Blog 10 – März 2016 als PDF-Download

ZUKUNFT
AKTIONSGEMEINSCHAFT
SOZI ALE
MARK T W I R T SCH A FT
S O Z IA L E
MA R KT W IR T SCHAFT
Blog und Bildungsprojekt zugleich, Forum wie Tutorial, ist die Rubrik „Zukunft Soziale Marktwirtschaft“ einzigartig und
in doppelter Hinsicht zukunftsgerichtet. Nicht nur antworten hier junge Leute auf unsere Frage, was Soziale Marktwirtschaft für sie bedeutet und wozu sie noch werden könnte; wie sie sich die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
der Zukunft vorstellen und wünschen; wie die heute unverändert wichtigen Fragen von Walter Eucken, Alexander
Rüstow und Co. in modernisierter Form ein Thema an den Universitäten werden könnten. Unter fachlicher Anleitung
lernen die jungen Autoren auch, wie sie ihre Gedanken in einem kurzen, knackigen Beitrag packend formulieren und auf
den Punkt bringen, mit Substanz, Spannung und Schwung.
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Eigentum verpflichtet zum Gemeinsinn
„Eigentum verpflichtet“ – so steht es in Grundgesetz Artikel
14, Abs. 2. Dieser Grundsatz ist einigen Liberalen in Deutschland ein Dorn im Auge, da er allzu oft als Rechtfertigung für
Eingriffe in das Privateigentum verwendet wird. Die Jungen
Liberalen München haben deshalb 2015 zur ersatzlosen
Streichung dieses Artikels aufgerufen. In der Tat hat das
Bundesverfassungsgericht beispielsweise die Rechtmäßigkeit der Vermögensteuer 1993 mit diesem Artikel begründet. Eine solche Rechtsprechung läuft allerdings Gefahr, die
Sozialpflichtigkeit des Eigentums gedanklich auf eine Abgabenpflicht zu reduzieren. Das greift zu kurz und ist nicht
nachhaltig; es bedarf einer ganzheitlichen Interpretation.
Eine Rückbesinnung auf das Soziale in der sozialen Marktwirtschaft ist notwendig.
Wenn die Sozialpflichtigkeit des Eigentums allein finanziell
interpretiert wird, liegt es nahe, dass sich daraus eine umfangreiche Umverteilungsaufgabe für den Staat ableitet.
Die Bereitschaft der Menschen, zu Umverteilungszwecken
Steuern zu zahlen, ist begrenzt. Wenn diese Grenze nicht
streng beachtet wird, besteht nicht nur die Gefahr, dass
sich Politikverdrossenheit entwickelt, sondern auch Groll
der Zahler gegenüber den Begünstigten. Es kommt hinzu,
dass der Staat mit seinen Aufgaben überfordert zu sein
scheint; die Insolvenz vieler Kommunen und die Anonymität des bürokratischen Apparates sind nur zwei Indizien
dafür. All das ist kontraproduktiv für das gesellschaftliche
Miteinander. Es bremst den wirtschaftlichen Unternehmergeist und die Bereitschaft, sich sozial zu engagieren. Dabei
ist es entscheidend, dass die Bürger selbst soziale Verantwortung übernehmen und dass ein Klima der freiwilligen
Fürsorge und des Teilens Fuß fasst.
In diesem Zusammenhang muss auch die starke Individualisierung in der Gesellschaft Sorge bereiten. Im Lebensentwurf der meisten Menschen scheint mittlerweile die
Selbstverwirklichung höchste Priorität zu genießen. Sein
Blog 10 – März 2016
eigenes Glück stark vom Glück anderer Menschen abhängig
zu machen, beispielsweise der eigenen Kinder, wird immer
unüblicher. Analog dazu werden viele Menschen nicht
mehr nach ihren moralischen Qualitäten beurteilt, sondern
hauptsächlich nach ihrer messbaren Leistung, und nach
dem Ertrag, den diese bringt. Doch das überfordert viele
Menschen, und ihnen gehen klare moralische Orientierungspunkte verloren. Besonders auffällig ist dieser nicht nachwachsende moralische Kompass im Berufsleben; man muss
sich nur den VW-Skandal vor Augen führen.
Mit diesem Befund sind wir heute vor eine Grundsatzentscheidung gestellt. Wollen wir unsere Wirtschaftsordnung
tatsächlich zu einer Abwandlung des Sozialismus werden
lassen, mit einer Vergemeinschaftung des Eigentums?
Wollen wir untätig dabei zusehen, wie die Moral für den
Einzelnen immer mehr an Bedeutung verliert und die Gesellschaft in egoistisch handelnde, sozial losgelöste Individuen zerfällt? Wir sollten lieber die soziale Marktwirtschaft
stärken. Dazu ist es erforderlich, die wirtschaftliche Bevormundung der Bürger drastisch einzuschränken und dafür
zu sorgen, dass moralische Orientierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt gestärkt werden.
Der Staat muss sich dafür in seiner Umverteilungsaufgabe
zurücknehmen. Es gilt endlich das Subsidiaritätsprinzip
ernst zu nehmen, das die Bedeutung des kleineren sozialen
Verbandes stärkt, der für den Einzelnen einen wichtigen Bezugspunkt bildet und ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen
vermag. Die politisch Verantwortlichen sind aufgerufen, als
moralische Vorbilder zu fungieren. Ganz ohne ein Umdenken der Bürger wird es allerdings nicht gehen, wenn sich
eine neue Balance zwischen Rechten und sozialen Pflichten
des Einzelnen einpendeln soll. Es braucht mehr Gemeinsinn. Eigentum verpflichtet, sich für den Zusammenhalt der
Gesellschaft zu engagieren. Mit solch einer Interpretation
wäre der sozialen Marktwirtschaft am besten gedient.
Von Niclas Böhmer, Jg. 1997 · Student der Informatik an der RWTH Aachen
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Blog „Zukunft Soziale Marktwirtschaft“ · www.asm-ev.de/blog
Redaktion: Maximilian Kutzner · Mentorin: Dr. Karen Horn
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