die Kurven der Rentnerportfolios aber keine Anstiege aufweisen, sieht es hier ganz anders
aus. Sowohl die Verpflichtungsverläufe, die mit konstanten Zinsen gerechnet wurden, als auch die Verläufe, denen die
Projektionen zu Grunde liegen, steigen erheblich an. Aber während die mit den konstanten Rechnungszinsen ermittelten
Kurven bei ca. 170% (4,27% Rechnungszins) bzw. 180% (3,76% Rechnungszins) des Referenzniveaus ihr Maximum
ausweisen, steigen die mit den Projektionen errechneten Werte bis auf ca. 210% an. Der relative Abstand zwischen den
gestrichelten und den durchgezogenen Linien ist jedoch schon in den Jahren 2020 bis 2023 am größten, was mit den
Rechnungszinstiefs der Projektion aus Graphik 1 übereinstimmt. Schön zu sehen ist auch eine Parallelverschiebung von 1-2
Jahren zwischen den beiden durchgezogenen Linien, die damit zusammenhängt, dass die Rechnungszinsen des
10-Jahresdurchschnitts etwa 2 Jahre benötigen, um die Werte der Rechnungszinsen des 7-Jahresdurchschnitts zu
erreichen und zum anderen damit begründet ist, dass die Verpflichtungen prinzipiell ansteigen.
Graphik 3: Bilanzielle Rückstellung (DBO) für ein Aktivenportfolio, gerechnet mit konstanten Rechnungszinsen und Projektionen
(relativ zur DBO, die mit 10-Jahre Durchschnittszinssatz am Stichtag 29. Februar 2016 ermittelt wurde)
220%
210%
200%
190%
180%
170%
160%
150%
140%
130%
120%
110%
100%
2034
2033
2032
2031
2030
2029
2028
2027
2026
2025
2024
2023
2022
2021
2020
2019
2018
2017
2016
2015
90%
Aktivenportfolio, HGB Projektionen auf Basis 10 Jahre Durchschnitt
Aktivenportfolio, konstanter HGB Rechnungszins von 4,27%
Aktivenportfolio, HGB Projektionen auf Basis 7 Jahre Durchschnitt
Aktivenportfolio, konstanter HGB Rechnungszins von 3,76%
Bei dem betrachteten Aktivenportfolio führt das Absinken der Rechnungszinsen in den nächsten Jahren zu einem
verstärkten Anstieg im zukünftigen Verlauf der Verpflichtungen.
Fazit:
1.
2.
3.
Eine Verlängerung des Mittelungszeitraums von 7 auf 10 Jahre wird für die nächsten 6 Jahre eine Entlastung im
Vergleich zur bisherigen Methode zur Folge haben.
Die Struktur des Pensionsportfolios bestimmt das Ausmaß der Änderung der Verpflichtungen. Aktivenportfolien
sind sensitiver auf Zinsänderungen als Portfolien, die von Rentenempfängern dominiert werden.
Auf Aktivenportfolien sollte also ein besonderes Augenmerk gerichtet werden, damit der Verpflichtungsumfang
nicht zu einer unerfreulichen Belastung in der Bilanz wird.
Es zeigt sich also, dass man sein Portfolio genau unter die Lupe nehmen muss, wenn man die zukünftigen Auswirkungen
der Rechnungszinsänderungen detailliert erfassen möchte. Das Pension SolutionsTeam der Commerzbank analysiert
sämtliche Risikoparameter von Pensionsverpflichtungen, die Auswirkungen von Marktveränderungen und mögliche
Cashflow-Risiken. Darauf aufbauend stellen wir Lösungen für das Asset Management, zur Erhöhung der
Ausfinanzierungsquote (Defizitmanagement) und zur Absicherung von Bilanzrisiken (Verbindlichkeitenmanagement) vor.