© alterfalter – fotolia.com PRAXIS Mitarbeiterportal und Wissens-Management Zollverwaltung richtet Mitarbeiterportal konsequent an Prozessen aus Alle Mitarbeiter der Zollverwaltung arbeiten nun nach dokumentierten und nachvollziehbaren Prozessen. Hierzu überführt der Zoll seine Abläufe schrittweise in ein neues Portal für Informations- und Wissens-Management und verknüpft es mit anderen IT-Systemen. Das Portal wird zum zentralen Arbeitsmittel für alle Zöllner. Materna ist maßgeblich und kontinuierlich an diesem Leuchtturmprojekt beteiligt. Die Aufgaben der Zollverwaltung haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert: So ist beispielsweise die Überwachung der Grenzübergänge in großem Umfang weggefallen. Heute schützt der Zoll dagegen mehr denn je die 02/2015 14 MATERNA MONITOR Wirtschaft vor Wettbewerbsverzerrungen, die Verbraucher vor mangelhaften Waren aus dem Ausland und die Bevölkerung vor den Folgen grenzüberschreitender organisierter Kriminalität. Die Zollmitarbeiter können durch alle Prozesse und Informationen komfortabel navigieren und gezielt nach einzelnen Aspekten suchen. Die veränderten Schwerpunkte verlangen neue Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe, die den Mitarbeitern vermittelt werden müssen. Dies war der Anlass für die Zollverwaltung, ein darauf ausgerichtetes Organisationsprojekt zu starten. Hierbei ist ein zentrales Mitarbeiterportal entstanden, das Informationen, Wissen und Services entsprechend der jeweiligen Aufgaben der Sachgebiete gezielt bereitstellt. Die zugehörigen Prozesse bildet das Portal ab, sodass die Prozesse auch gleichzeitig als Blaupause für die Informationsarchitektur dienen können. Wegen der vielfältigen Auswirkungen auf die gesamte Organisation erfolgte die Umsetzung schrittweise. Materna wurde bereits im Jahr 2008 durch das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT) als dem zentralen IT-Dienstleister in der Bundesfinanzverwaltung mit der Realisierung des Mitarbeiterportals beauftragt und ist seit dieser Zeit als Projektpartner des ZIVIT und der Zollverwaltung maßgeblich an dem Projekt für ein umfassendes Prozess- und Wissens-Management-Portal beteiligt. Prozesse und Wissen verknüpfen Das neue Mitarbeiterportal bildet heute nahezu alle der sogenannten zollfachlichen Standards ab, auf die aktuell bundesweit fast alle der 36.000 Zöllner zugreifen können. Bei diesen Standards handelt es sich um die systematische Aufbereitung aller zur Bearbeitung eines Vorgangs erforderlichen Arbeitsschritte und Informationen. Anders ausgedrückt: Es sind elektronische Bedienungsanleitungen für alltägliche, aber vor allem auch für die schwierigen und außergewöhnlichen Fälle der Zollverwaltung. Damit haben die Zöllner mehr Entscheidungssicherheit und schnellere Klarheit bei fachlichen Fragen. Es wurden bisher rund 180 Standards für die verschiedenen Aufgabenfelder definiert. Doch kein Mitarbeiter braucht den Zugriff auf alle Prozesse. Mit ihrem Login greifen die Beschäftigten daher nur auf die Standards zu, die für ihre Aufgaben benötigt werden – egal, an welchem Rechner sie sich angemeldet haben. Das Mitarbeiterportal der Zollverwaltung ist ein didaktisches System, das den Arbeitsablauf und die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen zusammenführt. Alle Prozesse und damit verknüpftes Wissen werden elektronisch dargestellt und sind übergreifend durchsuchbar. Jeder Mitarbeiter sieht die für seine Arbeit benötigten Teilschritte, die mit den relevanten Informationsquellen, Vorschriften, Formularen und Rechtsgrundlagen verknüpft sind. Die Prozessmodelle bestehen aus einer grafischen Darstellung und den sogenannten redaktionell gepflegten Arbeitsschrittbeschreibungen (ASB). Durch alle diese Prozesse und Informationen können die Zollmitarbeiter komfortabel navigieren und gezielt nach einzelnen Aspekten suchen. Gemeinsam mit Materna und dem ZIVIT erarbeitete die Zollverwaltung grundlegende Methoden und Konzepte, um diese komplexen Abläufe mit Content-Management-System und Portaltechnologie abzubilden. Vorteile des Mitarbeiterportals • Darstellung standardisierter Arbeitsabläufe für Fachprozesse mit integriertem Wissens-Management • Fachverfahren und Arbeitsvorgänge der Zollverwaltung sind in dem zentralen Portal verknüpft und abrufbar. • Personalisiertes Mitarbeiterportal unterstützt rollenbasierte Informationsaufbereitung • Einheitliche Wissenskultur für die gesamte Zollverwaltung • Nachhaltiges Wissens-Management zur Steuerung der Gesamtorganisation • Informationen sind auch rückblickend noch abrufbar (Historisierung), was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit erhöht. • Neue Informationen können entsprechend den standardisierten Aktualisierungsprozessen sehr einfach in das Portal gestellt werden. • Harmonische und gleichartige Verknüpfung von Fachinformationen mit IT-Systemen • Zentraler Zugang zu Prozessen, Wissen und ergänzenden Informationen MATERNA MONITOR 15 02/2015 PRAXIS Portalstrategie zeigt den Weg auf Das Projekt startete seitens der Bundesfinanzverwaltung mit einer umfassenden Analyse- und Konzeptionsphase, in die die Experten von Materna intensiv eingebunden waren. Zu den Aufgaben gehörten die Ziel- und Strategiedefinition, die fachliche Analyse sowie Organisations-, Risiko- und Akzeptanzanalysen. „Bei diesem Projekt ist es wichtig, dass wir von Anfang an eine ganzheitliche Strategie anstrebten, die auch die zukünftige Einbindung von weiteren Informationen und gemäß der übergeordneten Portalstrategie der Zollverwaltung auch die Integration von Fachanwendungen berücksichtigt. Auch bei der strategischen Herangehensweise unterstützt uns Materna intensiv. Die Experten kennen die typischen Stolpersteine und können uns rechtzeitig aufzeigen, welche Anforderungen auf uns zukommen“, erläutert Dr. Wolfgang Schwegmann, Referatsleiter im Bereich Anwendungsentwicklung beim ZIVIT. Die Strategie fußt auf einer ganzheitlichen Prozessbetrachtung und einem daran orientierten Wissens-Management. In der Konzeptionsphase begleitete das Projektteam die Definition des gesamten Wissens-Management-Prozesses der Zollverwaltung und entwickelte einen Phasenplan. Dann wurden die technische Lösung und ihre System- und Informationsarchitektur konzipiert und User- und Schnittstellenkonzepte erstellt. In der darauf folgenden Transitionsphase plante das Projektteam die Überführung in die operative Umsetzung. Anschließend begleitete Materna die operative Phase mit Beratern vor Ort, die bei Sicherheitsaspekten und bei der Inbetriebnahme ihre Expertise einbrachten. Ein wesentlicher Mehrwert für die Zollverwaltung besteht darin, dass Materna sowohl strategisch und methodisch als auch operativ den gesamten Umsetzungsprozess begleiten kann. Die Experten arbeiten Hand in Hand und liefern passgenaue Lösungen für praktisches Wissen-Management, harmonische Applikationsintegration und zielgerichtete Informationsverbreitung über ein Portal. Prozesse und Technologien Die technologische Basis des Portals fußt auf der Portalstrategie des ZIVIT. Sie besteht aus einem IBM WebSphere Portal Cluster, der Content-Management-Lösung Government 02/2015 16 MATERNA MONITOR Site Builder (GSB) sowie weiteren von Materna entwickelten automatisierten Import- bzw. Export-Werkzeugen. Zur Modellierung der Prozesse nutzt der Zoll das Modellierungswerkzeug ARIS. Die für das Wissens-Management essenziellen ergänzenden textuellen Informationen werden in strukturierter Form im Government Site Builder gepflegt. Dort findet auch ein mehrstufiger Qualitätssicherungsprozess statt, den Materna mittels einer Workflow-Engine umgesetzt hat. Die Modelldaten und die textuellen Informationen werden mittels eines eigens entwickelten Import-Moduls zusammengeführt und historisiert vorgehalten. Das modulare Grundprinzip des GSB ermöglicht in diesem Zusammenhang die schnelle Integration weiterer Informationsbausteine. Redakteure und Nutzer werden über ein einheitliches Nutzer-Interface bei ihrer Arbeit unterstützt. Diese Nutzeroberfläche erfüllt die Anforderungen der Barrierefreien Informationstechnologie Verordnung 2.0 (BITV2) und ist ebenso modular gestaltet. Schrittweiser Ausbau Bis 2014 wurden alle relevanten Prozesse sowie die umfassenden begleitenden Informationen in das Mitarbeiterportal überführt und konnten nach und nach von den 36.000 Mitarbeitern aktiv genutzt werden. Die Aufgabe ist damit aber noch nicht beendet, denn der Zoll will das Mitarbeiterportal kontinuierlich fortentwickeln und immer auf dem aktuellen Stand halten. Hierfür arbeitet das Projektteam beispielsweise an einer optimierten kanalspezifischen Content-Ausspielung und an den umfangreichen, angepassten Redaktionsprozessen. Darüber hinaus hat Materna mit einer einheitlichen, facettierten Suche mit Filtermöglichkeiten, die auf der Suchmaschinentechnologie Solr basiert, die Verfügbarkeit der Inhalte für den Nutzer erheblich gesteigert. „So generieren wir kontinuierlich zusätzlichen Mehrwert für die Mitarbeiter“, erläutert Dr. Schwegmann. In einer weiteren Stufe ist die Konsolidierung bestehender, verteilter Intranet-Lösungen in das zentrale Portal geplant. Die Zollverwaltung hat die Weiterentwicklung in eine eigens dafür erarbeitete Portalstrategie eingebettet, deren Kern drei Säulen bilden: © fotohansel – fotolia.com • Fachverfahrensintegration unter Verwendung von Basis- • • diensten (u. a. Single Sign On über eine zentrale Benutzerund Zugriffsverwaltung, verfahrensübergreifende Nutzung zentral bereitgestellter Stammdaten) Modernes Informations- und Wissens-Management Unterstützung der Selbstorganisation der Beschäftigten und persönliche Services Methodik für Wissens-Management Die Leistungen von Materna • Strategische, methodische und technische Beratung • Analyse und Konzeption (u. a. InformationsManagement und Usability-Konzepte) Aufgrund der hohen Bedeutung des Projektes und der Brisanz der großen Veränderungen für alle Mitarbeiter durch die Neuorganisation der Zollverwaltung wählte der Zoll einen sanften Wandlungsprozess. Hierbei wurde konsequent darauf geachtet, die Komplexität der IT-Anwendungen für die Mitarbeiter zu verringern und eine Informationsüberflutung zu vermeiden. Das Projekt wurde in Phasen durchgeführt, um so die Mitarbeiter schrittweise an das neue Portal heranzuführen. Gemeinsam mit Materna definierte die Zollverwaltung standardisierte Methoden, Konventionen, Strukturen und Prozesse sowie einheitliche Qualitätsmaßstäbe für die Darstellung von Wissen. Mit diesem Vorgehen gelang es, in der Behörde eine einheitliche Wissenskultur zu etablieren. „Die WissensManagement-Methodik ist das Besondere an unserem Projekt und ein wesentlicher Faktor, damit die Anwender die neue Lösung akzeptieren“, erklärt Dr. Schwegmann. Die IT-Experten von Materna sind bereits langjährig im Auftrag des ZIVIT für die Bundesfinanzverwaltung tätig und mit den sensiblen Herausforderungen in diesem Kontext vertraut. „Materna ist sehr flexibel in Bezug auf unsere Anforderungen im Projekt und hierbei stets anforderungs-, termin- und budgettreu“, berichtet Dr. Wolfgang Schwegmann vom ZIVIT. Als IT-Dienstleister für die Bundesfinanzverwaltung leitet das ZIVIT die Umsetzung des Portalprojektes. Mit ihrem Mitarbeiterportal ist der Zollverwaltung eine effizienzfördernde Verbindung von Fachprozessen und der Aufbereitung von fachlichen Inhalten gelungen. Die Basis bildet ein kontinuierlicher Kreislauf, bei dem Prozesse ständig optimiert und Informationen immer wieder aktualisiert werden. Auch andere Organisationen innerhalb der öffentlichen Verwaltung haben bereits ihr Interesse an dieser Lösung bekundet. Christine Siepe • Projekt-Management • Implementierung • Betriebsunterstützung Materna erbringt die Leistungen in enger Zusammenarbeit mit dem Informations- und Wissensmanagement Zoll (IWM Zoll) in Dresden, das für die Anforderungserhebung sowie die Zusammenführung und Integration der Prozesse und des daran gekoppelten Wissens verantwortlich ist. Hierbei fungiert das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT) als Generalunternehmer und legt dabei die technologischen Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Projektes gemäß definierter Standards fest. Demografischer Wandel Auch vor der öffentlichen Verwaltung macht der demografische Wandel nicht halt. Das Wissen nachhaltig für alle Mitarbeiter verfügbar zu machen, ist auch für die Zollverwaltung eine große Herausforderung. Hierbei lässt sich Wissen in prozessuales Wissen sowie Erfahrungswerte und informatorisches Wissen unterteilen, ergänzt um die Faktoren Qualität und Rechtsverbindlichkeit. Mit dem neuen Mitarbeiterportal ist die Zollverwaltung bestens aufgestellt, diesem Wandel zu begegnen. MATERNA MONITOR 17 02/2015
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