PRESSEGESPRÄCH EINE VORSCHAU AUF DAS PROGRAMM DER VIENNALE 2015 22. OKTOBER – 5. NOVEMBER 2015 Wien, 21. August 2015 Sehr geehrte Damen und Herren! Wir freuen uns, Sie über den aktuellen Stand der Vorbereitungen für die Viennale 2015 zu informieren. Die Viennale findet in diesem Jahr von 22. Oktober bis 5. November statt. In den vorliegenden Unterlagen präsentieren wir Ihnen eine erste Vorschau sowie bereits feststehende Programmpunkte der 53. Ausgabe der Viennale. Darüber hinaus stellen wir Ihnen die Plakatsujets des Festivals und der Retrospektive vor. Laufend aktualisierte Informationen finden Sie auf unserer Website www.viennale.at, Pressematerialien und Fotos zum Download unter www.viennale.at/de/presse/download. Für alle weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit besten Grüßen Das Viennale-Presseteam [email protected] Fredi Themel 01/526 59 47-30 Birgit Ecker 01/526 59 47-33 Doris Hochrieser 01/526 59 47-20 Akkreditierungen, ab 24. August: Doris Hochrieser 01/526 59 47-20 [email protected] (Annahme der Akkreditierungsanträge bis 2. Oktober) Viennale Vienna International Film Festival Siebensterngasse 2 A-1070 Wien printed by VIENNALE 2015 22. OKTOBER BIS 5. NOVEMBER VIENNALE 2015 Schule des Sehens HAUPTPROGRAMM VIENNALE 2015 Spielfilme Dokumentarfilme CHOREOGRAPHIE DES BEGEHRENS Ein Tribute an die Schauspielerin Tippi Hedren DER MANN AUS ITUzAINGó Raúl Perrone – The Last of the Independents HOW GREEN WAS MY VALLEY Der Filmemacher Manoel de Oliveira – Erinnert von Pedro Costa GESCHICHTEN VOM NÜTzLICHEN LEBEN Der uruguayische Filmemacher Federico Veiroj RETROSPEkTIVE AnIMALS – Eine kleine Zoologie des Kinos VIENNALE 2015 Schule des Sehens Das Besondere und Schöne an einem Filmfestival wie der Viennale ist der Umstand, dass es Zerstreuung und Konzentration in einem ist. Zerstreuung in der Vielfalt, im großen Angebot, im Zugleich der zahlreichen Ereignisse. Konzentration in der einzelnen, ausgewählten Arbeit, in der spezifischen filmischen Form, in den verdichteten Programmen. Dieser Widerspruch macht ein Filmfestival aus. Der Gegensatz des Vielen und Einzelnen, ohne deshalb beliebig zu sein. Sich weder cineastischem Spezialistentum noch der filmischen Eventkultur verpflichtet zu fühlen. Ob die Viennale diesem Anspruch gerecht werden kann, kann ein neugieriges und kritisches Publikum jedes Jahr aufs Neue überprüfen. Die Viennale will vor allem eines sein: Schule des Sehens. Aber Schule nicht im Sinne einer didaktischen Anstalt, nicht im Sinne von Belehrung und Erziehung, sondern im Sinne eines Laboratoriums, der Erkundung und Entdeckung, der Erfahrung und des Staunens. Eine Schule des Sehens und des Erkennens. NIE YIN NIANG Hou Hsiao-Hsien, Taiwain/China/Hongkong/ F 2015 ME AND EARL AND THE DYING GIRL Alfonso Gomez-Rejon, USA 2014 JACO Paul Marchand, Stephen Kijak, USA 2014 Hauptprogramm Viennale 2015 Je größer das Angebot an Filmen von Jahr zu Jahr wird, desto wichtiger wird die Auswahl, die ein Festival präsentiert. Diese Auswahl umfasst im Falle der Viennale rund 150 neue, aktuelle Langfilme, eine Reihe von Kurzfilmen sowie einzelne Schwerpunktprogramme. Und selbst dieses umfangreiche Angebot ist nicht mehr als ein Bruchteil der unübersehbaren weltweiten Produktion. Wie schon in den letzten Jahren ist das erzählerische und das dokumentarische Kino nahezu gleich stark im Hauptprogramm der Viennale vertreten, die vielen grenzgängerischen und hybriden Arbeiten, die dazwischen changieren, inklusive. Es ist Privileg der Viennale, da sie weder über einen Wettbewerb verfügt noch sich einer filmischen Spezialisierung verschrieben hat, frei und offen programmieren zu können. So finden sich auch in diesem Jahr vertraute Namen des internationalen Kinos wie Nanni Moretti, Hou HsiaoHsien, Woody Allen, Michael Almereyda und Miguel Gomes neben zahlreichen neuen und neu zu entdeckenden L’ASTRAGALE Brigitte Sy, F 2014 RABO DE PEIXE Joaquim Pinto, Nuno Leonel, P 2015 MIA MADRE Nanni Moretti, I 2014 Filmemacherinnen und Filmemachern. Und manchmal scheint es, als würde gerade der Overkill an Bildern und Tönen unserer virtuellen Welten eine überraschende, erfinderische und konzentrierte Filmarbeit provozieren. Schöne Beispiele dafür sind etwa Filme wie TIRED MOONLIGHT (Britni West), SUEÑAN LOS ANDROIDES (Ion de Sosa), XIU cHUN DAO (Lu Yang), ME AND EARL AND THE DYING GIRL (Alfonso Gomez-Rejon) oder LU BIAN YE cAN (Gan Bi). In ihnen ist etwas wie die oben erwähnte Schule des Sehens momenthaft gegenwärtig. Das Jahr 2015 ist zweifellos kein großes Jahr für das heimische Kino, das hat sich auch auf den diversen Festivals und im internationalen Vergleich gezeigt. Es ist eher ein Jahr des Durchatmens, das aber dennoch eine Reihe schöner und ungewöhnlicher Arbeiten hervorgebracht hat, die im Rahmen der kommenden Viennale gezeigt werden, darunter LAMPEDUSA IN WINTER (Jakob Brossmann), AUS DEM NIcHTS (Angela Summereder) oder SEIT DIE WELT WELT IST (Günter Schwaiger). Die Sujets der Viennale 2015 Manches internationale Filmfestival hat als Erkennungszeichen ein Tier gewählt. Die Berlinale hat als Wappentier einen Bären, Rotterdam den Tiger, Lissabon eine Krähe und Locarno den Leoparden, um nur einige zu nennen. Die Viennale, in diesem Jahr im Besonderen auch ein Festival, das sich den Tieren widmet, schmückt sich 2015 mit einem ausgefallenen Sujet, dem Abbild eines viele Millionen Jahre alten Schädels eines fossilen Krokodils. Es soll unser Festival in diesem Jahr beschützen und begleiten. Das Sujet der diesjährigen Retrospektive verweist auf einen legendären Film der Kinogeschichte, auf Alfred Hitchcocks THE BIRDS . Ein programmatisches Beispiel der heurigen Retrospektive, die wie immer gemeinsam mit dem Österreichischen Filmmuseum realisiert wird und den Titel „ANIMALS – Eine kleine Zoologie des Kinos“ trägt. Und im Übrigen gar nicht so klein ist. Zugleich ist das Plakat der schöne Anlass, einen der großen Gäste der diesjährigen Viennale anzukündigen, die legendäre amerikanische Schauspielerin Tippi Hedren. Viennale 2015 Retrospektive 2015 VIENNALE • FILMMUSEUM RETROSPEKTIVE ANIMALS Eine kleine Zoologie des Kinos 22. OKTOBER BIS 5. NOVEMBER 2015 A1 FREELINE 0800 664 015 • TICKETS AB 17. OKTOBER • WWW.VIENNALE.AT 16. OKTOBER – 30. NOVEMBER 2015 www. viennale.at • www. filmmuseum.at Österreichisches Filmmuseum 1010 Wien, Augustinerstraße 1, Tel. 533 70 54 Auswahl aus dem Spielfilm-Programm L’AstRAgALe Brigitte Sy, F 2014 ComoARA Corneliu Porumboiu, RO/F 2015 the DiARy of A teenAge giRL Marielle Heller, USA 2014 the enD of the touR James Ponsoldt, USA 2014 expeRimenteR Michael Almereyda, USA 2015 iRRAtionAL mAn Woody Allen, USA 2015 Kiseiju YAMAZAKI Takashi, Japan 2014 KozA Ivan Ostrochovsky, SLO/CZ 2015 Lu biAn ye CAn Gan Bi, China 2015 Le mAsque De sAn Jacques Sarasin, CH/F/Mali 2014 me AnD eARL AnD the Dying giRL Alfonso Gomez-Rejon, USA 2014 miA mADRe Nanni Moretti, I 2014 DeR nAChtmAhR AKIS, D 2015 nie yin niAng Hou Hsiao-Hsien, Taiwain/China/Hongkong/F 2015 queen of eARth Alex Ross Perry, USA 2015 RAK ti Khon KAen Apichatpong Weerasethakul, Thailand/GB/D/F/Malaysia 2015 RéALité Quentin Dupieux, F/B 2014 suenAn Los AnDRoiDes Ion de Sosa, E 2014 tAngeRine Sean Baker, USA 2014 tiReD moonLight Britni West, USA 2015 tRois souVeniRs De mA jeunesse Arnaud Desplechin, F 2015 VALLey of LoVe Guillaume Nicloux, F 2015 xiu Chun DAo LU Yang, China 2014 Auswahl aus dem Dokumentarfilm-Programm A poem is A nAKeD peRson Les Blank, USA 1974/2015 AnD when i Die, i won’t stAy DeAD. bob KAufmAn, poet Billy Woodberry, USA/P 2015 bAttLes Isabelle Tollenaere, B/NL 2015 behinD jim jARmusCh Léa Rinaldi, F 2011 bitteR LAKe Adam Curtis, GB 2015 bReAKing A monsteR Luke Meyer, USA 2015 ComA Sara Fattahi, Syrien/Libanon 2015 CLAuDe LAnzmAnn: speCtRes of the shoAh Adam Benzine, GB/Kanada 2015 Counting Jem Cohen, USA 2015 DReAmCAtCheR Kim Longinotto, GB 2015 hotLine Silvina Landsmann, Israel/F 2015 jACo Paul Marchand, Stephen Kijak, USA 2014 the LooK of siLenCe Joshua Oppenheimer, DK/NO/FIN/Indonesien/ GB 2014 the nightmARe Rodney Ascher, USA 2014 posLeDniy Limuzin Daria Khlestkina, RUS /D 2014 RAbo De peixe Joaquim Pinto, Nuno Leonel, P 2015 seit Die weLt weLt ist Günter Schwaiger, A/E 2015 stRiChe ziehen Gerd Kroske, D 2014 the thoughts thAt onCe we hAD Thom Andersen, USA 2015 toponimiA Jonathan Perel, Argentinien 2015 une jeunesse ALLemAnDe Jean-Gabriel Périot, F/CH/D 2015 the woLfpACK Crystal Moselle, USA 2015 Choreographie des Begehrens Ein Tribute an die Schauspielerin Tippi Hedren Sie hat im Laufe ihres Lebens über 50 Filme fürs Kino und fürs Fernsehen gedreht, aber genau zwei davon reichten aus, dass sie für immer Unsterblichkeit erlangt hat. 1962 und 1963 entstanden mit der damals gut 30-jährigen Tippi Hedren in der Hauptrolle und unter der Regie von Alfred Hitchcock die beiden legendären Klassiker THE BIRDS und MARNIE . Der Rest ist Geschichte. Hitchcock hatte Aufnahmen des blonden Models in einem Magazin entdeckt und war vom ersten Augenblick an geradezu obsessiv fasziniert von der jungen Frau. Bis ins kleinste Detail bestimmte er die Anmutung, die Erscheinung und das Schauspiel der damals unerfahrenen Tippi Hedren, zuerst in der Rolle der jungen Lehrerin Melanie Daniels in THE BIRDS , danach als die Figur der geheimnisvollen Marnie im gleichnamigen Film. „It’s a remarkable gesturalism“, schrieb camille Paglia über Hedrens Darstellung, „raised to the level of choreography“. „Hitchcock made her with THE BIRDS and maybe tried to ruin her with MARNIE “, so lautet die halboffizielle Version jener schließlich an Hitchcocks Wahn legendär gescheiterten Zusammenarbeit, die zugleich zwei ganz und gar außergewöhnliche Momente der Filmgeschichte markiert. Mit THE BIRDS als Teil der großen diesjährigen Retrospektive und einer Galavorführung von MARNIE in Anwesenheit von Tippi Hedren erweist die Viennale jener außergewöhnlichen Darstellerin ihre besondere Ehre. Dass sie aber mehr als die Heldin Hitchcocks war, zeigt unter anderem jenes wilde Tierfilmprojekt ROAR , an dem Tippi Hedren über 10 Jahre hinweg arbeitete und in dem sie gemeinsam mit ihrer Tochter Melanie Griffith spielt, ein Werk, das die Viennale in einer raren Vorstellung im Rahmen des Festivals präsentiert. In Anwesenheit von Tippi Hedren. Der Mann aus Ituzaingó Raúl Perrone – The Last of the Independents Der Vater des argentinischen Independent-Kinos drehte die meisten seiner Filme in (und über) Ituzaingó, eine kleine, 15 Kilometer westlich von Buenos Aires gelegene Stadt. Ituzaingó hat es Perrones Werken zu verdanken, dass es heute ein ebenso bedeutender urbaner Filmraum ist wie etwa Paris und New York für andere Regisseure. In fast 28 Jahren machte Raúl Perrone über 40 Filme ohne jegliche externe finanzielle Unterstützung. Er zählt zu den wenigen Regisseuren, die über profunde Kenntnisse des Digitalformats verfügen, was ihm ermöglicht, eine filmische Logik darin zu begründen. Jede einzelne Aufnahme in seinen Filmen, darunter P3ND3JO5 oder FAVULA , dient als unwiderlegbarer Beweis dafür. Perrones Arbeiten sind lebende Organismen in permanenter Permutation. Seine ersten „Barrio“-Filme, die sich durch einen naturalistischen Stil auszeichnen und auf Worten basieren, haben wenig mit der experimentellen, formalen Differenziertheit seiner späteren Werke gemeinsam, in denen Worte außerhalb des Rahmens bleiben und (Gesichts-)Ausdrücke eine hyperbolische Dimension erreichen. Dabei handelt es sich um Geschichten über Nachbarn, Freunde und Liebe, ominöse Fabeln, die in einem imaginären (auf einem verlassenen Gelände oder in einer Fabrik inszenierten) Dschungel oder in einem Schloss spielen. Und, kürzlich, eine Samurai-Erzählung. Die Vielfalt der Themen ist ebenso offensichtlich wie der ästhetische Anspruch eines Regisseurs, der Film für Film die Sprache des Kinos neu erfindet. How Green Was My Valley Der Filmemacher Manoel de Oliveira Erinnert von Pedro Costa Im Frühling dieses Jahres starb im Alter von 105 Jahren einer der bedeutendsten Meister des modernen Kinos – der portugiesische Regisseur Manoel de Oliveira. In seinem Werk, das nahezu die gesamte Filmgeschichte umfasst, sind das Theater und die Musik, das Dokumentarische und das Erzählerische, Literatur und Malerei, Realismus und Stilisierung, alle Formen und Geschichten in aller Widersprüchlichkeit eine bis dahin ungekannte Einheit eingegangen. Die Welt und das Haus, die Geschichte und der Fluss, die Soldaten und die Liebenden, die fernen Länder und das heimatliche Tal des Douro, wer wird diese Welt jemals wieder im Kino so wunderbar erstrahlen und erklingen lassen? Zur Erinnerung an Manoel de Oliveira und als Labour of Love hat der portugiesische Filmemacher Pedro costa auf Einladung der Viennale rund ein Dutzend Filme aus dessen umfassenden Werk ausgewählt, ergänzt um eine Handvoll von Olveiras Lieblingsfilmen von Regisseuren wie Luis Buñuel, carl Theodor Dreyer, John Ford oder Paulo Rocha. Diese Filme sind Teil eines größeren, Manoel de Oliveira gewidmeten Programms, das die Viennale und das Österreichische Filmmuseum mit großzügiger Unterstützung der cinematheca Portuguesa in diesem Herbst gemeinsam veranstalten. Geschichten vom Nützlichen Leben Der uruguayische Filmemacher Federico Veiroj Mit gerade drei Langfilmen und einer Hand voll kurzer Arbeiten ist es dem uruguayischen Regisseur Federico Veiroj gelungen, innerhalb weniger Jahre ein ganz und gar unverwechselbares, faszinierendes filmisches Oeuvre zu realisieren. In Montevideo geboren und aufgewachsen zählt Veiroj zu einer kleinen Gruppe von cinephilen, deren Heimat die dortige cinémathèque war, ein Ort, der nicht zufällig in Veirojs zweitem Film LA VIDA ÚTIL eine zentrale Rolle spielt. Aber die umfassende und kenntnisreiche Liebe zum Kino ist für Veiroj alles andere als cineastischer Selbstzweck, sondern vielmehr Quell eigenständiger, oftmals komischer und mechanischer, zugleich höchst lebendiger und origineller Erzählungen. Filmische Erzählungen, die von jenen Widersprüchen handeln, in die sich ein Mensch verstrickt, der versucht, ein eigenes nützliches und geglücktes Leben zu erfinden. Ob der 13-Jährige, verwirrte und frühreife jüdische Teenager Bregman in AcNÉ (2008), der arbeitslose Filmvorführer Jorge in LA VIDA ÚTIL (2010), der aus dem Kino der cinémathèque ins Leben aufwacht, oder der 35-Jährige Tamayo in Veirojs neuestem Film EL APÓSTATA (2015), ein komischer, verstockter Don Quijote im Kampf gegen Kirche, Familie und Autorität, sie alle sind in Veirojs wunderbarer und subtiler filmischer Arbeit brothers in arms im Ringen um ein sinnhaftes und glückliches Leben. Ungewöhnliche Figuren und Zeugen eines ebenso altmodischen wie zugleich utopischen Kinos, das im Rahmen der kommenden Viennale erstmals in seiner Gesamtheit zu sehen ist. In Anwesenheit von Federico Veiroj. RETROSPEkTIVE ANIMALS Eine kleine Zoologie des Kinos Was man ständig sieht, verliert man leicht aus den Augen. Man nimmt das Alltägliche als selbstverständlich hin, weil man seine Aufmerksamkeit auf das Außergewöhnliche richtet. Dabei kommt es nicht auf die Größe dessen an, was im Leben des Menschen eine scheinbar untergeordnete Rolle spielt. Es kommt vielmehr auf die Größe des Menschen an, der sich von seiner Umgebung unterscheiden muss, um sich seiner selbst zu vergewissern. Zu ebener Erde, hoch in der Luft oder tief im Wasser: Erst der Vergleich – in der Malerei, der Literatur und vor allem im Kino – macht uns sicher, dass wir das Maß aller Dinge sind. Obwohl doch ein Sprichwort behauptet, der Mensch sei ein Gewohnheitstier. Das Kino ist eine Illusionsmaschine mit Erkenntnisgewinn. Dass etwa das galoppierende Pferd einen Augenblick lang nicht den Boden berührt, wissen wir seit Eadweard Muybridge, doch man braucht in der Geschichte des Kinos gar nicht bis zu den Anfängen zurückzublicken, um zu sehen, welche Faszination die Darstellung von Tieren auf der Leinwand auf uns ausübt. Denn diese kommt einer Bändigung gleich, dem Festhalten einer dem Menschen imgrunde fremden Welt. Nicht zufällig spricht man vom sogenannten Tierreich: einem Reich, das es auch im Kino seit mehr als hundert Jahren zu erkunden, zu erforschen und zu erobern gilt. Vom „Tier im Film“ zu sprechen, bedeutet zunächst also immer den Blick auf das Fremde zu richten, so vertraut es uns auch scheinen mag. „Der Esel durchläuft in seinem Leben dieselben Etappen wie ein Mensch“, schrieb Robert Bresson über seinen AU HAZARD BALTHASAR , „das heißt Kindheit: Zärtlichkeit. Reife: Arbeit, Talent, das Genie in der Mitte des Lebens; und die mystische Zeit vor dem Tod.“ Bressons Film ist deshalb einer der schönsten und zugleich poetischsten Tierfilme, weil er uns das Vertraute im Fremden offenbart. Er zeigt, wie der Mensch allen anderen Lebewesen Schaden zufügt und sie sich zunutze macht, doch wie er gleichzeitig zu Mitleid und Empathie fähig ist. Im Umgang mit den Tieren ist für den Menschen, wie für Johnny Weismuller in TARZAN THE APE MAN, noch nicht alles verloren, und gerne mag manches Tier – vornehmlich der Hund – als des Menschen bester Freund gelten wie etwa in LASSIE cOME HOME , doch im Kino bildet es den buchstäblich natürlichen Gegenpart zur Zivilsation. Und so rührt das Tier auf der Leinwand vornehmlich an unsere Ängste und unsere Sehnsüchte. Das Tier ist Projektionsfläche und Spiegelbild zugleich. Eine Retrospektive zum Tier im Film muss alle diese Facetten berücksichtigen, sie muss historisch präzise Meilensteine und Nebenwerke enthalten – und jenen Filmen Augenmerk schenken, welche die Beziehung des Menschen zum Tier als conditio humana begreifen. Dann liegen plötzlich Dokument und Science Fiction ganz nahe beieinander, scheinen Frederick Wisemans PRIMATE und Franklin J. Schaffners PLANET OF THE APES nächste Verwandte. Und werden Utopie und Märchen, etwa die Metamorphose des Menschen in eine monströse Fliege wie in David cronenbergs THE FLY und jene in eine „Bestie“ wie in Jean cocteaus LA BELLE ET LA BêTE , zum Schauplatz fehlender menschlicher Liebe. Wer das Tier hingegen jagt, weil es größer ist als der Mensch und diesen klein macht, ist auch ein Menschenfeind. Deshalb muss Robert Taylor am Ende von Richard Brooks THE LAST HUNT im Bisonfell erfrieren und Gregory Peck in John Hustons MOBY DIcK mit seinem größten Feind untergehen. Weil sie nichts anderes mehr sehen können als das eine Tier – und es nicht mehr aus den Augen verlieren. Michael Pekler EIN PROGRAMM VON VIENNALE UND ÖSTERREICHISCHEM FILMMUSEUM 16. Oktober bis 30. November 2015 Österreichisches Filmmuseum, Augustinerstraße 1, 1010 Wien Tel. 01/533 70 54 • www.filmmuseum.at Filme der Retrospektive CLAsh of the woLVes 1925, Noel M. Smith 74 min ChAng: A DRAmA of the wiLDeRness 1927, Merian C. Cooper & Ernest B. Schoedsack 68 min tARzAn the Ape mAn 1932, W.S. Van Dyke 100 min King Kong 1933, Merian C. Cooper & Ernest B. Schoedsack 101 min gARe! Les Lions! (AChtung! Löwen!) 1912, Lux 5’30’’ bRinging up bAby 1938, Howard Hawks 102 min the pRiVAte Life of A CAt 1945/46, Alexander Hammid & Maya Deren 29 min bAmbi 1942, Disney 70 min LAssie Come home 1943, Fred M. Wilcox 89 min gooD-bye, my LADy 1956, William A. Wellman 94 min ReD hot RiDing hooD 1943, Tex Avery 7’30’’ LA beLLe et LA bête 1946, Jean Cocteau 96 min ReD RiVeR 1948, Howard Hawks 132 min gone to eARth 1950, Michael Powell & Emeric Pressburger 110 min CAni DietRo Le sbARRe 1955, Gillo Pontecorvo 12 min umbeRto D. 1952, Vittorio De Sica 88 min ein fAbeLtieR fLiegt nACh DeutsChLAnD 1954, Michael Grzimek 11 min mogAmbo 1953, John Ford 115 min mysteRies of the Deep 1959, Disney 24 min gojiRA (goDziLLA) 1954, Ishiro Honda 96 min ViVe LA bALeine 1972, Chris Marker & Mario Ruspoli 17 min moby DiCK 1956, John Huston 116 min ChAsse Aux phoques DAns LA meR De LA tAsmAnie (seehunDjAgD in tAsmAnien) 1910, Pathé 5’30’’ the LAst hunt 1956, Richard Brooks 108 min une fée … pAs Comme Les AutRes 1957, Jean Tourane 60 min CAne toADs: An unnAtuRAL histoRy 1988, Mark Lewis 47 min pAstoRi Di oRgosoLo 1958, Vittorio De Seta 10 min inDiA, mAtRi bhumi 1957–59, Roberto Rossellini 95 min KoiyA Koi nAsunA Koi (the mAD fox) 1962, Tomu Uchida 109 min gLimpses of biRD Life 1910, Oliver Pike 6’50’’ the biRDs 1963, Alfred Hitchcock 120 min ViDAs seCAs (tRoCKenes Leben) 1963, Nelson Pereira dos Santos 101 min Au hAsARD bALthAsAR 1966, Robert Bresson 98 min De VogeLtjesVAngeR (DeR VögLeinfängeR) 1925, N.V. Orion Filmfabriek 5 min uCCeLLACCi e uCCeLLini (gRosse VögeL – KLeine VögeL) 1966, Pier Paolo Pasolini 88 min RAt Life AnD Diet in noRth AmeRiCA 1968, Joyce Wieland 16 min pLAnet of the Apes 1968, Franklin J. Schaffner 112 min gAAV (Die Kuh) 1969, Dariush Mehrjui 105 min Kes 1969, Ken Loach 110 min L’enfAnt sAuVAge 1970, Francois Truffaut 83 min bAtAiLLe suR Le gRAnD fLeuVe 1951, Jean Rouch 33 min Le sAng Des bètes 1949, Georges Franju 22 min Le CoChon 1970, Jean Eustache & J.-M. Barjol 52 min LA CheniLLe De LA CARotte 1911, Pathé Frères 9 min LA peine Du tALion 1906, Gaston Velle 6 min phAse iV 1974, Saul Bass 84 min De poes (Die KAtze) 1968, Johan van der Keuken 6 min VAse De noCes 1974, Thierry Zeno 82 min gRigio 1957, Ermanno Olmi & Pier Paolo Pasolini [Text] 11 min pRimAte 1974, Frederick Wiseman 105 min LAst Lost 1996, Eve Heller 12’30’’ KoKo, Le goRiLLe qui pARLe / KoKo, A tALKing goRiLLA 1978, Barbet Schroeder 85 min the CoRRiDoR 2010, Sarah Vanagt 7 min AgRAhARAthiL KAzhuthAi (ein eseL im bRAhmAnen-DoRf) 1978, John Abraham 95 min L’hippoCAmpe, ou ’CheVAL mARin’ 1935, Jean Painlevé 14 min mon onCLe D’AmeRique 1980, Alain Resnais 126 min DAs boxenDe KänguRuh 1895, Max Skladanowsky 20’’ the AnimALs fiLm 1981, Victor Schonfeld & Myriam Alaux 136 min [Urfassung] siD 1998, Jeffrey Scher 3 min white Dog 1982, Samuel Fuller 90 min tieRe ohne feinD unD fuRCht 1953, Michael Grzimek 10 min A zeD & two noughts 1985, Peter Greenaway 115 min Cheese mites 1903, Charles Urban 2’30’’ the unCLeAn woRLD 1903, Percy Stow 2 min the stRength AnD AgiLity of inseCts 1911, Percy Smith 4 min Les mouChes 1913, Eclipse 6 min the fLy 1986, David Cronenberg 92 min Le CinémA Lent et Les moVements RApiDes Des AnimAux 1915, Pathé 6 min i Do not Know whAt it is i Am LiKe 1986, Bill Viola 89 min mADAme bAbyLAs Aime Les AnimAux 1911, Alfred Machin 8’30’’ tieRisChe Liebe 1995, Ulrich Seidl 111 min bAbe: pig in the City 1998, George Miller 97 min queeR pets 1912, Percy Smith 4’30’’ best in show 2000, Christopher Guest 90 min sen to ChiChiRo no KAmiKAKushi (ChihiRos Reise ins zAubeRLAnD) 2001, Hayao Miyazaki 125 min gRizzLy mAn 2005, Werner Herzog 103 min en KLuVen VäRLD (A DiViDeD woRLD) 1948, Arne Sucksdorff 9 min the fAntAstiC mR. fox 2009, Wes Anderson 87 min VisVAngst met AALsChoLVeRs in neDeRLAnDs inDië (fisChfAng mit KoRmoRAnen) 1925, Anonym 3 min pesCheReCCi 1958, Vittorio De Seta 11 min LeViAthAn 2012, Lucien Castaing-Taylor & Verena Paravel 87 min Darüber hinaus umfasst die Retrospektive fünf thematisch und motivisch kompilierte Kurzfilmprogramme, betitelt: Tier- und Menschengärten, Hund und Katz und Gromit: 130 Jahre Kino, Animali | Criminali, Der Gesang der Tiere, Animated Animals. PRESSEBILDER DER VIENNALE 2015 Ausgewählte Spielfilme TIRED MOONLIGHT Britni West, USA 2015 KISEIJU Yamazaki Takashi, Japan 2014 EXPERIMENTER Michael Almereyda, USA 2015 LE MASQUE DE SAN Jacques Sarasin, CH/F/Mali 2014 COMOARA Corneliu Porumboiu, RO/F 2015 IRRATIONAL MAN Woody Allen, USA 2015 STRICHE ZIEHEN Gerd Kroske, D 2014 THE WOLFPACK Crystal Moselle, USA 2015 PHASE IV Saul Bass, USA 1974 BULLY FOR BUGS Chuck Jones, USA 1953 Ausgewählte Dokumentarfilme COUNTING Jem Cohen, USA 2015 Retrospektive INDIA, MATRI BHUMI Roberto Rossellini, I/F 1957–59 Tippi Hedren THE BIRDS Alfred Hitchcock, USA 1963 MARNIE Alfred Hitchcock, USA 1964 Tippi Hedren und Alfred Hitchcock DOURO FAINA FLUVIAL P 1931 O ESTRANHO CASO DE ANGÉLICA P 2010 FAVULA Argentinien 2015 P3ND3JO5 Argentinien 2013 ACNÉ Uruguay/Argentinien/E/Mexiko 2008 EL APÓSTATA E/F/Uruguay 2015 Manoel de Oliveira Manoel de Oliveira Raúl Perrone Raúl Perrone Federico Veiroj Federico Veiroj Diese und weitere Fotos zum Download finden Sie unter www.viennale.at im Bereich Presse. Kostenloser Abdruck nur im Zusammenhang mit der Viennale 2015. Rückfragen bitte an: Viennale PRESSE • [email protected] • Tel. 01/526 59 47-30 Anlässlich des Sommer-Pressegesprächs dankt die Viennale ihren wichtigsten Förderern und Sponsoren, ohne deren großzügige Unterstützung das Festival in dieser Form nicht realisierbar wäre. FÖRDERER SPONSOREN RECYCLINGPARTNER FESTIVALSPONSOR Am Gelingen des diesjährigen Festivals ist wieder eine große Anzahl von Sponsoren und Kooperationspartnern beteiligt. Zur Programm-Pressekonferenz am 9. Oktober werden alle Sponsoren der Viennale 2015 bekannt gegeben. VIENNALE – Vienna International Film Festival Siebensterngasse 2, 1070 Wien • T +43/1/526 59 47 • F +43/1/523 41 72 offi[email protected] • www.viennale.at
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