L-Carnitin - apotheke andritz

L-Carnitin
Carnitin leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für Fleisch ab und weist somit auf
den Ursprung dieser Substanz hin. Es existieren zwei Formen, das D-Carnitin und das LCarnitin, wobei nur das Letztere weit verbreitet und
im Stoffwechsel aktiv ist. Daher wird im Folgenden nur
auf das L-Carnitin eingegangen. 1905 wurde Carnitin
zum ersten Mal aus Fleischextrakten isoliert. 1952
deuteten einige Hinweise darauf, dass es sich dabei
um eine essenzielle, d.h., lebensnotwendige Substanz
handelt, bzw. dass diese essenzielle Funktionen
aufweist.
Diese Hinweise stammen aus Versuchen, die mit Mehlwurmlarven
durchgeführt wurden. Nachdem diese Larven mit einer carnitinfreien Kost ernährt
wurden, verstarben diese wegen Verfettung, da sie ihre Fettreserven nicht zur
Deckung des Energiebedarfs herangezogen haben. Essenziell bedeutet jedoch, dass es
sich um eine lebensnotwendige Verbindung handelt, die nicht vom Körper selbst
hergestellt werden kann und somit über die Nahrung zugeführt werden muss, wie
beispielsweise die Vitamine. Carnitin hingegen kann vom Körper aus den Aminosäuren
(kleinste Bausteine der Eiweiße) Lysin und Methionin - unter Beteiligung von Vitamin
C, Vitamin B6, Niacin und Eisen - in ausreichenden Mengen selbst gebildet werden. Für
den Menschen handelt es sich somit nicht um einen essenziellen Nährstoff, wie
anfangs vermutet.
Die Hauptfunktion des L-Carnitins ist das Einschleusen von langkettigen Fettsäuren in
die Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zelle", in denen Energie (ATP) produziert wird.
Langkettige Fettsäuren gelangen nur mit Hilfe dieses "Biocarriers" Carnitin in einer Art
"Huckepack-Verfahren" an den Ort der Fettsäurenverbrennung (Beta-Oxidation). Bei
diesem Transport wird Carnitin jedoch nicht verbraucht, sondern "recycled".
Die Versorgung mit Carnitin erfolgt somit sowohl über die Nahrung als über die eigene
Bildung im Körper. Dabei liegt die Eigenproduktion bei etwa 15 mg pro Tag. Die
Carnitinaufnahme über die Nahrung liegt bei Vegetariern bei durchschnittlich 2 mg am
Tag, bei Mischköstlern hingegen bei etwa 30 mg pro Tag - bei hohem Fleischverzehr
liegt die Carnitinzufuhr noch deutlich höher.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Carnitingehalte einiger Lebensmittel.
Lebensmittel Gehalt in Milligramm pro 100 g
Schaffleisch 210,0
Rindfleisch 80,0
Schweinefleisch 30,0
Rinderherz 20,0
Kaninchenfleisch 20,0
Schweineleber 5,0
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Apfelmus 3,1
Tomate 2,9
Birnen 2,7
Reis 1,8
Spargel 1,3
Erbsen 1,2
Margarine 1,0
Brot 0,8
Hühnerei 0,1
Biesalski et al.: Ernährungsmedizin, 1999, S. 236
Anhand dieser Tabelle wird deutlich, dass tierische Lebensmittel wesentlich höhere
Carnitinmengen als pflanzliche enthalten. Carnitin gehört zu den wasserlöslichen
Verbindungen, so dass bei der Mahlzeitenzubereitung mit nicht unerheblichen
Kochverlusten gerechnet werden muss.
Eine Empfehlung für den täglichen Bedarf an L-Carnitin liegt nicht vor. Eine
ausgewogene Ernährung mit Fleisch und Milchprodukten dürfte jedoch ausreichen, um
den physiologischen Bedarf zu decken. Das bedeutet, dass im Normalfall von einer
Bedarfsdeckung ausgegangen werden kann und eine Nahrungsergänzung nicht
notwendig ist.
Unter bestimmten Bedingungen ist es jedoch denkbar, dass die Carnitin-Versorgung
nicht ausreichend ist. Folgende Situationen werden dazu aufgeführt:
• während einer Gewichtsreduktionsphase, auf Grund einer eingeschränkten
Nahrungszufuhr
• bei geringer Carnitinzufuhr und gleichzeitig erhöhtem Bedarf (z. B. Ausdauersportler
mit vegetarischer Ernährungsweise)
• bei nachlassender körpereigener Carnitinbildung in Leber und Niere (ältere
Ausdauersportler)
• bei sehr hohem Carnitinumsatz, der durch die eigene Carnitinproduktion nicht
ausglichen werden kann (Leistungs- bzw. Hochleistungssportler im Ausdauerbereich)
• bei Mangel an Carnitin-Grundbausteinen zur Eigensynthese (Methionin, Lysin) und
den entsprechenden Co-Faktoren (Vitamin C, B6, Eisen)
• bei carnitinfreier parenteraler (künstlicher) Ernährung; im Klinikbereich
• ebenfalls bei künstlich ernährten Frühgeborenen, da in dieser Lebensphase die
Carnitinproduktion noch eingeschränkt ist; Klinikbereich
• bei Patienten bei denen Blutwäschen, sog. Hämodialysen, durchgeführt werden
müssen; im Klinikbereich basierend auf der Tatsache, dass Carnitin als "Transporter"
langkettige Fettsäuren in die Mitochondrien einschleust, wurde die Hypothese
aufgestellt, dass ein erhöhter Carnitinbestand in den Zellen möglicherweise die
Fettverbrennung steigert.
Im Hinblick auf die Gewichtsreduktion lässt sich nach derzeitigem Forschungsstand
sagen, dass eine gesteigerte Aufnahme von L-Carnitin, d. h. über den physiologischen
Bedarf hinaus, die Fettverbrennung nicht verbessert. Lediglich in Situationen, in denen
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die Bedarfsdeckung nicht mehr gewährleistet wird, erscheint es sinnvoll,
Nahrungsergänzungsmittel zur ausreichenden Versorgung für einen regulären Abbau
der Fettsäuren einzusetzen. Die zusätzliche Aufnahme in Form von
Nahrungsergänzungsmitteln sollte daher individuell geprüft werden.
Im Ausdauersportbereich wird der Einsatz von L-Carnitin zur Verbesserung der
Leistungsfähigkeit - auf Grund einer Entlastung des Kohlenhydratstoffwechsels ebenfalls diskutiert.
Basierend auf der Hypothese, dass eine erhöhte Aufnahme von L-Carnitin die
Fettverbrennung bei körperlicher Belastung verstärkt, um auf diese Weise die
Glykogenreserven unter körperlicher Belastung zu schonen, wurden zahlreiche Studien
an Sportlern durchgeführt. Eine große Anzahl an Untersuchungen weist auf positive
Ergebnisse im Hinblick auf Leistungssteigerungen hin. Dazu gehören beispielsweise
Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme, Minderung der Herzfrequenz, des
Lactatspiegels (Milchsäure) und der Muskelschwäche sowie Erhöhung der
Ausdauerleistung. Kritikpunkt dieser Studien ist jedoch, dass Kontrollgruppen fehlen
und somit die objektive Bewertung erschwert wird. Definitive bzw. generelle Angaben
über Dosierung liegen ebenfalls nicht vor. Andere Studienergebnisse hingegen legen
nahe, dass eine zusätzliche Carnitinaufnahme nur bei ungenügendem Carnitinbestand
im Körper eine leistungssteigernde bzw. leistungsnormalisierende Wirkung hat.
Fazit
Derzeit können somit noch keine gesicherten Aussagen bezüglich einer
Leistungssteigerung mit Hilfe von zusätzlichen Carnitingaben gemacht werden.
Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass einige dem Carnitin zugesprochene
Wirkungen auf Placeboeffekte zurückzuführen sein könnten. Eine über dem Bedarf
liegende Carnitinaufnahme scheint jedoch die Fettverbrennung nicht über das Maß
hinaus ankurbeln zu können, so dass Carnitin nicht als Schlankmacher gesehen werden
kann und somit auch nicht als Alternative zu einer fettreduzierten Ernährung gesehen
werden sollte.
Kurz: Der Körper scheint sich nur so viel Carnitin aus den Nahrungsergänzungen zu
nehmen, wie er zur Auffüllung seines natürlichen Aufnahmevermögens benötigt.
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