Landwirtschaft Aktiv 2015 Landwirtschaft Aargau Inhaltsverzeichnis 3 4 – 18 Vorwort Regierungsrat Roland Brogli LWAG Aarau 4 Zuerst trocken, dann feucht – und dann noch die neue Agrarpolitik 5 Landwirtschaft Aargau – Ausgewählte Daten 6–9 Direktzahlungen und Beiträge 2014 10 – 11 Stärkung der Kulturlandschaft durch Bund und Kanton 12– 14 Mit Modernen Meliorationen per Du 15 – 16 Sanierung von 5 ha Fruchtfolgeflächen in Rietheim 17 – 18 Bäuerliche Liegenschaften im Eigentum juristischer Personen 19– 34 LWAG Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg 19 – 21 Liebegg 2014 – «Familiesach» 21 Man hat im Leben nie ausgelernt! 22 Kunden erwarten qualitativ hochstehende Produkte 23 – 24 Liebegger Ackerbautag 2014 – Zukunft im Blickfeld 25 – 26 AP 14 – 17: Neue Voraussetzungen aktiv angehen 27 28 – 29 Leben mit der Kirschessigfliege Potenzial erkennen und umsetzen 29 Fachlich und menschlich kompetent 30 Die systematische Weinlesekontrolle wird abgeschafft 31 Beharrlichkeit schafft gute Ausgangslage 32 – 33 Ist da der Wurm drin? 33 – 34 Mit weniger mehr produzieren 35 Aargauische Landwirtschaftliche Kreditkasse 35 Tiefes Zinsniveau begünstigt die Risikobereitschaft Herausgeber Departement Finanzen und Ressourcen Landwirtschaft Aargau (LWAG) Matthias Müller, Leiter LWAG Tellistrasse 67, 5001 Aarau [email protected] www.ag.ch / landwirtschaft 2 Redaktionelle Verantwortung Dr. Peter Meyer Gestaltung / Druck Brogle Druck AG, www.brogledruck.ch Copyright © 2015 Kanton Aargau Sparen tut Not Regierungsrat Roland Brogli Vorsteher Departement Finanzen und Ressourcen Am Finanzhorizont des Kan- Zitat von George Bernard Shaw tons Aargau ziehen dunklere die heutige finanzpolitische Lage: Wolken auf. Seit Jahresbeginn «Was man sparen nennt, heisst haben sich die Aussichten für nur, einen Handel für die Zukunft den Kanton, aber auch für die abschliessen.» Wirtschaft merklich verschlechtert. Es braucht den konstrukti- Was bedeutet dies für die Land- und ven Einsatz aller politischen und Ernährungswirtschaft? Auch sie wirtschaftlichen Kräfte, um einen wird die konjunkturelle Abkühlung gangbaren Weg aus dieser unge- und die defizitären Staatsfinanzen mütlichen Lage zu finden. zu spüren bekommen. Geht es der Volkswirtschaft schlechter, leidet Unsere Kantonsverfassung ver- auch die Landwirtschaft darunlangt einen ausgeglichenen ter. Dennoch bin ich davon überStaatshaushalt – das ist das zeugt, dass die Landwirtschaft die oberste finanzpolitische Ziel des anstehende Talsohle weit glimpfRegierungsrats. Seit Jahresbe- licher wird durchqueren können ginn haben sich die finanzpoliti- als manch andere Wirtschaftssekschen Perspektiven enorm ver- toren. Der Landwirtschaft wird zuschlechtert. Nach der Ablehnung gutekommen, dass sie sowohl im der Leistungsanalyse am 8. März, Bereich der Ökonomie als auch in der drohenden Reduktion des Bei- der Ökologie besondere Aufgaben trags aus dem Nationalen Finanz- erfüllt: die Produktion von Nahausgleich um bis zu 27 Millionen rungsmitteln und die Pflege von Franken sowie der Aufgabe des wertvollen Kulturlandschaften. Mindestkurses zum Euro durch Beides sind Produkte beziehungsdie Nationalbank droht in der kom- weise Dienstleistungen, die auch menden Periode des Aufgaben- in Zeiten wirtschaftlicher Depresund Finanzplans 2016 – 2019 in der sion angeboten werden müssen Staatskasse ein Loch von jährlich und auch nachgefragt werden. über 100 Millionen Franken! Durch Ihre grossen Leistungen «Spare in der Zeit, dann hast du im Interesse unseres Kantons in der Not!» Diesem Grundsatz und seiner Bevölkerung genieshat der Regierungsrat nachgelebt, sen Sie, liebe Landwirtinnen und als er 2009 die Ausgleichsreserve Landwirte, in der Gesellschaft schuf. Diese Mittel sind bis Ende wie auch in der Politik nach wie 2015 weitgehend aufgebraucht. vor ein hohes Ansehen. Trotz Ohne Ausgleichsreserve wäre das sich abzeichnenden finanziellen Defizit in der Staatsrechnung 2014 Engpässen hat der Grosse Rat im noch höher ausgefallen. Alle Be- November 2014 ohne Gegenstimteiligten – Politik, Wirtschaft und me beschlossen, dass der Kanton Gesellschaft – müssen in Zukunft die Co-Finanzierung von 10 Promit in die Verantwortung einbe- zent bei den Vernetzungs- und zogen werden. Alle müssen «den Landschaf tsqualitätsbeiträgen Gürtel enger schnallen». Mass- flächendeckend übernimmt. Dies nahmen sind sowohl auf der Aus- zeugt von grosser Wertschätzung, gaben- wie auf der Einnahmenseite die Sie für die Zukunft optimiszu prüfen. Zutreffend umreisst ein tisch stimmen muss! 3 Zuerst trocken, dann feucht – und dann noch die neue Agrarpolitik Das Landwirtschaftsjahr 2014 war von einem trockenen Frühsommer und einem sehr nassen Sommer geprägt. Gekoppelt mit der Agrarpolitik 2014 – 17 des Bundes war die Land- und Ernährungswirtschaft im letzten Jahr stark gefordert. Matthias Müller Leiter Landwirtschaft Aargau (LWAG) Als Folge des Wetters gab es enorm viel Futter und einen sinkenden Milchpreis. Wintergerste und Raps ergaben sehr gute, zum Teil sogar rekordhohe Erträge. Leider ist je nach Region mehr als die Hälfte des Brotgetreides ausgewachsen. Spezialkulturen wie Gemüse oder Kirschen konnten nur dort geerntet und in den Verkauf gebracht werden, wo Gewächshäuser oder Regenfolien eingesetzt wurden. Summa summarum – kein einfaches Landwirtschaftsjahr mit witterungsbedingten grossen Herausforderungen. Sieben Prozent weniger Direktzahlungen Grundlagen- und Strukturverbesserungen Im ländlichen Raum war die Nachfrage der Landwirtschaftsbetriebe und Gemeinden nach Strukturverbesserungen hoch. Gesamthaft laufen in über 30 Gemeinden Moderne Meliorationen oder Periodische Wiederinstandstellungen (PWI) und Erneuerungsprojekte. Die anhaltend hohe Bevölkerungszunahme führte zur Vergrösserung der Siedlungsflächen und zu einer steigenden Nachfrage nach Sport-, Freizeit- und Erholungsnutzungen ausserhalb der Baugebiete. Mehr als die Hälfte der über 1'100 zur Beurteilung zugewiesenen Gesuche betrafen nichtlandwirtschaftliche Anliegen ausserhalb des Baugebietes. Der Druck auf den fruchtbaren Boden hält unvermindert an. Landschaftsqualität und nachhaltige Intensivierung Die Förderung der gemeinwirtSpeziell war in diesem Jahr nebst schaftlichen Leistungen mit der den Wetter-Kapriolen die Lan- Stärkung der Kulturlandschaft ist cierung der neuen Agrarpolitik ein wichtiges Ziel der AP 14 – 17. des Bundes. Die vom Bund und So wird zum Beispiel mit der der Politik gewollte Verlagerung flächendeckenden Lancierung der Direktzahlungen vom Tal- ins der Landschaftsqualitätsprojekte Berggebiet zeigte im ersten Jahr diesem Ziel Rechnung getragen. bereits grosse Wirkung. Mehr als Aber auch produktionsfördern4/5 aller Aargauer Betriebe erhiel- de Elemente und Instrumente ten trotz gleichbleibender Leis- werden verstärkt diskutiert. Die tung weniger Direktzahlungen. Nahrungsmittelproduktion, also die Hauptaufgabe unserer LandDank den Übergangsbeiträgen wirtschaft, ist nicht vergessen geund dem Umstieg auf neue Pro- gangen. Landwirtschaft Aargau gramme konnte der «System- hat diese Zeichen schon früh erverlust» von rund 37 Millionen kannt und trifft mit der Strategie Franken auf 10 Millionen. Franken zur Förderung einer nachhaltigen gesenkt werden. Details dazu le- Nahrungsmittelproduktion den sen sie auf den Seiten 6 – 9. Nerv der Zeit. 4 Landwirtschaft Aargau Ausgewählte Daten 2000, 2010 und 2013 (1) 2000 2010 2013 Tendenz 4'265 3'738 3'493 l 3'325 2'880 2'717 l 186 214 266 j 12'758 10'771 10'229 l 5'722 4'334 4'175 l 62'636 61'945 61'065 l 27'800 26'615 26'427 l 17'900 15'033 14'728 l Silo- und Grünmais 4'829 4'999 4'866 k Kartoffeln, Zucker- und Futterrüben 2'100 1'926 1'978 k Ölsaaten und Eiweisserbsen 1'400 2'671 2'812 j Gemüse 1'100 1'587 1'620 j 33'300 33'630 32'925 k 7'452 7'567 8'326 j Obstanlagen 380 398 391 k Reben 380 345 337 k 227'600 185'286 183'446 l 93'000 88'543 87'328 l 37'700 35'198 34'995 l Pferde 3'900 5'073 4'671 k Schafe 19'300 23'076 22'210 k Ziegen 900 2'078 1'947 k 87'700 100'477 94'309 k Mastpoulets 231'700 452'552 539'592 j Lege- und Zuchthennen 215'800 302'641 317'123 j Landwirtschaftsbetriebe (2) davon direktzahlungsberechtigt davon direktzahlungsberechtigte Bio-Betriebe Beschäftigte total davon Vollzeitbeschäftigte Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) (3) Offenes Ackerland Getreide Grünland Ökologische Ausgleichsflächen (4) Hochstammobstbäume Tierbestände (Anzahl Tiere) Rindvieh – davon Kühe Schweine Quellen: Bundesamt für Statistik (BFS), LWAG (Agricola) (1) (2) Die Daten 2014 werden vom BFS im August 2015 veröffentlicht Betriebe, welche mindestens einen der folgenden Mindestwerte erreichen: 1 ha landwirtschaftl. Nutzfläche; 30 a Spezialkulturen; 10 a in geschütztem Anbau; 8 Mutterschweine; 80 Mastschweine; 300 Stück Geflügel (3) Flächen in Hektaren, ab 2010 gemäss Standortprinzip (4) Inkl. Hochstamm-Feldobstbäume (1 Are pro Baum) 5 Direktzahlungen und Beiträge 2014 Im Beitragsjahr 2014 wurden knapp 140,5 Millionen Franken Direktzahlungen und Beiträge an die Aargauer Landwirtschaft ausbezahlt. Als Folge der neuen Verordnungen zur Agrarpolitik 2014 – 17 (AP 14 – 17) sind dies rund 10,5 Millionen Franken weniger als noch im Vorjahr. Ueli Frey Die Umsetzung der AP 14 – 17 ab 1. Januar 2014 stellte die Aargauer Landwirtinnen und Landwirte aber auch Landwirtschaft Aargau vor grosse Herausforderungen. Insbesondere war im Vorfeld schwierig abzuschätzen, welche Auswirkungen die zahlreichen Neuerungen bezüglich den einzelbetrieblichen Direktzahlungen haben werden. Im Dezember 2014 erhielten die Betriebe die RAUS-Beiträge werden auch für Geflügel gewährt. 6 erste Schlussabrechnung gemäss der neuen Agrarpolitik. Eine grosse Mehrheit der Betriebe, nämlich rund 84 %, musste zur Kenntnis nehmen, dass sie neu weniger Direktzahlungen erhalten als im Vorjahr. Lediglich 16 % der Betriebe profitierten von der Umstellung und konnten in der Schlussabrechnung mehr Beiträge verbuchen als im Vorjahr. Berggebiete als Nutzniesser der AP 14 – 17 Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt in der gewollten Verlagerung der Direktzahlungen ins Berggebiet, deren Landwirte wesentlich tiefere Vergleichseinkommen aufweisen als ihre Berufskollegen im Talgebiet. Hinzu kommt, dass der Fokus der neuen Agrarpolitik verstärkt bei leistungsbezogenen, mehrheitlich ökologischen und nachhaltigen Beitragsprogrammen liegt. Bei fast gleichbleibenden Bundesmitteln für Direktzahlungen stand der «produktive Talkanton Aargau» diesbezüglich zum Vornherein auf der Verliererseite. Gleichzeitig wurde gesamtschweizerisch unerwartet stark von den neuen Beitragsprogrammen Gebrauch gemacht, womit Ende Jahr der Übergangsbeitrag ebenfalls wesentlich tiefer ausfiel als zu erwarten war. Zusammenfassend reduzierten sich die ausbezahlten Direktzahlungen und Beiträge im Aargau um 10,5 auf rund 140,5 Millionen Franken. Dies entspricht einem Minus von 7 % oder durchschnittlich 3'900 Franken pro Betrieb. Die Anzahl Betriebe mit Direktzahlungen reduzierte sich von 2'717 auf 2'675; das sind 42 Betriebe oder 1,5 % weniger, was dem Rückgang in der Vorjahresperiode entspricht. Blick auf die einzelnen Beitragsarten Die Abschaffung von früheren Beitragsarten (Flächenbeitrag, RGVE-Beitrag, TEP-Beitrag) und die Neuschaffung von Kulturlandschaftsbeiträgen, Versorgungssicherheitsbeiträgen, Beiträge für die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion oder für schonende Bodenbearbeitung lassen vielfach keine direkten Vergleiche mit den Vorjahresbeiträgen mehr zu. Es können aber trotzdem folgende Feststellungen gemacht werden: • Bei den bestehenden Programmen Extenso, Biolandbau, RAUS und BTS konnten die Beiträge um 2,7 Millionen Franken oder 15 % gesteigert werden – dies als Folge der weiteren Zunahme der Beteiligung, aber auch wegen der Erhöhung der Beitragsansätze bei Bio und RAUS sowie als Folge der Aufhebung der Beitragsabstufung nach Grössenklassen bei hohen Tierbeständen. • Die ehemaligen «Allgemeinen Direktzahlungen» (Flächenbeitrag, RGVE-Beitrag, TEPBeitrag und Hangbeiträge) umfassten im Jahr 2013 noch rund 108 Millionen Franken und wurden ersetzt durch Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge, welche im Ressourceneffizienzbeiträge für präzise Applikationstechnik. 7 Jahr 2014 rund 68 Millionen Franken umfassten. • Die Summe der Biodiversitätsbeiträge (ehemals Ökologischer Ausgleich) inklusive der Qualitätsstufe II und der Vernetzung (Labiola) erhöhte sich um 4,5 Millionen Franken oder 23 %. • 269 Betriebe konnten von den neuen Alpungsbeiträgen im Umfang von rund 750'000 Franken profitieren. • 499 Betriebe erhielten rund 340'000 Franken für die «schonende Bodenbearbeitung». Im Startjahr 2014 konnten jedoch nur Frühlingssaaten, nicht aber Saaten vom Herbst 2013 angemeldet werden. • Bei der neuen Beitragsart «graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion» beteiligten sich 1'340 Betriebe und erhielten 3,6 Millionen Franken. • Bei fünf Betrieben konnte die Anschaffung von Pflanzenschutzgeräten mit präziser Applikationstechnik mit Beiträgen von rund 21'000 Franken unterstützt werden. sich im Jahr 2014 auf 4,3 Millionen Franken Einzelkulturbeiträge – dies insbesondere wegen der Reduktion der Beitragsansätze bei Ölfrüchten und Zuckerrüben um 300 Franken pro Hektar. • Trotz Erhöhung der Ansätze bei den Sömmerungsbeiträgen für die anerkannten Alpen sanken die ausbezahlten Beiträge im Kanton Aargau von 150'400 Franken auf 87'480 Franken. Der Grund liegt darin, dass Landwirtschaft Aargau nur noch die Beiträge an die drei im Kanton liegenden Sömmerungsbetriebe ausbezahlt. Die Beiträge an ausserkantonale Alpen, bei denen der Bewirtschafter aber im Kanton Aargau wohnt, werden neu von den Standortkantonen ausbezahlt. • Die erneute Mehrbeteiligung beim Ressourcenprojekt Ammoniak (Schleppschlauch) führte zu einer Beitragserhöhung um 12 % auf 1,24 Millionen Franken (inklusive Abdeckungen für Güllebehälter und andere bauliche Massnahmen). Sanktionen und Kürzungen • Der Faktor für die Umrechnung des Basisbeitrages betrug 0,4724. Gegenüber der ursprünglichen Schätzung, dass der Basisbeitrag im Jahr 2014 bei einem Faktor von ungefähr 0,6 liegen könnte, fiel der Übergangsbeitrag mit 18,2 Millionen Franken um fast 5 Millionen Franken tiefer aus als erwartet. • Die 5,2 Millionen Franken Ackerbaubeiträge 2013 reduzierten 8 Die Kürzungen wegen Mängeln beim ÖLN, Tierschutz, Gewässerschutz u.a. blieben unverändert bei 0,46 Millionen Franken. Da die Einkommens- und Vermögenskürzungen neu nur noch auf den Übergangsbeitrag angewendet werden, sanken die Kürzungen um 0,35 auf 0,47 Millionen Franken. Direktzahlungen und Beiträge 2014 Beiträge 2014 in Fr. Kulturlandschaftsbeiträge 6'260'119 Offenhaltungsbeitrag 2'006'233 Hangbeitrag 3'182'688 Steillagenbeitrag 8'238 Hangbeitrag für Rebflächen 310'575 Alpungsbeitrag 752'385 Versorgungssicherheitsbeiträge Basisbeitrag Produktionserschwernisbeitrag Beitrag für offene Ackerfläche und für Dauerkulturen Biodiversitätsbeiträge inkl. Labiola und Naturschutz Vernetzungsbeiträge Landschaftsqualitätsbeiträge Produktionssystembeiträge 62'006'608 47'192'517 4'287'966 10'526'124 19'665'249 4'130'465 192'304 23'733'215 Beitrag für biologische Landwirtschaft 2'549'648 Beitrag für extensive Produktion 2'995'624 Beitrag für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion 3'590'550 Beitrag für besonders tierfreundliche Stallhaltung (BTS) 5'393'795 Beitrag für regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS) 9'203'598 Ressourceneffizienzbeiträge Beitrag für emissionsmindernde Ausbringverfahren / Ammoniak Beitrag für schonende Bodenbearbeitung Beitrag für den Einsatz von präzisen Applikationstechniken Sömmerungsbeiträge Übergangsbeiträge Einzelkulturbeiträge (1186 Betriebe) Raps, Sonnenblumen, Ölkürbisse, Öllein, Mohn und Saflor 1'602'323 1'243'021 337'951 21'351 87'480 18'193'998 4'340'241 1'860'082 Saatgut von Kartoffeln, Mais, Futtergräsern und -leguminosen 39'480 Soja 58'050 Ackerbohnen, Eiweisserbsen und Lupinen zu Futterzwecken Zuckerrüben zur Zuckerherstellung Beiträge Nitrat- und Phosphatprojekte Zwischentotal Direktzahlungen und Beiträge Kürzungen Kürzungen Direktzahlungen Abzug EU-Direktzahlungen Kürzung SAK-Begrenzung Total Direktzahlungen und Beiträge 191'680 2'190'949 637'163 140'849'165 -463'614 -459'243 -700 -3'671 140'385'551 9 Stärkung der Kulturlandschaft durch Bund und Kanton Mit der Agrarpolitik 2014 – 2017 wurden vom Bund die Landschaftsqualitäts-Beiträge als neue Direktzahlungsart eingeführt. Damit sollen Landwirte für Leistungen zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung attraktiver Kulturlandschaften entschädigt werden. Louis Schneider Die Landwirtschaft trägt wesentlich dazu bei, die Vielfältigkeit der Kulturlandschaft, den regionalen Charakter und die Erholungsqualität zu erhalten und zu fördern. Vorgaben von Bund und Kanton Voraussetzung für die Ausbezahlung von Landschaftsqualitätsbeiträgen ist ein vom Bund bewilligtes, regionales Projekt. Eine kantonsinterne Arbeitsgruppe mit Vertretern der drei Abteilungen Landwirtschaft Aargau, Landschaft und Gewässer sowie Raumentwicklung hat die Vorgaben des Bundes in einem kantonalen «Förderprogramm Landschaftsqualität (LQ)» mit umfangreichen Planungsgrundlagen und -werkzeugen ergänzt und konkretisiert. Im Kanton Aargau liegt die Verantwortung bei den Regionalplanungsverbänden und beim regionalen Naturpark Jurapark Aargau, regionale LQProjekte zu erarbeiten. Landschaftsqualitäts-Massnahmen mit regionaler Wirkung Der kantonale LQ-Massnahmenkatalog umfasst 18 Einzelmassnahmen. Um die Regionalität der Landschaftsqualitäts-Projekte zu unterstreichen und zu fördern, haben die Trägerschaften die Möglichkeit, zusätzlich bis zu drei regionsspezifische Massnahmen zu entwickeln. Die Teilnahme an einem LQ-Projekt ist freiwillig, ebenso die Wahl der Massnahmen. Landwirtinnen beziehungs- Eine vielfältige Kulturlandschaft stärkt unsere Lebensqualität. 10 weise Landwirte in bewilligten LQ-Projektgebieten werden brieflich von der Abteilung Landwirtschaft Aargau über das weitere Vorgehen informiert. Die gewählten Massnahmen können von allen Landwirtinnen und Landwirten selbständig übers Agriportal im Mai deklariert werden. «Zusammen mit LWAG haben wir ein einfaches, ausgewogenes System für die neuen Landschaftsqualitäts-Beiträge erarbeitet und hoffen, dass sich möglichst viele Aargauer Landwirtinnen und Landwirte an den freiwilligen Massnahmen zum Erhalt traditioneller Kulturlandschaften und zur Förderung attraktiver Agglomerationsräume beteiligen werden.» Sebastian Meyer, Projektleiter Natur und Landschaft im Departement Bau, Verkehr und Umwelt Zur Erreichung der gesteckten Umsetzungs- und Wirkungsziele werden von den regionalen Trägerschaften Beratungen angeboten. Diese sind für die Landwirtinnen beziehungsweise Landwirte freiwillig und müssen auch selber finanziert werden. Damit die Projekte nach einer ersten Vertragsdauer von acht Jahren weitergeführt werden können, müssen am Ende zwei Drittel aller Bewirtschafterinnen beziehungsweise Bewirtschafter oder zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche am Projekt beteiligt sein. Gleichzeitig müssen die gesteckten Ziele zu mindestens 80 % erreicht werden. Landschaftsqualitäts-Projekte in Umsetzung und Planung Im Oktober 2014 wurden vier LQProjekte beim Bund eingereicht; alle sind im Februar 2015 zur Umsetzung bewilligt worden. Es sind dies: Jurapark, Lenzburg Seetal, Unteres Bünztal und Wynental. Daneben sind derzeit mindestens sieben Regionalplanungsverbände daran, Vorabklärungen für weitere Projekte zu treffen oder haben bereits mit der Erarbeitung begonnen. Der Kanton Aargau hofft, dass bis 2016 sämtliche Regionen ein entsprechendes Projekt eingereicht haben. Damit könnten alle Aargauer Landwirtinnen und Landwirte spätestens ab 2017 von dieser neuen Direktzahlungsart profitieren. Die Massnahmenkataloge und weitere Informationen zur Landschaftsqualität finden Sie auf unserer Website unter www.ag.ch/ landwirtschaft > Direktzahlungen und Beiträge > Beitragsarten > Landschaftsqualitätsbeiträge. Produktion, Landschaftsqualität und Biodiversität im Einklang. 11 Mit Modernen Meliorationen per Du Innerhalb von zwei Jahrzehnten hat Urban Kramer vier Moderne Meliorationen als Präsident der Bodenverbesserungsgenossenschaft von Anfang bis Ende geleitet: Schupfart, Boswil, Tägerig und Schwaderloch. Er gibt uns einen Einblick in seinen reichen Erfahrungsschatz. Thomas Hersche Der heute 74-jährige Urban Kramer bewirtschaftete von 1974 bis 2012 einen 23 ha grossen Landwirtschaftsbetrieb mit den Produktionsschwerpunkten Futterbau (ca. 25 Stück Grossvieh), etwas Ackerbau, Obst- und Rebbau. 2013 übergab er den Betrieb seinem Sohn Fabian, den er heute noch bei der täglichen Arbeit unterstützt. Urban Kramer, Wil AG, Landwirt 12 Machen Güterzusammenlegungen heute noch Sinn oder sind sie veraltet und nicht mehr nötig? Was meinst du dazu? Eine Arrondierung ist eine Grundvoraussetzung für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Bewirtschaftung von landwirtschaftlichem Kulturland. Sie ermöglicht eine Senkung der Produktionskosten, was zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit führt. Zerstreute kleine Parzellen, wie sie auch hier in Wil früher oft anzutreffen waren, sind heute – in Zeiten der Mechanisierung – ein grosses betriebswirtschaftliches Handicap. Objektiv betrachtet profitiert jeder Landwirt an einer Güterzusammenlegung. Eine gewisse Unzufriedenheit entsteht einzig durch «Futterneid», welcher Gedanken nährt wie «hat mein Nachbar nicht bessere Bedingungen erhalten als ich?». Moderne Meliorationen sind aber sehr kostspielige Massnahmen. Als alternative Lösungen kämen wohl einzig freiwillige Pachtlandarrondierungen in Frage, wobei eben Freiwilligkeit die Durchsetzung von Massnahmen verhindern kann. Wie hat sich das Verfahren «Moderne Melioration» in den vergangenen 20 Jahren geändert? Wie haben sich Änderungen der Landwirtschaftspolitik auf deine Tätigkeit ausgewirkt? Die Zielsetzungen, die mit einer Modernen Melioration verfolgt werden, sind heute viel breiter als noch vor zwei Jahrzehnten. Vor allem die Förderung der Biodiversität hat massiv an Gewicht gewonnen. Bis zu Beginn der 90er-Jahre stand stets der landwirtschaftliche Ertrag im Vordergrund. Die Ausräumung der Landschaft war damals noch kaum ein Thema. Viele Kleinstrukturen in der Kulturlandschaft verschwanden; heute werden sie jedoch wieder gefördert. Nicht geändert hat sich in den letzten 20 Jahren indessen das in der Verfassung verankerte Grundprinzip, dass «jeder vor dem Gesetz gleich ist», das heisst, wer Land hat, kriegt auch wieder Land – in ähnlicher Lage und Beschaffenheit. Wo liegen deiner Meinung nach die grössten Probleme bei der Realisierung von Modernen Meliorationen? Eine der grössten Herausforderungen war die sachgemässe Ausführung der baulichen Massnahmen. Wichtig ist dabei, dass man die örtlichen Gegebenheiten ernst nimmt. Gerade bei Wegerschliessungen führte dies immer wieder zu Problemen. Generell gilt, dass ein fester Belag dort notwendig wird, wo Personenwagen verkehren müssen. Beim Ausbau der Flurwege soll grundsätzlich der landwirtschaftliche Verkehr im Fokus stehen; die Radien sollten dabei so gewählt werden, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge und nicht zwingend auch Sattelschlepper verkehren können. Erschliessungen sind aber nicht nur kostenträchtig, sie sind auch bewilligungspflichtig – und gerade hier nimmt es der Kanton Aargau sehr genau. Lehrgeld musste in Schupfart bezahlt werden, weil aus Kostengründen ungeeignete Ausbauverfahren realisiert wurden. Auch Entwässerungen konnten nur notdürftig erstellt werden. Das Resultat nach einem Unwetter waren total ausgeschwemmte Strassen. An der nächsten BVG-Versammlung hagelte es heftige Kritik. In der AZ stand tags darauf «Nach dem Unwetter kam das Donnerwetter». Von diesem «Lehrplätz» haben aber alle Beteiligten gelernt und auch beim Kanton sind seither merkliche Fortschritte erzielt worden. Ein weiteres Problem ist auch, dass die Sorgfaltspflicht gerade bei neuen Wegen vernachlässigt wird. Dies ist bei Projekten, in denen Bund, Kanton und Gemeinde über 90 % der Kosten tragen, nicht unbedingt imagefördernd. Urban Kramer erläutert das Projekt anlässlich des Besuchs der Bundesfinanzverwaltung und des Bundesamtes für Landwirtschaft vom 9. April 2010 in Boswil. Was könnte bei den Verfahren verbessert werden? Grundsätzlich dauert es viel zu lange, bis die Bewilligungen für die Durchführung des Generellen Projekts erteilt werden. Namentlich bei der Modernen Melioration Schupfart war dies ein Ärgernis. Oft verhindern neue Rahmenbedingungen oder die Tatsache, dass Meliorationen auch der Gesellschaft «verkauft» werden müssen, ein schnelleres Verfahren. Ein Hieb gegen die Demokratie ist überdies, dass nicht an der Gründungsversammlung erscheinende Mitglieder laut ZGB bei der Abstimmung zu den Ja-Stimmen gezählt werden. Dank dieser Praxis kommt es leichter zur Gründung einer Melioration. Warum hast du dich mit so viel Herzblut für Moderne Meliorationen engagiert? Wie wichtig beurteilst du Teamarbeit und Kompromissbereitschaft in diesen Verfahren? Für mich bestand der Anreiz in erster Linie darin, etwas für die Gesellschaft zu tun. Eine «soziale Ader» wurde mir wohl auch in die Wiege gelegt, war doch bereits mein Vater Präsident der Schätzungskommission bei mehreren Regulierungen und zuständig für Bonitierungen. Zu Beginn vor 20 Jahren in Schupfart wurde ich dann aber direkt «ins kalte Wasser geworfen». Dort habe ich auch erfahren, wie wichtig eine gut funktionierende Teamarbeit ist. Angesichts der verschiedenen Interessen müssen immer wieder Kompromisse eingegangen und Meinungsverschiedenheiten bereinigt werden. Ohne Kompromissbereitschaft käme 13 eine Moderne Melioration nie zu einem Abschluss. Stolz kann ich sicher darauf sein, dass die Ausführungskommission der BVG Schupfart – mit Ausnahme eines berufsbedingten Austritts und dem Tod eines versierten Aktuars – während 20 Jahren zusammenblieb. Auch die Zusammenarbeit mit der Sektion Strukturverbesserungen und Raumnutzung des Kantons Aargau war geprägt von beidseitigem Vertrauen. Welche Eigenschaften braucht der Präsident einer Bodenverbesserungsgenossenschaft? Es ist sicher sinnvoll, wenn ein Präsident von auswärts kommt; er geht so ohne Vorurteile und ohne Ressentiments an seine Arbeit. Er sollte über die notwendigen Berufskenntnisse verfügen und bereit sein, mit den Behörden eng zusammenzuarbeiten. Für mich galt bei allen Regulierungen stets das Motto «Es ist nichts so gut, dass man es nicht noch besser machen kann». Der Präsident ist das Bindeglied zu den Amtsstellen, dem technischen Leiter, den Kommunalbehörden und zu den Genossenschaftern. Ich möchte aber festhalten, dass die Knochenarbeit jeweils bei den Technischen Büros liegt. Die Arbeit mit verschiedenen Büros machte die Aufgabe in all den Jahren für mich noch interessanter. Urban Kramer und Thomas Hersche, Leiter Strukturverbesserungen bei LWAG, posieren vor einem Landschaftsbild aus dem Jahr 1958 mit kleinräumigen Strukturen und vielen Bäumen in der Gemeinde Wil. 14 Was war dein schönster Moment, was die grösste Enttäuschung in deinem Amt als BVG-Präsident? Ein Highlight ist, wenn man an der Schlussversammlung ein Werk präsentieren kann, hinter dem man zu hundert Prozent stehen kann. Wichtig und motivierend war für mich ausserdem, dass ich mit allen Beteiligten ein gutes Einvernehmen pflegen konnte. Die grösste Enttäuschung war das Hinauszögern von Bewilligungsverfahren. Ich denke hier insbesondere an das Generelle Projekt in Schupfart, welches mehr als ein Jahr an höchster Stelle in der Schublade lag. Doch über die 20 Jahre meiner Tätigkeit betrachtet überwiegen die positiven Erlebnisse und Erfahrungen bei weitem. Eine letzte Frage noch – welches sind nach deiner Meinung die Profiteure einer Modernen Melioration? Ist es die Landwirtschaft oder die Ökologie? Hauptprofiteur ist sicher die Landwirtschaft. Arrondierungen und bessere Erschliessungen erlauben ihr eine kostengünstigere Bewirtschaftung des Kulturlandes. Aber die Landwirte müssen lernen, Kompromisse einzugehen und diese in der Folge zu akzeptieren. Viel zu oft finden unnötige «Machtspiele» statt, die sich letztlich nur als kontraproduktiv erweisen. Gefragt wäre vielmehr Sachlichkeit! Es hat sich zudem gezeigt, dass ökologische Elemente beziehungsweise Kleinstrukturen besser akzeptiert werden, wenn sie dem Bewirtschafter passen und nicht aufgezwungen werden. Der Bauer muss sich letztlich mit dem identifizieren, was er macht. Urban, vielen Dank für Deinen langjährigen Einsatz im Sinne der Landwirtschaft und für dieses interessante Gespräch! Sanierung von 5 ha Fruchtfolgeflächen in Rietheim Im Raum Rietheim wurde bereits vor 100 Jahren Salz gewonnen. Die dadurch entstandenen, in knapp 250 m Tiefe liegenden Kavernen begannen sich seit den 50er-Jahren langsam zu schliessen. Als Folge davon senkte sich das Kulturland im Schnitt um rund drei Meter – mit gravierenden Folgen für die Landwirtschaft. David Brugger Das zentrale Senkungsgebiet nördlich von Rietheim umfasst rund 7 ha Kulturland und befindet sich im Bereich mächtiger Grundwasservorkommen des Rheintals. Der Grundwasserspiegel liegt nur noch knapp unter der Terrainoberfläche und muss heute mit einem Pumpensystem künstlich um einen Meter abgesenkt werden. Mit sechs Pumpen werden so jährlich bis 1,7 Mio. m3 Wasser in den Rhein gepumpt. Trotzdem stehen die Flächen oft unter Wasser und können nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht genutzt werden. 2012 hatten das BVU und Pro Natura Aargau die Arbeiten für Luftbild 2007 mit flächig stehendem Wasser im Senkungstrichter. Mit den Jahren hat sich eine Baumhecke etabliert. Vor der Absenkung war hier Kalkbraunerde mit über 90 Bodenpunkten anzutreffen. die Renaturierung der Rheinaue in Rietheim mit 9,4 Mio. Franken ausgeschrieben. Dabei zeigte sich, dass rund 150'000 m3 überschüssiges Bodenmaterial (Ober- und Unterboden sowie sandiger Aushub) anfällt, das im Auengebiet nicht mehr verwendet werden kann und in einer bewilligten Aushubdeponie hätte entsorgt werden müssen. Es lag auf der Hand, dieses Material besser zu verwerten. Im Frühjahr 2014 wurde ein entsprechendes Sanierungsprojekt mit folgenden Punkten eingereicht: 1. Bodenabtrag (A- und B-Horizont) 2. Einbau von sandigem-kiesigem Aushubmaterial aus der Auenrenaturierung und Anschüttung bis 3 Meter. 3. Bombierung der Fläche und Sicherstellung der Entwässerung. 4. Neuer Bodenaufbau mit dem vorhandenen und zugeführten Ober- und Unterboden. 5. Mindestens drei Jahre Folgebewirtschaftung mit LuzerneGras-Mischung zur Stabilisierung des neuen Bodenaufbaus. Ansicht Richtung Süden auf den Sanierungsperimeter. Sichtbar sind im linken Bildbereich die Grundwasserfassung von Rietheim und entlang des Flurwegnetzes das Pumpensystem der Solvay AG. Die Liegenschaft in der Bildmitte wurde im Rahmen der Sanierungsarbeiten abgebrochen und die Fläche ebenfalls rekultiviert. 15 Gespräch mit einem Direktbetroffenen Herr Schneider, wie hat sich die seit den 50er-Jahren stattfindende stetige Geländeabsenkung in der Bewirtschaftung Ihres Betriebes ausgewirkt? Die Setzungen betragen bis zu drei Meter. Dadurch steht das Grundwasser teilweise bis über dem Terrain, und dies trotz Dauerbetrieb von Pumpen der Verursacherin Solvay Schweiz AG. Für die Bewirtschaftung heisst das im Futterbau: Vernässungen, schlechte Futterqualität, Weideparasiten. Ein Ackerbau ist auf einer Fläche von rund 2 ha nicht mehr möglich. Wo liegt aus Ihrer Sicht die Schwierigkeit bei der Erarbeitung eines Bodenverbesserungsprojekts? In das Bewilligungsverfahren waren diverse Fachstellen des Kantons involviert, deren Anliegen und Einwände teilweise diametral auseinander lagen. Sofort wurde auch der Ruf nach zusätzlichen Ökoflächen laut, obschon es sich um ein reines Bodenverbesse- Christian Schneider bewirtschaftet am Rande von Rietheim den Fäsacherhof mit Hauptausrichtung Ackerbau und Mutterkuhhaltung. Er ist von den Sanierungsarbeiten massgeblich betroffen. 16 rungsprojekt von bestehendem Kulturland handelt. Das A und O ist aber der sorgfältige Einbau der Bodenschichtungen unter Beizug von Fachleuten. Die Auflagen in der Folgebewirtschaftung sind streng. Diese Flächen dürfen während einer Zeit von drei Jahren nur als Heuwiesen genutzt werden (keine Weide und Silagebereitung). Ein abschliessendes Fazit dieses Projekts wird man aber erst in einigen Jahren ziehen können. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden – insbesondere mit LWAG – im Rahmen dieses Projekts erlebt? Die Fachleute von Landwirtschaft Aargau haben sich gegenüber den anderen involvierten Fachstellen für das Projekt aus Sicht einer praxisorientierten Landwirtschaft stark gemacht. Der persönliche Kontakt mit mir als Direktbetroffenem klappte vorzüglich. Auch während der Einbauphase kann ich mich bei Problemen schnell und unbürokratisch an die Mitarbeiter von LWAG wenden. Die Landwirtschaft erhält rund 5 ha gut bewirtschaftbare Ackerflächen zurück. (Foto: Birchmeier Hoch- und Tiefbau AG) Bäuerliche Liegenschaften im Eigentum juristischer Personen Felix Peter Das Eigentum an landwirtschaftlichen Gewerben liegt in den meisten Fällen bei natürlichen Personen. Hingegen befinden sich zahlreiche landwirtschaftliche Grundstücke im Eigentum von juristischen Personen. Als solche gelten vorab Kapitalgesellschaften wie Aktiengellschaften oder GmbH's, aber auch Stiftungen, Vereine und die öffentliche Hand. Der Erwerb landwirtschaftlicher Liegenschaften durch juristische Personen wird durch das bäuerliche Bodenrecht jedoch stark eingeschränkt. Das Bedürfnis, landwirtschaftliche Liegenschaften (Grundstücke und Gewerbe) eigentumsmässig einer juristischen Person zu übertragen, ist vorhanden und nach unseren Beobachtungen steigend. Neben den bodenrechtlichen Bestimmungen, die den Erwerb der landwirtschaftlichen Liegenschaften regeln, muss das Augenmerk auch auf die Bereiche Das Weingut Hartmann in Remigen feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Es ist seit 2013 als Aktiengesellschaft organisiert, da der Betrieb mit seinen komplexen Strukturen eine Dimension erreicht hat, die mit einer Einzelfirma nicht mehr abgedeckt werden kann. (Foto: Weinbau Hartmann AG) Direktzahlungen und Steuern gerichtet werden. Es ist durchaus denkbar, dass die gewünschte Handänderung aus bodenrechtlicher Sicht möglich ist, in der Folge aber die Anforderungen an die Direktzahlungen nicht mehr erfüllt sind. Es wurden auch schon Fälle beobachtet, bei denen aus steuerlicher Sicht ein Zurück ins Eigentum von natürlichen Personen nicht mehr finanzierbar war. Die nachstehenden Ausführungen konzentrieren sich aber auf den bodenrechtlichen Bereich. Dies insbesondere auch deshalb, weil sich das Bundesgericht dazu unlängst in einem konkreten Fall geäussert hat. Juristische Person ist nicht gleich juristische Person Der Erwerb landwirtschaftlicher Liegenschaften ist gemäss Zweckartikel des bäuerlichen Bodenrechts den landwirtschaftlichen Selbstbewirtschaftern vorbehalten. Der Gesetzgeber hat jedoch einige Ausnahmeregelungen dazu erlassen. Juristische Personen wie eine Aktiengesellschaft, eine GmbH, aber auch Genossenschaften, deren Mitglieder die Anforderung an die Selbstbewirtschaftung erfüllen können, werden seit jeher zum Erwerb zugelassen. Dazu muss sich nach geltender Bewilligungspraxis eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 90 % der Anteile im Eigentum der Selbstbewirtschafter befinden. Vereinen und Stiftungen, die von ihrer Rechtsnatur her diese Anforderungen nicht erfüllen können, darf der Erwerb als Selbstbewirt17 schafter nicht bewilligt werden. Sie können nur dann solche Liegenschaften erwerben, wenn sie einen gesetzlichen Ausnahmetatbestand erfüllen. Keine Bewilligung bedarf der Erwerb durch Erbgang (Testament oder Erbvertrag). Ausnahmebewilligungen können erteilt werden, wenn ein seit langem als Ganzes verpachtetes landwirtschaftliches Gewerbe zur Erhaltung dieses Pachtbetriebes erworben wird oder wenn sich trotz öffentlicher Ausschreibung zu einem nicht übersetzten Preis kein geeigneter Selbstbewirtschafter findet, der ein landwirtschaftliches Grundstück oder Gewerbe kaufen will. Bei der Umwandlung unserer Einzelfirma in eine AG wurden wir durch das zuständige Notariat, unseren Treuhänder und durch LWAG kompetent und professionell unterstützt und begleitet. Bei jedem Entscheid stand der Mensch im Mittelpunkt. Mit der neuen Rechtsform haben wir bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Die Betriebsführung hat dadurch nur gewonnen und eine transparente Struktur bekommen. Eine solche Rechtsform ist aber nur für grosse, spezialisierte Betriebe zu empfehlen. Bruno und Ruth Hartmann, Weingut Remigen 18 Anforderungen an den Kauf einer AG oder GmbH Das Bundesgericht hat unlängst diese Anforderungen zusätzlich präzisiert. So hält es grundsätzlich daran fest, dass die Mehrheit der Gesellschafter die Selbstbewirtschaftung erfüllen muss. Weiter wird konkretisiert, dass ausschliesslich Namensaktien ausgegeben werden dürfen und Holdingstrukturen nicht zulässig sind. Dies ist durchaus verständlich und nachvollziehbar, wird doch mit dieser Massnahme sichergestellt, dass sich die Aktien auch tatsächlich im Eigentum der Selbstbewirtschafter befinden. Die aargauische Bewilligungspraxis sieht zudem vor, dass der Zweck dieser juristischen Person gemäss Statuten eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung beinhalten muss. Weiter müssen die landwirtschaftlichen Liegenschaften das Hauptaktivum aus- machen, damit sie auf Grund ihrer Wertigkeit beim Einbringen von wertvolleren Aktiven nicht untergehen. Problematik Handänderung Die Handänderung von Grundstücken erfolgt grundsätzlich über das Grundbuch. Ist eine juristische Person einmal im Grundbuch eingetragen, laufen die Handänderungen in der Folge über den Handel der Anteile ausserhalb des Grundbuches ab und sind daher nicht mehr gleich gut kontrollierbar. Deshalb schreibt das Bundesgericht, dass auch die Handänderungen solcher Anteile der bodenrechtlichen Bewilligungspflicht unterstellt sind. Eine Sicherstellung dieser Anforderung ist möglich, indem dies in den Statuten entsprechend festgeschrieben wird. Weiter kann in der Erwerbsbewilligung eine entsprechende Auflage verfügt werden. Hinsichtlich der konkreten Umsetzung wird allerdings Neuland betreten. Das Handelsregisteramt, welches für diese Übertragungen zuständig ist, ist zunehmend auf diese Problematik hin zu sensibilisieren. Liebegg 2014 – «Familiesach» Hansruedi Häfliger Familienbetriebe sind in der Schweiz und weltweit das beste Modell, um eine verantwortungsvolle Landwirtschaft zu betreiben. Diese Erkenntnis wurde im UNO-Jahr 2014 der bäuerlichen Familienbetriebe auf eindrückliche Art und Weise weiter gefestigt. Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg stellt seit vielen Jahren Menschen in den Mittelpunkt – Bauernfamilien, die mit viel Engagement und Fleiss am Werk sind. Die Aargauer Bauernfamilien leben tagtäglich Verantwortung, indem sie qualitativ hochwertige Nahrungsmittel produzieren und für eine attraktive Landschaft sorgen. Die Familienbetriebe stehen aber auch für Multifunktionalität und Vielfalt, was ein zukunftsgerichteter und relativ krisensicherer Weg ist. Und schliesslich sind Familienbetriebe nicht nur Arbeits-, sondern auch Lebensgemeinschaften mit einem starken Solidaritätsgefühl und breit abgestützten, langfristigen Strategien. Frauen übernehmen zunehmend auch technische Arbeiten. All diese Merkmale sprechen für unternehmerische Freiräume und Offenheit für Innovationen, bedingen aber faire und verlässliche politische Rahmenbedingungen. Mit der Agrarpolitik 14 – 17 wurden neue Rahmenbedingungen geschaffen, die zwar kompliziert, aber doch über einen längeren Zeitraum verlässlich sind. Das Liebegger Team hat im vergangenen Jahr alles daran gesetzt, die Bauernfamilien in ihrer täglichen Verantwortung wirkungsvoll zu unterstützen. Gefragte Nachwuchskräfte Gemäss Bundesamt für Statistik werden aktuell mehr als die Hälfte aller Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz von über 50-jährigen Personen bewirtschaftet. Die genaue Altersstruktur der Betriebsleiter im Kanton Aargau wird derzeit ermittelt, es sind jedoch kaum grössere Abweichungen zu erwarten. Die gesamte Branche sucht gut qualifizierte Berufsleute, nicht nur als Hofnachfolger, sondern auch als Fachkräfte in den vor- und nachgelagerten Produktions-, Verarbeitungs- und Vermarktungsbereichen. An der Liebegg sind die Lernendenzahlen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, sowohl in der Landwirtschaft als auch bei den Bäuerinnen und in der Hauswirtschaft. Gegenwärtig stehen rund 80 Landwirte im letzten Ausbildungsjahr und der Fachkurs Bäuerin ist jährlich ausgebucht. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung ist weiterhin alles daran zu setzen, junge und jung gebliebene Menschen für das Arbeits- und 19 Lebensmodell der Bauernfamilie begeistern zu können, wenn das Minimalziel von 2'000 gesunden Bauernbetrieben im Aargau bis im Jahr 2020 erreicht werden soll. Beratungsfällen geführt – insgesamt über 900 Bäuerinnen und Bauern haben die Kompetenzen der Liebegger Fachspezialisten genutzt und sich individuell oder in Gruppen beraten lassen. Vielfältige Kompetenzen Verlässliche Netzwerke Erfolgreiches Unternehmertum ist keine Frage der gegenwärtigen Grösse, sondern eine Frage der Fähigkeit zum Wandel. Diese Fähigkeit zum Wandel bedingt nebst einem guten Fachwissen auch fundierte Kompetenzen im Bereich der Unternehmensführung. Vielfältig wie die Weiterbildungs- und Beratungsbedürfnisse der Bauernfamilien im vermutlich vielseitigsten Agrarkanton der Schweiz präsentierte sich auch das Liebegger Weiterbildungsund Beratungsangebot im Jahr 2014. Über 12'000 Personen besuchten die rund 200 Kurse und machten sich auf diese Weise fit für künftige Entwicklungsschritte. Die neue Agrarpolitik hat zu einer Zunahme von über 100 Das massive Auftreten der Kirschessigfliege im Jahr 2014 hat den Stellenwert von zuverlässigen und kompetenten Partnern deutlich vor Augen geführt. Dank guter Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen und Institutionen konnte ein koordiniertes Monitoring aufgebaut und damit eine rechtzeitige und nutzbringende Information der Produzenten sichergestellt werden. Dank dem international und national koordinierten Knowhow-Transfer dürften erfolgsversprechende Bekämpfungsmassnahmen deutlich früher praxisreif werden. Auch in allen anderen Fachbereichen sowie in der Berufs- und Weiterbildung wird die Zusammenarbeit national und international laufend ausgebaut und vertieft, denn nur mit Bündelung der Ressourcen und des Know-hows kann das immer stärker geforderte Spezialwissen für die Bauernfamilien effizient bereit gestellt werden. Motivierte Menschen 350 Besucher am Ackerbautag 2014. 20 Nebst dem gut ausgefüllten Tagesgeschäft in der Berufsbildung, in der Weiterbildung und Beratung, im Versuchswesen sowie im Vollzug in Spezialbereichen hat das Liebegger Team an verschiedenen Projekten gearbeitet. So trafen sich 320 Milchproduzenten aus der ganzen Welt zum European Dairy Farmers Kongress in der Schweiz. Und die Junglandwirte aus den Kantonen Basel, Solothurn und Aargau gründeten ein Forum mit über 100 Teilnehmen- den an der Startveranstaltung in Vordemwald. Das wichtigste Projekt aus Liebegger Sicht war aber der zweite Liebegger Tag vom 21. September 2014. Trotz gelegentlichen Regengüssen genossen rund 3'000 Besucherinnen und Besucher die vielen Attraktionen und kulinarischen Köstlichkeiten für Gross und Klein. Dieser gelungene Brückenschlag zwischen Stadt und Land war einmal mehr Beweis genug, dass eine breite Bevölkerung zur Aargauer Landwirtschaft steht und die Arbeit der Bauernfamilien zu schätzen weiss. Eine Erkenntnis, die motiviert und das Liebegger Team anspornt, die Bauernfamilien als Fundament unserer Landund Hauswirtschaft mit allen Kräften zu unterstützen. Liebegger Tag – Brückenschlag zwischen Stadt und Land. Man hat im Leben nie ausgelernt! Lernen hört nach der Schule dazu bei, die kontinuierlichen und der beruflichen Grundbil- Veränderungen im betrieblidung nicht auf. Lernen ist ein chen Umfeld erfolgreicher zu wesentliches Werkzeug zum meistern. Neben der fachlichen Erlangen von Wissen und damit Qualifikation werden Kompefür die Gestaltung der persönli- tenzen wie Kommunikation oder chen und betrieblichen Zukunft. Selbstmanagement zunehmend Lebenslanges Lernen trägt auch wichtiger. Jörg Mühlebach Weiterbildung auf einen Blick 2012 2013 2014 Anzahl Kurse 246 232 214 Anzahl Kurshalbtage (Umrechnung der Kurse in Halbtage) 541 502 504 Kursteilnehmende 12'701 12'937 12'233 Anzahl Teilnehmerhalbtage 23'015 22'578 22'293 19 21 20 Arbeitskreise 21 Kunden erwarten qualitativ hochstehende Produkte Erfolgreiche Direktvermarktung besteht aus geschmackvollen ästhetischen Produkten, hygienischer Herstellung, korrekter Deklaration, schöner Präsentation, klarer Preisgestaltung sowie erfolgreichem Marketing. Manuela Huber Die Kunden gehen davon aus, dass bei der Produktion in der Direktvermarktung die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten und die Produkte professionell hergestellt werden, ohne die persönliche Note zu verlieren. Die Liebegg unterstützt die Direktvermarkter / -innen gerne mit aktuellen Weiterbildungen und Beratungen, damit dieser Betriebszweig weiter optimiert werden kann. Das Selbstkontrollkonzept trägt zu dieser Professionalität bei. Das Selbstkontrollkonzept enthält einen kurzen Betriebsbeschrieb sowie Weisungen und Kontroll- formulare. Welche Weisungen von einem Betrieb eingehalten und welche Kontrollformulare ausgefüllt werden, hängt sehr stark von der Produktepallette ab und kann durch die Gefahrenanalyse beurteilt werden. Besonderes Augenmerk erhalten die leichtverderblichen Produkte wie Fleisch und Milchprodukte, die konstant kühl gelagert werden. Damit die Vorgaben korrekt umgesetzt und verstanden werden, ist es wichtig, dass alle Mitarbeitenden geschult werden. Dazu gehören auch Familie und Freunde, welche ab und zu mithelfen. Rezepturen und Rückverfolgbarkeit – für eine gute Qualität Mit schriftlichen Rezepturen kann dem Konsument gleichbleibende Qualität garantiert werden. Diese Arbeitshilfen liegen bereit, wenn eine Auskunft gewünscht wird oder die alljährliche saisonale Produktion startet. Aufgrund der Rezepturen dokumentieren alle Produzenten, woher sie ihre Rohstoffe beziehen. Weiter notieren sie allfällige Verkäufe an Wiederverkäufer. Dies ermöglicht einen transparenten Warenfluss. Je mehr Verarbeitungsstufen ein Produkt durchläuft, umso komplexer wird die Rückverfolgbarkeit. Eigene Produkte vom Hof zu vermarkten trägt zum Einkommen in der Landwirtschaft bei und macht Freude. Die Beraterinnen und Berater der Liebegg unterstützen Sie gerne dabei und sind offen für Ihre Fragen. Temperaturkontrolle beim Wareneingang – Teil der Selbstkontrolle. 22 Liebegger Ackerbautag 2014 – Zukunft im Blickfeld Andreas Distel Unter dem Motto «Liebegger Ackerbautag – der Treffunkt für Praktiker» fand am 16. Mai 2014 auf dem Zelglihof von Silvia und Daniel Habegger in Mägenwil der Ackerbautag statt. Mit rund 300 Besuchern war dieser «Leuchtturmanlass» ein grosser Erfolg für die Organisatoren des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg. Zufriedene Gesichter bei den Besuchern standen für den grossen Erfolg dieses Tages. bisigem, aber trockenem Wetter nach Mägenwil. Nach den erfolgreichen Ackerbautagungen in den vergangenen Jahren lud das Liebegger Feldbauteam auch im 2014 zum Liebegger Ackerbautag ein. Verschiedene aktuelle Themen rund um den Acker- und Futterbau standen dabei im Zentrum. Ein besonderes Augenmerk der Veranstaltung lag auf dem Verarbeitungsgemüse, das erstmals mit einem Posten vertreten war. Der halbtägige Anlass stiess auf sehr grosses Interesse. An die 300 Fachleute aus dem Ackerbau, dem Futterbau und dem Verarbeitungsgemüse strömten bei Auf die Begrüssung von Andi Distel folgte ein Kurzreferat von Nationalrat Hansjörg Knecht zum Thema «Schweizer Ackerbau – Stellenwert und Aussichten am Markt». Danach wurden die Teilnehmenden auf vier Gruppen verteilt, welche die Posten Ackerbau, Futterbau, Verarbeitungsgemüse und Pflanzenschutz im Turnus ansteuerten. Liebegger Ackerbautag – Diskussionen zum Anbau von Folienmais. Externe Referenten und Fachleute der Liebegg boten den Besuchern ein breites Angebot an aktuellen Themen. Dank dem Engagement von verschiedenen beteiligten Partnern, insbesondere dem Betriebsleiterehepaar Habegger, durften die Besucher auch rund um den fachlichen Teil des Anlasses einiges erwarten. Um den Besuchern ein attraktives Programm zu bieten, wurden im Vorfeld der Veranstaltung verschiedene Feldversuche angelegt. Beim Posten Ackerbau wurden die Teilnehmenden auf die Optimierungsmöglichkeiten im Rapsdrusch und den Anbau von Folienmais aufmerksam gemacht. Nebst theoretischen Inputs zu Saatdichte oder Schnitthöhe beim Raps waren auch Drescher mit unterschiedlichen Schneidwerken und speziellen Rapstischen zu besichtigen. Auch das Thema Druschzeitpunkt gab Anlass zur Diskussion. Die noch unbekannte Maisanbaumethode unter der biologisch abbaubaren Folie faszinierte die Anwesenden offensichtlich. Es wurde eifrig über die Vor- und Nachteile dieses Verfahrens diskutiert und die 23 höheren Anbaukosten mit dem zu erwartenden Mehrertrag verglichen. Der Posten Futterbau präsentierte verschiedene Sortenmischungen, die je nach Nutzungsart und Standort empfohlen werden. Es wurden unterschiedliche Schnitttechniken gezeigt und Präsentationen der dazugehörigen Mähtechnik sowie Vor- und Nachteile angesprochen. Dass sich eine tiefere Schnitthöhe eher negativ auf den NEL-Wert (Netto-Energie-Laktation) auswirkt und ein höherer Rohaschegehalt zu erwarten ist, war ein Fazit dieses Postens. «Den Ackerbautag mit der Liebegg durchzuführen war eine tolle Erfahrung. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg mit überkantonaler Ausstrahlung und mit Sicherheit ein Pflichtanlass für die Aargauer Landwirte. Es hat meine Frau und mich mit Stolz erfüllt, die vielen Besucher begrüssen zu dürfen und die äusserst positiven Rückmeldungen entgegen zu nehmen.» Daniel und Silvia Habegger, Mägenwil, Gastgeber Ackerbautag 2014 24 Am Pflanzenschutzposten wurden aktuelle Themen rund um die Applikationstechnik und der Problematik der Spritzenreinigung vorgestellt. Zusätzlich wurden verschiedene Spritzverfahren (z.B. Drop-leg) und Düsentypen (z.B. Injector-Düsen) im Praxiseinsatz demonstriert. Ebenso gab es Informationen zu den aktuellsten gesetzlichen Bestimmungen im Bereich von Abstandsauflagen in Gewässernähe. Vorgeführt wurde zudem ein Additiv zur korrekten Einstellung des pH-Wertes und des Härtegrades des Wassers in der Spritzbrühe. Dies wird benötigt, um die volle Wirkung bestimmter Pflanzenschutzmittel respektive deren Wirkstoffe zu erreichen. Auch dem Thema Verarbeitungsgemüse wurde ein Posten gewidmet. So wurde ein Versuch mit verschiedenen Herbizidvarianten in Spinat und Erbsen vorgestellt. Es gab fachkundige Inputs zum Anbau von Drescherbsen- und Spinatkulturen. Dass der Kartoffelkäfer auch in Erbsenbeständen ein Problem darstellen kann, da er eine ähnliche Grösse wie die Erbsen selber hat und daher durch das Dreschsieb passt, sorgte für Diskussionsstoff. Für das leibliche Wohl der Besucher hatten das Ehepaar Habegger mit einem engagierten Cateringservice gesorgt. Von der Begrüssung bis zum Mittagessen wurden die Gäste hervorragend verpflegt. Es wurde bis weit nach dem gemeinsamen Mittagessen gefachsimpelt und Erfahrungen ausgetauscht. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen zeigen, dass der Anlass bei Fachleuten und Praktikern sehr gut ankommt und mittlerweile einen festen Termin im Kalender der Produzenten hat. Das OK des Ackerbautages freut sich bereits jetzt auf den nächsten und hoffentlich genauso erfolgreichen Ackerbautag 2015 auf dem Betrieb Agrino Imboden und Peterhans in Remetschwil – die ersten Ideen sind besprochen und die Planung ist bereits in vollem Gange. AP 14 – 17: Neue Voraussetzungen aktiv angehen 10 Millionen Franken weniger Direktzahlungen im Kanton Aargau. Die Agrarpolitik 14 – 17 führte zu einer Neuausrichtung mit der gezielten Förderung der Aufgaben in der Bundesverfassung. Die Qualität, insbesondere in der Biodiversität, soll stärker honoriert werden. Peter Weber «An den Liebegger Fachtagungen gab es Informationen und Emotionen. Medienleute besuchten sie nicht nur, um darüber zu schreiben – dort zeigte sich auch, was die Bauernfamilien bewegt. Das tut derzeit die AP 14 – 17 reichlich, wie der grosse Besucheraufmarsch und die Wortmeldungen am Agrarpolitik-Abend bewiesen. Auch die Landwirte und Bäuerinnen nutzten den Anlass für mehrere Zwecke: Um sich zu informieren, um Fragen und Bedenken loszuwerden und sich beim anschliessenden Kaffee mit Berufskollegen auszutauschen.» Ruth Aerni, Lupfig, Redaktorin Bauernzeitung agrarpolitischen Massnahmen des Bundes zugewiesen wird. Die Kantone könnten wenig Einfluss nehmen auf die Bundespolitik. Die Rolle der kantonalen Verwaltung sei es, in der Umsetzung den Handlungsspielraum zu nutzen und als Dienstleister, Förderer und Partner der Landwirtschaft den Rücken zu stärken. Ein wichtiges Ziel war zudem, den Einkommensrückstand im Drei Meisterlandwirte zeigten im Berggebiet auszugleichen. In der zweiten Teil, wie sie auf die neuFolge werden Betriebe im Talge- en Rahmenbedingungen der AP biet und die Tierhaltung weniger 14 – 17 reagieren. Alle Betriebsunterstützt. Die Aargauer Betrie- leiter müssen sich mit weniger be erhalten mit der AP 14 – 17 we- Direktzahlungen abfinden. Altersentlich weniger Direktzahlungen. nativen, die fehlenden Beiträge Statt 150 Millionen Franken wie mit neuen Direktzahlungsproin den Vorjahren waren es 2014 grammen wettzumachen, sind noch 140 Millionen Franken; das bescheiden: bedeutet eine Reduktion um rund • Innerbetriebliche Optimierung und Intensivierung in der 7 % oder pro Betrieb im Mittel fast Milchwirtschaft haben höhere 4‘000 Franken. Priorität vor Anpassungen an Anforderungen für neue Direktzahlungen. Agrarpolitische Fachtagungen sind gefragt • Der Ertrag aus der Produktion – im konkreten Fall ein RapAgrarpolitik an der Liebegg orgapen mehr für die Milch – hat nisiert vom Fachbereich Agrareinen wesentlich grösseren wirtschaft Liebegg in ZusammenEinfluss auf das Einkommen als arbeit mit dem Bauernverband die Direktzahlungen. Aargau, dem Verein Aargauer Meisterlandwirte und dem Verein Ehemalige Liebegger. Die Fach- • Das Wichtigste ist, eine klare Strategie für den Betrieb zu tagung vom 8. Januar 2015 in der haben und diese auch umzuAula am Landwirtschaftlichen setzen. Zentrum Liebegg richtete den Fokus auf die Folgen der Agrarpolitik 14 – 17 im Kanton Aargau. • Angestrebt wird auch die Möglichkeit, frei werdende Zeit im Das Interesse war gross, rund Nebenerwerb zu nutzen. 260 Landwirte besuchten die Veranstaltung. Direktzahlungsabrechnung nach Matthias Müller, Abteilungslei- AP 14 – 17: Lesen und Verstehen! ter von Landwirtschaft Aargau, Direktzahlungen optimieren? informierte, welche Rolle dem Im Januar 2015 haben sich an Kanton bei der Umsetzung der vier regionalen Veranstaltungen 25 «Ein Thema aus Politik oder Wirtschaft will der Verein Aargauer Meisterlandwirte im Anschluss an die Generalversammlung behandelt haben. Berufskollegen konnten mit kurzen Referaten und in der Podiumsdiskussion, praxisnah die Auswirkungen der neuen AP auf Aargauer Betriebe aufzeigen. Die Veranstaltung wurde getragen vom Verein Ehemalige Liebegger, vom Verein Aargauer Meisterlandwirte, dem Bauernverband Aargau und der Liebegg – eine erfreuliche Zusammenarbeit.» Thomas Strebel, Mägenwil, Präsident Verein Aargauer Meisterlandwirte 26 Kurt Huber aus Muri zur Agrarpolitik an der Liebegg. über 600 Aargauer Betriebslei- wie die Ressourceneffizienzbeiterinnen und Betriebsleiter über träge (Schleppschlauch, schonendie neuen Direktzahlungen nach de Bodenbearbeitung) auf vielen der AP 14 – 17 informiert. Daniel Betrieben ein Thema werden. Müller und Ueli Frey von Landwirtschaft Aargau zeigten, wie Peter Weber und Christoph Beydie Direktzahlungsabrechnung eler vom Landwirtschaftlichen 2014 zu lesen ist und welche Punk- Zentrum Liebegg führten durch te speziell beachtet werden müs- die Veranstaltungen und fordersen. Christoph Ziltener und Erich ten die Landwirtinnen und LandHuwiler vom Landwirtschaftli- wirte auf, aktiv in den regionalen chen Zentrum Liebegg gaben Vernetzungs- und LandschaftsTipps zu Optimierungsmöglichkei- qualitätsprojekten mitzumachen. ten nach neuer Direktzahlungsver- Auch betriebsspezifische Optiordnung. Neben der Qualitätsstufe mierungsmöglichkeiten müssten 2 und der Vernetzung der Biodi- geprüft werden. Nicht nur bei den versitätsförderflächen könnten Direktzahlungen, auch bei der Bedie Beiträge für graslandbasierte triebsführung gibt es sehr oft OpMilch- und Fleischproduktion so- timierungspotential. Leben mit der Kirschessigfliege Was die Kirschessigfliege oder Drosophila suzukii ist, dürfte nach dem Befallsjahr 2014 jedem klar sein. Obwohl noch nicht alle Details zur Biologie bekannt sind, werden wir uns wohl in den nächsten Jahren mit diesem Insekt arrangieren müssen. Suzanne Schnieper «Das letzte Jahr hat gezeigt, wie verletzlich unsere Produktion ist. Das Jahr 2015 wird zeigen, welche Massnahmen gegen die Kirschessigfliege greifen werden. Sicher ist, dass wir wirtschaftliche und zugleich ökologische Massnahmen brauchen, um unsere Früchte zu schützen.» David Bamert, Brittnau, Gemüse- und Beerenproduzent Wenn man die bisherigen Informationen zur Herkunft, zur Biologie und zur weltweiten Ausbreitung der Kirschessigfliege (KEF) zusammenträgt, so drängt sich folgende Aussage auf: Dieses «Viech» werden wir nicht mehr los. Eine vollständige Ausrottung ist unrealistisch, wenn man den Wirtspflanzenkreis anschaut. So sind die Hochstammkirschen nur eine von vielen Wirtspflanzen. Unsere Wälder mit Holundersträuchern, Brombeergestrüpp und vielen weiteren einheimischen Beerenarten bieten der KEF einen idealen Lebensraum. Wie sich das biologische Gleichgewicht mit natürlichen Feinden längerfristig einspielen wird, werden wir in den nächsten Jahren beobachten können. Wie können wir die Schäden in Beeren- und Obstkulturen sowie im Weinbau reduzieren? Das nationale Monitoring kann nur Anhaltspunkte über die allgemeine Aktivität der KEF geben. Jeder Produzent sollte die Lage und das Befallsrisiko seiner Parzellen selber beurteilen und passende Massnahmen ergreifen. Dies fängt an mit einzelnen Kontrollfallen, die bereits im Frühjahr aufgestellt und regelmässig kontrolliert werden. Dann gilt es allfällige physikalische Massnahmen zu prüfen (zum Beispiel Einnetzung bei Obstkulturen). Für den Massenfang mit Becherfallen sollte man rechtzeitig Material besorgen und früh genug aufstellen. Als direkte Bekämfpungsmassnahmen werden neben chemischen Behandlungen zurzeit auch Alternativen wie Kalkspritzungen diskutiert. Chemische Behandlungen sind aber weiterhin nur als Notmassnahme zu verstehen. Während und nach der Ernte ist unbedingt auch eine konsequente Hygiene-Strategie nötig, um eine Massenvermehrung in den Kulturen zu verhindern. Da keine dieser Massnahmen eine 100 %-ige Wirkung verspricht, sollten verschiedene Massnahmen, die eine Wirkung auf die KEF haben, kombiniert werden. Die Kirschessigfliege ist eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten. Packen wir sie gemeinsam an! Männliche und weibliche Kirschessigfliege. 27 Potenzial erkennen und umsetzen Mit der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion wird der Standortvorteil «Grasland Schweiz» optimal gefördert. In diesem Produktionssystem wird die effiziente Nutzung des betriebseigenen Grundfutters auf der Basis von Gras in den Vordergrund gestellt. Reto Spörri Die graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) wird vom Bund gefördert und ist Bestandteil des Direktzahlungssystems in der AP 14 – 17. Damit der Beitrag von 200 Franken pro ha Grünfläche ausbezahlt wird, müssen diverse Anforderungen erfüllt sein. In der Fütterung wird ein minimaler Anteil an Wiesenfutter (grün oder konserviert) verlangt. Bei den Raufutterverzehrern ist das Kraftfutter auf max. 10 % der Jahresration beschränkt. Beim übrigen Raufutter gibt es ebenfalls Beschränkungen in der Einsatzmenge. Beratung optimieren Mit einer Beratung im Bereich der Produktionssystembeiträge können sich Betriebsleiter über die Anforderungen der GMF informieren. Dabei erhalten sie Entscheidungshilfen, inwiefern sich eine Anmeldung ins GMF Programm lohnt. Es eignen sich nicht alle Betriebe für die graslandbasierte Produktion. Daher ist eine fundierte Prüfung wichtig und zentral, dass jeder Rindviehhalter Kenntnis über den Handlungsspielraum und das Potenzial in der Fütterung hat. Geltungsbereich kennen Die GMF-Anforderungen müssen für alle Raufutterverzehrer des Betriebs als Ganzes erfüllt werden. In der Tal- und Hügelzone müssen mindestens 75 % der TS-Aufnahme aller Raufutterverzehrer Wiesenfutter sein. Wiesenfutter ist Futter in frischer oder konservierter Form von Weiden, Kunst- und Naturwiesen sowie aus Zwischenfutter. Die Kraftfuttereinsatzmenge darf bei maximal 10 % der TSAufnahme liegen. Das bedeutet, dass die Fütterung aller Raufutterverzehrer aus mindestens 90 % Grundfutter bestehen muss. Als übriges Grundfutter wird zum Beispiel die Maissilage oder Zuckerrübenschnitzel angesehen. Hier lohnt sich eine genaue Betrachtung, damit die Abgrenzung zum Kraftfutter korrekt erfolgt. Tierbesatz entscheidend Gras in der Fütterung liefert wertvolle Omega-3 Fettsäuren. 28 Damit die GMF-Beiträge bezogen werden können, ist ein minimaler Tal- und Hügelzone Wiesenfutter 10 % Kraftfutter übriges Futter 15 % 75 % Legende Grafik: Sämtliche Raufutterverzehrer eines Betriebs müssen gesamthaft mit mindestens 75 % Wiesenfutter gefüttert werden. Die Kraftfuttereinsatzmenge ist bei maximal 10 % limitiert. Die restliche TS-Verzehrsmenge kann mit übrigem Grundfutter wie etwa Maissilage gestaltet werden. Quelle: agridea Tierbesatz pro ha Grünfläche nötig. In der Talzone sind dies 1.0 RGVE und in der Hügelzone 0.8 RGVE. Auch die Biodiversitätsförderflächen haben eine Bedeutung im Mindesttierbesatz. Auf diesen Flächen sind 30 % vom Mindesttierbesatz der Grünfläche erforderlich. Wird der Mindesttierbesatz nicht erreicht, wird der GMF-Beitrag prozentual vermindert. Erfahrungsgemäss haben sich sehr viele Mutterkuhbetriebe, aber auch einige Milchviehhalter für GMF-Beiträge im Jahr 2014 angemeldet. Im Kontrolljahr 2015 muss mit der Suisse-Bilanz 2014 und der dazugehörigen Futterbilanz die Erfüllung der GMF-Anforderungen ausgewiesen werden. Fachlich und menschlich kompetent Hansruedi Häfliger Kennzahlen zu einzelnen Vollzugsaufgaben in Spezialbereichen 2012 2013 2014 Ambrosia (betroffene Standorte) 65 42 27 Feuerbrand (betroffene Gemeinden) 58 23 18 165 167 172 4'731 5'303 5'410 Meldungen des Angebots von Gemüse und Beeren Anzahl kontrollierte Traubenposten Die Agrarpolitik 14 – 17 ist komplex und stellt die Bauernfamilien vor grosse Herausforderungen. Aber auch neue infektiöse Krankheiten und Erreger mit hohem Schadenpotenzial fordern zielgerichtete und koordinierte Bekämpfungsmassnahmen. Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg unterstützt die Bauernfamilien bei der praxisnahen Umsetzung der zahlreichen Vollzugsaufgaben und ist für einen fachlich wie menschlich kompetenten Vollzug in verschiedenen Spezialbereichen verantwortlich. 29 Die systematische Weinlesekontrolle wird abgeschafft Peter Rey «Die systematische Weinlesekontrolle war ein wichtiger Bestandteil unserer Weinkultur. Mit Spannung haben die Traubenproduzenten jeweils auf das Resultat der Messung gewartet.» Peter Wehrli, Küttigen, Winzermeister 30 «Was! – Den Oechslemesser Die Daten werden direkt elekgibt's nicht mehr!? Wer bürgt tronisch erfasst (eAttest). Mit denn dafür, dass wir Traubenpro- dem in der Deutschschweiz einduzenten fair bezahlt werden?» – heitlich verwendeten TraubenDies nur zwei Reaktionen, die passprogramm können dem nach der Bekanntgabe der Um- Einkellerer sämtliche, für die stellung von der systematischen Traubenproduktion individuellen Weinlesekontrolle zur Eigenkon- Daten der Lieferanten freigeschaltet werden. Rebflächen und trolle geäussert wurden. Traubensorten werden weiterhin Die Verantwortung dafür wird durch die Liebegg erhoben. Darneu den Einkellerern übertragen. auf basierend erhält der EinkelleEs werden weiterhin bei jedem rer seinen Traubenpass, aus dem Traubenposten sowohl Zuckerge- hervorgeht, wieviel Traubengut halt, also Oechslegrade, wie auch er pro Sorte abliefern darf. Gewicht bestimmt. Diese Daten müssen zentral zur Erfassung ab- Die Erfassung mit eAttest bringt geliefert werden. Es bleibt dem sowohl für die Liebegg als auch Einkellerer überlassen, ob er die für die Kelterbetriebe viele VorteiMessungen selber machen oder le. Die Abläufe werden effizienter ob er seinen bisherigen Kont- und der Kelterer bekommt jederrolleur beauftragen will. Gegen zeit Zugang zu seinen Einkelleeinen Kostenbeitrag wird jedem rungsdaten. Er kann sein «KelBetrieb ein geeichtes Refrakto- lerblatt» ausdrucken, aus dem hervorgeht, wieviel er von jeder meter zur Verfügung gestellt. Gemeinde und Sorte eingekellert hat. Es wird dann als Grundlage für eine allfällige Buch- und Kellerkontrolle massgebend sein und diese massiv erleichtern. Mit der Umstellung auf die Eigenkontrolle kann der Produzent die Oechsle sofort nach der Lese verarbeiten und muss nicht auf den Kontrolleur warten. Fazit – eine für beide Seiten gute Sache! Bestimmung des Zuckergehalts mit dem Refraktometer. Beharrlichkeit schafft gute Ausgangslage Lisa Burger «Der Kanton Aargau nutzt den Spielraum der Bundesvorgabe. Die konsequenten Kontrollen plus Tilgung des Erregers durch das umgehende Vernichten der befallenen Pflanzen unterbindet bisher erfolgreich das Ausbreiten auf die vielen feuerbrandfreien Regionen. Der gewählte Weg erspart Kanton und Bund die Abgeltung grosser Feuerbrandschäden. Der Erfahrungsaustausch in der Task Force Feuerbrand Aargau verbindet und schafft Vertrauen.» Edi Holliger, Agroscope Wädenswil Feuerbrand ist die gefährlichs- gebracht werden können. Durch te Krankheit für das Kernobst diese langjährigen und rigorosen und führt jedes Jahr im In- und Anstrengungen konnte das FeuerAusland zu erheblichen wirt- brand-Infektionspotential vor alschaftlichen Schäden, insbeson- lem im nördlichen Kantonsteil auf dere im Erwerbsobstbau. Dank ein tiefes Niveau gebracht und der jahrelangen konsequenten damit eine gute Ausgangslage Bekämpfung konnte im Kanton für die nächste FeuerbrandsaiAargau bis anhin eine flächende- son geschaffen werden. ckende Verbreitung des Feuerbrandes verhindert werden. Damit diese Situation auch in Zukunft aufrechterhalten wer1994 wurde im Kanton Aargau zum den kann, sind weiterhin umfasersten Mal Feuerbrandbefall fest- sende Kontroll- und Bekämpgestellt. Der breiten Öffentlichkeit fungsmassnahmen nötig. Eine bereits ein Begriff wurde das Jahr wichtige Rolle spielen dabei die 2007 sowohl im Aargau als auch für Feuerbrand verantwortlischweizweit zum schlimmsten chen Personen in den Aargauer Feuerbrandjahr überhaupt. Damals Gemeinden. Ihr unermüdlicher wurden in 98 Aargauer Gemein- Einsatz bei den jährlichen Kontden befallene Pflanzen festgestellt. rollen des Gemeindegebiets und Seither ist die Zahl der betroffenen bei allfälligen BekämpfungsaktiGemeinden wieder gesunken. Im onen macht die Umsetzung der ruhigen Feuerbrandjahr 2014 wur- Feuerbrandstrategie überhaupt de noch in 18 Gemeinden Befall erst möglich. Dabei können sie verzeichnet. auf die Unterstützung von erfahrenen Regionalberatern und des Kantonalen Pflanzenschutzdienstes an der Liebegg zählen. Konsequente Bekämpfungsstrategie Das Ziel der agierenden Bekämp- Unberechenbarkeit bleibt fungsstrategie ist die Vermeidung von existenzbedrohenden Schä- Trotz der guten Ausgangslage den im Erwerbsobstbau oder in bleibt der Feuerbrand unbereBaumschulen sowie der Erhalt chenbar. Ein entscheidender Einder landschaftlich und ökologisch fluss auf das Ausmass des Befalls wertvollen Hochstammbestände. hat die Witterung im Frühling, vor Um die Verbreitung des Erregers allem während der Kernobstblüte. zu verhindern, sind präventive Massnahmen von zentraler Be- So muss jedes Jahr die Gefahr deutung. Durch die Tilgung von von Feuerbrandinfektionen neu befallenen Pflanzen werden die abgeschätzt und je nach Witteumliegenden gesunden Pflan- rungsverlauf mit stärkerem Befall zen geschützt. Die Erfahrungen gerechnet werden. im Kanton Aargau zeigen, dass Befallsherde durch konsequente Bekämpfungsmassnahmen eingedämmt und unter Kontrolle 31 Ist da der Wurm drin? In der Kleinwiederkäuerhaltung stellt die Belastung mit Magen-Darmparasiten eine grosse Herausforderung dar. Resistenzbildungen gegen chemische Entwurmungsmittel treten vermehrt auf. Als Alternative hat sich die Verfütterung von Esparsette bewährt. Die Liebegg wagt einen Praxisversuch. Martina Häfliger «Mich hat der Anbau von Esparsette gereizt, da es eine spezielle und anspruchsvolle Kultur ist, bei der noch wenig Erfahrungen zur Bestandesführung bestehen. Ausserdem halte ich Schafe auf meinem Betrieb, daher bin ich offen, neue Lösungen zu finden, damit die Verwurmungsproblematik entschärft werden kann.» Christoph Beyeler, Brittnau, Landwirt 32 Die Verfütterung von Esparsette (Onobrychis viciifolia) hat in früheren Versuchen bereits vielversprechende Resultate zur Parasitenreduktion geliefert. Diese Leguminose enthält kondensierte Tannine (Gerbstoffe), welche Veränderungen der WurmOberflächenstruktur hervorrufen können. Der Parasit kann damit geschädigt oder gar getötet werden. Dadurch minimiert sich die Ei-Ausscheidung über den Kot des Wirttieres. Die Höhe des Tanningehalts spielt für die Wirkung gegen Magen-Darmparasiten eine entscheidende Rolle. Esparsette auf der Versuchsparzelle in Brittnau. Anbau als Herausforderung Die Esparsette ist eine zwei- bis dreijährige Kultur, die trockene Bodenbedingungen und mildes Klima bevorzugt. Sie ist sehr konkurrenzschwach gegenüber Unkräutern und Getreidedurchwuchs. Damit die erforderte Gerbstoffkonzentration erreicht werden kann, wird sie aber trotzdem als Reinkultur angesät. Neben einem hohen Unkrautbesatz kann auch eine nicht fachgerecht durchgeführte Ernte den Tanningehalt im Endprodukt schmälern. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass die Bröckelverluste möglichst klein gehalten und dass die Pflanze im idealen Stadium – Knospe bis Anfang Blüte – geerntet werden kann. Die Liebegg will's wissen Im August 2014 wurde in der Gemeinde Brittnau im Rahmen eines Versuchs der Liebegg eine 1,4 ha grosse Parzelle mit Esparsette der Sorte Perly angesät. Diese Sorte verspricht blattreiche Bestände und blüht auch in den Sommeraufwüchsen. werden. Dabei erhofft sich die Liebegg, mehr über die benötigte Menge an Esparsette und den Zeitraum der Verfütterung zu erfahren, um die Magen-Darmparasiten-Belastung zu senken. Das Ziel ist ein Versuch unter Praxisbedingungen. Es sollen weitere Erkenntnisse zum Anbau der Kultur sowie zur Verfütterung von Esparsette während der Weidesaison erlangt werden. Da der Parasitendruck in dieser Zeit am grössten ist, soll der Versuch mit einer Zufütterung durchgeführt Die Winterruhe ist vorbei und die Vegetation hat wieder begonnen. Es gilt nun, die angesäte Parzelle so zu führen, damit ein möglichst unkrautfreier Bestand zum richtigen Schnittzeitpunkt geerntet und ein ausreichender Tanningehalt für den Versuch erreicht werden kann. Mit weniger mehr produzieren Peter Suter Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen und den unabsehbaren Folgen des Klimawandels wird die Land- und Ernährungswirtschaft vor die Frage gestellt: Wie kann der Hunger einer stetig wachsenden Weltbevölkerung gestillt werden? Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie viele Lebensmittel produziert werden, sondern auch wie sie produziert werden. Fossile Ressourcen wie Erdöl oder Phosphor sind in der Landwirtschaft des industrialisierten Nordens wichtige Produktionsmittel. Das Fazit des Weltagrarberichtes 2008 zeigt klar: «Business as usual is not an option.» Deshalb muss nach zukunftsfähigen Alternativen Ausschau gehalten werden. Es müssen effizientere und unabhängigere Produktionssysteme entwickelt werden. Langfristig ist es nicht praktikabel, dass mehr Kalorien in ein Produktionssystem fliessen, als letztlich als Lebensmittelkalorien produziert werden. In Zusammenarbeit mit Aargauer Biobetrieben, dem weltweit führenden Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und weiteren Akteuren werden wichtige Fragestellungen zur Weiterentwicklung des Biolandbaus bearbeitet. Dabei geht es um die Entwicklung und Optimierung von Produktionstechniken wie der Anbau von Mischkulturen, die reduzierte Bodenbearbeitung unter Biobedingung oder die Reduktion von Kraftfutter und Antibiotika in der Tierhaltung. Zur Weiterentwicklung von ressourcenschonenden und Partizipative Forschungsansätze stehen im Vordergrund 33 «Die Wissenschaftler und Politiker diskutieren weltweit über Bodenerosion, Verluste an natürlicher Vielfalt, Umweltbelastung oder dass wir mehr Menschen ernähren müssen. Diejenigen, die das alles in der Hand haben, sind die Landwirte und Bäuerinnen. Für uns ist es deshalb sehr spannend, mit diesen zusammen auf den Betrieben Neues auszuprobieren. Das ist Forschung, welche grossen Sinn macht.» Praxisnaher Erfahrungsaustausch unter Profis am Biobeerenrundgang. effizienten Produktionssystemen müssen ganzheitliche Systemzusammenhänge über die ganze Wertschöpfungskette betrachtet werden. Abstrakte Laborbedingungen mit kreierten Systemgrenzen führen oft nicht zum Ziel, den Ressourceneinsatz zu optimieren oder die Auswirkungen von externen Effekten zu senken. Mit Netzwerken zum erfolgreichen Wissenstransfer Urs Niggli, Frick, Direktor FiBL 34 Es ist bekannt, dass Innovationen aus der Kombination von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungswissen aus der Praxis entstehen. Für die Betriebsleiterfamilien sind nachhaltige Bewirtschaftungsweisen beobachtungs-, wissens-, lernund technologieintensiver. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Forschung, Bildung, Beratung und Praxis zu vernetzen. Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg steht in engem KonDer traditionelle Wissenstransfer takt zum FiBL und veranstaltet in von der Forschung über Bildung Zusammenarbeit mit anderen und Beratung zu den Betriebslei- Akteuren aus der Biobranche reterfamilien stösst für die Heraus- gelmässig Flurgänge, Praxistage, forderungen einer nachhaltigen Kurse, Workshops oder ArbeitsEntwicklung der Land- und Er- kreise zur Weiterentwicklung der nährungswirtschaft an Grenzen. Aargauer Biobetriebe. Tiefes Zinsniveau begünstigt die Risikobereitschaft Die Aargauische Landwirtschaftliche Kreditkasse (ALK) bewilligte im Geschäftsjahr 2014 eine Kreditsumme von rund 22,1 Millionen Franken. Markus Gfeller Die Summe der Neuvergaben von zinslosen Krediten im Jahr 2014 lag leicht unter den Vorjahreswerten. Sie überstieg die Summe der Tilgungsrückflüsse an die ALK jedoch nach wie vor deutlich, weshalb zusätzliche Gelder vom Bund und Kanton beansprucht wurden. Die rege Bautätigkeit der Landwirtschaft verteilte sich über alle Branchen. Ein Grossteil der Gelder wurde wie gewohnt für Wohnhäuser und Milchvieh-Anlagen beansprucht. Den absolut wichtigsten Investitionsauslöser stellte indessen der Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft (Wachstum, Spezialisierung) dar. In vielen Fällen liegt zudem die Vermutung nahe, dass das gegenwärtig tiefe Zinsniveau zu grossen Wachstumsschritten einlädt und die Risikobereitschaft der Unternehmer deutlich zunimmt. Ebenfalls Sorgen bereiten der ALK die knappen oder teilweise sogar ganz fehlenden Eigenmittel bei zahlreichen Investitionsvorhaben. Dies deutet auf einen zu forschen beziehungsweise zu raschen Investitionsrhythmus hin. Das ALK-Geschäftsjahr 2014 in Zahlen 2014 Mio. Fr. 2013 Mio. Fr. 155,6 150,9 17,6 19,1 Bewilligte Betriebshilfedarlehen 1,0 1,4 Bewilligte Agrarfondsdarlehen 3,3 4,0 Zugesicherte Kantonsbeiträge 0,6 0,5 Zugesicherte Bundesbeiträge 0,6 0,5 Bewilligte forstliche Investitionskredite 0,2 0,2 Neue Bundesmittel Investitionskredite 4,3 3,4 Bilanzsumme Bewilligte Investitionskredite 35 Das Futtergetreide im Jahr 2014 brachte hohe Erträge.
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