Rede Lelia Hunziker

Rede Lelia Hunziker, Geschäftsführerin Anlaufstelle Integration Aargau (AIA)
Aufstand der Anständigen
22. September 2015, 19.30 Uhr Regierungsplatz Aarau
Es gilt das gesprochene Wort
Liebe Anwesende
Schön sind Sie hier! 60 Organisationen aus dem Kanton Aargau haben zu diesem
Treffen eingeladen und Sie alle sind gekommen. Wir sind hier um ein Zeichen zu
setzen gegen Hetze und Hass, gegen Angst und Missgunst.
Werfen wir einen Blick zurück:
In den 60-er Jahren reisten Personalchefs aus dem Aargau mit Bussen nach Italien
und holten Arbeitskräfte direkt in die Schweiz. Und sie kamen, zuerst die Italiener,
dann die Spanier und Türken, dann Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien und
aus Portugal. Gleichzeitig kamen Flüchtlinge aus Kambodscha, Ungarn, Sri Lanka und
Afrika. Sie kamen und sie arbeiteten. Sie arbeiteten und sie bezahlten Steuern. All
diese Menschen verhalfen der Schweiz zu einem unglaublichen Wohlstand.
Und heute:
Auf der Welt wird gekämpft, gefoltert und unterdrückt. Menschen fliehen und
verlassen ihre Heimat. Sie ziehen los, weil sie keine Perspektive haben. Viele kommen
nach Europa, in die Schweiz und in den Aargau.
Und die Schweiz hat Angst. Wir zittern. Wir fürchten uns vor dem Fremden und vor
dem Unbekannten. Eine Zynikerin sagte kürzlich: lasst den Staat Bachblüten-Tropfen
gegen diese Angst verteilen.
Aber, liebe Anwesende: es kommen Menschen. Es kommen Väter und Mütter. Es
kommen Schwestern und Brüder. Es kommen Neffen und Nichten.
www.integrationaargau.ch
Es kommen Freche und Lustige. Es kommen Schlaue und Schwache. Es kommen
Mutige und Schüchterne. Es kommen Menschen mit einer Lebensgeschichten und
vielen Erfahrungen.
Sprecht miteinander geht aufeinander zu. In der Schule, beim Einkaufen, bei der
Arbeit, im Park und am Bahnhof. Begegnung und Kontakte fördern die Integration
wie sonst Nichts. Und das erst noch gratis. Integration fängt dort an, wo wir uns
begrüssen und zusammen reden.
Es kommen Menschen zu uns in die überalterte Schweiz. Es kommen hochmotivierte
Menschen, die sich entschlossen haben ihre Heimat zu verlassen. Die dafür den
Verlust der Familie in der Heimat in Kauf nehmen und eine gefährliche Reise wagen.
Viele die kommen sind jung, agil, anpassungsfähig und mutig. Auch diese Menschen
werden bald schon ganz selbstverständlich zu unserer Gesellschaft gehören.
Aber in den sozialen Medien wir gepoltert, gehasst und getreten. Böse, zynisch und
hasserfüllt wird in der Schweiz seit bald einem Jahrhundert immer und immer wieder
in verschiedenen Tonlagen heraus gekotzt: Das Boot ist voll.
Warum die Menschen flüchten, warum es in vielen Regionen in dieser Welt nicht
lebenswert ist, darüber wird selten geredet. Wenn eine europäische
Fischfanggesellschaft die Meere vor Afrika leerfischt, dann bleiben die Netze der
lokalen Fischer leer. Wenn Händler in der Schweiz lateinamerikanische Rohstoffe an
der Börse handeln, fehlen Steuereinnahmen in den Dörfern. Wenn die USA die
Mudschahedins in Afghanistan während dem kalten Krieg zum Schutz des Westens
mit Waffen belieferte, dann wird mit diesen Waffen noch heute gemordet und
tyrannisiert.
Die Welt ist kompliziert – einfache Lösungen gibt es nicht. Die Grenzen können nicht
geschlossen werden und Flüchtlinge lassen sich nicht kontingentieren. Wie die Maus
vor der Schlange stehen wir ohnmächtig vor diesen grossen Fragen. Wir können diese
hier und jetzt nicht lösen.
Aber wir können Menschen hier im Aargau begrüssen, mit ihnen reden, Fussball
spielen, mit ihnen Feste feiern, sie beraten und sie unterstützen. Bitte nehmen sie
sich Zeit für diese Begegnungen.
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