3 Herbst 1 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF 3 Herbst Inhaltsverzeichnis Begrüßung durch Carmen, Constanze und Cornelia………..….……..………….….…. 4-5 Zahlen, Daten, Fakten…………………………………………………………………………………………5 Eine von uns hat einen Preis bekommen………………………………………………………… 6 Spenden und Spendenaufruf, Druckservice, Download………………..…..………………7 Eine Reise zu den matriarchalen Minang…………………......….………………………….8-11 Menstruation - Mein roter Faden..….………………….………………………………………12-17 Das Menstruations-Hygieneartikel-Tabu……….……………………………………………18-21 Das Zyklusspiel – eine Mater-ialie mit Aha-Effekt.…………………………………… 22-24 Zwischen den Charme-Lippen – Die Frau als Doppelwesen…………....……………..25 Klitoris, die schöne Unbekannte…………………………………………………….……………….. 25 Sheela-na-gig………………………………………….……….………………..……………………….. 26-30 Die Körperhaltungen der Sheela als eine Möglichkeit zum Trance-Reisen………………….…………………………………………………………………..31-33 Vulvina, der Film – Wie es dazu kam: ein Interview………………..…………..………… 34 My Heart belongs to Addyi……………………………………………………………………………. 35-36 Wo im Mutterland haben die Zeitungsmacherinnen ihr Dach über dem Kopf?..................................................................................................... 37 Lithografie – Die Menschenblüte…….……………..…………..……………………………………38 Ich bin die ich bin - Gedicht………….………….…..……………..………………………………….39 KaraMa‘s Antwort – Mutterland-Zeremonien…………………………………………… 40-42 Alternativen zur Ehe…………………………………………………………………………………… 43-44 Die Fluggegenstände der Göttin………………………………….…………………………….45-47 Welche Schätze birgt unser Archiv MatriaWis (1).................................................48-50 …in diesem Sommer im Labyrinth………………………………..…..……………..………………51 Godeweg: Der Wildfräuleinstein in Hinterstein….………………………………………52-54 Göttinnen-Konferenz 2016 – Frühbucherinnen-Rabatt………………………………….. 55 2 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Inhaltsverzeichnis Bei den Sommertagen der Frauenspiritualität…………….………………………………….. 56-57 Permakultur-Design-Kurs………………………..…………………………………….………………………. 57 Max Dashu – Wiesbaden und München……………………………………….……………………….58 Noch Plätze frei beim Mosuo-Thementag in der Schweiz………………….………………. 59 Sandkorn im Getriebe des Patriarchats……….……..……..……………………………………. 60-61 Stempel – Mutterland………………………………………………….………………………………………… 62 Liebe Barbara, liebe Birgit, liebe Babette – ein Leserinnenbrief………....………… 63-65 Neue Bücher über die Mosuo..….…….……………………………………………………...……………. 66 MaLeDea – matriarchales Leben entdecken………………………………………………………….67 Gerichtsurteil und Urteilspublikation zugunsten von Dr. Heide Göttner-Abendroth……………………….…………………………………………. 68-69 Matri-Sanktion – Petition zu einer Istallation…………………..…………………………….. 70-71 Garten der Frauen……………………………………………………………………………………………. 72-73 Grüß Göttin in Tirol – Ein Brief an die Redaktion……………………..……………………. 74-77 Ehre gebürt der Mutter - Verbesserungsmaßnahmen an Denkmälern in Kassel………………………………………………….………………………………..78-79 Im weiten Raum – neue CD von Arunga Heiden………………..……………………………….. 79 Feministische Tischgesellschaft……………………..………………………………………………… 80-81 An die FRÄUde – Eine Ode……………………………………….…………………..……………………… 81 Themen der Winterausgabe + Impressum……….………..….…………………………………….. 82 Ordnung ist, wenn frau sofort weiß, wo sie gar nicht erst suchen muss. 3 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Begrussung durch Carmen Constanze und Cornelia Liebe Frauen! Wie wir gehört haben, lesen einige von Euch noch an der Sommerausgabe. Trotzdem ist es schon wieder so weit: Die Herbstausgabe ist da! Die Zeitung erscheint dieses Mal zum ersten Mal mit einem Cover-Deckblatt, das von unserer neuen Grafikerin Alice von Gwinner entworfen wurde. In der letzten Ausgabe konntet ihr aus drei Entwürfen wählen. Das Deckblatt Nr. 1 hat mit großem Vorsprung gewonnen. Wir haben uns erlaubt, allen Einsenderinnen, die an der Verlosung teilgenommen haben, ein Mutterlandschild zukommen zu lassen. Die Fotos davon erscheinen in der Winterausgabe. Wie immer haben wir versucht, uns in der dritten Ausgabe der Mutterlandbriefe kurz zu fassen. Immer wieder haben wir Themen verworfen, um dann am Ende nur noch mehr neue und interessante Artikel dazu zu bekommen. Daher hat die Zeitung auch dieses Mal 82 Seiten. Redaktionssitzung am Frauensee in Tirol beim Mythologie-Wochenende Dagmar (Hamburg), Uscha (Frankfurt), Daniela (Stuttgart) Besonders bedanken möchten wir uns bei Sirylia von Gagern, die dem Verein MatriaVal e.V. ein Tablet (mobile kleine Compute) gespendet hat. Dieses wird demnächst beim Projekt „Matriarchate rund um die Welt“ zum Einsatz kommen. Den Bericht dazu könnt ihr in der Winterausgabe lesen. 4 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Und auch sehr bedanken möchten wir uns für die Lithografie, die uns die Künstlerin Karin von Wangenheim zugeschickt hat. Die Geschichte, wie das Kunstwerk zu uns kam, könnt ihr in dieser Ausgabe auf Seite 32 lesen. Wie einige von Euch wissen, hat der Vorstand von MatriaVal e.V. im Juni im Allgäu Urlaub gemacht. Dort sind wir viel gewandert, z.B. in der Starzlachklamm und in der Breitachklamm. Sehr gefräut hat uns, dass wir dort Elisabeth Wintergerst treffen konnten, die unter anderem für unsere Godeweg-Seite schreibt. Ihre Fräundin, die Künstlerin Hildegard Simon, die am Fuße des Wildfräuleinsteins lebt, erklärte sich spontan bereit, uns den Platz unter dem Wildfräuleinfelsen zu zeigen, den sie selbst mitgestaltet hat. Wir weben weiter am großen Netz! Zwischendurch gab es immer wieder Regentage, die uns Zeit schenkten, viele Arbeiten für Verein und Zeitung erledigen, die notgedrungen liegen geblieben waren. Euch nun viel Fräude beim Lesen! Zahlen, Daten, Fakten Die Herbstausgabe wird an 570 Abonnentinnen verschickt. 21 Frauen haben ein ausgedrucktes Exemplar bestellt. Die 10 Euro dafür wandern direkt und ohne Abzug zu Maritima, die davon Druckerpatronen, Papier und Porto (!) selbst bestreiten muss. Ihre für den Druck aufgewendete Arbeitszeit erbringt sie ehrenamtlich. Die Ausgaben zur Erstellung der Zeitung betrugen bisher: 2.161,03 Euro. Coverentwicklung 290,26 Software Versand 50,00 Laptop 664,95 Workshop Designprogramm 205,00 Drucker 109,00 Druckerpatronen 57,61 Papier 34,21 Reisekosten Nr. 1 250,00 Reisekosten Nr. 2 250,00 Reisekosten Nr. 3 250,00 Unsere Arbeitszeiten sind dabei nicht berücksichtigt. Pro Zeitungsseite betragen diese pro Person (Uscha, Dagmar, Daniela) eine Stunde. Arbeiten sind z.B. Autorinnen ansprechen, herunterladen der eingesandten Artikel, Texte abspeichern, durchlesen, Artikel bei der Redaktionskonferenz besprechen, Texte kürzen und verbessern, Rücksprache mit der Autorin, Layout anlegen, Kommunikation mit den Leserinnen, Verteiler anlegen und ergänzen bei Neubestellungen. Für diese Zeitung haben wir also 75 Stunden pro Zeitungsmacherin aufgewendet, die in obiger Rechnung nicht berücksichtigt werden und die wir ehrenamtlich erbringen. 5 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Eine von uns hat einen Preis bekommen Elisabeth-Selbert Preis 15 JdF für Uscha Madeisky Welche Fräude! Mit „Eine von uns“ meine ich die Frauenwelt, und ganz besonders die Frauen, die sich für die Schwestern und für Gutes Leben für alle mit den Müttern im Zentrum einsetzen. In diesem Fall hat die Jury mich als Preisträgerin ausgeguckt. Ich bin noch immer ganz bewegt. Die Nachricht erreichte mich während meiner Paddelwoche auf der Hase in Ostfriesland, wo ich, wie jedes Jahr, mit einigen Frauen und der Paddelmeisterin Barbara Brosch über den kleinen, ruhigen Fluss schipperte. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration versuchte mich, auf dem Handy zu erreichen, um mir diese Mitteilung zu machen. Das Handy jedoch ist auf dem Kanu tunlichst nicht dabei. Also dauerte es die gesamte Kanuwoche über bis ich Gewissheit hatte. Mit mir fieberten die Mitpaddlerinnen. Matriarchale Gesellschaften und ihre Bedeutung fur alle Menschen. : Am vorletzten Tag, den 25. August erfuhr ich dann verbindlich: Den Preis bekomme ich für mein Lebenswerk das ganz den matriarchalen Gesellschaften und ihrer Bedeutung für alle Menschen gewidmet ist. Die Preisverleihung wird am Donnerstag, 5. November im Biebricher Schloss in Wiesbaden sein. Und da ich immer noch ein wenig sprachlos bin, lege ich Euch hier zur Veranschaulichung die Karte bei, die ich von den Frauen im „Kloster Malgarten“, wo wir übernachteten, zur Vorfeier überreicht bekam. Die Schwestern auf dem Fluss und im Konvent haben mit mir gefeiert, für mich gesungen und wir haben zusammen geweint. : Mit Dank und Ehrerbietung an die Frauen, die vor uns gewirkt und gekämpft haben Uscha Gratulation von den Paddlerinnen 6 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Spenden und Spendenaufruf Da die bei uns eingegangenen Spenden sowohl Jahresbeiträge, als auch Einzelheftzahlungen enthalten, haben wir sie auf die Hefte umgerechnet. Für Heft 1+2 sind je 446,25 Euro eingegangen. Für Heft 3+4 betragen die Spenden mittlerweile 363,75 Euro, da hier die Einzelspenden noch nicht mit eingerechnet sind. Gespendet werden sowohl Jahresbeiträge, als auch Einzelbeträge pro Heft. Jede noch so „kleine“ Spende bringt uns weiter. Eine Frau spendet uns z.B. jeden Monat 5 Euro. Das klingt nach wenig, führt aber übers Jahr zu einer Spende von 60 Euro. Alle Frauen, die noch nicht gespendet haben, sind weiterhin aufgerufen, uns nach den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, etwas zukommen zu lassen (Kontonummer s. Druckservice). Auch Sachspenden sind willkommen! Unsere ersten Sachspenden, das Tablet und die Lithografie halten wir in Ehren und erfräuen uns daran. Claudia, Constanze und Cornelia Vielen Dank an alle die schon gespendet haben !!! Druckservice Wenn ihr die Mutterlandbriefe auf Papier erhalten wollt, schreibt uns eine E-Mail und überweist 10 Euro auf nachfolgendes Konto. Das Porto für den Versand ist im Betrag enthalten. Kontonummer: 200 367 170 BLZ: 500 502 01 Frankfurter Sparkasse IBAN: DE19500502010200367170 SWIFT-BIC: HELADEF1822 Download Die Zeitung und weitere Schmankerl, die für einen Abdruck zu lang sind, können auf der Seite www.mutterlandbriefe.de heruntergeladen werden. Aktuell z.B. der Artikel „Sommertage der Frauenspiritualität“ von KaraMa Beran. 7 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF In jeder Ausgabe der Mutterlandbriefe stellen wir euch ein Matriarchat vor. Dieses Mal – im Herbst – berichtet Dagmar von den Minangkabau, zu denen sie gerade gereist ist. Eine Reise zu den matriarchalen Minang West-Sumatra ist eine Provinz auf Sumatra, Indonesien. Sie erstreckt sich über eine schmale Küstenebene bis in den gebirgigen Westteil der Insel. : Die Minang zahlen sieben Millionen Menschen Die Provinz ist ungefähr ein Achtel so groß wie Deutschland und die Menschen, die sie hervorbringt, sind mehrheitlich Minangkabauerinnen und Minangkabauer. Dieses matriarchale Volk zählt 7 Millionen Einwohner. Minang bedeutet „erfolgreicher Mensch“ und kabau heißt Wasserrind. Die Minang, wie sie sich selbst auch in Kurzform nennen, sehen zwischen ihrem Volk und dem Wasserrind einen großen, gewachsenen Zusammenhang. Welche die endlosen Reisfelder besonders im Osten der Provinz sieht, kann sich denken, in welchem Zusammenhang sich die Menschen auf der grünen Insel mit dieser Rinderart sehen: überall wird dieses genügsame, kräftige Tier gebraucht! Beim Wasserrind tragen beide Geschlechter Hörner, sowohl der Wasserbüffel, als auch die Wasserkuh. Sie können eine Spannweite von zwei Metern erreichen und sehen wunderschön aus – genauso gebogen wie die Dächer der traditionellen Häuser der Minang! 8 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Wasserrinder leben in großen Familienverbänden und gelten als duldsam und friedlich. Die Familien werden von einer alten Kuh angeführt. Die jungen Kühe bleiben in der Ursprungsfamilie, die jungen Bullen dagegen verlassen die Herde. Genau so halten es die Minang. Bei den Minangkabauerin zieht der Mann ins Haus der Frau. Sie lädt ihn ein. In Indonesien sprechen sich die Menschen mit ihren Vornamen an. Manchmal werden Titel voran gestellt, um der Person besonderen Respekt zu zollen und ihre Position zum Ausdruck zu bringen. Alle Minang sprechen sich mit ihrem Vornamen an So werden z.B. besonders hochstehende Frauen Ibu genannt und Mitglieder aus dem königlichen Geschlecht tragen den Titel Puti. Ibu wird im Deutschen mit Frau übersetzt, bedeutet aber Mutter! MinangkabauerInnen unterscheiden zwischen „großem“ und „kleinem Erbe“. „Großes Erbe“ sind z.B. Immobilien. Ländereien und Häuser werden nur matrilinear vererbt. Das Adat, das traditionelle Gesetz, erlaubt ausschließlich Frauen den Besitz von Immobilien. Dort leben Minangkabauerinnen in der Regel mit ihren Ur-/Groß-/Müttern und Schwestern zusammen – und natürlich auch Brüdern und Kindern. In einem solchen Haus auf dem Lande war ich über mehrere Wochen zu Gast! In den traditionellen Häusern lebt die gesamte Familie in der Längsseite des Hauses, die der Straße zugewandt ist. Es ist ein langer, relativ schmaler wandfreier Raum. Hier schlafen die etwas größeren Kinder zusammen mit Ur-/ Großmüttern und Ur-/ Großtanten. Dann gibt es durch die gesamte Länge des Hauses eine Wand, hinter der nebeneinander die Zimmer der Mütter und Töchter liegen. Die erste Tochter, die heiratet, erhält das vorderste Zimmer. Heiratet ihre jüngere Schwester – und tatsächlich richtet sich die Heiratsabfolge nach dem Alter – zieht die erste ein Zimmer weiter und die zweite Jungvermählte bezieht mit ihrem Angetrauten das vorderste. 9 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Der Ehemann arbeitet für die (Haus)Wirtschaft des Klans, in den er eingeheiratet hat. In vielen Familien ist es üblich, dass er abends die Kinder wäscht und bettfertig macht. Kommt es zur Zerrüttung der Beziehung, kehrt der Ehemann ins Haus seiner Mutter zurück. Dieser Ort bleibt allen immer sicher: Es ist eben Mutterland. Es ist völlig unüblich bis unmöglich, Häuser und Ländereien, also Immobilien zu verkaufen, außer in allergrößter Not – und an einen solchen Fall konnte sich keine erinnern, die ich befragte. Mutterland ist Klanbesitz. Wenn die Töchter es erben – matrilinear eben, worauf in West-Sumatra alle sehr stolz sind – erben sie die Verantwortung für den Klanbesitz und damit die Verantwortung für den Klan. Mutterland bedeutet Sicherheit für alle, indem es eine krisenfeste Lebensgrundlage für alle darstellt, auch für geschiedene Männer. Mutterland ist Klanbesitz Padang gilt als eine der saubersten Großstädte der Welt und Payakumbuh hat bereits das siebte Mal einen Preis für die sauberste Kleinstadt Indonesiens erhalten. Gäste, die Indonesien kennen und dann ins Land der Minangkabauerinnen kommen, erleben denselben Unterschied wie den zwischen dem matriarchalen Khasi-Land und dem Rest von Indien: In West-Sumatra leben die Menschen meistenteils in eigenen kleinen Häusern, die oftmals farbenfroh angemalt sind. Die Vorgärten sind gepflegt und voller Blumen, die Bürgersteige sauber. Die Menschen sind stolz darauf, dass in ihrer Gesellschaft die Schere zwischen Arm und Reich nicht wirklich existiert – bescheidener Wohlstand überall. Doch worauf sie am stolzesten sind, ist ihre Bildung und ihre Weltoffenheit. Deshalb trifft frau sie eben überall auf der Welt. Und die Generalkonsulin von Indonesien in Hamburg ist eine…? – Minangkabauerin! 10 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Die allererste Universität Indonesiens soll in West-Sumatra von den MinangkabauerInnen gegründet worden sein. Mehr als 80 % der ProfessorInnen in der Provinz sind Frauen. Ich habe noch nie so viele Mathematik-, Physik-, Chemie-, und Technik-Professorinnen kennengelernt wie dort – ehrlich gesagt: ich kenne hier in Deutschland gar keine! Lehrerin ist der beliebteste Beruf der Minangkabauerinnen – und Unternehmerin. Bildung ist für das Volk der Minangkabau das höchste Ziel. Zur Bildung gehören ihrer Auffassung nach nicht nur eine hohe schulische Ausbildung und ein Studium, sowie Musik und Tanz - für Frauen wie Männer gleichermaßen -, sondern auch das sog. Marantau. Marantau heißt „Reise“. Das Marantau ist eine „Reise“ ins Ausland. Es ist eigentlich eine größere Sache als eine Reise: Von jeder jungen Minangkabauerin und jedem jungen Minangkabauer wird erwartet, dass sie oder er einmal im Leben Parantau wird, d.h. Reisende(r). Marantau ist ein Aufenthalt im Ausland zwecks Studium der Sprache und der Fremde. Das erinnert sehr an unser Märchen „Hans im Glück“, über das ich in meinem Buch „Die gute Mär – Mutterkunde im Märchen“ geschrieben habe: In die Fremde gehen, um zur Mutter, sprich zum matrilinearen Klan zurück zu kehren. Und das Ziel ist es, die Kenntnisse, die dabei gewonnen werden, ins Mutterland zu bringen und sie dort zum Wohle aller Foto von Yelfia, die ihre Schwester zum „Marantau“ nach Jena begleitet hat einzusetzen. Marantau ist Bildung, ist Initiation Alles wird gemeinsam erwirtschaftet: Die Klanmitglieder, welche im Dorf leben und Landwirtschaft betreiben, verteilen Reis und Früchte an diejenigen, welche z.B. wie Yelfia in der Stadt wohnen. Und umgekehrt wird das Geld an diejenigen verteilt, welche es im Dorf brauchen. Wie gern war ich dort auf den Reisfeldern und wie beeindruckte mich die Kraft und Ausdauer dieser fröhlichen Frauen: Einen 50 Kilo-Reis-Sack auf dem Kopf zu tragen und dabei sich noch zu bücken, um etwas aufzuheben, war nicht das Erstaunlichste, was ich sah. Vor allem die Fräude, mit der sich die Frauen und Kinder bei der Hitze zwischendurch immer wieder ins Wasser warfen, war so zeit- und alterslos, frei und ausgelassen, dass sie ansteckte. Dagmar Margotsdotter P.S.: Dagmar hat auf ihrer Reise in der Familie von Yelfia gelebt. Yelfia besitzt in Indonesien einen Hühnerhof und unterrichtet Deutsch am Gymnasium. Ihre jüngere Schwester Mici lernt derzeit Deutsch in Jena, um dann dort Mathematik zu studieren.. Die Frauen vom Frauenzentrum Towanda in Jena pflegen engen Kontakt zu ihr. 11 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Menstruation - mein roter Faden „Der weibliche Unterleib ist unser schöpferischer und fruchtbarer Boden, der eng mit Mutter Erde verbunden ist und durch den universelle, schöpferische Energie fließt. Heilung von Weiblichkeit bedeutet Wiederanbindung an unsere Gebärmutter, die uns als Kraftwerk von Lust und Lebendigkeit zur Verfügung steht.“ Ich erzähle euch, wie ich zu diesem Thema gekommen bin und wieso ich mich noch immer dafür engagiere, obwohl ich schon 56 Jahre alt bin und seit einigen Jahren gar nicht mehr blute. Heilung bedeutet Wiederanbindung an unsere Gebarmutter : Ich wurde dazu eingeladen, in den „Mutterlandbriefen“ etwas über meine Aktivitäten zum Thema Menstruation zu schreiben. Spontan habe ich mich dazu entschieden, mit meinem ganz persönlichen Zugang einzusteigen, einfach, weil ich schon sehr viel Sachliches und Wissenschaftliches geschrieben habe und weil es mir gerade mehr Freude macht. Also begonnen hat das Ganze damit, dass ich mit 14 Jahren von zuhause wegging und mich auf die Suche nach meiner „Weiblichkeit“ machte. Meine Mutter war Bäuerin und hat aus meiner Sicht nie wirklich in Würde Frau sein können. Meine Regel war „normal“ und ich schämte mich auch ganz „normal“ dafür, wollte sie verstecken und fand mich während der Blutung als „schmutzig und unattraktiv“. Im Alter zwischen 30 und 35 Jahren spürte ich immer am Tag vor der Regel so kurz vor dem Einschlafen ein Kribbeln zwischen meinen Augen, also beim dritten Auge. Ich dachte, da sitzt irgendwas, berührte und rieb diese Stelle und erweckte so ganz unbewusst mein inneres Sehen. 12 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF In dieser Zeit las ich einmal in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ ein Inserat, in dem es um eine Einladung zu einer „Reise in die Gebärmutter“ ging. Neugierig, wie ich war, machte ich mit und hatte sehr erstaunliche Erlebnisse, die mich nicht mehr losließen. Meine Gebärmutter befreite sich durch den Kontakt mit meinem Bewusstsein in heftiger, fast stürmischer Weise von ganz alter, schwarzer Energie, wurde dann ganz still und sagte zu mir: „WENN DU DICH MIT MIR VERBINDEST, KANNST DU ALLES ERREICHEN.“ Erst nahm ich das Erlebte eine Zeitlang gar nicht ernst, aber dieser Satz tauchte immer wieder auf, entwickelte sich zu einem „roten Faden“ und brachte schließlich große Teile meines Lebens in eine andere Richtung. Ich intensivierte den Kontakt und habe seither eine sehr enge Verbindung zu meiner Gebärmutter. Ich spreche vieles mit ihr ab und sie antwortet mir oft auf ihre ganz eigene Weise. Menschen nahm ich wahrend meiner Blutung in ihrem Wesen war : Damals war ich als Umweltberaterin tätig und hatte viel mit öffentlichen Einrichtungen und Vertretern der Wirtschaft zu tun. Eines Tages bei einer Sitzung, in der es um das österreichische Umweltgütesiegel ging, hatte ich wieder ein sogenanntes „Aha-Erlebnis“. Ich spürte plötzlich ganz tief in meinem Unterbauch, dass es ein Wissen zu dieser Thematik gibt, dass mit Weiblichkeit zu tun hat und für das ich noch keine richtige Sprache hatte. Nach der Geburt meines zweiten Kindes im Jahr 1993 kündigte ich und begann, mich intensiver mit meinen weiblichen Rhythmen zu beschäftigen. Ich zog mich monatlich am ersten Tag der Regel zurück, um nach innen zu lauschen. Ich bemerkte eine erhöhte Sensibilität, ich hörte z.B. alles lauter als sonst, es roch alles intensiver und ich hielt Dinge nicht aus, die ich sonst einfach wegsteckte. Menschen konnte ich während meiner Blutung mehr in ihrem Wesen als an ihrer äußeren Erscheinung wahrnehmen. Schließlich hatte ich auch spirituelle Einweihungserlebnisse und das Thema Menstruation erfasste mich so, dass ich unbedingt mehr drüber wissen wollte. Also begann ich „Frauenforschung“ zu studieren und schrieb schließlich meine Diplomarbeit zum Thema Menstruation und mein erstes Buch „Meine Tage - Quelle weiblicher Kraft und Intuition“. Einige Jahre später, 2004, folgte die überarbeitete Ausgabe unter dem Titel „Das Geheimnis der Menstruation“. 13 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Ich wollte alles, was ich da erforschte und las, möglichst vielen Frauen und Mädchen weitergeben. Was mich dazu veranlasste, war einerseits das traurige Gefühl, dass mir als Mädchen niemand vermittelte, welchen Schatz ich in mir trug und andererseits das stärkende Gefühl, diesen Schatz jetzt gefunden zu haben. Um dem Thema Menstruation wieder Raum in der Gesellschaft zu geben, erstellte ich im Jahr 2002 ein Konzept für ein Menstruationszelt und wollte dieses im Rahmen einer Veranstaltung der österreichischen Hochschülerinnenschaft im Sigmund-Freud-Park vor der Uni Wien aufbauen und das Tabu Menstruation symbolisch enthüllen. Das Projekt scheiterte an einer plötzlichen und nicht nachvollziehbaren Absage zugesagter Teilfinanzierung von Seiten der Frauengesundheits-Beauftragten der Stadt Wien. Ich baute mir meine Selbständigkeit als Lebens- Sozial- und Organisationsberaterin auf und wurde zunehmend von Frauen aufgesucht, die Probleme mit Menstruation- Weiblichkeit-Sexualität und allen möglichen Beschwerden und Erkrankungen hatten, die mit dem weiblichen Unterleib zu tun hatten. Ich suchte nach einer Methode, die ihnen ermöglicht, ihren Leib-Spürsinn und ihre weibliche Intuition zu erkennen, zu trainieren und zu nutzen. So ganz „zufällig“ stieß ich auf die Selbstheilung nach Methode Wildwuchs®, einer wissenschaftlich fundierten und in Deutschland seit 25 Jahren erfolgreich erprobten Methode, die mit inneren Bildern und der Weisheit des Körpers arbeitet. Seit 2002 arbeite ich schwerpunktmäßig nach dieser Methode, die ich genial finde, weil sie so einfach und doch so tiefgreifend wirksam ist. Ich hatte erkannt, welchen starkenden Schatz ich in mir trug. : Ich war damals sehr enttäuscht, hatte ich doch viel Energie in die Vorbereitung dieser Veranstaltung gesteckt. Meine Freundin sagte mir damals: „Leg den Samen in die Lade und warte, bis Österreich dazu reif ist“. Im Rahmen meines Doktorats-Studiums erforschte ich ausführlich die Kulturgeschichte der Gebärmutter und die Wirksamkeit der Methode Wildwuchs® im Zusammenhang mit Unterleibsbeschwerden. 14 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Aus dieser Studie und meiner langjährigen Erfahrung in der Heilarbeit mit Frauen entwickelte ich mein neues, sehr praxisorientiertes Buch, das Ende 2014 erschienen ist: „Die glückliche Gebärmutter“ Damals aber nutzte ich die „Reifezeit“ für das Menstruationszelt, um zu erforschen, was denn Mädchen und Frauen in unserer Zeit brauchen, um diesen verdeckten Schatz wieder zu heben und zu leben. Von 2005 - 2006 folgte das Forschungsprojekt Die Menstruation - Wesentliches Element des Frauseins oder abzuschaffendes Übel? Die gluckliche Gebarmutter : : Bedingungen und Maßnahmen für eine positive Integration der Menstruation in die Identität als Frau. Dazu konnte ich zwei Sozialwissenschaftlerinnen gewinnen, die mit mir gemeinsam einen Forschungsbericht mit Maßnahmenkatalog, einen Folder für Mädchen und ein Infopool für Lehrerinnen entwickelten. 2005 wurde ich als Referentin zum internationalen Kongress „Menstruation & Endometriose“ nach Villach eingeladen und das Menstruationszelt – Konzept schlüpfte aus der Lade. Mit drei Kolleginnen aus der „Wildwuchs-Beratung“ gründete ich den Verein „Frauenkultur Menstruation und Körperweisheit“ und das Zelt stand drei Tage lang in Villach am Rathausplatz gleich neben der Kirche, eine sehr spannende Aktion. Seither stellen wir das Zelt in regelmäßigen Abständen in Wien für ein paar Tage auf und bieten immer ein interessantes Programm rund ums Thema Menstruation und weibliche Körperlichkeit an. Wir reisen auch herum und lassen uns gerne einladen, z.B. zum internationalen 15 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Hebammenkongress oder zur österreichischen Göttinnenkonferenz. Nächster Termin ist übrigens von 21.- 24. Jänner 2016. Genaueres über die Bedeutung des Zeltes und die Events findet ihr unter www.menstruationshuette.at Ja und weil ich es ganz wichtig finde, schon den jungen Mädchen einen positiv-stärkenden Einstieg ins Frau werden zu ermöglichen, arbeite ich schon seit vielen Jahren auch in Schulen und Mädchengruppen. Ich biete rote Feste für Mädchen zur ersten Regel als Initiations-Ritual an, und auch für Frauen, die das nachholen möchten. Genaueres dazu unter www.rotesfest.at : Viele rote Feste fur Madchen : Es gäbe noch vieles zu erzählen, aber ich mache jetzt Schluss. Ich hoffe, dass aus diesem Artikel gut zu erkennen ist, wie mich meine leiblichen und menstruellen Erfahrungen zu der gemacht haben, die ich heute bin. Eine Frau, die ihrem roten Faden gefolgt ist und ihn gleichzeitig gesponnen hat. Eine Frau, die ihre zyklischen Fäden gerade miteinander verknüpft zu einem bunten, sehr stabilen Faden aus dem Weiß der jungen, dem Rot der fruchtbaren und dem Schwarz der weisen Frau. Mein Faden beinhaltet jetzt alle Phasen des Zyklus, es gibt kein Auf und Ab mehr, weil alle Qualitäten der Zyklusphasen jederzeit zur Verfügung stehen. Jetzt sitze ich gerade mitten im Wald und baue mir in der Natur einen wundersamen Lebensraum auf, den ich gerne mit Frauen teile, die für ein paar Tage Heilurlaub machen und sich hier von mir begleiten lassen möchten. Ich sehe mich heute als Frau, die sich wieder ans Paradies erinnert und es hier im Garten Eden in aller Einfachheit und Fülle wieder ins Leben trägt. Meine Gebärmutter ist mir zu einer weisen Lehrerin meiner Weiblichkeit geworden. Ich habe gelernt, auf sie zu hören. Ich verehre sie, weil sie für 16 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF mich das wundersamste Organ überhaupt ist. Sie kann sich regelmäßig häuten wie eine Schlange und ist das Tor zum Leben und Sterben. Sie kann ganz groß werden, Kinder in sich wachsen lassen und gebären. Sie gebiert auch Kunst, Projekte, Ideen und Lösungen. In ihr sitzt das innere Auge und eine unermessliche Schöpferkraft, die weibliche Kreativität und Heilkraft zum Sprudeln bringt. Sie kann tiefe Lust empfinden und die Orgasmus-Wellen in sich zum Wogen bringen. Man sagt ihr aber auch nach, dass sie unberechenbar ist, Frauen hysterisch macht und in ihrer Gier Männer verschlingen kann. Man(n) fürchtet sie. Sie kann sehr eigenwillig sein und heiligen Zorn entwickeln, in ihr wohnt die Drachenkraft der Frau. Sie kann sich zusammenkrampfen, wenn ihr etwas nicht passt und sich wohlig ausdehnen, wenn es ihr gut geht. Wenn eine Frau mit ihr verbunden ist, ist sie auch mit dem Tor verbunden, das dorthin führt, wo es keine Zeit gibt, wo alles zyklisch ist und wo die nicht sichtbare Welt sichtbar wird. www.pröll.info : Dr. Mag. phil. Gabriele Proll Die Gebarmutter ist das Tor zum Leben und Sterben. „Menstruationsnächte“: Acrylgemälde, 50 x 60 cm 17 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Das MenstruationsMenstruationsHygieneartikelHygieneartikel-Tabu Wie bitte??? Die handelsüblichen Tampons und Binden bestehen aus Kunststoffen und/oder genmanipulierter Baumwolle? Sie enthalten Giftstoffe wie Terpene, Farbstoffe, Pestizide, Insektizide, Biozide wie TBT? Sie werden mit Dioxin gebleicht? Und auch in der Anwendung sollen sie eine körperliche Gefahr und Belastung sein? Slipeinlagen saugen die Scheide bei Dauerbenutzung aus wie Dochte und ruinieren die Schleimhautflora? Und Tampons lassen eine derart ausgetrocknete Schleimhaut zurück, dass sie unter dem Mikroskop aussieht wie afrikanische Erde in der Trockenzeit? Obendrein reißen kleine Faserstücke auf der angesaugten Schleimhaut ab, indem der Tampon auf der fast trockenen Haut festklebt? Diese Faserreste, die aus Kunststoffen usw. – siehe oben – bestehen, erzeugen stets lokale Entzündungen? Trockene Erde Eine kritische Betrachtung der Menstruationshygiene Ich wurde gebeten, darüber zu schreiben, „Was so manche Frau über Tampons nicht weiß…“, wie es by Healthman im Internet heißt (21. Juli 2009) obgleich ich viel lieber über Schönes und Heiliges im Zusammenhang mit der Menstruation schwärmen würde. Bereits vor 35 Jahren machte die Ärztin Dr. Iris Grützmacher-Sawicka in der Zeitschrift „Sexualmedizin“ unter dem Titel „Kritisch betrachtet – Menstruations-hygiene“ auf Missstände und Gefahren rund um die Menstruation aufmerksam. Gleichzeitig beklagte sie die Einstellung ihrer mehrheitlich männlichen KollegInnen. Sie schrieb: „Anlässlich einer Umfrage der Medical Tribune 1977 (Nr. 37, 38, 39) über Menstruationshygiene wurde ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Menstruationshygiene das Tampon ist (warum eigentlich?) bzw. welche Gründe dafür sprechen, nicht, welche dagegen sprechen. Es wurden im Übrigen sechs Gynäkologen (sic!) befragt, die natürlich alle für die Tamponanwendung waren. Unter anderem war auch gefragt worden, ob ein vergessener Tampon eine Infektionsquelle sei. 18 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Jeder Gynäkologe weiß, dass man so etwas vielleicht dreimal im Jahr sieht: Also war dies eine höchst überflüssige Frage. Jeder Gynäkologe aber kennt aus seiner täglichen Sprechstunde die sehr kleinen zurückgebliebenen Tamponreste – gewöhnliche Tampons sind schon lange nicht mehr aus Watte, d.h. Baumwolle -, die allerdings zu erheblichen Reaktionen führen (mikroskopisch sofort nachweisbar).“ Nicht das Toxische Schocksyndrom ist es, welches einem Gynäkologen täglich über den Weg läuft und Sorgen um seine Patientinnen bereiten sollte und sich gut als Zeitungs-Überschrift macht, sondern die üblichen Entzündungen, mit denen wir es alltäglich zu tun haben, bedingt durch „(Menstruations)Hygiene“. Doch die werden verschwiegen und verharmlost… Im Jahr 2002 erschien mein Buch „Menstruation – von der Ohnmacht zur Macht“. Während ich recherchierte, erfuhr ich von der Arbeit von Grützmacher-Sawicka über gesundheitliche Probleme rund um die Monatshygiene durch Kunst- und Giftstoffe und die praktische Anwendung von Tampons und Binden. Ich wollte mehr darüber wissen, erfuhr jedoch, dass die Ärztin sich längst nicht mehr traute, darüber zu veröffentlichen: Sie hatte Klagen vom Hersteller dieser Artikel erhalten. Sie wusste, dass sie gegen diesen Konzern – und es handelt sich um einen Großkonzern! – verlieren würde, der eigens eine Rechtsabteilung gegen solche Aufklärungen hat und, wie mir berichtet wurde, in Industrieanlagen seine Produkte herstellt, die Hochsicherheitstrakten ähneln. Von der Ohnmacht zur Macht Die Werbung suggeriert, dass die Menstruation da bleiben soll, wo sie entsteht: in uns drin – unsichtbar und unmerklich für andere. Das Blut in der Werbung, welches auf die Binden gegossen wird, um ihre Saugfähigkeit zu demonstrieren, ist blau, und nicht rot. Selbst die Werbung soll also nicht an unser Menstruationsblut erinnern. Wir sollen uns während „unserer Tage“ „sicher“ fühlen und: wie immer! Dazu sollen uns Hygieneartikel und ggf. Tabletten verhelfen, die wir kaufen sollen. Bleiben die Tage dann für immer aus – also im Klimakterium – werden wir umgekehrt für potentiell krank erklärt und sollen wiederum Tabletten kaufen. Dazu zitiere ich in meinem Buch die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch: „Der Mann suggeriert, dass eine Frau schon dann emanzipiert ist, wenn sie sich um ihre Emanzipation nicht schert. Ja, so pflegeleicht hätten sie uns gern, und manche gehen ihnen auf den Leim“. Dies erinnert an Gehirnwäsche.“ Die Werbung suggeriert, dass eine Frau dann emanzipiert ist, wenn sie sich um ihre Menstruation nicht schert. Und sie knüpft an miteinander verbundene Ängste an, die uns auf unseren Weg zum Frausein in einem Vaterland eingepflanzt wurden. 19 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF „Wenn von „noch mehr Sicherheit an allen Tagen Ihrer Regel“ gesprochen wird, bieten die Werbefachmänner von Johnson&Johnson ohne Umschweife an, uns von diesen Ängsten und Unsicherheiten zu befreien. In der mir vorliegenden Reklame brauchen sie nicht einmal mehr zu erwähnen, um welche Ängste es sich handelt: aber wir werden von ihnen befreit durch „o.b.“ Ebenso die Aussage einer anderen Werbung dieser „Johnson&JohnsonAngstbefreier“: „Er hat noch nicht einmal was gemerkt.“ Auch wenn wir bisher noch keine Angst gehabt hatten, dass er etwas (was?) merken könnte (vielleicht hoffen wir sogar, dass er mal endlich etwas merkt, was uns betrifft?) – spätestens jetzt stellt sich unbemerkt die Frage, was wäre, wenn er etwas gemerkt hätte. Statt beglückwünscht zu werden, dass wir wahr-genommen wurden, suggeriert die Werbung, dass es etwas dagegen gibt, nämlich Tampons. Es wird also vorausgesetzt, dass etwas dagegen unternommen werden muss, als Frau bemerkt zu werden.(…) Unser weiblicher Zyklus ist heilig Unser Bewusstsein, dass unser weiblicher Zyklus heilig ist, wurde auf den Kopf gestellt. Wir haben nicht nur vergessen, wie anders wir diesen Zyklus einmal erlebt haben, sondern haben auch vergessen, dass wir diesen Zyklus einmal anders erlebt haben.“ Ein Ethnologe sagte einmal über matriarchale UreinwohnerInnen, sie hätten Kannibalismus, Kolumbus, Kolonisten und Christentum überlebt ob sie jetzt Coca-Cola überleben, das sei fraglich, erzählt Claudia Kalka in ihrem Buch „Eine Tochter ist ein Haus, ein Boot und ein Garten“. Wenn wir Coca-Cola gleichsetzen mit Wirtschaft/Politik und Konzernen wie die Pharmakonzerne, die uns Hormone verkaufen, dem Monopolisten Johnson&Johnson, der uns so genannte Hygieneartikel verkauft oder den Herstellern von Röntgenapparaten für Mammographien, dann können wir sagen: Wir Frauen haben die patriarchöse Kolonialisierung überlebt – wir werden auch die Konzerne überleben. 20 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Um zu erfahren, was in der Praxis gegen das Menstruations(hygiene)tabu und das Vergessen dieser Tabuisierung gemacht werden kann, lege ich Euch mein Buch ans Herz: „Menstruation – von der Ohnmacht zur Macht“, in denen viele Expertinnen zu Wort kommen. Unter anderen Petra Sood, die Gründerin von Kulmine, einem kleinen Unternehmen, das „bewusst natürliche Slipeinlagen und Binden aus Baumwolle oder Seide“ herstellt und versendet. Sie „stellen seit über 20 Jahren Slipeinlagen und Binden her aus Baumwolle und Seide in bester Öko-Qualität – mit Liebe und per Hand gefertigt im Teutoburger Wald. Kulmines sind frei von hautirritierenden Zusätzen, Gentechnik und Plastik. Gemeinsam schützen wir damit auch Primärwälder, denn Kulmines sind immer wiederverwendbar. Für Ihr Wohlbefinden und das der Umwelt.“ www.kulmine.de Bewusst natürlich – was für ein lebendiges Motto für alles, was uns Frauen betrifft! Herzliche Grüße von Dagmar Margotsdotter Kronleuchter aus Tampons: Kunstinstallation von Joana Vasconcelos 600 x 350 x 350 USB-Stick in Form eines Tampons 21 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Das Zyklusspiel Eine Mater-ialie mit Aha-Effekt Weibliche Menschen leben rund 40 Jahre ihres Lebens im Zyklus. Immer. Nicht nur während der Menstruation. Unser Körper durchläuft einen regelmäßigen Zyklus, wie die Natur die Jahreszeiten durchläuft. Vieles ist durch diesen zyklischen Ablauf geprägt. Unsere Stimmung, unser Bedarf und unser Bedürfnis nach bestimmter Nahrung, unsere Lust. In der Mädchenarbeit fällt mir immer wieder auf: 1. die Mädchen wissen so gut wie nichts über den Zyklus und 2. Frauenkörper werden spätestens ab der Menarche pathologisiert. Sätze wie: "Dann hatte ich meine Tage und musste zum Frauenarzt" begegnen mir ständig. Parallel dazu fällt auf, dass auch die wenigsten Frauen den Zyklus wirklich verstehen und wissen, wo im Zyklus sie sich zu welchem Zeitpunkt befinden. : Selbstermachtigung durch gefuhltes Korperwissen : : So entwickelte ich das Zyklusspiel. Hierbei ging und geht es mir um Selbstermächtigung durch gefühltes Körperwissen. Ich möchte, dass Mädchen und Frauen die Weisheit und Kraft des Körpers verinnerlichen, und zwar mit Fokus auf Schöpfung und Kraft, unabhängig von Reproduktion. Denn auch Frauen, die keine Kinder wollen oder können, haben die Veranlagung zu schöpfen. Hierfür steht die Gebärmutter und der weibliche Zyklus. 22 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Zum Zyklusspiel: Zunächst erkläre ich den Zyklus mit den Zyklusplakaten und dem Zykluskalender Rose. Wir sprechen den Zyklus so lange durch, bis Informationen über den Kopf angekommen sind und alle Fragen gestellt wurden. Dann spielen wir den Zyklus. „Wir stellen uns vor, wir stehen in einer großen Frau“. Ich habe Orden angefertigt, auf denen Organe, Gebärmutter, Eileiter, Eierstock, aber auch Schleimhaut, Ei und Hülle vom Ei/Gelbkörper abgebildet sind. Jede erhält einen Orden. Die Mädchen sortieren sich. Gebärmutter im Zentrum, je rechts und links Eileiter und Eierstöcke. Dann sucht sich das Ei mit der Hülle (später Gelbkörper) einen Eierstock zum Reifen aus. Obwohl der Zyklus sehr unterschiedlich lang sein kann arbeiten wir beispielhaft mit 28 Tagen. “Jippieh, Das Ei kommt.“ "Wir stellen uns vor die Frau hatte grade ihre Tage, sagen wir 5 Tage lang, an welchem Tag des Zyklus sind wir?“ Wir sehen auf unserem Zykluskalender nach - Tag fünf. Jederzeit sind verschiedene Eier in verschiedenen Reifestadien in beiden Eierstöcken vorhanden. Wir spielen, dass unser Ei jetzt wächst - wie lange wächst es noch? Noch ungefähr 9 Tage, also ca bis zum 14. Tag. Dann gleitet das Ei aus der Hülle und aus dem Eierstock. (Ei verabschiedet sich von Gelbkörper, Eierstock stubst das Ei in Richtung Eileiter) Der Eileiter mit seinen Fangarmen versucht es zu schnappen (Und schafft es meistens, jedenfalls in unserem Spiel). Die Hülle verwandelt sich in das Gelbkörper und rennt durch das Blut zur Gebärmutter (das Mädchen läuft durch den Raum). Bei der Gebärmutter angekommen berichtet die Darstellerin vom Gelbkörper: „Das Ei kommt!“ die Gebärmutter ruft aus: „Jippieh, das Ei kommtSchleimhaut, komm her, das Ei kommt!“ 23 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Die Schleimhaut fräut sich mit der Gebärmutter. Wir spielen den Zyklus meistens ohne Spermium, manchmal auch mit. Wenn das Ei nicht befruchtet wird löst es sich auf. Das ist eine wichtige Info, denn Mädchen denken oft, sie bluten das Ei aus. Das stimmt nicht. In der Zeit, in der die Schleimhaut aufgebaut wird brauchen wir mehr Energie, also mehr Essen. Deshalb oft die Lust auf Schokolade. : Der Korper als Fraundin : Die Gebärmutter bemerkt nach ca. 14 Tagen, dass gar kein Ei angekommen und sich eingenistet hat, also ruft sie dann: „Das Ei kommt doch nicht, Schleimhaut, Blut, raus mit euch!“ Und dann drückt die Gebärmutter Blut und Schleimhaut durch die Vulvina nach außen. Das kann man auch mit einem Schwamm, den man in der Faust auspressen will, erklären. Wenn man ganz feste drückt, tut es fast ein bisschen weh. Streicheln hilft. Und beruhigendes Sprechen. „Reg dich nicht auf, alles ist gut“. Badewanne, Bett, Wärmflasche, Tee, alles besser als mit Medizin „funktionieren“. Das muss evtl. manchmal auch sein, aber schön ist, wenn der Körper als Fräundin gesehen wird, die uns sagt, was wir brauchen, und der wir ver-trauen können. Am Ende meiner Workshops dürfen sich die Mädchen etwas wünschen. Oft wünschen sie sich, dass wir das Zyklusspiel noch einmal spielen. Susan Bagdach [email protected] Susan Bagdach arbeitet mit dem Wort „Vulvina“ aus dem Film von Ella Berlin, der auf Youtube zu sehen ist. *1972, Syrisch-Deutsche Referentin für interkulturelle Frauen- und Mädchen- Gesundheit, Gender- und Anti-Diskriminierungsarbeit Systemische Therapeutin, Coach und Sexualpädagogin Dozentin für orientalischen Tanz und Beckenbodentraining www.susanbagdach.de www.susannabila.de www.holla-ev.de 24 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Zwischen den CharmeCharme-Lippen Die Frau als Doppelwesen Entnommen aus dem Buch „Das Geschlecht, das nicht eine ist“ von Luce Irigaray, Seite 23 Immer zwei die einander beruhren : „So ist zum Beispiel die Auto-Erotik der Frau von der des Mannes sehr verschieden. Dieser benötigt, um sich zu berühren, ein Instrument: seine Hand, das Geschlecht der Frau, die Sprache... Und diese Selbstaffektion erfordert ein Minimum an Aktivität. Die Frau aber berührt sich durch sich selbst und in sich selbst, ohne die Notwendigkeit einer Vermittlung und vor jeder möglichen Trennung zwischen Aktivität und Passivität. Die Frau aber „berührt sich immerzu“ ohne dass es ihr übrigens verboten werden könnte, da ihr Geschlecht aus zwei Lippen besteht, die sich unaufhörlich aneinander schmiegen. Sie ist also in sich selbst schon immer zwei, die einander berühren, die jedoch Zeichnung von Auguste Rodin nicht in eins (einen) und eins (eine) trennbar sind.“ : Klitoris - die schone Unbekannte Ein ganz besonderer Film Erst viele Jahre später wird allmählich damit begonnen, die weibliche Sexualität ebenso genau zu erforschen wie die männliche. Die Dokumentation räumt auf mit dem Mythos vom Unterschied zwischen Vagina- und Klitoris-Frauen sowie der Existenz des G-Punktes. Die weibliche Sexualitat genau erforschen : Der Film zeigt eindrücklich, dass die Klitoris etwa zehnmal größer ist, als zumeist angenommen und doppelt so groß, wie es die Illustrationen der Fachleute vermuten lassen. Dieses geheimnisvolle Organ wurde in der Vergangenheit immer wieder mit dem Bann gesellschaftlicher Konventionen der Kirche und auch der Psychoanalyse belegt. Der Film ist in voller Länge bei Youtube zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=L032Xnl8yGk 25 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF SheelaSheela-nana-gig Bekannt und sehr verbreitet sind vor allem die Abbildungen der Sheelana-gig, auf denen sie grinsend ihre offene Vulva zeigt. Diese werden mehrheitlich in Irland, aber auch in Schottland, England und dem übrigen Europa gefunden. Meist handelt es sich dabei um Steinritzungen, Holzschnitte oder Reliefs, die an Kirchen und Brücken, an Burgen und an anderen bedeutenden mittelalterlichen Gebäuden zu finden sind. Präsentiert grinsend ihre Vulva Alle Darstellungen der Sheela-na-gig ähneln einander sehr. Sie zeigen eine nackte Frau, meist eher mager und alt mit einem zu ihrem kleinen Körper verhältnismäßig großen Kopf. Andrea Dechant Sie hockt oder steht mit gespreizten Beinen und präsentiert ihre Vulva. In vielen Fällen hält diese kleine Figur mit ihren Händen ihre Schamlippen auseinander. Meist grinst oder lächelt sie dabei mit übergroßen geöffneten Augen. : Sheila-na-gig prasentiert grinsend ihre Vulva Sheela-na-gig-Figuren gab es in vielen alten irischen Kirchen, die vor dem 16. Jahrhundert gebaut worden waren. Durch viktorianische und christliche Prüderie wurde eine große Anzahl von ihnen beschädigt oder ganz zerstört. Einige waren noch im 19. Jahrhundert vorhanden, wenige von ihnen findet man noch jetzt. Eine sehr umfangreiche Sammlung von ihnen gibt es unter www.sheelanagig.org. Die Bezeichnung Sheela-na-gig lässt sich vermutlich auf das irisch-gälisch „Sighle na gCioch" zurückführen, was soviel wie „Julia mit den Brüsten" bedeutet. Eine andere Variante ist „sile ina Giob" was „Sheela auf ihren großen Genitalien" bedeutet. Das „gig" verweist auch auf den Begriff „giggie" — eine Bezeichnung für das weibliche Genital, das verwandt mit dem irischen Volkstanz „jig" sein soll, dieser geht auf den französichen Tanz „gigue" zurück und dieser angeblich wieder auf einen orgiastischen Tanz in vorchristlicher Zeit. 26 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Bringt Fruchtbarkeit und Segen und wehrt Armut ab Zur Bedeutung dieser mythologischen Frauenfigur gibt es verschiedene Erklärungen. So wird vermutet, dass sie eine Fruchtbarkeitsgöttin darstellt, was allerdings im Widerspruch zu ihrer oft mager und alt dargestellten Gestalt steht. Allerdings ist bekannt, dass das Berühren ihrer Geschlechtsteile Fruchtbarkeit und Segen bringen und Armut abwehren soll. Damit ist sie mit der indischen Kali verwandt. Deren Yoni wird auf den Göttinnen-Darstellungen in Tempeln auch von den vielen Fingern der auf Segen und Schutz hoffenden Gläubigen ausgehöhlt. Sheela-na-gig soll als Beschützerin der Armen der Überlieferung nach damit gerufen bzw. geehrt werden, indem man am 4. Mai seine Kleidung auf einen Weißdornbusch legt. Dies soll die Armut fernhalten. Eine andere These besagt, dass Sheela-na-gig-Figuren als beschwörendes oder beschützendes Symbol nicht nur für Fruchtbarkeit sondern auch für Glück gelten. Der Göttin wird eine Unheil abwehrende Kraft zugeschrieben, was ihre Darstellung an heiligen Orten erklären würde. Von den KeltInnen ist bekannt, dass sie die Nachbildungen der weiblichen Genitalien zum Schutz verwendeten. : Abwehr des Bosen, des Teufels und schlechter Geister Verzierung oder Abwehrzauber an Klostertüren So wurden von irischen Nonnen Sheela-na-gig-Schnitzereien zur Verzierung der Eingangstüren an Klöstern angebracht oder an Außenwänden von Kirchen angebracht, damit sie dort zur Abwehr des Bösen, des Teufels, schlechter Geister und des Todes dienen. In ihrem Schutz, Glück und Segen spendenden Aspekt hat Sheela auch eine Verwandtschaft zur griechischen Göttin Baubo. Das Zeigen der Vulva ist ein Abwehrgestus gegen die Mächte des Todes und der Unterwelt, wird dabei doch dem Tod das Leben entgegengehalten. 27 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Machtvolles und beschwörendes Symbol Die Vulva, der Eingang zur Gebärmutter, gilt in nahezu allen ursprünglichen Kulturen, teilweise bis heute, als machtvolles und beschwörendes Symbol. Es verkörpert in der keltischen Mythologie die Kraft der uralten Erdgöttin, die gleichermaßen für Leben und Tod steht, die mit ihrer Vulva Kinder gebärt und auch wieder in ihren Schoß aufnimmt. Zieht man die dreieckige Form ihrer Genitalien auf vielen Abbildungen in Betracht, könnten diese auch den Zyklus der dreifachen Göttin — Jungfrau, Mutter und Weisen Alten interpretieren. Ihre Vulva-Form erinnert oft auch an ein Füllhorn, aus dem stetig alles Glück, Lebensenergie und Reichtum heraus fließt. In einigen Fällen wurden daher ihre Steine sogar als Wasserspender in die katholischen Kirchen integriert. In vielen Überlieferungen stellt Sheela-na-gig eigentlich die Göttin Cailleach, die keltische alte und weise Todes- und Schöpfungsgöttin dar. Kombination aus Todesbringerin und Fruchtbarkeitsgöttin Verblüffend bei den Darstellungen von Sheela-na-gig ist der Gegensatz zu dem lebenssprühenden, herausfordernd bis wollüstigen Präsentieren ihrer Vulva und ihrem offensichtlich alten Körper, mit knochigem Brustkasten, vertrockneten und hängenden Brüsten, mit nur wenigen verbliebenen Zähnen und schütterem Haar. Ein Körper, von dem man annehmen könnte, er sei nicht mehr fruchtbar. : So wirkt sie gleichzeitig Fruchtbarkeit steigernd und als Weise Alte Segen bringend. Entsprechend altirischer Legenden erscheint jedem zukünftigen König eine Frau als hässliche, lüsterne Hexe und sucht ihn zu verführen. Wenn sie Erfolg hat, wird sie zu einer schönen Frau und gibt ihm Erfolg und seiner Herrschaft ihren Segen. Sheelas eindeutige Geste könnte nicht nur das Tor des Lebens präsentieren, sie könnte auch zur Kopulation auffordern. Deshalb musste zumindest in der offiziellen Lesart der Kirche der Sinn dieser unverhohlen gezeigten Libido umgedeutet werden. Ein Fullhorn aus dem stetig Gluck und Lebensenergie fliesst : Dies könnte eine Kombination aus Todesbringerin und Fruchtbarkeitsgöttin sein, so könnte die obere Hälfte der Darstellungen Tod und die untere Hälfte Wiedergeburt bedeuten. Sheela verkörpert mit ihren prallen Genitalien alle Leben spendenden Kräfte und ist gleichzeitig als alte Frau die Zerstörerin. 28 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Sie wurden von dem damals offensichtlich weniger sittenstrengen irischen Klerus in ihrer überlieferten Mission gesehen, nämlich als Glücksbringerin. Von der Kirche dämonisiert Von der Kirche wurde sie später allerdings dämonisiert. Sie wurde von der Schutzgöttin zum Inbegriff der Sünden des Fleisches. Die irischen Vertreter der Kirche entfernten oder zerstörten wohl viele der Figuren, denn im 19. Jahrhundert fand ein Archäologe einen Haufen solcher Figuren, welche nahe einer Klosterruine vergraben waren. Bei einigen Abbildungen die man an Gebäuden entdeckte, wurde die untere Hälfte des Körpers unkenntlich gemacht. Doch es wurden nicht alle der unzähligen Sheela-na-Gig-Darstellungen zerstört und der Geist dieser alten Göttin lebt in den Frauen weiter. Auch wenn Frauen vielleicht nicht selbst negative, Angst erzeugende oder herabwürdigende Erfahrungen gemacht haben, tragen sie doch das Erbe aller Ahninnen vor ihnen in ihrem Schoß und spüren damit auch direkt und eindeutig das Erbe der Kulturgeschichte - im Positiven wie im Negativen. Sheila-na-gig ladt jede Frau zu ihrer intimen inneren Reise ein. : Geschlechtsorgane als magischer Ort der Verehrung Sie unterstützt Frauen in ihrer Urkraft, indem sie ihren Schoß als magischen Ort der Verehrung und Anbetung darbietet. Unsere Geschlechtsorgane sind mit so vielen Tabus und Erwartungen belegt: Angst, Scham, ständige Verfügbarkeit, Gefahr, Schmutz, Pornographie, Verleugnung, Verstecken müssen — die Palette ist groß. Sheela fordert Frauen auf, ihre weiblichsten Körperteile als das Selbstverständlichste, das es auf der Welt gibt wieder zu entdecken, denn ohne diese gäbe es uns alle nicht. Zudem sind sie die unerschöpfliche Quelle der Lust und Freude. Ihre Haltung impliziert, dass sie die Geheimnisse und den Ursprung des Lebens kennt. Sie lässt Frauen, so sie das wollen, in ihren Schoß fallen und damit zu ihrem weiblichen Ursprung zurückkehren. Sie ist bereit, hält ihr „Tor" weit offen und lädt jede Frau zu ihrer persönlichen, intimen, inneren Reise ein. Sie schert sich nicht um Moral und Zwänge Sheelas Geheimnis liegt vielleicht darin, dass sie hässlich ist, dass sie obszön wirkt und trotzdem Würde und Heiterkeit ausstrahlt. 29 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Sie schert sich nicht um Moral und Zwänge, ist völlig ungebunden und in vollkommener Harmonie mit den Gesetzen der Natur. Die Geste der Sheela-na-gig hat nichts liebliches an sich. Sie ist damit bewusster Kontrast zu jenen aktuellen Frauendarstellungen in Hochglanzmagazinen, die Frauen kindlich, mit dümmlichem Blick und großen Busen, allzeit bereit und ansonsten ungefährlich und ohne Forderungen präsentieren. Bei Sheela weiß man (vor allem „Mann") nicht genau, woran man ist: Zeigt sie verführerisch das Tor des Lebens oder gefährlich das Tor des Todes. Bedeutet ihre Haltung die Warnung „Ich verschlinge dich" oder die Einladung „du bist willkommen". Das bleibt ihr Rätsel und liegt im Auge des Betrachters — und der Betrachterin. Unverschamte Lust, Ekstase und pure Dynamik! : Ihr bleibt nichts verborgen Frauen hilft sie dabei, ihrem intuitiven Wissen zu vertrauen und damit die richtigen Entscheidungen zu treffen, eins mit sich selbst zu sein, alle Kräfte zu entfalten und zu nutzen. Sie hat nicht nur eine weit offene Vulva, auf vielen Darstellungen sind auch ihre großen offenen Augen magisch anziehend. Ihr bleibt nichts verborgen. Ein Blick in ihre Augen lässt Frauen erkennen, wer sie wirklich sind, wo sie stehen, welche Verhaltensweisen, Zwänge und Konventionen sie am Wachstum hindern und was sie brauchen. Sie fordert Frauen auf, sich in den Kreislauf des Lebens einzureihen und das sterben zu lassen, was nicht mehr aktuell und förderlich ist, damit sie sich selbst jederzeit neu schaffen können. Sie verschenkt dafür Energie, Kraft, Wildheit, Selbstachtung, Lebenslust, unverschämte Lust, Ekstase und pure Dynamik! Andrea Dechant www.artedea.net Sheela-na-gig: Gemälde von Andrea Dechant 30 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : : Die Korperhaltung der Sheela als eine Moglichkeit zum TranceTrance-Reisen Durch den vielseitigen und umfassenden Artikel über die Sheela’na‘gig im „Schlangengesang“ (Ausgabe 69) wurde ich inspiriert, über weitere Erlebnis-Räume mit Sheela und meine Arbeit mit der Sheela als Trancehaltung zu berichten. Die Trancehaltungen aus den Kulturen der Welt übermitteln uns auch heute noch Zugangswege in die Andere Wirklichkeit – die Räume, die wir mit unserem Alltagsbewusstsein oft nicht wahrnehmen und die uns dennoch begleiten, die da sind und dann für uns erfahrbar sind, wenn wir uns in und auf sie einlassen. „Trancereisen in einer Körperhaltung“ bedeutet: wir erleben uns in hoch fokussierter Aufmerksamkeit unter Ausblendung von Störfaktoren, wir lassen alles „Unwichtige“ los und erfahren in entspannter Wachheit eine andere Sicht und Wahrnehmung. Tiefe Entspannung bei zugleich feststellbarer Höchstleistung des Gehirns wurde nachgewiesen. Dabei erfahren wir auf der körperlichen Ebene oft reinigende, lösende, zutiefst heilsame Prozesse. Meine Arbeit mit den Trancehaltungen stützt sich auf meine Ausbildung bei Gudrun Fischer und gründet auf den Forschungen und Erkenntnissen Felicitas Goodmans (1914 - 2005), die sich als Ethnologin und Anthropologin mit der Erforschung von religiöser Trance befasste und entdeckt hat, dass die Haltungen der antiken Statuen, der Höhlenmalereien usw. keine zufälligen Darstellungen, sondern bewusst nachempfundene religiöse Trance-Haltungen aus den weltweit überlieferten Kulturen sind. Wir alle besitzen genetisch bedingt die Fähigkeit, neben dem gewöhnlichen Bewusstseinszustand auch andere Ebenen des Bewusstseins gezielt herbeizuführen und zu erleben, und das ohne Drogen oder Alkohol und im Wachzustand. Es bedarf dazu der Rhythmischen Anregung zum Beispiel durch Trommel oder Rassel in einem bestimmten Tempo. Die Beta-Wellen unseres normal wachen Gehirns ändern sich beim monotonen Trommel- oder Rasselklang in Theta-Wellen, so wie sie auch bei tiefer Meditation gegeben sind. Das Reisen zur Trommel ist als Schamanisches Reisen vielleicht der ein oder anderen schon bekannt. Zugangswege in die andere Wirklichkeit Felicitas Goodman und ihre Forschungsgruppen haben herausgefunden, dass bestimmte Haltungen, die in Verbindung mit der Rhythmischen Anregung eingenommen werden, auch zu bestimmten Erlebnissen führen 31 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF bzw. bestimmte Ziele fördern (zur Heilung und Vitalität, zu Reinigungsprozessen, zu Seelenreisen, zu Fragen, zur Lebensbegleitung, zu Verbindung mit anderen Formen des Lebens…) und haben viele Haltungen im Laufe der Jahre detailliert erforscht, beschrieben und nachvollziehbar festgehalten. Wichtig ist die Offenheit und Achtsamkeit, mit der wir dem Erleben in der Anderen Wirklichkeit begegnen und die uns mit allen anderen Formen des Lebens verbindet. Wir geben ihr Ausdruck dadurch, dass unsere Trancereisen in ein einfaches, von Felicitas Goodman aus ihrer Forschung und Feldarbeit entwickeltes Ritual eingebunden sind, das den bewussten Übergang vom Alltags-Erleben ins Trance-Erleben und wieder zurück ermöglicht. Sheela’na’gig als Körperhaltung zum Trance-Reisen Die Haltung der Sheela hat mich schon vor Jahren fasziniert, als ich den Sheela-Abbildungen auf Reisen durch England begegnete. Angeregt durch die beeindruckende Darstellung im „Göttinnen-Geflüster“ von Amy Sophia Marashinsky/Hrana Janto, fand ich mich bei einer Trance-Reise in dieser sich wie von selbst ergebenden Haltung wieder, erlebte starke Bilder und körperliche Prozesse und erfuhr so, dass die Körperhaltung der Sheela möglicherweise ein Tor zur Trance sein könnte. Nun sind die Abbildungen zum Teil unterschiedlich, mal sind die Arme über den Beinen, mal greifen sie untendurch. Mal ist die Aufrichtung des Oberkörpers stärker, mal gebückter. Manche haben Mund und/oder Augen weit aufgerissen, manche halten die Finger außen, manche greifen in die Yoni hinein, einige halten die Beine weit auseinander gespreizt, andere haben die Knie eng zusammen, einige halten die Brüste mit den Händen. Ich musste daher für meine weitere Forschung eine Haltung wählen, die viele Komponenten vereint, die es tatsächlich so auch gibt und die daher die Vorlage für die weiteren Reisen in der Haltung sein sollte. Eine sehr oft abgebildete Darstellung an der Church of St. Mary and St. David in Kilpeck, Herefordshire, dort ist sie als 28. Dachbalkenträgerfigur an der Südseite der Kirche zu finden, hat mich am meisten „angetickt“ und entsprach auch genau der Haltung, die sich bei meiner ersten Trancereise gezeigt hatte. So wählte ich sie als Vorlage für die Trancehaltung und habe sie bei Trance-Reisen in den vergangenen acht Jahren mehrfach – allein, zu zweit mit einer Freundin, zu viert im Tranceforum, zu viert im monatlichen Trance-Austauschkreis und mit zehn Frauen im Rahmen einer Fortbildungswoche – gerufen, getroffen, gefragt, erkannt, erlebt, berührt, wurde berührt … Ihre Abbildung findet sich weiter unten in meiner Kollage Sieh Dir an, wo Du herkommst! Nach diesen Erfahrungen kann ich sagen, dass in der Haltung der Sheela’na’gig von Kilpeck ein starkes Trance-Erleben möglich ist. Als prähistorische Göttinnen-Darstellung, die sie möglicherweise ist, kann das Einnehmen ihrer Haltung uns in Kontakt mit einer sehr alten und sehr 32 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF mächtigen Kraft bringen. In meinem Blog gibt es weitere Information zu den Erfahrungen, die sich in den aktuellen Trance-Kreisen offenbart haben. Ich rate ausdrücklich, erste eigene Trance-Erfahrungen in dieser Haltung mit einer erfahrenen Anleitung und Begleitung zu machen und nach der Reise ausreichend Zeit zum Wieder-Ankommen in der Alltagswelt einzuplanen. Wer mehr zu meiner Arbeit wissen möchte oder mich kontaktieren möchte: Schau mal ins blog bei heilsamewege! Hier gibt es Infos zu meiner Arbeit – Körpertherapie und Massage, Tanz und Trancearbeit – zu den aktuellen Kursangeboten: http://heilsamewege2.blogspot.com/ Informatives zur Trancearbeit mit den Rituellen Körperhaltungen: http://heilsamewege3.blogspot.com Das Felicitas Goodman Forum für Rituelle Trancehaltungen der Welt arbeitet weiterhin in diesem Sinne, wir bieten Trance-Erleben in Seminaren und Fortbildungen, in offenen Tages- oder Abendkursen an. Alles weitere hierzu unter http://trancehaltungen.info Viele schöne Reisen zur Sheela wünscht In Kontakt mit einer alten machtigen Kraft Andrea : Gebären - es in die Welt fließen lassen. Lachen, unbändig ... schrill und laut und wild ... kehlige Atemtöne ... Lust ... das Geräusch des Meeres, das in mir ist und aus mir klingt. Ins All fliegen und die Geburt des Universums ahnen. Vulva um Vulva durchschreiten wir die Tore unserer Leben. Einatmen - Ausatmen. Gebären - zurücknehmen in den Schoß. Erkennen, was ist. Erkennen, was nicht ist. Sieh dir an, wo du her kommst! Trancereise in der Haltung der Sheila'na'gig 05/07.04.15, vier Trancereisende ©Andrea Wild 33 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Vulvina - der Film Wie es dazu kam: ein Interview 1. Liebe Ella, du hast einen Kurzfilm zum Thema Weibliches Genital gemacht. Was hat dich dazu veranlasst dies zu tun? Ich selber habe das Wort "Scheide " schon immer als sehr unangenehm empfunden weil mir die Bedeutung Schwerttasche schon ganz früh, wie dem Mädchen Lina im Film, bewusst war. Vagina gefiel mir vom Klang, ich habe auch gern das Wort Mumu benutzt ... Aber mich hat schon lange genervt dass das weibliche Genital per Definition immer auseinander gerissen wird. Und dass unsere Lust immer zu kurz kommt bzw. fehlt. Ich habe viel mit Frauen und Mädchen gesprochen, auch mit Frauen die andere Frauen ausbilden. Und ich habe festgestellt dass ein gutes Wort fehlt, eins was unserer lieben Vulvina gerecht wird. Dass die Mädchen heute kein gutes Wort haben hat mich erschreckt, und da ja nicht wirk-lich sein kann, was nicht benannt ist, habe ich Vulvina entwickelt. Ich fordere immer, dass Frauen sich den Raum nehmen, und so biete ich das Wort an, und hoffe sehr, dass sich Viele daran erfreuen. „Fur das Madchen in jeder Frau : : 2. Wie bist du auf die Wortkreation Vulvina gekommen? Vulvina ist die Kombi aus Vulva und Vagina. Vulvina bringt die Innere und Äussere zusammen, und ganz klar: die gehören zusammen. Sie sind eins und sollen endlich ein Wort haben finde ich. Vulvina wird von Frauen und Mädchen gut angenommen, denn das Wort geht gut über die Lippen. Vulvina ist zart und kraftvoll, süß und mächtig, und so ist sie eben. 3. Wie ist deine Haltung zur Menstruation. Wie erlebst du die Menstruation? Ich lebe und erlebe meinen ganzen Zyklus sehr bewusst. Nicht nur die Menstruation selbst, sondern auch die Zeit nach der Blutung, wo das Ei heranreift, um dann zu "springen" und die Zeit des Schleimhautaufbaus. Ich höre gut hin, was mir Vulvina und Gebärmutter zu sagen haben. Und ich stelle fest, das sind gute, weise Stimmen. Aber nochmal zu deiner Frage: ich habe häufig ein Rückzugsbedürfnis während der Menstruation. Dem gebe ich sehr gerne nach. 4. Hast du noch weitere Ideen, die du in Zukunft zu dem Thema Frau-Sein verwirklichen willst? Ja!!! Es gibt kein Jungfernhäutchen! Das liegt mir sehr am Herzen, denn dieser Mythos verbreitet nachhaltig Angst und Schrecken! Außerdem die Brüste, der kraftspendende Zyklus und Vulvinas Gesetze, also das wären so die nächsten Projekte. Kontakt: [email protected] Website: www.ellaberlin.de Film auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=w17OSvumkew 34 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Entnommen aus dem Blog »Laut & Luise« von Luise Pusch My Heart belongs to Addyi 23.08.2015 Anfang der Woche hörte ich zum ersten Mal von Addyi, der neuen „Lustpille“ für Frauen, die gerade von der US-amerikanischen Arzneimittelbhörde FDA zugelassen wurde und im Oktober auf den Markt kommen soll. Judy Woodruff von der PBS NewsHour sprach es wie „Addie“ aus. Hoher Preis, hohes Risiko : Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Lust auf Sex haben und es pro Monat nur auf 2,7 befriedigende sexuelle Begegnungen bringen, können diese Zahl nun auf 4,4 „steigern“, wenn sie bereit sind, besorgniserregende gesundheitliche Risiken auf sich zu nehmen, keinen Alkohol mehr zu trinken, die Lustpille jeden Tag einzuwerfen und dafür pro Monat 400 Dollar hinzublättern. Ältere, alte und weniger betuchte Frauen werden also leer ausgehen - wahrscheinlich ist das aber nur zu ihrem Besten. Welche Frau, die noch ihre fünf Sinne beisammen hat, möchte wohl regelmäßig ein solches Monstrum von Pille einnehmen: minimale und nicht gesicherte Wirkung bei hohem Risiko und hohem Preis? Das PreisLeistungs-Verhältnis scheint auf den Kopf gestellt, und doch verspricht mann sich Riesengewinne. Kaum war die Nachricht von der Zulassung raus, wurde die kleine Herstellerfirma Sprout von der Big-Pharma-Firma Valeant für eine Milliarde Dollar aufgekauft. Ich hörte neulich, dass der Film „The Devil Inside“, der als der schlechteste Film aller Zeiten gilt, zugleich prozentual den höchsten Gewinn abwarf. Wie das zu erklären ist? Erstklassiges Marketing! Nach dieser Methode wird wahrscheinlich auch Addyi ihre KäuferInnen finden und Valeant bald ein Vielfaches seinen Einsatzes erwirtschaften. Noch ein Wort zu dem angeblichen Sieg für die Gleichberechtigung, der durch Addyi errungen wurde. Während die Forschung Männer mit Viagra beglückte, hat sie die Frauen mit ihrer Lustlosigkeit alleingelassen, sollen „Frauenorganisationen“ gemäkelt haben. Die Gruppe „Even the Score“, die am lautesten gebrüllt hatte und jetzt ihre Webseite mit dem Banner „Thank you, FDA“ schmückt, wird u.a. gesponsert von den Firmen Sprout (Herstellerin von Addyi) und Trimel (arbeitet ebenfalls an der chemischen Bearbeitung der weiblichen Lust). Das berichtete am 19. August der englische Guardian. Wie gesagt: Erstklassiges Marketing! 35 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Bleibt uns also nur noch, dem betrüblichen mutmaßlichen Lauf der Dinge kopfschüttelnd zuzuschauen und ein paar Betrachtungen zu Namen und Design von „Addyi“ beizusteuern. Addyi ist rosa und Viagra hellblau - wie sinnig! Zur niedlichen Farbe passt der niedliche Klang: „Addyi“ klinge „cute“, schrieb eine der wenigen Kommentatorinnen, die sich überhaupt mit dem Namen befassten. Die Schreibung mit der Endung „yi“ ist so ungewöhnlich, dass die Firma Aussprachehilfe gibt - das hilft aber vor allem, das Gespräch über „Addyi“ anzukurbeln und den Namen im Gedächtnis zu verankern. Eben „erstklassiges Marketing“. Was seltsamerweise noch nirgends kommentiert wurde, ist hingegen die auffällige Tatsache, dass „Addyi“ sich auf „Daddy“ reimt. Das wäre doch die einfachste Aussprachehilfe gewesen. Da sie peinlichst gemieden wird, dürfen wir dahinter wohl einen tieferen Grund vermuten. Und ich vermute folgendes: Addyi ist fur Daddy : „Addyi“ wurde nicht für die Frau entwickelt, sondern für den bejahrten Mann, der ihr Daddy sein könnte - das darf aber natürlich nur unbewusst anklingen. Daddy hat sicher genügend Knete, um für ein bisschen mehr Erfolg im Bett eine beträchtliche Summe zu bezahlen. Die Zielgruppe Frauen im gebärfähigen Alter - ist auch genau diejenige, für die Daddy sich interessiert. Ob ältere Frauen Lust haben oder nicht, ist Daddy piepegal. Und um es ihm recht zu machen, werden sich sicher viele Frauen auf diesen Scheiß einlassen, wie auch auf all den übrigen teuren und gesundheitsschädlichen Mist, den sie im Interesse des Herrn auf sich zu nehmen gewohnt sind, von den High Heels, die ihre Füße verkrüppeln, über operative Verengung ihrer Vagina, Brustverkleinerung oder vergrößerung bis hin zu Fettabsaugung, Bulimie und Anorexie, weil das Gewicht nicht Daddys Vorstellungen von Attraktivität entspricht. Vor 17 Jahren schrieb ich zur Markteinführung von Viagra: Viagra reimt sich im Englischen auf Niagara [“Naiägra” mit Betonung auf dem ä]. Nun haben die Niagarafälle zwar naturgemäß und wie der Name schon sagt eine eher fallende als steigende Tendenz, aber zweifellos sind sie ein gewaltiges Naturschauspiel tosender Fluten, es schäumt und spritzt, daß es eine Freude ist. Außerdem sind die Niagarafälle beliebt für Hochzeitsfeiern, Flitterwochen und ähnlich erektionsfreudige Seifenopern. Das ist es wohl, was die Namengeber im Sinn hatten. Auf den eigentlichen Sinn von Addyi können wir uns noch leichter einen Reim machen: Addyi ist für Daddy! Luise Pusch •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Von Luise F. Pusch sind mehrere Bücher erschienen. Jeder Band enthält rund 50 Glossen und kostet 9,90 EUR 36 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Wo im Mutterland haben die Zeitungsmacherinnen ihr Dach uber dem Kopf? Eine wahre Begebenheit Unsere Redaktionsadresse, die Vereinsadresse und die Adresse der Filmproduktion „tomult&töchter“ befinden sich alle beisammen in einem Haus in Frankfurt. Uscha wohnt dort und auch ihre matrilineare Verwandtschaft. Dementsprechend viele Klingeln und Briefkästen hat das Haus. Vor ein paar Wochen sieht Uschas Schwester draußen den Paketboten mit einer großen Paketröhre herumirren. Er will sich schon zum Gehen abwenden, als sie das Fenster öffnet und ihn anspricht. Er sagt, auf dem Paket stehe „Mutterlandbriefe“ und „Daniela Parr“. Beides könne er an den Türklingeln oder Briefkästen nicht finden. Uschas Schwester schaltet sofort und lässt sich das Paket aushändigen. Beim Öffnen die nächste Überraschung: drinnen liegt „Die Menschenblüte“, die Abbildung einer Erdenkugel, aus der heraus sich eine Vulva zwischen den Kontinenten ausformt. Da Uscha sich darauf keinen Reim machen kann, ruft sie Daniela an. Mit großer Fräude kommen beide schließlich darauf, dass uns Karin von Wangenheim, die wir erst seit kurzem kennen, eine Lithografie zugeschickt hat. Post ins Mutterland Diese wollen wir euch nicht vorenthalten und bedanken uns hiermit für dieses tolle Geschenk. Ein Foto davon findet ihr auf der nächsten Seite. P.S.: Daniela wohnt in Stuttgart und Dagmar hat ihr Dach über dem Kopf in Wedel bei Hamburg !!! Solltet ihr uns etwas schicken wollen hier die Vereins- und Redaktionsadresse: MatriaVal e.V. Im Klingenfeld 37 60435 Frankfurt 37 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Die Menschenblute Ein Spendengeschenk Keimzelle von Mutter Erde Uscha begutachtet die Einsendung ganz genau 38 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF ICH bin, die ICH bin... ICH bin die ICH bin die ICH nicht bin, weil ICH bin ICH bin das Firmament und alles dazwischen die Erde Wasser- Tier- Pflanze-Luft -Feuer ICH bin Tod, Leben und Übergang ICH, die Dreieine ICH bin und bin nicht das Dritte ICH bin die zwei Schalen der Waage und die Hand die sie hällt ICH bin Geliebte und Liebster – Ich bin das Weinen und das Lachen in Dir ICH bin Deine Freundin und Feindin, Deine Mutter, Dein Sohn Alles kommt aus MIR und wird in MICH eingehen um wieder zu kommen in anderer Form – Dein Vater, Deine Tochter ICH bin in dir und Du bist in MIR ICH bin die Liebe, die ALL-EINE Alles kommt aus mir... Regenbogengöttin und Gedicht von Karin von Wangenheim www.karin-von-wangenheim.de 39 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF KaraMas Antwort auf die Anfrage nach Tagebuchaufzeichnungen Liebe Frau Elisa Bolliger- Eggli, Ihre fräundliche Reaktion auf meinen Bericht über unser Generationenprojekt hat mir wohlgetan. Es ist nur ein winziger Schritt in eine andere Möglichkeit des Zusammenlebens. Für uns alle im ganzen „Clan“ ist es ein sehr wichtiger, sowohl in der Realität als auch als Idee. Der Alltag unserer Hausgemeinschaft unterscheidet sich wahrscheinlich nicht wesentlich von dem anderer Familien. Allerdings bin ich sehr glücklich darüber, dass in einem „Mutterland – Bewusstsein“ und dem entsprechenden Zusammenhalt es sehr viel leichter fällt, patriarchalen Gepflogenheiten und Inhalten eine andere Sicht entgegenzusetzen und zu leben. In grossmütterlicher Verbundenheit KaraMA Beran Mutterland -Zeremonien Auf meinem Mutterland wohnt auch meine Tochter mit ihrem Lebenspartner und ihrem ersten Kind. Heiraten wollten sie nicht, aber ihre Liebe mit einem schönen Fest feiern schon. Bei Sonnenaufgang finden sich in Feld und Wiese die Eltern, die Schwestern und Brüder, Nichten und Neffen, das erstgeborene kleine Töchterchen und viele Fräundinnen und Freunde mit ihren Kindern ein. Gemeinsam begeben wir uns auf den Weg zum Ritualplatz. Dort segnen sich die beiden, werden gesegnet und die Mütter der beiden Familien binden das weiss-rot-schwarz gekleidete Paar in den grossen Kreis ein. Die Tochter trägt das rotgefärbte Hochzeitskleid ihrer Mutter. Kleiner Schritt mit grosser Wirkung 40 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Dass die Frau ihren Familiennamen behält, ist eine Selbstverständlichkeit. Noch ist es generationenbedingt der Vater-Name, aber ihre Kinder werden den Mutter-Namen tragen. Geburtszeremonie Die Geburt, der Eintritt des neuen Menschleins in diese Welt wird gefeiert mit einem Willkommensfest im Garten. Das Kind liegt wohlbehütet auf Mutter Erde, umgeben von Segenssymbolen. Wir bitten die Kräfte der Elemente, des Universums, die Ahnen, die Göttin in den Kreis. Matin und Mate, Mutter und Vater, die Grosseltern, alle Anwesenden, speziell die Männer der Familie sprechen ernst und liebevoll dem Kind Schutz und Unterstützung zu. : Alle sind verbunden in einem Netz Auch die nächste „Hochzeit“ in der Familiengeschichte beginnt mit einem Ritual auf der Wiese mit einem wunderschönen Blick in die Weite. Die ältesten Mütter der beiden Familien verbinden Sohn/ Tochter im Kreis der Blutsverwandten und befreundeten Bekannten miteinander. Alle knüpfen mit an der Verbundenheit im Netz und und versprechen, die beiden auf ihrem Weg durchs Leben zu begleiten. Fotos: Tanja von Heintze und KaraMa 41 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Die Familie wächst. In der Abenddämmerung bricht die der Familie auf zur Wintersonnwendfeier im nahegelegenen Wald. Fackeln, Kerzen, Futter für die Tiere des Waldes, heisse Getränke, unsere Barbarazweige, Gebildbrote und natürlich Plätzchen sind in der bagage. Mit Zweigen streichen wir alles Alte weg, was unseren Jüngsten zu begeisterter Aktivität animiert. Zum Andenken an unseren ur-alten Apfelbaum Geburtstage sind Anlässe zum Danken und um das Geschenk des Lebens zu feiern. Grossmutter, Mutter und Kind werden geehrt und mit guten Wünschen bedacht. Auf dem umgestalteten Grundstück, das wir jetzt gemeinsam bewohnen, pflanzen wir ein junges Apfelbäumchen zum Andenken an unseren uralten Apfelbaum, der seinen Platz für Neues gab. KaraMa Beran 42 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Weiter geht‘s mit matriarchalen Lebensmodellen … “ Alternativen zur Ehe“ Ehe“ Die Petition eines Muttersohns bei Avaaz Wenn wir uns mit dem Gedanken tragen, die Idee der Muttersippe im Modell des modernen Matriclans wieder aufleben zu lassen, gilt es, sich allerorts zu informieren und aktiv zu werden, auch übers Internet. So fanden wir auf dem Blog der 'Störenfriedas' einen Gastbeitrag von Stephanie Gogolin, sie schreibt darin: „Es geht bei dem Gedanken, die Muttersippe rechtlich zu konstituieren, nicht um eine Erlaubnis für verwandte Frauen, miteinander leben dürfen, wie bereits vermutet wurde, sondern um die Forderung nach kollektiver Anerkennung und der selbstverständlichen Unterstützung dieser Lebensweise durch die Gesellschaft, auch in Form einer gesetzlichen Absicherung.“ Außerdem wurde eine Bürger-Petition von Robert Anatol Stein initiiert, ebenfalls im Internet zu finden, darin heißt es unter der Überschrift „Gesetzliche Einführung eines alternativen Familienmodells zur Ehe (wahlweise)“: Sehr geehrte Bundeskanzlerin/Familienministerin, ich bitte Sie hiermit in Ihrer Rolle als Frauen in höchster Verantwortung eine gesetzliche Grundlage für eine wahlweise alternative Familienform zur Ehe zu erwägen. Diese alternative Familienform, die ich hier als "Matri-Clan" bezeichnet habe, soll sich stärker an den Bedürfnissen von Frauen, Kindern, Alten und Pflegebedürftigen orientieren, als die traditionelle Ehe. Insofern ist sie auch im Interesse der Männer. Vielleicht ist es möglich, den Nutzen in einer wissenschaftlichen Studie (inklusive statistischer Erhebungen und Befragungen) untersuchen zu lassen, wobei namhafte Matriarchatsforscherinnen einbezogen werden sollten. Vielen Dank! Mit herzlichen Grüßen, Robert Stein Kollektive Anerkennung der Muttersippe ist das Ziel Liebe Avaaz'ler! Die zunehmende Überbevölkerung, Globalisierung und Industrialisierung in unserer Welt verursachen gigantische, irreversible Umweltschäden (z.B. Klimawandel, Abholzung der Regenwälder). Wirtschaftskrisen, Staatsbankrotte sowie die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten beschwören gewaltsame Konflikte herauf und bringen eine Vielzahl kaum mehr beherrschbarer, sozialer Probleme mit sich. 43 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Die Gesamtsituation macht alternative Lebensmodelle erforderlich, die auf einer grundsätzlich anderen Sozial- und Familienstruktur aufsetzen sollten. Nach dem Vorbild noch existierender matriarchaler Kulturen (z.B. die Mosuo in China oder die Minangkabau auf Sumatra) sollte es ein alternatives Familienmodell geben, welches im Gegensatz zu den o.g. Beispielen nicht nur allenfalls toleriert, sondern durch den Staat sogar geschützt und gefördert wird. Dieses Modell kann neben der traditionellen Mann-Frau-Ehe durchaus koexistieren und eine Lebensführung auf einer vollkommen anderen Grundlage ermöglichen. Dieses alternative Familienmodell bezeichne ich hier im Gegensatz zur Ehe als „Matri-Clan“. Der Matri-Clan als Losung : Ziele des Matri-Clans: - Verstärkter Schutz von Müttern und Kindern - Lückenlose Betreuung von Kindern, Alten/ Pflegebedürftigen - Gewaltfreies Zusammen leben in einem intakten sozialen Verbund - Perspektivisch ökologischer Landbau und Subsistenzwirtschaft als Lebensgrundlage Die Gründung eines Matri-Clans erfolgt durch eine Mutter und mindestens einer ihrer Töchter (beide volljährig). Nichtvolljährige Kinder der Gründerinnen gehen automatisch in den Matri-Clan über. Beitreten können Schwestern, Brüder, oder weitere volljährige Kinder der Mutter. Von Clan-Frauen geborene Kinder gehören automatisch zum MatriClan. Auf dieser Basis entstehen mehrgenerationale Großfamilien, innerhalb derer eine Unterhalts- und Fürsorgepflicht der Mitglieder untereinander besteht. Innerhalb eines Matri-Clans gibt es keine sexuellen Beziehungen. Für Kinder, die von einer einem Matri-Clan angehörigen Frau geboren werden, erhält der jeweilige Erzeuger grundsätzlich kein Sorgerecht, andererseits bestehen aber auch keinerlei Verpflichtungen für ihn gegenüber der Mutter oder dem Kind (z.B. Unterhalt, Erbe). Da Matri-Clans selber für ihre Angehörigen sorgen, werden sie nicht dazu verpflichtet Beiträge in die Renten-, Pflege- und Sozialversicherungen einzuzahlen. Der Matri-Clan ist eine familiäre Fürsorgegemeinschaft, die, falls sie in Deutschland offiziell eingeführt würde, weltweit als Vorbild dienen könnte und insbesondere auch in den armen Ländern weit mehr soziale Sicherheit gewährt als das Modell der Ehe. Insofern wirkt sie der Altersarmut, der Überbevölkerung sowie der Vernachlässigung von Kindern entgegen. Robert Stein Die Petition kann hier unterzeichnet werden: https://secure.avaaz.org/de/petition/Gesetzliche_Einfuhrung_eines_alternativen_Familienmo dells_zur_Ehe_wahlweise 44 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF In den Mutterlandbriefen Nr.2 (Sommer) haben wir das Vorwort mit der hier abgebildeten Hexe illustriert. Andrea Dechant findet, dass frau mit diesem Bild nicht leichtfertig umgehen sollte und hat uns folgenden Brief geschrieben: : Die Fluggegenstande der Gottinnen : Da sich dieses Symbol des fliegenden Besens so lange und eindrücklich gehalten hat, ist es Wert, es sich genauer anzuschauen. Denn die Kraft in Verleumdungen und Unwahrheiten liegt oft darin, dass eine Wahrheit so verdreht wird, dass die an sich wahre Essenz nach wie vor wirkungsvoll ist. Was könnte also der mythologische Ursprung dieser „fliegenden Frauen sein“? Eine mögliche Vorlage dazu finden wir bei jenen alten Göttinnen, die in ihren Mythen oft ein Gefährt hatten, mit dem sie durch die Lüfte reisen konnten: Der von Katzen gezogene Wagen der Freya, der Wolf der Hyndla, das Schwein der Baubo, die schwarzen Rosse der Walküren, der Mörser der Baba Yaga ... Diese Göttinnen reisten also auf allen möglichen „Gefährten“, doch niemals auf einem Besen. : Das Zepter der Gottin In einigen Mythen rund um Göttinnen kommen Kraftstäbe vor, die sozusagen das Zepter der Göttin darstellen. So übergeben sich die keltischen Göttinnen Cailleach, Modron und Brigid jeweils zum Wechsel der Jahreszeiten ihr Zepter der Kraft (vermutlich ein Gebinde aus Hollerästen). Diese „Zauberrute“ mit dem Namen „slachdan“ gibt der dreifachen Göttin die Macht über das Wetter, damit dirigiert sie die Jahreszeiten und die Elemente. Dieser Kraftstab kann als „Besen“ interpretiert werden. Zepter, Wurfgeschoß oder Redestab Und es ist gut möglich, dass Frauen solche kraftvollen „Besen“ hatten. Die Verwendung kann man sich vielfältig vorstellen: Sie stellen die Verbindung der magisch begabten Frauen zu den Bäumen und Pflanzen dar, sind ein Zepter der Kraft, ein gutes Wurfgerät, um Gefahr zu vertreiben, wurden als Redestab verwendet und sind ein sehr brauchbares Werkzeug, um rituell Altes aus dem Haus zu kehren. Sie sind vor allem aber ein ganz normales Haushaltswerkzeug. 45 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF In den Erzählungen alter Bäuerinnen hört man, dass sie an der Art und Weise, wie eine neue Magd einen Besen in die Hand nahm bzw. mit ihm umging, sofort erkennen konnte, was diese schon kann oder auch noch zu lernen hatte. Also können Frauen allein schon an der Handhabung von Besen einiges erkennen. Auch mit der Art und Weise, wie und wo ein Besen rund um das Haus steht oder liegt, haben vermutlich Frauen einander einiges signalisiert oder vermittelt. In bäuerlichen Gemeinden erkennt man ja schon allein an den Werkzeugen, die beim Haus und am Hof sind, wo sich die Menschen befinden oder womit sie gerade beschäftigt sind – sind z.B. die Feldwerkzeuge gerade nicht da, so kann man davon ausgehen, dass sich die Menschen draußen am Feld befinden. Stehen die Stall-Stiefel vor der Stalltüre, dann ist zu vermuten, dass man die Bäuerin oder den Bauern nicht im Stall zu suchen braucht u.s.f. Besen als Geheimcode In Clans oder dörflichen Gemeinschaften konnten die Frauen mitunter mithilfe der Besen erkennen, welche Frau sozusagen gerade „im Dienst“ ist. Diese stellt den Besen als Zeichen dafür in einer besonderen Art vor ihre Haustüre. Wenn Frauen also Hilfe brauchten, dann wussten sie, dass sie diese von jener Frau bekommen konnten, deren Haus mit einem Besen gekennzeichnet ist. Diese konnte man die ganze Nacht über stören. Damit haben auch alle anderen Frauen ihre Ruhe. Besen als Geheimcode unter Frauen Überliefert ist vor allem aus dem Tiroler und bayrischen Raum, dass dort Besen in der sogenannten „Walpurgis-Nacht“ mit dem Reisig nach oben aufgestellt oder auch zwei gekreuzte Besen vor der Tür angebracht werden sollen. Andrea Dechant: Baba Yaga Das galt als sichere Abwehr vor Hexen. Wenn es diesen „Abwehrzauber“ mit Besen gab, dann kann man sicher sein, dass es alle möglichen anderen Besenzeichen auch gab. Wobei es sich hier wahrscheinlich weniger um einen „Zauber“ handelte, sondern um eine wohlüberlegte Geste, die Frauen vermutlich davor schützen sollten, nicht von anderen Frauen zu ihren Festen eingeladen und mitgenommen zu werden, weil das für sie zu gefährlich war. Missgünstige Nachbarn oder auch Familienmitglieder wie Väter oder Ehemänner gab es ja immer. 46 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Das, was von Männern also als „Zauberei“ gedeutet wurde, war für Frauen wahrscheinlich eine ganz normale Methode, einander Zeichen zu übermitteln, die von anderen „gelesen“ werden konnten. Diese „Besensprache“ war Männern unheimlich. Daher verteufelten sie möglicherweise auch den Besen. Besen als gewöhnliche Haushaltsgegenstände besitzen ja die „magische Kraft“, Unrat aus dem Haus zu befördern. Daher fegen Frauen mit ihren Besen zu besonderen Festtagen, wie jenen im Mai, gleichzeitig auch alte Energie aus ihren Räumen und aus ihren Sinnen, um neue Inspirationen zu bekommen. Alte Feste mit neuen Impulsen Viele Frauen feiern heute wieder „Walpurgis“ oder „Beltane“. Ich auch! Und das ist auch gut so. Wichtig erscheint mir aber, dass wir wissen, welche patriarchal-christlich-perversen Unterstellungen damit auch verknüpft sind. Die „Walpurgis-Nacht“ steht ja auch exemplarisch für die oft unterschwellige, unergründliche und in unserer Zeit real oft auch unbegründete Angst, die Frauen immer noch haben. Denn alles, was vor Jahrhunderten unseren Ahninnen passiert ist, schwingt immer noch mit, besonders wenn Frauen laut sind, lachen, singen, ihrer Lebensfreude Ausdruck verleihen, auf Konventionen pfeifen, ihre Meinung sagen, gegen patriarchale Missstände antreten, selbstbestimmt ihre Sexualität leben. Die schrecklichen Erfahrungen unserer Ahninnen spüren viele Frauen immer noch subtil als Angstpotential, Körpererinnerung und genetisches Gedächtnis. Trotz Aufklärung und scheinbarer Freiheiten leben Frauen unseres Kulturkreises daher selten das volle Potential. Erst wenn wir dafür die Ursprünge kennen und all das benennen können, ist es möglich, uns auch davon zu befreien. Hoch an der Zeit, diese Andrea Dechant: Cailleach alten patriarchalen Unterdrückungsmechanismen abzustreifen und gerade diese erste Maiennacht als Fest der starken Frauenkraft zu feiern. Lachend und singend auf Konventionen pfeifen und die Meinung sagen. Ehren wir damit auch unsere mutigen, lebensstarken und wunderbaren Ahninnen und bringen wir Frauenkraft und altes Frauenwissen wieder in unser Leben und unsere Welt zurück! Andrea Dechant www.artedea.net 47 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Welche Schatze birgt unser Archiv MatriaWis? Diesmal: Die Minangkabau Ein Überblick von Ricarda Scherzer Ich bin glücklich. Heute ist mir möglich, eine solche Abfrage an unser Archiv zu richten und eine Antwort zu bekommen. In Echtzeit! So habe ich mir das gewünscht, als ich vor ca. einem halben Jahr dieses Archiv im Internet „entdeckte“, ohne in Erfahrung bringen zu können, welche Schätze denn dort bewahrt werden. Noch ist der Bestand nicht komplett dokumentiert, aber bald ist es soweit. Ein erneuter Aufenthalt des Vorstandes und mir in Göttin-gen* ist bereits geplant. * Die Göttin holte unser Archiv nach Göttin-gen Ricarda, Uscha und Evelyn bei der Arbeit Uscha beim Etiketten kleben Aber nun zur eigentlichen Frage: Was können wir über die Minangkabau in unserem Archiv erfahren? Nun, zunächst – wie beruhigend – finden wir den Klassiker von Peggy Reeves Sanday: „Women at the Center. Life in a Modern Matriarchy“, erschienen 2002 in New York. Prof. Reeves Sanday erforschte als Anthropologin knapp 20 Jahre das Matriarchat der Minangkabau. Ihre Ergebnisse stellt sie in diesem Werk vor. Ausgehend von einem Matriarchatsbegriff, der auf einem westlichen 19. Jahrhundert-Verständnis beruht – geprägt von Männern wie Bachofen, Morgan oder Tyler – stellt sie mit diesem Werk klar, dass das „Matriarchat“ der Minangkabau in West-Sumatra damit nichts, aber rein gar nichts zu tun hat, denn dieser alte Matriarchatsbegriff geht 48 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF von einer Herrschaftsstruktur mit umgekehrten Vorzeichen aus – also einem Patriarchat mit einem „M“ vorne. Diesem Verständnis widerspricht sie vehement. Einem Blick in die Literaturliste entnehme ich allerdings, dass Peggy Reeves Sanday zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung die Werke unserer deutschsprachigen Matriarchatsforscherinnen bedauerlicherweise nicht kennt. Das ändert sich 2003 – das Jahr des 1. Weltkongresses für Matriarchatsforschung in Luxemburg. Denn Peggy Reeves Sanday ist eingeladen zu referieren. „Matriarchat und Weltfrieden. Lehren von den Minangkabau“, nachzulesen –auf Deutsch!- in der Dokumentation „Gesellschaft in Balance“(Hg.: Heide Göttner-Abendroth). Auf dem 2. Weltkongress 2005 in Texas gesellt sich Usria Dhavida als Expertin für die Minangkabau hinzu – nicht als Wissenschaftlerin, sondern als minangkabauische Mutter zweier erwachsener Kinder und Leiterin des West Sumatra Museums in Padang. Sie sagt: „Frauen hohe Positionen zu geben und sie mit Respekt zu behandeln verhindert, bei anderen um einen Lebensunterhalt betteln zu müssen, verhindert Obdachlosigkeit und Prostitution von Kindern und es unterbindet Fehlverhalten, Kriminalität und herrschaftliches Gebaren“ („The Role of Minangkabau Women“ in: Heide Goettner-Abendroth (ed): Societies of Peace. Frei übersetzt von R. Scherzer). “Ein Hahn kann keine Eier legen.“ Auf dem Weg ins Archiv ist Cillie Rentmeisters wunderbare Untersuchung zu den Minangkabau aus den 80iger Jahren mit dem Titel „Ein Hahn kann keine Eier legen“. Dem ist nichts hinzuzufügen außer dem Buchtitel, in dem ihre Erkenntnisse nachzulesen sind: „Frauenwelten – Männerwelten“, erschienen bei Leske & Budrich. 49 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Abschließend möchte ich an die beeindruckende filmische Dokumentation von Gordian Troeller und Marie-Claude Defarge von 1979 erinnern: Der erste Beitrag in der Reihe ‚Frauen der Welt‘: „Männerherrschaft unbekannt“. Ob Peggy Reeves diesen Film wohl kannte? Mich hat er jedenfalls in meinen Zwanzigern stark beeindruckt. Gut, dass die Filme im Archiv sind – den dazu gehörigen DVD-Rekorder kann frau jedoch leider nicht ausleihen. Oder gibt es vielleicht eine diesbezügliche Spende von unseren Leserinnen? MYTH = Alle Bücher über matriarchale Mythologie Wie glücklich ich mich schätze, heute – recherchierend – an der neu entstehenden Dokumentation über die Minangkabau von Uscha Madeisky, Dagmar Margotsdotter und Daniela Parr mitwirken zu dürfen. Ich könnte schon jetzt Geschichten erzählen…! Eine davon ist die Geschichte, wie und warum das Buch „A kingdom of words: Language and Power in Sumatra“ in unser Archiv gelangte. Aber das führt jetzt doch zu weit, genug für heute aus dem matriarchalen Archiv. Bis zum nächsten Mal, Eure neue ArchiVera Ricarda Scherzer Kulturanthropologin : Archivieren ist schon, macht aber viel Arbeit. Frei nach Karl Valentin 50 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF ...in ...in diesem Sommer im Labyrinth In diesem Sommer fanden die, von Sigrid Kirdorf gegründeten, Wetzlarer Labyrinthwochen zum 15. Mal statt. Wir waren Teil des Eröffnungsprogramms. Am Samstag, dem ersten Tag leitete Li Shalima ihre ACHTsamkeitschoreographie im Labyrinth an, stellte ihre Labyrinthbilder aus und bot in einem der Zelte ihre einmaligen Machwerke an. Am Sonntag dann wurde, ebenfalls in einem Zelt, unser Film: „Wo die freien Frauen wohnen“ gezeigt. Das war ein besonderes Erlebnis, auch für uns Dreifrau* Dagmar, Daniela und Uscha, die wir unseren Film inzwischen schon in allen möglichen „Häusern“ vorführten, von edlen Programmkinos bis hin zu Gemeindesälen oder kleinen Bars. Die Vorführung hier in diesem Zelt war etwas ganz Besonders, die Mosuo und andere matriarchale Völker hätten ihre Fräude daran gehabt. Die Filmbilder wurden auf einen Haushaltsgegenstand projiziert, ein Bettlaken nämlich, das als Leinwand diente. Meist just dann wenn Landschaftsaufnahmen zu sehen waren, kamen kleine Windböen auf, die durch die Zeltwand hindurch das Laken leicht hin und her bewegten, so dass die Empfindung mitten in der Landschaft von Mutter Berg Gan Mu und Mutter Lugu-See zu sein, verstärkt wurde. Auf der Webseite des Wetzlarer Labyrinth Platzes heißt es: „Im Laufe der Jahre entwickelte sich dieser Platz zu einem Raum, wo Frauen den weiblichen Blick auf die Welt vermitteln, feiern, Kontakte knüpfen, ihre Visionen in die Welt bringen und lebensfördernde Veränderungen anstoßen können.“ Das möchten wir drei, die wir dort zwei Tage verbrachten ganz und gar bestätigen. * „…...Drei-Frau vom Feenhügel am Kranichquell, im Tal höre ich Dein Lied…...“ Diese Zeilen aus dem Gedicht „Matronenstein“ von Sigrid KistersHartung gab uns drei Frauen, die wir bei vielen Gelegenheiten wie die in Stein gemeißelten Matronen aus der Eifel beieinander stehen, den Beinamen: „Dreifrau“. Herzlich Uscha, Dagmar, Daniela www.labyrinth-wetzlar.de 51 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Wildfrauleinstein Wo die wilden Fräulein wohnen Allgäuerinnen können stur sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, dann sind sie nicht so leicht von ihrem Vorhaben abzubringen. Hildegard Simon aus Hinterstein ist Künstlerin und bearbeitet in ihren Schöpfungen gerne mythologische Themen. Elisabeth Wintergerst, Rechtsanwältin und Autorin aus Füssen, forscht ebenfalls seit Jahren im Bannkreis der Mythologie des Allgäus und des Außerferns. Zusammen mit den Macherinnen von "Godeweg" Daniela Parr und Uscha Madeisky wollten sie den Wilden Fräulein, an dem nach ihnen benannten "Wildfräuleinstein" einen Besuch abstatten. Zunächst jagde ein Regenschauer den anderen und in der Nacht zuvor hatte sich ein Sturm im Hintersteiner Tal ausgetobt. Doch dann brach die Sonne durch und in der klaren Luft war die Landschaft in wunderbares Licht getaucht. Eine Landschaft, in der Mutter Erde ihren ganzen Reichtum an Kräutern und Blumen zeigt. Und so wurden die vier Frauen mit einen erfüllten Tag beschenkt. : Eingebettet zwischen hohen Bergen ruht die Gottin Zum Wildfräuleinstein gibt es folgende Sage: In dieser Höhle hausten vor Zeiten wilde Fräulein. Wieviel es ihrer waren, kann man heute nicht mehr sagen, aber man weiß, daß drei von ihnen Rezabell , Stutzamuzza und Hurlahutsch hießen. So erschienen sie den Bergheuern und Sennen, waren freundlich gegen die Menschen, ja manchmal kamen sie bis nach Hinterstein in die Häuser. Einmal heiratete eines der Fräulein einen Burschen aus dem Dorf, aber ausdrücklich unter der Bedingung, daß man ihr keinen Namen gebe. Denn, würde man zufällig ihren Wirklichen treffen, so, müßte sie sogleich fortgehen. Der Bursche und das Fräulein lebten lange glücklich miteinander. Auch die Nachbarn hatten die fleißige Frau lieb. Eines Tages stand sie im Garten und wurmte das Kraut ab. Da kam ein anderes Weib des Weges, die rief über den Zaun: "Oh mei liabs Getrüdle, wia fresset dia Würmle deine Krütle." Da wurde das Fräulein leichenblaß, fing an zu weinen und klagte bitterlich darüber, daß sie nun nicht mehr bleiben dürfe, da man sie bei ihrem richtigen Namen genannt habe. 52 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Der Wildfräuleinstein liegt 45 Gehminuten oberhalb von Hinterstein. Der beeindruckende Felsen mit seinen drei Aushöhlungen, die oberen "Kuche und Gaden" genannt, dürfte bis zurück in die Altsteinzeit Behausung der ursprünglichen Bevölkerung gewesen sein. Die Künstlerin Hildegard Simon hat die sagenhaften wilden Frauen als Schattenfiguren geschaffen und das Umfeld des geheimnisvollen Ortes damit bereichert. Wildes Fraulein Rezabell : Der Name "Rezabell" hat einen Anklang hin zu "Raetia Bella" (schöne Göttin Raetia). Im früheren Sprachgebrauch bedeutete "Wildes Fräulein" nicht unverheiratet oder jungfräulich. Vielmehr wurde "Fräulein" nur für edle und hohe Wesen, bzw. Adelige verwendet. Weiter findet sich in der Sage eine Namensmagie, dass ein Wesen die Menschen verlassen muss, wenn es erkannt wird, in dem es richtig benannt wird. Das Göttlich-Heilige bleibt wild und darf nicht benannt werden, weil es sonst zu klein gemacht wird und dem menschlichen Bewußtsein untergeordnet wird. Hier ist es "Gertrüdle", was schließen lässt, dass es sich vielleicht um eine Trute/Drude handelt. Truden sind weibliche Nachtgeister, die drücken. In anderen Erzählformen sind es Frauen, die in der Wildnis aufwachsen und so lange treu bei den Menschen leben, bis sie zurück in ihre Welt gerufen werden. Sie werden mit buschigen Augenbrauen beschrieben, die über der Nase zusammenwachsen. In den Tiroler Sagen geschieht der Rückruf oftmals dadurch, dass ihnen der Tod eines Verwandten mitgeteilt wird und die Trude dessen Stelle einnehmen muss. Die Trude kann als dämonisierte Aspekt der Göttin Diana/Tanna (Artemis) angesehen werden. Diese war für den Schutz der Kinder zuständig. Die Mondsichel war ihr Symbol. Es wurde als Schutzzeichen in viele Kinderwiegen geschnitzt. 53 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Der Bezug zu "Gertrüdle" ist auch in anderer Hinsicht bewusst gewählt. Mit dem Gertrudentag, 17. März, beginnt die Arbeit des Gärtners ("Gertraud den Garten baut") In der Verehrung der Gertrud, die dem Garten Schutz und Fruchtbarkeit schenken soll, schwingt die Frühjahrsgöttin (Ostara, Nerthus) mit. Gertraud den Garten baut... Höhlen und Wölbungen in den Fels sind ein Zugang zum Leib von Mutter Erde und zu den Ahninnen. So ist damit auch immer ein InVerbindung-Treten/ Kommunikation mit Wesenhaftem möglich, Seelen kommen aus der Mutter und gehen in das Numinose der Mutter zurück. Vergleichen kann man dies mit dem Schöpfen von Wasser - das Vorbild für jede Schöpfung und jedes Geschöpf. Elisabeth Wintergerst www.saeuling.com www.mythologie-atlas.de Dieser Text ist auch auf unserer Godeweg-Homepage nachlesbar: http://godeweg.de/12_4_wildfraeuleinstein/Wildfraeuleinstein_Elisabeth.html 54 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : GottinnenGottinnen-Konferenz 26.-28. Mai 2016 in Wien Diesmal geht es um die Göttinnen der Erde und damit auch um Ideen und Projekte zu einem nachhaltigen und bewussten Leben auf unserem schönen Mutterplaneten. Auch die Kunst und das miteinander Feiern wird nicht zu kurz kommen. „Wir sind die Hüterinnen der Mutterlandes“ das ist der Titel des Workshops, den Dagmar, Daniela und Uscha am Freitag Vormittag auf dieser Konferenz im Schloss anbieten. An diesem Vormittag beschäftigen wir uns mit den matriarchalen Grundlagen des Zusammenlebens. Wesentlich ist dafür die Mutterlinie, mit der wir uns gemeinsam verbinden und die wir sinnlich erfahrbar machen. Wir holen unsere Mütter und Großmütter zurück in unseren Kreis und in unser Leben, denn ohne sie ist kein Mutterland möglich. Unsere Lehrmeisterinnen sind die lebenden Matriarchate. Was wir dort erlebt und gelernt haben, wird bei diesem Beisammensein ausprobiert und durchgespielt. Wir schauen uns an, wie viel wir davon für uns umsetzen können. Am Nachmittag werden die Besucherinnen der Göttinnenkonferenz von Li Shalima durchs Labyrinth geführt. Es wird dort viel Geboten und Vieles zu Erleben sein, ein Markt der Fülle, eine Göttinnenzeremonie, extra Rituale für Mädchen und vieles mehr. Anique Radiant Heart hat die Matronanz übernommen. Wir sind jetzt schon gespannt. Unsere Lehrmeisterinnen sind die lebenden Matriarchate Frühbuchungspreis 1 zu € 200,- für Leserinnen der Mutterlandbriefe exclusiv bis 13. September verlängert. Bei Anmeldung zur GöttinnenKonferenz bitte in Notizen "Mutterlandbriefe-Aktion" schreiben. Alle weiteren Infos auf der Göttinnen-Konferenz-Homepage: www.goettinnenkonferenz.at 55 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Bei den Sommertagen der Frauenspiritualitat Die Mütter der frauenspirituellen Bewegung kamen zusammen „Bewahren, wandeln, weitergeben“, -- in meinen Augen wahrliche Grossmütteraufgaben--, war nur eines von vielen spannenden Themen bei den Sommertagen der Frauenspiritualität, zu denen Ziriah Voigt eingeladen hatte. Es waren sommersonnenheisse feurige Tage im Frauenlandhaus Charlottenberg, voller spiritueller Energie und Frauenkraft. Wir traten ein in den Raum von Wissen und Weisheit, von Erfahrung und Experimentierfreude, von Reden und Zuhören mit den berührenden Worten aus der Grussbotschaft von Susann Beltz, die leider nicht dabei sein konnte: „Diese Tage sind ein grosses Geschenk an das Netz des Lebens in diesen heraufordernden Tagen, in denen wir als gesamte Menschheit stecken. Es braucht mutige Frauen, die Hoffnung und Zuversicht bringen, und den Glauben an das Gute und Schöne vertreten. Ich glaube an die Frauenkraft, ich weiss dasss wir etwas bewirken können und gemeinsam können wir uns stärken und festigen. Es ist gut, so viele Zeuginnen zu haben, die die Frauenspiritualität teilen. Diese Tage werden nachhaltig sein“. Ein Raum voller Wissen und Weisheit Foto: Hanna Bittner 56 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF So ermutigt, angeregt und gestärkt spüren wir Frauen hin an vielfältige Erinnerungen, Fragen und Visionen. Wir weben und spinnen, Impulse werden gesetzt, Ideen entstehen. Bunte Fräude erfüllt das Haus und den Garten. Wir tanzen, singen, essen gut und geniessen unser liebevolles Zusammensein an den warmen Abenden im Garten. Mit grosser Dankbarkeit fühle ich mich geehrt, dass ich den Rat und die die Machtworte der Grossmütter über 60 interessierten Zuhörerinnen vorstellen durfte. Die „Machtworte“ haben einen weiteren Kreis erreicht und die Idee, neue Grossmütterkreise zu kreiieren wurde begeistert aufgenommen und wird sicherlich von einigen Frauen umgesetzt werden. Über 50 Frauen teilen ihre Be-Geist-erung und kehren gestärkt in ihren Alltag zurück. KaraMa Beran Frauen, die den Bericht über die Impressionen von KaraMa über die Sommertage der Frauenspiritualität im Juli 2015 in voller Länge lesen möchten, finden den Bericht hier: www.mutterlandbriefe.de. ! Download PermakulturPermakultur-DesignDesign-Kurs auf La Palma „Basiskurs für die Ausbildung zur “HeilpraktikerIn fuer Mutter Erde©”: 1.-19. Dezember 15 JdF im solaren Earthship von Autarca-Matricultura: Zentrum für ökologische Lebensentfaltung, Integrale Landschaftsheilung, Tiefenökologie, Matriarchale Subsistenzwirtschaft und angewandte Permakultur für Stadt und Land. Barbara und Erich Graf, Cam. La Ermita 26, 38780 Tijarafe, 0034 922 49 02 15, España, Isla de La Palma, Canarias [email protected] / www.matricultura 57 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Max Dashu wieder in Deutschland! Dia-Vorträge in Wiesbaden, München, St. Gallen WIESBADEN Eine Zusammenarbeit von MatriaVal e.V. und dem frauenmuseum Wiesbaden „Von Rebellinnen, Querdenkerinnen und anderen wagemutigen Frauen“ frauen museum wiesbaden, Wörthstraße 5, 65185 Wiesbaden Sonntag 4. Oktober 15 JdF 12.00 Uhr Eintritt: 8,- Euro Die bekannte amerikanische Historikerin und Matriarchatsforscherin Max Dashu gründete im Jahr 1970 das „Suppressed Histories Archiv“ mit Hunderten von Dia-Serien. Sie erforscht und lehrt die globale Geschichte der Frauen und ihres Kulturerbes. Der englischsprachige Bildvortrag wird ins Deutsche übersetzt. : : Eine inspirierende Hommage an wagemutige Frauen: Abenteurerinnen, Hexen, Radikale, Lesben, Draufgängerinnen, Ketzerinnen, Freidenkerinnen und Nonkonformistinnen. Frauen, die sich als Männer ausgegeben haben, um Medizin praktizieren, für Freiheit kämpfen und die Welt durchstreifen zu können. Hitzköpfige Feministinnen, Aufständische, leidenschaftliche Visionärinnen. Abertausende von Abbildungen der Gottin und ihrer Tochter MÜNCHEN „Women´s treasures from the Suppressed Histories Archives“ „Fabi“ in München, Albert-Schweitzer-Str. 66, 4. Stock, München Mittwoch 7. Oktober 15 JdF 19.00 Uhr Eintritt: 15,- Euro Diese Präsentation vergleicht die Ähnlichkeiten der Kunstobjekte zwischen Kulturen, die in großen Distanzen voneinander leben. Unter diesen Kunst- schätzen finden sich die Keramiken der Frauen von Äthiopien und Frankreich, die Frauenportraits von Nok und Ilé-Ife, und Jama Coaque in Äquador, die facettenreichen Steinskulpturen von Illinois und Vietnam, und die wilden Sheila-na-gigs von Irland. www.suppressedhistories.net ST. GALLEN, SCHWEIZ Am 9. Oktober ist Max Dashu in St.Gallen an einer Abendveranstaltung zu Gast: „Archaische Frauenfiguren – eine visuelle Präsentation“. Weitere Informationen sind auf der Website des MatriArchivs zu finden: http://www.matriarchiv.ch/?page_id=25 58 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Noch Platze frei beim Thementag Die Mosuo: Geschlechterbalance im Reich der Frauen Im Rahmen des Thementages über die Mosuo wird der Film "Wo die freien Frauen wohnen" gezeigt Am Sa, den 12.09.15 JdF www.matriarchiv.info in der Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen, Schweiz Mythen, Vortrage und Filme : 09.00 Eintreffen, Kaffee, Gipfeli 09.30 Begrüssung und Einführung ins Thema. Christina Schlatter und Kurt Derungs 10.00 Wo die freien Frauen wohnen – Film von Uscha Madeisky, Daniela Parr und Dagmar Margotsdotter 12.30 Mittagessen 13.30 Mythen der Mosuo. Vortrag von Kurt Derungs, Grenchen 14.30 Zeit für individuelle Vertiefung – lesen, notieren, diskutieren … 15.30 Kommunikation in matriarchalen Gesellschaften. Vortrag von Barbara Pade-Theisen, München 16.30 Abschluss Foto: Dagmar Margotsdotter Ankündigungsprospekt mit gedrucktem Programm 59 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Sandkorn im Getriebe des Patriachats Dieser Text wurde von Christine Sato verfasst und im Matriarchats-Zirkel Frankfurt vorgelesen (s. Bericht Mutterlandbriefe Nr. 2). Ich fühle meine Bestimmung, ein Sandkorn im Getriebe des Patriarchats zu sein. Großen Namen trage ich keinen, auch einen Titel hab ich nicht. Ohne Geld und politische Macht. Aber ein Sandkorn kann ich sein, zusammen mit vielen anderen, um das Getriebe der Zerstörung zu irritieren, bis es stehen bleibt. Aufklären will ich die Ahnungslosen, damit sie sehen, was verschleiert ist. Die Leidenden will ich respektieren, den Suchenden glauben, offen sein für die Fragenden. Den im Dunkel der geistigen Umnachtung Irrenden Licht zur Selbsterkenntnis senden. Die Schlafenden wecken, sich zu besinnen Das Hässliche will ich mit Schönheit ausgleichen, den mit Schuldgefühlen Beladenen Leichtigkeit vermitteln. Ängsten und Sorgen mit der Zuversicht begegnen, Verbundenheit den Einsamen zeigen. Und den großen Zusammenhang den Verzweifelten enthüllen. Die Schlafenden wecken, sich zu besinnen und aus eigener Kraft zu beginnen. 60 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Niemand muss sich unterwerfen dem Diktat der Medien und des Kapitals, alle Macht der Welt liegt in uns selbst. Zwänge des „Muss“ und „Soll“ lösen sich auf – meinen Wert bestimme ich und niemand sonst. Applaus von anderen brauche ich nicht, ich bin mir selber gut genug. Im Einklang mit mir bin ich stark, vertrauend auf die Quelle, aus der ich komme, gemeinsam mit allen Wesen des Kosmos. Alles ist eins, die vermeintliche Trennung war immer nur eine Illusion. Kampf muss nicht sein, alles lässt sich lösen. Wissen, Bewusstsein ist Macht – dann ist alles klar. Dann durchschauen wir das Zerstörende, widerstehen dem, was schadet und spielen nicht mehr mit, wo wir nur verlieren. Ich will nicht glauben, dass die Welt so böse ist, die Akteure im Polittheater spielen ihre Rolle nur. Erforschen will ich die Geheimnisse der Natur, erkennen die Gesetze des Lebens. Wir müssen keine Sklaven der Konzerne sein – warum sollen wir für deren Profit sorgen? : Mutter Erde gibt uns alles was wir brauchen zum Leben und geheilt zu werden. Widerstand als kleines Kornchen Sand Auf Kosten unserer Gesundheit, Kraft und Zeit… wozu? Erschließen wir die Unendlichkeit in uns, die Unermesslichkeit von Fräude und Glück! Zu Verlierern machen mich nur andere durch ihren Urteilsspruch. In Wirklichkeit habe ich alle Macht der Welt, wenn ich mich nicht unterwerfe. Sich als Teil des Ganzen zu sehen, macht mich reich und stark. Energie und Liebe umhüllen und durchdringen mich, getragen bin ich von der Welle der Unendlichkeit. So leiste ich denn Widerstand als ein kleines Körnchen Sand. Eure Kuri 61 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Stempel Auch im Zeitalter des Internets versendet der Verein MatriaVal e.V. immer noch sehr gerne viele Briefe. Nicht nur für die Briefe, die ins Ausland gehen, wollten wir unbedingt einen Stempel „Mutterland“ haben, sondern auch für die Briefe, die an die Frauen in den verschiedenen Regionen, wo Mutterland wieder eingerichtet wird, verschickt werden. Wir halten es für angemessen, dies durch den Zusatz auf den Briefen zu bekräftigen. Dafür haben wir uns diesen Stempel anfertigen lassen. Nun ist es uns möglich, an Stelle von „Deutschland“ unter dem Absender unter die Adresse „Mutterland“ zu stempeln. Damit verleihen wir unseren Briefen den richtigen Schwung und so ein Stempel garantiert, dass die Briefe an den stimmigen Orten ausgeliefert werden. Briefe aus dem Mutterland ins Mutterland Frauen und manche Männer, die Post von uns bekommen, erhalten also einen Brief aus dem Mutterland ins Mutterland. Dabei wurde gleich die Idee zu einem zweiten Stempel geboren, den die gerade erst von uns entdeckte Designerin Alice von Gwinner für uns entworfen hat. Die Vorgaben waren „Göttin in der Landschaft“, Mond, Berge, Täler, Flüsse und die Spirale, als Symbol des ewig wiederkehrenden Neuen. Alice von Gwinner www.alicevongwinner.de Alice von Gwinner hat inzwischen schon manches für uns gestaltet, sie stammt aus Hamburg und ist seit 13 JdF freiberufliche Mediengestalterin und Filmemacherin in Leipzig. Mediengestaltung hat sie an der Bauhaus Uni in Weimar studiert. 62 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Liebe Barbara, liebe Birgit, liebe Babette, Eine Rückmeldung zur Zeitung, 20. Juni 15 JdF welche auch immer sich hinter diesen Pseudonamen verbirgt: ich bewundere euch für den unglaublichen Fleiss, mit dem ihr in so kurzer Zeit schon die dritte Ausgabe eurer interessanten Mutterlandbriefe herausbringt. Alle Achtung. Ich gehöre zu den Leserinnen, die sich die Zeitung ausdrucken. Weil mir das Inhaltsverzeichnis mit Strichen, Zahlen, Pünktchen als Deckblatt optisch nicht gefiel, hatte ich mir ein eigenes gebastelt. Jetzt habe ich mir das Begrüssungsblatt mit dem netten Grossmutterhexenmotiv zuvorderst genommen, d.h. ich brauche kein spezielles Deckblatt. Jeden Artikel und jede Information fand ich wichtig, interessant und hilfreich----- bis auf den Bericht über die Warao, genauer, über das „Matriarchat“ der Warao. Meine Gefühle beim Lesen wurden zunehmend ambivalent, Assoziationen zu patriarchalen Strukturen überfielen mich, Zweifel und Fragen tauchten auf. Vieles, was ich bisher über Matriachate gelernt habe, stellt sich hier ganz anders dar. Zum Vergleich habe ich entsprechende Literatur gewälzt und mir die Videos über die Mosuo u.a. angeschaut. Welch ein Unterschied gleich beim Thema Töchter und Söhne. Bei den Mosuo z.B. bleiben Töchter und Söhne im Haus der Mutter. Bei den Warao kommen Männer von aussen in die Familie, Fremde nehmen den Platz der sozialen Väter und Onkel, den Muttersöhnen ein. Matriarchal? Eine Blutsfamilie ist es jedenfalls nicht mehr. Ohnehin ist Heirat und Ehe das Gegenteil zur freien Liebe der Mosuo. Wo bleibt das Blumenzimmer? KaraMa‘s Meinung zur letzten Ausgabe Und was heisst, die Mutter bestimmt, „wer“ etwas zu essen bekommt, kriegen nicht alle etwas? Ist es wirklich ein Unterschied, ob die Mutter oder der Vater eine solche Zuteilungs-Herrschaft ausübt? Im MosuoVideo „Wo die freien Frauen wohnen“ ist zu sehen, wie zuerst die Clanmutter, die Älteste, ihr Essen bekommt, und dann jede(r) zuerst schaut, ob die Person nebenan auch genug auf dem Teller hat. Das sieht mir mehr nach liebevoller Fürsorge aus. Die Kinder zum Betteln mitzunehmen, dh. sie zu instrumentalisieren, zeigt zwar eine gewinnbringende Schlauheit, die mir persönlich aber zumindest nicht sehr sympathisch ist. (Sollten sie nicht lieber daheim oder lernen spielen dürfen? Bei der Grossmutter vielleicht?) Und wozu ist das überhaupt nötig, denn: „Alle Warao haben genug, um ein gutes Leben zu führen.“? Vom Supermarktdenken will ich gar nicht reden, dass tun wir im globalisierten Patriarchat genau so und zunehmend. Eben! Die Frauen von Juchitan jedoch wurden allgemein bewundert, weil sie sich mutig und 63 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF erfolgreich gegen die negativen Auswirkungen von Supermarktketten auf ihren Markt gewehrt haben. Dass die Mutter bestimmt, wen die Tochter heiratet, bzw. nicht heiraten darf, kann in der Tat sehr weise sein, wenn es die jungen Frauen vielleicht auch nicht immer gern akzeptieren, es erinnert mich aber trotzdem an die Zeiten bei uns, wo der Vater absolut über die Tochter verfügte. Manchmal ebenfalls mit – aus seiner Sicht – wohlmeinenden Gründen. Der Schwiegersohn samt seiner Familie gehört nicht ins Haus, muss „vor dem Haus“ sitzen, d.h er ist nicht mehr in seiner eigenen Sippe zu Hause und in der anderen nur „Gast“. Es gibt in manchen patriarchalen Gesellschaften das gleiche Bild, nur eben umgekehrt, da ist die Frau nicht wert, dazuzugehören. Ein Matriarchat ist aber eben gerade nicht ein seitenverkehrtes Patriarchat. Wenn bei einer Trennung der Mann zu seiner Sippe zurückkehrt, bleibt dann eine (zwar materiell versorgte) Witwe mit Waisen bei den sippenfremden Männern zurück, denn die eigenen Brüder sind ja in der Sippe ihrer „EHE“-frauen? Im matriarchalen Familienverbund sind Frauen mit ihren Kindern immer versorgt, auch ohne zwangsverheiratet zu werden. Genau so wenig „kann es vorkommen, dass ihr Mann allein zurückleibt“, wenn seine Partnerin stirbt. Auch er ist im mütterlichen Clan geborgen. Es als „pragmatisch“ zu bezeichen, wenn die Frau automatisch mit einem Bruder verheiratet wird, wo und wie immer er gerade herkommt, halte ich für grenzwertig. Ausserdem ist das – wie wir aus dem AT wissen – ein durchaus patriarchaler Brauch, der nötig wird, wenn eine der Mutterfamilie entfremdetet Frau ohne Ehe-Mann nicht überleben kann. Ein Matriarchat ist kein seitenverkehrtes Patriarchat Ein junges Mädchen mit einem alten Mann zu verheiraten bis er stirbt, (das kann lang dauern) ist ein in Patriarchaten üblicher Missbrauch, gegen den gerade die Organisation TERRE DES FEMMES engagiert zu Felde zieht. Verheiraten heisst eben etwas anders als jemanden „versorgen“. Und was ein junges Mädchen von einem alten (Ehe-)Mann lernen kann, könnte sie vielleicht besser von ihrer Mutter,Tante, Mutterbruder oder älteren Schwestern erfahren. Die Warao verehren das weibliche Prinzip, das ist wunderbar, leider aber gibt es anscheinend keine mütterliche Urahnin, sondern einen männlichen „argwöhnischen“ Urahn, der Unterwerfung und Gehorsam fordert, der zornig wird, wenn man ihn nicht „gebührend“ feiert und fürchtet. Einen solchen „Gott“ kennen wir in den patriarchalistischen Religionsvorstellungen auch. 64 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Abseits von den Begriffen matriarchal und patriarchal verstehe ich nicht, was die weise alte Grossmutter daraus lernen kann, wenn man über sie lacht, wenn sie sich “mit kochendem Wasser den nackten Fuss“ verbrüht. Da wird mir kalt. Menschen auszulachen, weil sie ungeschickt sind, ein Unglück erleiden, etwas nicht können oder falsch machen, kommt mir nicht gerade liebevoll vor. (Mobbing?) Einem Kind zu drohen, der schwarze Mann, womöglich die Hexe, der Teufel ( in die Hölle), der Arzt oder Ethnologe, (was auch immer sie darunter verstehen können) wird es holen, wenn es nicht gehorsam ist, sieht verdächtig nach „schwarzer Erziehung“ aus mit dem brutalen Mittel der Angst. Zum Glück sind diese Zeiten bei uns (im Patriarchat) in der Regel vorbei. Hoffentlich!!! Wie gesagt, zum Trost habe ich mir sofort die Videos über die Mosuo angeschaut. Da ist einfach fast alles ganz anders. Freiheit, Achtung, Respekt, Fürsorge, Mütterlichkeit sind die politischen und spirituellen Grundlagen dieser Gesellschaft. Die Alten werden geehrt. Das schon allein, wie mit den Alten und den Kindern umgegangen wird, spricht eine andere Sprache. Solange die Kinder klein sind, kümmert sich der ganze Clan, werden sie von allen vor Gefahren beschützt und wenn sie älter werden, haben sie durch Vorbild, Geduld, liebevolle Zuwendung und Nachahmen das richtige Verhalten gelernt. “Der Ethnologe wird Dich mitnehmen.“ Mit grosser Begeisterung habe ich Barbara Pades „Bewertungen vermeiden“ gelesen und überhaupt ihre ganze empfehlenswerte Abschlussarbeit „Aspekte der Kommunikation unter Frauen in Matriarchaten“. Selbstverständlich habe ich auch die vielen schönen Traditionen der Warao registriert, z.B. dass sie das Gleichgewicht zwischen Mensch, Natur und den Geistern wünschen, dass sie das weibliche Prinzip verehren und dem Kosmos ihre Tänze widmen - und sicher lässt sich für manches, was mir Unbehagen macht, eine andere Ausdeutung finden. Ausdrücklich will ich betonen, dass ich weit davon entfernt bin, die selbstgewählte Lebensweise einer Gesellschaft zu kritisieren, darum geht es mir überhaupt nicht. Trotzdem: eine erstrebenswerte Alternative zum Patriarchat stelle ich mir --- durchaus realistisch und gut begründet--- anders vor. Bin gespannt auf die Berichte über die Minangkabau. Liebe Grüsse KaraMA Beran 65 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Am Herdfeuer Dagmar Margotsdotter Aufzeichnungen einer Reise zu den matriarchalen Mosuo ISBN: 978-3-939623-59-5 Ca. 250 S., zahlr. farb. Abb., Br., ca. 19,80 € (Ende 2015/Anfang 2016) Eingeladen in einen Matri-Clan verbringt Dagmar Margotsdotter fünf Wochen bei den Mosuo im Süden Chinas. Fasziniert von dieser Lebensweise berichtet sie über die alltäglichen Abläufe in einer matriarchalen Großfamilie, deren Organisation in den Händen einer Matriarchin liegt. Wo Frauen geschützt Mutter werden können, ohne von einem Mann abhängig zu sein, weil Heiraten nicht üblich sind. Wo auch alle Männer im Mutterclan leben und sich für die Kinder ihrer Schwestern verantwortlich fühlen. Wo Güter so verteilt werden, dass alle etwas davon haben, und die Natur nicht ausgebeutet wird. : Neue Bucher demnachst im Christel Gottert Verlag : Fricka Langhammer Die westliche Kleinfamilie und die matriarchale Großfamilie der Mosuo in China, (k)ein Vergleich : Familie als Beginn ISBN: 978-3-939623-53-3, Ca. 130 S., farb. Abb., Br., ca.. 14,80 € (Ende 2015) Im Fokus stehen die für unsere Breiten typische Kleinfamilie, in der die Mehrheit der Menschen lebt, und die traditionelle matriarchale MosuoGroßfamilie unter der Führung einer Matriarchin. Die Autorin stellt die verschiedenen ökonomischen Systeme vor und fragt nach den gesellschaftlichen und spirituellen Wertevorstellungen. Mit ihrer Mutter der Labyrinth-Künstlerin und der Matriarchatsfilmemacherin Uschi Madeisky diskutiert sie die Frage, ob alternative Lebensformen mit positiven matriarchalen Werten heute in unseren westlichen Rahmenbedingungen lebbar sind. 66 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF MaLeDea Matriarchales Leben entdecken Im Stuttgarter Frauencafé Sarah gründet sich ein matriarchaler Zirkel. Mehrere Vortreffen haben schon stattgefunden. Im September geht es mit den offiziellen Terminen los: Das Anliegen von MaLeDea ist es, herauszufinden was es an wahrhaft lebendigen Lebensformen für uns Menschen in der Geschichte gab und aus diesem Wissen heraus neue Lebensweisen entstehen zu lassen. Wir wollen uns der mütterlich-weiblich-spirituellen Werte erinnern und ihnen den Raum im Zentrum des Lebens und in der Gesellschaft zurückgeben. Die offene Gruppe trifft sich einmal im Monat donnerstags um 18:00-19:30 Uhr im SARAH. Termine 2015: mutterliche Werte im Zentrum : 24. 22. 19. 17. September Oktober November Dezember Weitere Informationen und Termine unter: Sarah Kulturzentrum & Cafe für Frauen: www.das-sarah.de Johannesstr.13, 70176 Stuttgart Mail: [email protected] Telefon: 0711/2261247 Literaturempfehlungen z.B. zu Philosophie, Geschichte, Märchen, Spiritualität, Kunst etc. stehen in der Frauenbücherei im SARAH zur Verfügung. Geöffnet donnerstags von 19 bis 21 Uhr und während des SonntagsBrunches jeden 1. Sonntag im Monat von 12:30 bis 14:30 Uhr. 67 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Gerichtsurteil und UrteilsUrteilspublikation zugunsten von Dr. Heide GottnerGottner-Abendroth Viele von Euch wissen durch ihre Teilnahme oder vom Hören, dass im Jahr 2011 in St. Gallen ein großer Kongress zum Thema matriarchale Gesellschaften stattfand. Dazu waren von der Akademie HAGIA Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt eingeladen und referierten, darunter einige aus existierenden matriarchalen Gesellschaften. Dieser Kongress wurde von einer breit gestreuten Diffamierungskampagne gegen die Kongressleiterin Dr. Heide Göttner-Abendroth und die moderne Matriarchatsforschung überschattet. Sie wurde von Dr. Martina Schäfer, einer früheren Mitarbeiterin (1986-1990), jetzt wohnhaft in St. Gallen, betrieben, die das nicht zum ersten Mal unternahm. Sie schrieb verleumderische Briefe an viele Privatpersonen, an die Behörden von St. Gallen, an Sektenstellen in der Schweiz und Deutschland und an die Medien. Darin bezeichnete sie die Akademie HAGIA als „Sekte“, den Kongress als „Sektenereignis“, Frau Göttner-Abendroth als „Sektenführerin der schlimmen Sorte“ und vieles andere mehr. Das unternahm sie, um den Kongress zu verhindern, ebenso die Eröffnung des „Matri-Archivs“, einer offiziell anerkannten Bibliothek für Matriarchatsforschung. Einige Sektenstellen begrüßten diese Behauptungen, und insbesondere die Medien (Zeitungen, Radio und Fernsehen mit Interviews) griffen die Diffamierungen von Martina Schäfer auf und verbreiteten sie in St. Gallen und der ganzen Schweiz. Die moderne Matriarchatsforschung schutzen : Bereits im November 2011 reichte Heide Göttner-Abendroth Klage beim Kreisgericht St. Gallen gegen Martina Schäfer wegen Persönlichkeitsverletzung in mehreren Fällen ein. Denn sie wollte ihre Person und die moderne Matriarchatsforschung allgemein schützen. Heide hat schon öfters erfahren, dass Matriarchatsforschung zu betreiben und öffentlich zu lehren in unseren patriarchalen Gesellschaften quasi als ein „Verbrechen“ betrachtet wird, das sogleich niedergeschlagen werden muss. (Siehe das Buch Die Diskriminierung der Matriarchatsforschung. Eine moderne Hexenjagd, veröffentlicht von C. von Werlhof, C. Meier-Seethaler, C. Mulack, H. Goettner-Abendroth, C. Spretnak, J. Marler, K. Derungs, im Jahr 2003). 68 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Das Urteil vom Kreisgericht St. Gallen vom 30. Januar 2013 brachte Licht in diese Angelegenheit, indem es „diese Äußerungen als widerrechtliche Verletzung der Persönlichkeit der Klägerin“ beurteilte. Insbesondere der Vorwurf „Sekte“ oder „sektenähnliche Organisation“ wurde vom Gericht genau untersucht und zurückgewiesen (Urteilsbegründung vom 13. Juni 2013, S. 26-27). Aber von ihren Freunden in den Medien angespornt reichte Frau Schäfer im August 2013 beim Kantonsgericht in St. Gallen Berufung ein. Am 13. März 2015 bestätigte diese zweite Instanz das Urteil der ersten Instanz, welches Martina Schäfer schuldig spricht, in allen Punkten. Dieses Urteil wurde am 11. Mai 2015 rechtskräftig. Das Gericht hat damit unmissverständlich klar gemacht, dass es sich um eine inszenierte Rufmordkampagne gehandelt hat, die von Martina Schäfer ausgelöst und in der Presse in St. Gallen und darüber hinaus weitergeführt worden ist. Ferner stellte das Gericht fest, dass an diesen verleumderischen Aussagen keinerlei öffentliches Interesse besteht. Mit dem Gerichtsurteil ist jegliche Wiederholung dieser und weiterer verleumderischen Aussagen strafbar. : Vorwurf “ Sekte“ zuruckgewiesen Dieses Ergebnis macht es für Heide leichter, öffentlich weiter zu arbeiten, wo sie schon ein paar Mal mit Hasskampagnen konfrontiert war. Und es bedeutet für alle Frauen, die Matriarchatsforschung betreiben oder sich dafür interessieren, dass keine mehr als ein „Sektenmitglied“ bezeichnet werden kann. Unser herzlicher Dank gebührt all denen, die uns damals während der Diffamierungskampagne 2011 mit Briefen an die St. Galler Behörden, an die Sektenstellen und Medien unterstützt haben. Dies war ein schönes Beispiel von Frauen-Solidarität! Viele Grüße von den Frauen der Internationalen Akademie HAGIA www.hagia.de/internationale-hagia-akademie.html 69 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF MatriMatri-Sanktion Petition zur Veränderung der Installation mit der Kopie der Venusfigurine von Hluboké Mašů ůvky aus der Jungsteinzeit Gesendet am Freitag, 21 Aug 15 JdF Von Hermine Theuer an Herrn Fuhrmann, den Kurator der Ausstellung „Die Fürsten von Poysdorf“ Liebe Freundinnen und Freunde der rituellen Körperhaltungen und an Kultur Interessierte! Leider können wir noch nicht mitteilen, dass die Ausstellungsadaptierung der Kopie der einmaligen Statuette der Frau von Südmähren, die ein besonderes Kleinod der Jungsteinzeit ist und eine Trancehaltung, im Weinlandmuseum in Poysdorf verändert wurde. Da wir diese Installation empörend und sexistisch finden, wollen wir, dass eine sofortige Änderung der Präsentation der Statuette erfolgt und bitten Euch, die Aufforderung an den Kurator der Ausstellung, den Bildschirm von der Statuette jetzt zu trennen, mit einem eigenen, persönlichen Mail zu unterstützen. Ich möchte Euch zu einem WIDERSPRUCH der missbräuchlichen Verwendung der Kopie einer jungsteinzeitlichen Frauenstatuette aus Südmähren aufrufen. Geschichte: Seit Beginn der Ausstellung „Die Fürsten von Poysdorf“ (April 2015) im Weinlandmuseum Vinoversum Poysdorf steht im Eingangsbereich eine Ausstellungsinstallation mit dem Namen „TimeMachine“. Es ist problemlos moglich : Diese besteht aus der jungsteinzeitlichen Frauenstatuette, der Frau aus Südmähren/Hluboké Mašůvky, auf deren Oberkörper ein großer Bildschirm montiert wurde, sodass nur der Unterkörper der weiblichen Figur zu sehen ist. (Foto) Am Bildschirm selbst kann eine interaktive Präsentation über die Geschichte der Region angeschaut werden. Obwohl Mag. Günter Fuhrmann, der Kurator der Ausstellung, im bereits stattgefundenen E-Mail-Verkehr aussagte, dass die Trennung des Bildschirms von der Statuette UNPROBLEMATISCH und möglich ist, will er die Installation nun trotzdem bis 15. November so belassen. Homepage: www.vinoversum.at E-Mail: [email protected] Einen Vorschlag für ein Mail an Hrn. Mag. Fuhrmann findet Ihr hier oder auch auf der facebook-Seite des Felicitas-Goodman-Instituts Österreich: https://www.facebook.com/felicitasgoodman.institut?ref=hl 70 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Beispielbrief von Andrea Wild Nach dem Muster von Hermine Theuer Sehr geehrter Herr Fuhrmann, von der Ausstellung in Poysdorf habe ich mit Interesse Kenntnis genommen und beziehe mich auf die Quelle: www.weinundtraubenwelt.at - bin aber sehr abgestoßen von Ihrer unten auf dem Foto gefundenen Installation des Bildschirms und der hinter diesem Bildschirm nur noch als irgendeine Frauenfigur zu erkennenden Statuette der Frau von Hluboké Mašůvky. Sicherlich werden Sie manche Protest-Botschaft erhalten und werden in die Position geraten, "jetzt erst recht" dabei zu bleiben, was Sie mit Ihrer Installation erstellt haben. Manchmal aber ist es gut, sich mit dem eigenen "Werk" gemeinsam weiter zu entwickeln, den eigenen Blickwinkel zu ändern, und dann kann man möglicherweise das Bild umund neu gestalten. Den Blickwinkel andern und neu gestalten. : Ich kenne diese Statuette aus anderen Zusammenhängen und achte sie sehr, habe die starke Energie der dargestellten Körperhaltung erfahren und finde es sehr unwürdig und unpassend, wie Sie diese Figur in Ihrer Installation von ihrer so besonderen Aussagekraft entfremdet haben. Wie kraftvoll könnten Sie diese Statuette in einer wertschätzenden Installation in den Blickpunkt setzen, wenn Sie ihr die gebührende Achtung und Achtsamkeit schenkten! Ich denke, dass die Frauenstatuette und der Bildschirm nicht zwingend zusammengehören und dass jedes gut für sich alleine stehen könnte. Ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie sich mit dieser Figur und ihrer uralten Kraft auf eine für Sie selbst heilsame und gleichberechtigte Weise beschäftigen und nähern können... und damit auch den Besucherinnen und Besuchern Ihrer Ausstellung eine andere Botschaft von der Statuette vermitteln als die einer zum Nutz-Objekt reduzierten Bildschirmträgerin. Mit freundlichen Grüßen Andrea Wild [email protected] Protestbrief schicken an: Vino Versum Poysdorf Brünner Straße 28 2170 Poysdorf Österreich 71 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Garten der Frauen Ein Leserinnen-Bericht aus der freien Hansestadt Einweihung des ersten Erinnerungssteins der Hansestadt Hamburg für die hier als Hexen beschuldigten und verbrannten Frauen im Garten der Frauen auf dem Olsdorfer Friedhof Ich besuchte dieses Ereignis und möchte darüber berichten. Stellvertretend für die in Hamburg als Hexen verbrannten Frauen von 1444 bis 1642 - es waren mindestens 40, die aktenkundig geworden sind - für diese und die anderen, deren Namen nicht in Gerichtsbüchern auftauchen, steht Abelke Bleken aus Ochsenwerder (Hamburger Landgebiet). 1583 kam es zur Vollstreckung auf dem Scheiterhaufen. In Dokumenten ist festgehalten, wie sie gequält wurde bis sie „geständig" starb. Und der Deichgraf Dirck Gladiator ließ ihren Kessel pfänden, der ein repräsentatives Erbstück und bedeutungsvoll für sie war. Mehrfach hatte sie die Ehefrau des Deichgrafen wegen der Angelegenheit angesprochen. Eine Wiedergutmachung fur die verfolgten Frauen : Zuvor war ihr Hof zugunsten des Hamburger Ratsherrn Johann Huge enteignet worden. Sturmschäden an Hof und Deich konnten von Frau Bleken vermutlich nicht hinreichend repariert werden oder waren ein Vorwand.* War Abelke Bleken eine Kräuterfrau, eine Heilerin, zu deren Handwerkszeug der Kessel gehörte? Über den Kessel* steht im Lexikon Das geheime Wissen der Frauen*: „In fast allen Mythologien gibt es einen wundertätigen Kessel. Manchmal verleiht er Jugend und Leben, zu anderen Zeiten besitzt er Heilkraft, und manchmal können, wie im Braukessel des nordischen Ymir, Macht und Weisheit in ihm gefunden werden". Der Kessel ist ein Symbol der zyklischen Wiederkehr und steht im Gegensatz zum Kreuz mit seiner linearen Betrachtungsweise der Zeit. Am Besitz des Kessels mochten die Inquisitoren im Besonderen Anstoß genommen haben! 72 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Abelkes 'Urgicht'/Geständnisprotokoll besagt, sie habe Rache nehmen wollen wegen der Enteignung des Hofes und der Pfändung ihres Kessels und deshalb Schadenszauber' verübt. Auch 'Teufelsbuhlschaft' wurde ihr vorgeworfen (Ich habe viele Seiten gelesen, um diesen ominösen Begriff irgendwie zu fassen). Basalt, Immergrun, ein rotes Licht : Frau Bleken hat heute, am 07. Juni, 2015 einen Erinnerungsstein bekommen. Er ist gegenwärtig der letzte in der Erinnerungsspirale, welche exemplarisch auf Frauenschicksale hinweist. Wie u.a. auf Frauen, die im Widerstand gegen die Naziherrschaft ihr Leben lassen mussten, Opfer häuslicher Gewalt und Ausgrenzung wurden, sowie Künstlerinnen, Mäzeninnen sozialer Einrichtungen, Gründerinnen. Die Feierstunde war sehr gut besucht. An der Reihe, den Gedenkstein zu besichtigen, stellte ich einen bunten Strauß Feldblumen hin, gesammelt auf den selten gewordenen Brachen. Eine Frau vor mir hatte einen kleinen Kranz aus Immergrün niedergelegt. Der Gedenkstein: Ein schwarzer Block, Basaltlava aus der Eifel, cirka 1 m hoch, mehrfach zersägt und wieder zusammengesetzt, im oberen Drittel einen Hohlraum belassen, wie eine Höhle. Darin flackert ein rotes Licht, drumherum gestreut: Glassplitter und kleine Spiegelscherben. Marlies Kruse * Festrede von Frau Dr. Rita Bake, Initiatorin und Vorsitzende des Vereins * Barbara G. Walker Das geheime Wissen der Frauen * www.garten-der-frauen.de 73 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : : Gruss Gottin in Tirol Ein Brief an die Redaktion Grüss Gode Uscha, Daniela und Dagmar, im Anhang die News über die Autobahntafel inklusive Foto von der Übersprühung im Winter 2014/15 (mit Teer oder was ähnlichem übersprüht, da stand nur mehr GOTT, darauf musste ich eine neue Tafel anfertigen lassen, das kam ganz schön teuer, die neue Tafel wurde dann von der Polizei videoüberwacht und bis jetzt nicht mehr übersprüht). Vielleicht auch interessant für die Mutterlandbriefe: Jetzt steht die Tafel ja noch, aber ich hatte vor 5 Tagen einen Termin mit dem Bezirkshauptmann von Kufstein. Er würde am liebsten die Tafel sofort entfernen, er bekommt viele Briefe - die Tafel soll endlich entfernt werden – neue Masche aus Sicherheitsgründen: an der Autobahn könnte etwas passieren und wer haftet dann?... Unglaublich dieser Widerstand nach jetzt 6 Jahren!!! Die Genehmigung läuft am 31. Jänner 2016 endgültig aus. Danach möchte ich, dass die Originaltafel ins Museum kommt, da sie so viel Staub aufgewirbelt hat. Liebe Grüsse aus Tirol, Ursula Beiler Da steht Sie...! : ...Und grusst die Gottin in Dir. : 74 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Die Demontage der Gottin Die Göttin wurde im Verlauf der letzten Jahrhunderte systematisch von allen Buch- beziehungsweise Weltreligionen ausgeblendet! Sie ist kein Thema mehr! Sollte trotzdem von ihr gesprochen werden (wenn, dann nur in der Mehrzahl), dann wird sie abwertend mit dem Fremden und Obszönen assoziiert oder genauso abwertend mit Heidentum und Naturreligiosität. Fragt sich nur was an der Heide oder Natur so schlecht sein soll. Weltverständnis und Menschenbild bleiben damit unnötig einseitig. Der Schriftzug „GRÜSS GÖTTIN“ bricht mit dieser patriarchalen Diskursdominanz, ohne nur Entgegnung zu sein. Vielmehr geht es um die Einblendung des ausgeblendeten Diskurses, um das Weibliche im universalen Menschsein und damit die Sichtbarkeit des Ganzen. Heilung von Ungleichgewicht …denn ich bin ein eifersüchtiger Gott, ich dulde keine Göttin neben mir! Die plakative Form des Grusses regt die Diskussion im Alltag an und schafft Raum und Aufmerksamkeit für gesellschaftliche und ökologische Themen, welche die holistische Anschauung stärken. Religion ist neben der Krise und den Naturkatastrophen „das Thema“ des letzten Jahrzehnts in den Medien. Trotzdem ist die Göttin die Leerstelle im kulturellen, politischen und religiösen Kontext, sie ist „kein Thema“ und nicht der Rede wert. Sie ist „das Tabu“ über das im Patriarchat nicht gesprochen werden darf. Aber gerade sie könnte das herrschende, zerstörerische Ungleichgewicht auf unserer Erde, unter dem wir alle leiden, heilen und auflösen. 75 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Dem einseitigen aggressiven Monotheismus mit den heute noch immer nicht revidierten Leitmotiven: „macht euch die Erde untertan“….“wir sind das auserwählte Volk“… und der ebenso gefährlichen Aufforderung zur Überbevölkerung „liebet und vermehret euch“…soll endlich die Basis entzogen werden. Der globale Kapitalismus und Neoliberalismus als herrschendes Weltsystem beruht genau auf diesen religiösen Säulen. Der Ausblendung des Weiblichen wird mit diesem Kunstprojekt bewusst plakativ die Einblendung mit dem ebenbürtigen Gruß entgegengesetzt. Der freundliche Akt des Grüßens macht aufmerksam auf das Ausgeschlossene in Immanenz und Transzendenz. Zur Geschichte des Autobahnprojektes: „GRÜSS GÖTTIN“ gewann im Jahr 2008 beim Wettbewerb des Landes Tirol „Kunst im öffentlichen Raum“ und wurde im Jahr darauf an der A12 Inntalautobahn bei Kufstein/ Kiefersfelden realisiert. In Folge dessen wurde der Schriftzug auch auf der Timmelsjoch-Hochalpenstraße aufgestellt und eine kleinere Tafel wurde ebenso beim Landesfestumzug 2009 in Innsbruck mitgetragen und als moderner Beitrag umjubelt. : Eine Anhalterin unter dem Schutz der Gottin Der ungewohnte neue Gruss löste Diskussionen in der Öffentlichkeit aus und förderte allerorts die Auseinandersetzung mit dem Brechen von Gewohnheiten „Grüß Göttin“ statt des üblichen „Grüß Gott“, die sowohl moralisch, religiös verstanden als auch mit Identität und angeblicher Tradition begründet werden. Eine dichte Menge von Leserbriefen und Berichten in Printmedien und elektronischen Plattformen zeugen davon. Ähnliches wiederholte sich 2011 im Tiroler Oberland, als in die Öffentlichkeit drang, dass der Schriftzug „GRÜSS GÖTTIN“ im Steinbruch Zirl 76 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF auf die Felswand in Planung geht, weil der Gemeinderat dem Projekt mehrheitlich zugestimmt hat. Sowohl im ORF (bei Tirol Heute wurde der Schriftzug augenzwinkernd mit Hollywood verglichen, auch Touristiker sahen darin ein Potential) als auch in der lokalen Presse entspann sich eine heftige Diskussion zum Projekt und um die Legitimität dieser Grussform im Hinblick auf die Tiroler Tradition: Ist „Grüß Göttin“ weniger Tirolerisch als „Grüß Gott“? – Freilich ist „Grüß Gott“ ein in ganz Österreich üblicher Gruß, welcher auch in Süddeutschland und der Schweiz verwendet wird. Vor dieser Tatsache verstehen sich die Leserbriefe und das mediale Interesse an dieser Kunstaktion. auch in Deutschland, der Schweiz und dem italienischen Südtirol. Dieses Projekt erweiterte die Botschaft vom weiblichen Anteil des Landes, in und von dem wir leben, über die Grenzen Tirols hinaus. Im Sommer 2014 wurde kurz vor Ablauf der fünfjährigen Genehmigungsfrist um eine Verlängerung der A 12 Tafel angesucht. Dieser wurde bis zum 30.1.2016 stattgegeben. Da aber verabsäumt wurde die Verlängerung auch bei der Bezirkshauptmannschaft einzuholen wurde die Tafel vorerst abgebaut. Es konnte jedoch durch Einsatz vieler Befürworter die Verlängerung auch von Seiten der BH bis zum 30. Jänner 2016 erreicht werden. Hollywood = holy wood = Heiliger Wald Botschaft vom weiblichen Anteil des Landes Das IN des Wortes Göttin und die Ö-Striche wurden von Vandalen immer wieder mutwillig übersprüht. In den letzten 5 Jahren über 50 mal. Schon 2011 musste die Tafel deshalb renoviert werden. Ende November 2014 wurde die Grussaussage vollkommen zerstört, es blieb bei einer weiteren Übersprühung nur mehr das Wort „Gott“ übrig. Deshalb musste jetzt im Jänner 2015 die Tafel komplett erneuert werden. Wo bleibt die Toleranz? Dazu kann frau nur sagen, die Tiroler Taliban haben zugeschlagen. Heute geht es nicht nur in Tirol sondern überall in der Welt wieder um die verlorengegangene spirituelle Weiblichkeit– die Sehnsucht nach der Göttin; the goddess, la diosa, la dea, la deesse. Ursula Beiler Künstlerin aus Silz 77 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF : Aufkleber: “Ehre gebuhrt der Mutter“ Mutter“ Verbesserungsmaßnahmen an Denkmälern in Kassel Ein fleißiger Leser der Mutterlandbriefe hat sich mit unseren Aufklebern „Ehre gebührt der Mutter“ auf den Weg gemacht und uns Fotos von seiner Tour durch Kassel geschickt: Hartwig Hammer Holle, der sich nach Frau Holle benannte, in Kassel ansässig ist und bereits zu Zeiten der MATRIAVAL viele unsere Aktionen mit unterstützte und ein fleißiger LeserInnenbriefschreiber ist, hat die Aufkleberaktion, die durch die Mutterlandbriefe verbreitet wurde: „Ehre gebührt der Mutter“ sofort aufgegriffen und sich einige Denkmäler in Kassel vorgenommen. : Verbesserungsmassnahmen an Denkmalern in Kassel Zunächst hat er mit den kleinen roten Aufklebern der Mutter von Jakob und Wilhelm Grimm gedankt, an die kaum gedacht wird, dabei war sie es, die ihre Söhne zu deren Tante nach Kassel, schickte, um ihnen eine gute Bildung zu ermöglichen. Dann begab sich Hartwig Hammer Holle zu Goethes Denkmal in Kassel und ehrte durch den Aufkleber Goethes Mutter Aja Textor Goethe. Auch ein Phallusträger wurde mit einem Aufkleber bedacht. 78 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Wir finden es sehr mutig, dass er sich anschließend neben dem Denkmal von Karl Schomburg mit Indianerfedern auf dem Kopf fotografieren lies. Nun kommt er wie ein Häuptling daher, das wiederum verlangt nun auch eine gewisse Korrektur und Ergänzung unsererseits: Es grüßt Wir danken den Muttern : Wir danken der Mutter, die diesen phantasievollen, mutigen Stadtindianer geboren hat. Uscha Madeisky Die Aufkleber sind bei der Vereinsbzw. Redaktionsadresse zu bestellen! www.muetterechte.de “Im Im weiten Raum“ Raum“ Neue CD von Arunga Heiden Die Aufnahmen für diese neue CD „Im weiten 01. Fliegen wie ein Vogel 02. Der Raum ist mein Raum“ fanden diesmal nicht in der steril-tech03. Mein Räume weiten nischen Atmosphäre eines Studios statt, son04. Ich grüße Himmel und Erde dern im Mühlenmusikraum der Arunga Heiden, 05. Himmelsweite wo viele Workshops stattfinden und wo viel und 06. Die Stille gebiert den Seelenklang frei miteinander gesungen und musiziert wird 07. Noch wie ein Traum also in einem Raum mit guten Schwingungen. 08. Ich öffne das Tor Deshalb überträgt sich wohl beim Hören der 09. Die Seele tanzt CD Lebendigkeit, Authentizität und das Gefühl 10. Zwischen Erde und Himmel 11. Ja der Himmel von Verbundenheit mit allem Sein. Ein ganz 12. Wege ahnen besonderes Werk. Arunga Heiden schreibt 13. Spiralige Wege zur Entstehung: „…..auf diese Weise entstanden viele schöne chorische Stücke, die auf dieser CD das Zentrum bilden. Drumherum habe ich noch 3 Stücke mit meiner wunderbaren Kollegin Anne Tübinger am Flügel live in ihrem Musikstudio eingespielt und ein paar wenige solistisch eingesungen. Ich hoffe, dass diese CD …...viele von euch zum Mitsingen anregt und sie in der Seele einen weiten Raum öffnet!“ Arunga Heiden www.arunga-heiden.de Die CD ist auch über www.MatriaMarkt.de erhältlich. 79 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Feministische Tischgesellschaft Ende Mai 15 JdF in Wien Es war die erste ihrer Art, und sie bestand nicht nur aus gut 40 Heurigentischen in Wiens größter Einkaufsstraße und Fußgängerzone, der Mariahilferstraße, sondern vor allem aus ganz vielen Frauengruppen unterschiedlichsten Alters und verschiedenster Herkunft, die sich für Frauen engagieren, und die nun diese Tische gestalteten und betreuten, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen, und um sich an diesen Tischen mit möglichst vielen Passant*inn*en zusammen- und auseinander- zu setzen, einen ganzen SamstagNachmittag lang. Mit Vulvina bei der Tischgesellschaft Dass das im Grunde eine politische Veranstaltung buntester Couleur war, erlebten Andrea und ich bereits bei den Vorbereitungstreffen als: ja, auch was wir tun, ist politisch, doch nicht auf kämpferische, sondern auf künstlerische Art & Weise; und: ja, wir machen hier mit, und wir mischen mit unseren ganz eigenen, wieder anderen Farben auf, und – im Jahr grad zwischen Walpurgis und Sommersonnwend gelegen – gehen wir mit bunten Bildern, frechfröhlichen Liedern und persönlichen Gesprächen vor allem für die rote Kraft der Göttin, die ja auch in allen Frauen lebt und leben möchte, für Fruchtbarkeit und Fantasie, für Sanftheit und Stärke, für stolze Eigenmächtigkeit und bunte Vielfalt, für Lebensfräude und Freiheit, für sinnliche Liebe und spirituelle Tiefe - und natürlich mit der Einladung für die nächste Göttinnen-Konferenz im Mai 2016 in Wien! 80 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Und da auch stündlich Performance-Beiträge eingeplant waren und Andrea mich zu einem solchen eingeladen hatte, stell´ ich mich dann als ehemaliges „Wiener Kind“ und „dort um´s Eck“ aufgewachsen – mutig „mitt´n auf die Mariahüferstroß´n“ („immerhin“ in Begleitung der großen, bunten Vulvina, die Brigitte gestaltet hat) und sing´: „To all the girls”, “Fräude, schöner Göttinfunken”, “(Qu)Eviva la Vulva” und “Corona Vaginalis”; und als dabei das Mikrophon ausfällt, kommen die Texte, die ich kopiert hab´, zum Einsatz, und wir rücken näher zusammen und singen´s gemeinsam! : ...mitt‘n auf die Mariahuferstross‘n... Möge es in vielen Herzen und Köpfen weiterklingen und die Botschaft der Frauen, voll Schönheit, Mut & Kraft, in die Welt hinausbringen! : Jutta Wurkner : An die FRAUde 1. FRÄUde, schöner Göttinfunken, FRÄUndin froher Leichtigkeit, lässt uns leben, feuertrunken, unsre Flügel sind bereit. /: Klein, allein, das ist von gestern, wir sind viele, Hand in Hand. Alle Frauen werden Schwestern, tanzen heim ins Mutter-Land. :/ 2. Blut, du rote Kraft der Frauen, weibliches Mysterium, wir betreten voll Vertrauen Mond für Mond dein Heiligtum (hier dein Zelt und Heiligtum). /: Angst und Scham, das ist von gestern, etwas Neues nun beginnt: Alle Frauen werden Schwestern, wenn der rote Faden rinnt/ spinnt. :/ 3. Freiheit, Atem meiner Seele, du gehörst seit je zu mir, rufst mich, dass ich Wachstum wähle, und ich lass mich führ´n von dir. /: Stumm, versteckt, das ist von gestern, wir gehen aufrecht, stolz und frei: Alle Frauen werden Schwestern, Bonsai-Zeit, die ist vorbei! :/ Ode an die Frauen Text: Jutta*Judita Dana, Sommer 2o13 (Jutta Würkner) Musik: Ludwig van Beethoven (SchlussChor 9. Symphonie) 81 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Die Themen beim nächsten Mal Die Osterinsel : •Grossmutter Grossmutter Schickt uns Eure Artikel ! * Redaktionsschluss: 18.November 15 JdF Impressum Medieninhaberin und Herausgeberin: MatriaVal e.V., Im Klingenfeld 37, 60435 Frankfurt [email protected] Redaktion: Uscha Madeisky, Dagmar Margotsdotter, Daniela Parr Layout: Daniela Parr * Handschriftliche Manuskripte können wir leider nicht berücksichtigen Erscheinungsart: vier-jahreszeitlich 82 Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 3 – Herbst 15JdF
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