Religionen im Überblick Rebecca Billig Handout Wicca Definition: Es existieren die verschiedensten Ansichten darüber, wer/was eine Hexe sei; eine Definition ist daher schwierig. Wicca ist eine Religion innerhalb des „Hexentums“ und kann in die spirituelle Richtung des Neopaganismus eingeordnet werden. Im Gegensatz zu anderen „Hexen“ müssen traditionelle Wicca in einen Coven (Gruppe) initiiert werden. Entstehung und Aufspaltungen: Wicca wurde anfangs der 30er Jahre durch Gerald Gardner begründet (New Forest Coven). Seiner eigenen Darstellung zufolge wurde Gardner in eine bestehende Hexentradition eingeweiht und gab dieses Wissen lediglich weiter. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass er selbst der Ursprung des Wicca ist. Gardner war mit Aleister Crowley bekannt und hat sich von Crowley’s Order of the Golden Dawn insprieren lassen („Do what thou wilt…“; Gestaltung der Rituale). Heute gibt es verschiedene Wicca-Traditionen. Die bekanntesten sind Gardnerian Wicca (nach Gardner; am verbreitetsten), Alexandrian Wicca (nach Alex Sanders; nur noch wenige) und Dianische Wicca (feministisch geprägt). Daneben gibt es viele Mischformen. Glauben und Weltansicht: Wicca ist eine polytheistische Religion. Ihre Anhänger glauben an eine Göttin und einen Gott, die aber durch verschiedenste Gottheiten dargestellt werden, je nach dem, welcher ihrer Aspekte gerade im Vordergrund steht. Für Wicca ist die gesamte Natur inklusive des Menschen heilig (holistisches Weltbild); sie kennen keine Trennung von Heiligem und Profanem. Viele Wicca glauben auch an Wiedergeburt. Da Wicca der Überzeugung sind, dass jeder selber zum für ihn richtigen Glauben finden muss, sind sie nicht missionarisch. Sie vertreten keine „allgemein gültige Heilsbotschaft“, da sie den Menschen nicht in einer „Unheilssituation“ sehen, aus der er sich spirituell befreien muss. Die Göttin: Die Göttin der Wicca wird auch dreifache Göttin genannt. Dies bezeichnet ihre drei Aspekte als „Maiden, Mother and Crone“ (Mädchen, Mutter und Alte). Sie wird oft auch mit dem Mond identifiziert. Die „Maiden“ steht für Neuanfang, das jugendliche Leben und den Übergang vom Kind zur jungen Frau. Dies schliesst auch erste sexuelle Erfahrungen ein. Die „Mother“ ist Spenderin und Schöpferin des Lebens (Gebärerin), aber auch Lehrerin. Sie steht auch für Fruchtbarkeit im Sinne von Erfolg, z.B. bei einem Projekt, einer Arbeit. Die „Crone“ bedeutet Lebenserfahrung und Wissen, aber sie ist es auch, die den Menschen in den Tod führt und begleitet. Der Gott: Der wiccanische Gott Cernunnos wird auch „der Gehörnte“ genannt, was zu den meisten Missverständnissen und Konflikten mit dem Christentum geführt hat. Der gehörnte Gott ist aus drei „historischen“ Göttern zusammengesetzt: Dionysos, dem griechischen Gott der Fruchtbarkeit und des Weins; Pan, dem griechischen Gott der Wildnis; Cernunnos, dem keltischen Gott der Natur und der Unterwelt. Sowohl Pan als auch Cernunnos tragen Hörner bzw. ein Geweih. Der Gott wird auch mit der Sonne identifiziert ( siehe Jahreskreisfeste). Religionen im Überblick Rebecca Billig Der Jahreskreis: Die acht Jahreskreisfeste der Wicca sind aus keltischen und germanischen Traditionen entliehen und werden oft als achtspeichiges Rad dargestellt. An Yule (21. Dez) wird der Gott durch die Göttin geboren; man feiert die Wiederkehr des Lichts nach der Wintersonnwende. Imbolc (2. Feb) ist das Fest des Frühlingsbeginns. Der Gott ist zu einem Knaben herangewachsen. Mit Ostara (21. März, Frühjahrstagundnachtgleiche) wird die Fruchtbarkeit der Natur gefeiert. Es ist ein Fest der Freude. An Beltane/Walpurgisnacht (1. Mai) geht es dann auch um die Fruchtbarkeit des Menschen. In dieser Nacht findet die sexuelle Vereinigung von Gott und Göttin statt. Litha (21. Juni) ist ein Sommerfest (Sommersonnwende) und steht für den Höhepunkt der blühenden Natur und der Kraft des Gottes. Lughnasadh/Lammas (1. Aug) steht für den Erntebeginn, gleichzeitig aber auch für die Alterung des Gottes, der an Kraft verliert, weil er diese für die Reifung des Korns und der Früchte gegeben hat. An Mabon (21. Sept, Herbsttagundnachtgleiche) wird Erntedank gefeiert und man blickt aufs Jahr zurück. An Samhain (1. Nov) gedenken Wicca des Todes und bereiten sich auf den Winter vor. Der Gott stirbt, um an Yule durch die Göttin wiedergeboren zu werden. Rituale und Magie: Die Rituale der Wicca finden meist in der Natur statt. Zuerst wird ein Ritualkreis gezogen und „energetisch gereinigt“ (Räucherungen, Salzwasser). Dann werden die Elemente angerufen und als Wächter der vier Himmelsrichtungen in den Kreis gebeten. Danach erst werden die Götter von der Hohepriesterin und dem Hohepriester angerufen. Nach dem Ritual werden zuerst die Götter und dann die Elemente wieder entlassen. Der Ritualkreis dient im Wicca als „Gefäss“ um Energie zu sammeln und für das Ritual zu speichern. Er ist kein Schutzkreis gegen aussen oder Bannkreis gegen innen. Magie wird im Wicca als Energie angesehen, die durch bestimmte Handlungen beeinflusst werden kann. Sie funktioniert nach einem actio-reactio-Prizip, da nach wiccanischer Sicht alle Lebewesen und Dinge netzartig miteinander verbunden sind. Magisches, spirituelles und rituelles Wissen wird von jeder/jedem Wicca in einem persönlichen „Book of Shadows“ niedergeschrieben. Eine allen gemeinsame „heilige Schrift“ existiert nicht. Nicht alle Wicca betreiben Magie. Ethik: Die Ethik der Wicca gründet auf dem Satz der Wiccan Rede: „An’ it harm none, do what ye will.“ Die Ähnlichkeit zu Crowley’s Leitsatz aus dem Liber Al Vel Legis ist offensichtlich. Das ethische Prinzip, niemandem Schaden zuzufügen (bei Crowley nicht enthalten), soll von Wicca auf all ihre Entscheidungen sowohl im Alltag als auch in Ritualen und magischen Handlungen angewandt werden. Der Satz „do what ye will“ ist nicht nur mit „tu, was du willst“ zu übersetzen. Der „Will“ trägt auch eine Konnotation von Ziel, Bestimmung oder Berufung (wobei Wicca aber nicht an ein unabänderliches Schicksal glauben). Quellen: Birgit Neger, Moderne Hexen und Wicca, 2009 Britta Rensing: Die Wicca-Religion, 2007
© Copyright 2024 ExpyDoc