welt JUNI - AUGUST 2015 „Wir sind etwas Neues!“ Kinder der ersten Migrantengenerationen erzählen C 51 78 Aus dem Inhalt Wir sind etwas Neues! 8 Erfahrungen im Umgang mit Partnerschaften stehen im Mittelpunkt des diesjährigen Jahresfestes der Ökumene in Breklum, das vom 20. bis zum 21. Juni in Breklum stattfindet. Es steht unter dem Motto „Wo zwei oder drei … – Ökumenische Partnerschaften zwischen Schatztruhe und Beziehungskiste“. Tansania, Brasilien, Indien, Papua Neuguinea. Estland – ein unerschöpflicher Schatz an Partnerschaften. Gemeinden in Übersee und Europa begegnen sich mit Gemeinden der Nordkirche. Die Partnerschaften sind geprägt von Vielfalt, aber auch vom Anderssein. Sie vertiefen das Gefühl von globaler Verbundenheit, bieten aber auch Stoff für Konflikte und Missverständnisse. Um die ökumenische Vielfalt zu feiern, lädt das Jahresfest ein zum Austausch in Gesprächen, Workshops, Musik, Gottesdiensten und gemeinsamem Essen. Weitere Informationen unter: www.nordkirche-weltweit.de Lesen Sie mehr auf Seite 32. Fotos: C. Plautz (1), U. Plautz (2), Wikimedia (3), D. Gertsner (1), R. Grützmann (1), C. Wenn (3), YMT privat (1), L. Triebel (1), ZMÖ-Breklum (1) 12 Theresia Siahaan und Alex Reimann über Identität, Erziehung und die Wichtigkeit christlichen Engagements „Deutsch mit Migrationshintergrund“ Was macht es mit einem, wenn man ständig auf die Herkunft angesprochen wird? Migrant erster Klasse 13 14 Philipp Alvares de Souza Soares stellt fest, dass es bei der Herkunft wohl unterschiedliche Klassen gibt. Ich bin Weltbürger und meine Nationalität ist guter Wille Sokrates Heimat kann überall sein Rafael Jancen ist in zwei Ländern aufgewachsen und weiß heute, dass Heimat keinen festen Ort hat. Was ist, wenn ich 18 bin? 16 18 Carmelina kam mit ihrer Mutter vor vier Jahren nach Deutschland. Beide leben ohne Papiere mit vielen Unsicherheiten. Religion kann Grenzen überwinden Jugendliche erfahren im interkulturellen Konfirmandenunterricht, dass Religion wie ein Brücke sein kann. weltbewegt-Post-Anschrift: Zentrum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit, Postfach IMPRESSUM: weltbewegt (breklumer sonntagsblatt fürs Haus) erscheint viermal jährlich. HERAUSGEBER UND V ERLEGER: Z entrum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit, Breklum und Hamburg. Das Zentrum für Mission und Ökumene ist ein Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. DIREKTOR: Pastor Dr. Klaus Schäfer (V.i.S.d.P.), REDAKTION: Ulrike Plautz, GESTALTUNG: Christiane Wenn, KONZEPT: Andreas Salomon-Prym, SCHLUSS amburg, Telefon 040 88181-0, Fax: 040 88181-210, w ww.nordkirche-weltweit.de. KORREKTUR: Constanze Bandowski, ADRESSE: Agathe-Lasch-Weg 16, 22605 H 2 weltbewegt Schwerpunkt Editorial Zuhause ist dort, wo offene Menschen sind Indho M. Abyan ist Flüchtling und hat in Hamburg zum ersten Mal das Gefühl, angekommen zu sein. 20 Meine Identität ist das Unterwegssein 22 Der Brasilianer Diego Grützmann ist ein „Dritt-KulturKind“. Zurzeit arbeitet er als Freiwilliger in Durban. Ich will ein Ziel im Leben haben Die zweite Generation in Mecklenburg-Vorpommern hat meist osteuropäische Wurzeln. Man lernt, toleranter zu sein Ravinder Singh gehörte zu den ersten, die durch das FORUM – Young Migrant Talents e.V. gefördert wurden. 24 28 Heimat ist kein Ort, sondern ein Gefühl Die Inderin Pranita Biswasi und Ester Nabaasa aus Uganda arbeiten als Freiwillige in Breklum, in einer völlig „anderen“ Welt. 30 „Wir sind etwas Neues“ – diesen Satz formulieren nicht nur Alex und Theresia im Interview. So fühlen und denken viele der Befragten mit bikulturellem Hintergrund, mit denen wir gesprochen haben. Jugendliche und junge Erwachsene, die noch andere kulturelle Wurzeln haben, hier in Deutschland leben und zum größten Teil auch hier geboren sind. Für viele ist die Einwanderungsgeschichte ihrer Eltern nicht mehr Manko sondern Mehrwert. Es ist doch toll, mehrere Kulturen in sich zu tragen, meinen sie und profitieren in Alltag und Berufsleben davon. Längst hat auch die Wirtschaft ihr Potenzial entdeckt. Dennoch müssen nicht wenige nach wie vor für ihren Weg kämpfen, um sich ihren Platz in der Gesellschaft zu erobern – trotz sozialer Ausgrenzung, trotz manchmal bildungsferner Eltern oder auch traumatischer Fluchterfahrungen. Vielen ist es gelungen, einen eigenen Weg zu gehen und hoffnungsvolle Lebensperspektiven zu entwickeln. Dass dabei Religion eine verbindende, Kulturgrenzen überwindende Kraft entwickeln kann, haben Jugendliche auch während ihres interkulturellen Konfirmandenunterrichts im Hamburger Stadtteil St. Georg erlebt und so geht es auch anderen, die sich wie Alex und Theresia in ihren christlichen Auslandgemeinden engagieren. In Porträts, Interviews und als Autoren erzählen Jugendliche und junge Erwachsene von ihrem Alltag, schildern ihre Einsichten und Erfahrungen. Vielleicht sind Sie neugierig auf das Lebensgefühl derer geworden, die sich als die „Neuen“ bezeichnen? Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Jahresfest der Ökumene „Ökumenische Partnerschaften zwischen Schatztruhe und Beziehungskiste“ – so lautet das Motto des Jahresfestes in Breklum. „Liebe Leserin, lieber Leser,! 32 P.S. Ihre Meinung interessiert uns, darum schreiben Sie uns gerne! Redaktion: [email protected] oder an die Postadresse. 52 03 54, 22593 Hamburg, Telefon 040 88181-0, Fax -210, E-Mail: [email protected] DRUCK, VERTRIEB UND VERARBEITUNG: Druckzentrum Neumünster, JAHRESBEITRAG: 15,– Euro, SPENDENKONTO: IBAN DE77 520 604 100 000 111 333 EVANGELISCHE BANK, BIC GENODEF1EK1. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Autors/der Autorin und nicht unbedingt die Ansicht des herausgebenden Werkes wieder. Die Redaktion behält sich vor, Manuskripte redaktionell zu bearbeiten und gegebenenfalls zu kürzen. Gedruckt auf TCF – total chlorfrei gebleichtem Papier. weltbewegt 3 Come together Die Uhren ticken in Deutschland anders. Hier ist vieles planbarer – auch die persönlichen Ziele. Das Handy symbolisiert den mobilen Fortschritt der Südkoreaner, ihre digitale Offenheit. Das öffnet neue Türen und bindet Randgruppen ein. In Deutschland ist alles akkurat, im Arbeits- wie im Privatleben. Selbst der Garten ist präzise geschnitten. Das vermittelt auch Sicherheit und Geborgenheit. Tee steht für Gelassenheit und symbolisiert die große Bedeutung der gemeinsamen Mahlzeiten in Indonesien. Die Uhr steht für die Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und dafür, dass in Deutschland alles reibungslos funktioniert. 4 weltbewegt Rafael Alex Theresia Fotos: U. Plautz (9), A. Reimann (2), ZMÖ-Bildarchiv (1), E. Fuchs (2), Carmelina (2), Zeichnungen: C. Wenn Das Besteck aus Polen ist mein ständiger Begleiter. Es steht für häusliche Gemütlichkeit und dafür, dass man mit anderen schneller privat wird. Schwerpunkt Schwerpunkt Welches Symbol verbindet eure Herkunftskultur? Was ist für euch typisch deutsch? Auf diese Fragen haben Jugendliche und junge Erwachsene, die in diesem Heft zur Wort kommen, eine sinnbildliche Antwort gefunden. Meine Hündin musste leider zurück bleiben. Mein Onkel schickt mir Fotos von ihr. Von ihm ist auch die Basketballpumpe. Hier in Deutschland setzten wir uns für eine Klassenkameradin ein, die abgeschoben werden soll. Mein Opa hat immer die Garmoschka gespielt. Das erinnert mich an Russland. Was außer der Fahne typisch für Deutschland ist, weiß ich nicht. Diese Bibel des kasachischen Erzbischofs erinnert mich an meine Heimatkultur. Mit Deutschland verbinde ich die Armbänder, die alle etwas mit meinen Freunden zu tun haben. Carmelina Daniel Ilja weltbewegt 5 Vielfalt ist längst Normalität Ulrike Plautz Migrationshintergrund Zu Menschen mit Migrationshintergrund zählen seit 1950 nach Deutschland Zugewanderte und deren Nachkommen. Zu diesem Personenkreis gehört die ausländische Bevölkerung – unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland geboren wurde – sowie alle Zugewanderten unabhängig von ihrer Nationalität. Daneben zählen zu den Personen mit Migrationshintergrund auch die in Deutschland geborenen eingebürgerten Ausländer sowie eine Reihe von in Deutschland Geborenen mit deutscher Staatsangehörigkeit, bei denen sich der Migrationshintergrund aus dem Migrationsstatus der Eltern ableitet. Zu den letzteren gehören auch die deutschen Kinder (Nachkommen der ersten Generation) von Spätaussiedlern und Eingebürgerten und zwar auch dann, wenn nur ein Elternteil diese Bedingungen erfüllt, während der andere keinen Migrationshintergrund aufweist. Außerdem gehören zu dieser Gruppe seit dem Jahr 2000 auch die (deutschen) Kinder ausländischer Eltern, die die Bedingungen für das Optionsmodell erfüllen, also mit einer deutschen und einer aus-ländischen Staatsangehörigkeit in Deutschland geboren wurden. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung „Als ‚Third Culture Kids‘ oder Drittkultur-Kinder werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, die in einer anderen Kultur aufgewachsen sind als ihre Eltern, oder die während ihrer Kindheit und Jugend oft umgezogen sind und dabei die Kultur gewechselt haben.“ Definition nach David C. Pollock und Ruth E. Van Reken 6 weltbewegt B i- oder multikulturell leben in Deutschland – das ist heute nichts Besonderes. Immerhin leben in diesem Land 16,5 Millionen Menschen, die einen sogenannten Migrationshintergrund haben, also Menschen, die noch andere kulturelle Wurzeln haben als deutsche. Das sind mehr als 20 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger. Dennoch weckt der Begriff Migration in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor negative Assoziationen. Demnach erscheinen Migration und Verschiedenheit in erster Linie als Problem und Herausforderung für eine weitgehend homogen vorgestellte Gesellschaft. In vielen Medien wird Integration zwar als notwendig dargestellt, aber nicht weiter konkretisiert. So werden Begriffe wie „Ausländer“, „Fremde“, „Migranten“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ häufig nicht unterschieden, sondern sinngleich im selben Text verwendet. Einer aktuellen Studie der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung zufolge finden diese negativen Zuschreibungen auch in Schulbüchern statt. So würden auch hier Ausländer und Flüchtlinge in deutschen Schulbüchern immer noch negativ dargestellt. Zuwanderung werde nach wie vor meist als „konfliktträchtig und krisenhaft“ beschrieben, heißt es in der Studie. So wundert es nicht, dass viele Jugendliche den Zusatz „Migrationshintergrund“ als Abwertung empfinden. „Ich integriere mich selber“ Wie notwendig ein Umdenken ist, um diesen Jugendlichen gerecht zu werden, betont der Migrationsforscher und Psychologe Tarek Badawia. Er hat beobachtet, dass für Jugendliche – bei allen biografischen Unterschieden – zwei paradoxe Leitsätze gelten: „Ich werde nicht integriert, sondern ich integriere mich selber“ und: „Ich bin weder deutsch noch ausländisch und trotzdem beides“. Um diese kreative Identitätsfindung bei bikulturellen Jugendlichen zu unterstützen und anzuerkennen, sei es besonders wichtig, „ihre Experimente zur Selbstfindung nicht nur zuzu- Schwerpunkt Wurzeln kennengelernt. Sie teilt die beschriebenen Erfahrungen.: „Ich erlebe viele der Heranwachsenden als absolut bildungsbeflissen, mit einem starken Willen. Sie wollen sich ihren Platz in der Gesellschaft erobern.“ Natürlich gäbe es auch in dieser gesellschaftlichen Gruppe, wie überall, große Unterschiede: „Stereotypen greifen nicht.“ Aber sie beobachte, dass eine Generation heranwächst, die sich als etwas „Eigenes, als etwas Neues“ begreift. In und mit zwei Kulturen aufzuwachsen, „das begreifen viele nicht nur als Herausforderung, darin sehen viele auch eine Chance“. Cartoon: B. Zeller/toonpool.com (1), Figuren: C. Wenn lassen, sondern zu fördern“. Ein Ansatz, den auch Barbara Seibert, Initiatorin des FORUMS – Young Migrant Talents, verfolgt, die wir in einem Artikel (s.S. 28-29) vorstellen. Mit ihrem Programm will sie begabte Jungendliche mit Migrationshintergrund fördern. Martina Severin-Kaiser, Ökumenebeauftragte der Nordkirche und Geschäftführerin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Hamburg (ACKH), hat im Rahmen ihrer Arbeit mit internationalen Gemeinden auch viele Kinder und Jugendlichen mit bikulturellen weltbewegt 7 „Wir sind etwas Neues“ Theresia Siahaan und Alex Reimann sprechen über Identität, konservative Erziehung, Konflikte und darüber, warum ihnen christliches Engagement so wichtig ist. 8 weltbewegt Schwerpunkt „ Es ist ke i ne Reise od er Ferien, e s ist ein zweites L eben.“ Unbe Fotos: U. Plautz (1), C. Wenn (2), Zeichnungen: C. Wenn kannt Theresia, Ihre Eltern sind in Indonesien geboren und Sie in Deutschland. Sie gehören also zur sogenannten zweiten Generation. Welches Selbstverständnis haben Sie? es bei Kritik schnell: Das waren wieder die Chinesen, die Afrikaner oder die Deutschen, anstatt auf Einzelheiten einzugehen die einen stören, zum Beispiel auf Charaktereigenschaften. Theresia: Beide Kulturen gehören zu mir. Sie haben mich geprägt und machen mich zu der, die ich heute bin. Natürlich denke ich manchmal: Wer bin ich jetzt eigentlich? Ich fühle mich deutsch und dann wieder nicht, weil ich auch die indonesische Mentalität in mir habe. Alex: Bei mir ist es noch anders. Meine Mutter kommt aus Südkorea und mein Vater aus Deutschland. In der Schule wurde ich immer „der Koreaner“ genannt. Dabei fühle ich mich als Deutscher, weil ich hier aufgewachsen bin. Wenn ich heute wegen meines Aussehens angesprochen werde, denken viele: Na so richtig deutsch sieht er ja wohl nicht aus. Mittlerweile kann ich locker damit umgehen. Theresia: Wir müssen uns vielleicht eingestehen, dass wir diese eindeutige Identität nie haben werden. Alex: Einige der zweiten Generation werden dadurch bitter, traurig oder auch aggressiv, wenn sie sich ständig rechtfertigen müssen und das Gefühl haben, nirgendwo anerkannt zu sein. Jeder Mensch will zu einer Gruppe gehören. Manchmal ist das doch auch skurril. Wenn einige von unseren afrikanischen Freunden ihr Heimatland besuchen, werden sie dort „white man“ genannt. Hier in Deutschland sind sie dann die „Schwarzen“. Was verbindet Sie mit Gleichaltrigen der sogenannten zweiten Generation aus anderen Ländern? Was nervt am meisten? Theresia: Wenn Leute sagen: Du sprichst aber gut deutsch. Auch, wenn sie das nicht böse meinen. Alex: Oder man wird auf englisch angesprochen, obwohl man doch erstmal davon ausgehen sollte, dass man deutsch in Deutschland spricht. Schlimmer ist es für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Sie werden oft so angesprochen als ob sie blöd wären. Anstrengend finde ich auch die Stereotypisierung. Zum Beispiel heißt Alex: Ich denke, dass wir eine besondere Sensibilität im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen entwickelt haben. Das kommt mir in der internationalen Geschäftswelt zugute. Dort kann ich bei Konflikten vermitteln oder kulturelle Zusammenhänge besser verstehen. Aber ich finde auch, dass Kinder mit unserem Hintergrund grundsätzlich viel konservativer erzogen werden als Deutsche. Egal, ob sie aus Asien oder Afrika kommen. Was könnten die Gründe sein? Alex: Da kann ich nur aus meiner Sicht sprechen. Als in den 60er Jahren die ersten Gastarbeiter aus Korea hierher kamen, haben sie das Koreabild aus dieser Zeit konserviert. Inzwischen hat sich Südkorea aber sehr stark entwickelt. Ich habe den Eindruck, dass die Elterngeneration dieser Entwicklung nicht so schnell hinterher gekommen ist und das eigene Herkunftsland fremd geworden ist. Daraus hat sich eine Parallelkultur entwickelt. Wir von der zweiten Generation sind deutsch, werden aber zuhause nach altem Vorbild erzogen. Das führt zu vielen Konflikten mit der älteren Generation. Außerdem werden Mädchen noch viel mehr behütet. Ich kenne viele, die ihre Beziehung bis zur Hochzeit geheim gehalten haben. Das ist schwierig. Theresia: Das stimmt. Aber ich finde zusätzlich, dass bei vielen auch Leistung und Bildung ganz weit oben stehen. Die meisten Eltern haben für das, was sie erreicht haben, hart gearbeitet. Sie wollen, dass ihre Kinder es einmal besser haben. Ich kann das auch verstehen. Bei uns in Indonesien müssen Eltern viel Schulgeld für ihre Kinder zahlen. Hier gibt es nicht so weltbewegt 9 Theresia Siahaan (27) arbeitet in einer internationalen Spedition. Sie engagiert sich in der IndonesischChristlichen Gemeinde in Hamburg unter anderem als Jugendgruppenleiterin. hohe Hürden. Das ist eine Chance, die wir wirklich nutzen sollten. Damit sporne ich meinen Bruder immer an, wenn er keine Lust auf Hausaufgaben hat. Ich finde es einfach wichtig, dass Jugendliche einen Schulabschluss machen. Was verbinden Sie denn mit dem Begriff Heimat? Alex: Für mich ist Heimat nicht auf eine Kultur oder ein Land beschränkt. Das können viele Orte sein. Theresia: Heimat ist dort, wo ich mich zuhause fühle und das kann überall sein. Welche Bedeutung hat die Sprache für die Identität? Was macht denn ein Zuhause-Gefühl aus? 10 weltbewegt Theresia: Dazu gehören Vertrautheit und Geborgenheit. Ich fühle mich dort zuhause, wo ich verstanden werde und ich so sein kann, wie ich bin, ohne mich rechtfertigen zu müssen. Alex: Es ist dort, wo meine Freunde sind und Menschen, die ein offenes Herz haben. Sie engagieren sich ja sehr in Ihren christlichen Gemeinden. Sind die Kirchengemeinden so etwas wie ein Zuhause? Alex: Erst einmal auf jeden Fall, ja. Weil in der Gemeinde die Menschen als Individuum gesehen werden und nicht als Angehörige einer Ethnie. Das zieht mich an. Andererseits setzen sich Konflikte zwischen den Generationen auch hier fort. Vielen Jugendlichen ist die Art der Gottesdienste vielleicht fremd geworden. Einige verlassen die Gemeinden, manche auch, weil sie Konflikte mit den Älteren haben. Unser Bestreben ist es, Jugendliche zu animieren trotzdem zu bleiben. Junge Leute müssten zum Beispiel in den Vorstand. Gemeinden sollen ja nicht nur ein kulturelles Erbe vermitteln, sondern auch Erbe des Glaubens. Fotos: U. Plautz (2), C. Wenn (1), Zeichnungen: C. Wenn Theresia: Sprache ist enorm wichtig. Bei uns zu Hause sprechen wir vor allem indonesisch. Ich verstehe zwar alles, kann es aber nicht so gut sprechen. Meine Eltern sprechen indonesisch und ich antworte auf deutsch. Dabei verwende ich einen indonesischen Satzbau, damit meine Mutter das besser versteht. Wir haben inzwischen eine richtige Mischsprache entwickelt. Jede Familie hat inzwischen ihre eigene Sprache. Das ist oft ziemlich lustig. Alex: Das führt aber auch zu Problemen. Wenn man die Sprache der anderen Generation nicht richtig gut beherrscht, können Diskussionen auf höherem Niveau oft nicht stattfinden, ohne dass es zu Missverständnissen kommt. Alex Reimann (34) arbeitet in einer internationalen Leasing Firma. Er engagiert sich in einer koreanischen Gemeinde und organsiert unter anderem interkulturelle Jugendveranstaltungen und Gottesdienste. Wie schaffen Sie es, Jugendliche in Ihrer Gemeinde so anzusprechen, dass sie Lust haben weiter dabei zu bleiben? Alex: Es hat angefangen mit Gottesdiensten, die wir selbst gestalten. Viermal im Jahr feiern wir Worship United, einen Gottesdienst, den wir gemeinsam mit Jugendlichen aus anderen Migrantengemeinden organisieren. Die Gottesdienste sollen die Basis für andere Jugendveranstaltungen wie Workshops, musikalische Events, Gesprächs- und Bibelkreise oder Seminare sein. Wir wollen demnächst auch Veranstaltungen mit deutschen Jugendlichen organisieren. Das Netzwerk untereinander ist für uns enorm wichtig. Theresia: Mir ist in unserer Jugendgruppe der Austausch mit Gleichaltrigen am wichtigsten. Einmal hatten wir uns mit dem Thema Identität beschäftigt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir weder indonesisch oder deutsch sind, sondern etwas ganz Neues. Es ist doch ein großer Schatz die verschiedenen Kulturen zu vereinen. Ich möchte gern vermitteln, dass wir ihn nutzen sollten. Für uns selbst und auch für Gott. Alex: Ich denke, vor allem durch unsere Gottesdienste hat die erste Generation gesehen, dass wir etwas wollen. Sie sieht, dass uns der Glaube wichtig ist. Auch wenn wir ihn anders leben wollen als sie. Das hat vielen imponiert. Ich bin ein Netzwerker und sehe meine Hauptaufgabe darin, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, die einen ähnlichen Kontext haben wie wir. Schwerpunkt Welche Bedeutung hat die Religion für Sie? Theresia: Die ist sehr wichtig. Denn das, was alle Menschen verbindet, ist der Glaube. Alex: Im christlichen Glauben spielen Ethnien keine Rolle. Gott ist es egal, wie du aussiehst, wo du herkommst und welche Sprache du sprichst. Mir geht es so, wenn ich in eine Kirche komme, egal wo auf der Welt, dann fühle ich mich zuhause. Auf Identitätssuche ist jeder, aber unsere wahre Identität liegt einfach im Glauben. Identität ist letztlich ja ein irdischer Wert, wie nicht zuletzt auch Generationskonflikte weltliche Themen sind, die im Glauben überwunden werden können. Der Glaube vermittelt uns: Wir sind alle Kinder Gottes. Und das stärkt. Das Gespräch führte Ulrike Plautz. weltbewegt 11 „Deutsch mit Migrationshintergrund“ Was denken Deutsche mit einer Einwanderungsgeschichte, Angehörige der sogenannten zweiten Generation, wenn sie dauernd auf ihre Herkunft angesprochen werden? Ich fragte Hanna Attar, die ich vom gemeinsamen Netzwerken her kenne. Die 26-Jährige kommt aus Emden und besitzt die deutsche Was macht es aus, wenn man wegen Staatsangehörigkeit. Ihr wird die Frage, wo sie „eigentlich“ herkomme, seines Aussehens ständig auf die Herkunft immer noch häufig gestellt, übrigens angesprochen wird? auch von türkischen Mitbürgern. Sie berichtet, dass ein Elternteil aus Paul Steffen Deutschland und einer aus Syrien stammt. Ich wollte von Hanna Attar wissen, was sie denn denke, wenn man sie als Mensch mit Migrationshintergrund bezeichnet. „Ich glaube dann, dass ich etwas Besonderes bin. Vor allem aber anders. Das muss auch nicht negativ gemeint sein, das ist vom Kontext abhängig.“ An schlechten Tagen hätte sie das allerdings schon genervt. „Als ich jünger war, habe ich mich öfter gefragt, warum immer nur das Äußere zählt – oder vielmehr, warum das so wichtig ist. Ich bin doch so viel mehr“, so Hanna Attar. „Mittlerweile ist das auf dem Arbeitsmarkt ja eine richtige Zusatzqualifikation und Menschen mit Migrationshintergrund werden gezielt gesucht.“ Als ihre Familie vor einiger Zeit vergeblich versucht hatte, die Großmutter aus Syrien nach Deutschland zu holen, war ich mir nicht sicher, ob Hannas „deutsche Identität“ einen Knacks bekommen hätte. „Ich habe mich für mein Land geschämt, aber mein Deutschsein habe ich nie in Frage gestellt“, meint sie. Inzwischen konnte sie auch wieder gute Erfahrungen machen und etwas für ihren Mann erreichen, der aus dem Sudan kommt. „Es ist nichts so festgefahren, dass man nichts tun kann. Da bin ich froh hier zu sein.“ So die Erfahrungen von Hanna Attar. Ein anderes Gespräch führte ich mit Ayoub Sattari. Auch er ist in Deutschland geboren, ebenfalls mit deutscher Staatsangehörigkeit und bezeichnet sich als Tunesien-Deutscher und manchmal als Ausländer. Er ist ein junger Aktivist, der sich gegen Rassismus und für Demokratie und kulturelle Verständigung einsetzt. Auf meine Frage nach der Fremdzuschreibung als Mensch mit Migrationshintergrund zögert er kurz und sagt dann: „Weißt du, es ist so, wie ich es in einem französischen Film gehört habe: Wir alle sind Bewohner desselben Planeten. Wir sind Menschen.“ Im Verlauf des Gesprächs suchen wir gemeinsam nach Worten und nach richtigen Bildern. Er findet und verwirft Analogien und kämpft darum, seinen Standpunkt klar zu machen, ohne „uns Deutsche“ zu verletzen. „Ich sehe mich als Tunesien-Deutscher, weil ich vom ersten bis zum dreizehnten Lebensjahr in Tunesien gelebt habe.“ Ayoub Sattari arbeitet im Kundendienst eines Autohauses und findet es „nicht schlimm“ nach seiner Herkunft gefragt zu werden. Er findet es völlig in Ordnung, wenn jemand sagt, dass er seit Generationen hier verwurzelt ist. „Wenn einer sich als DeutschDeutscher oder als Ureinwohner sieht und das nicht gegen mich wendet, warum denn nicht?“ Für ihn sei es nur dann schwierig, wenn jemand daraufhin meint, sich ihm gegenüber herablassend verhalten zu können. Schließlich sei Paul Steffen ist er bei einer Anti-Pegida Demonstration gewesen, „um gegen diesen echten Leiter der Akademie Rassismus ein Zeichen zu setzen“. für Zukunftsfragen Fazit: Nach den Interviews wurde mir klar, dass es ist wichtiger ist, auf des Kirchenkreises Begegnungen und Gespräche zu setzen, anstatt immer auf die richtigsten Hamburg West/ und aktuellsten Sprachregelungen. Südholstein 12 12 weltbewegt weltbewegt Ist das eigentlich noch wichtig welche Wurzeln man hat? Junge Erwachsene mit sogenanntem Migrationshintergrund machen da unterschiedliche Erfahrungen. Schwerpunkt Fotos: Corel (1), Kahuroa/gemeinfrei (1) Migrant erster Klasse Ich habe erst spät gemerkt, dass ich nur ein halber Deutscher bin. Als ich acht war, gab es eine KampagPhilipp Alvares de Souza Soares ne: „Mein Freund ist ein Ausländer.“ Meine Lehrerin nahm das zum Anlass, mit uns über das Thema zu sprechen. Für mich waren die ausländischen Kinder in der Klasse bis dahin Waldemar und Elnaz. Ich war mir meines Andersseins nicht bewusst. Mein Vater ist Brasilianer, meine Mutter Deutsche. Aber in die Kategorie „Ausländer“ wollte ich nicht gehören. Sie war mit dem Wort „Problem“ verknüpft. Kinder spüren sehr genau, welche Gefühle mitschwingen, wenn Erwachsene bestimmte Begriffe benutzen. Die Abneigung zeigt sich in Tonfall und Gestik. Sie kommt in Tarnfarben daher. Das Wort ist noch immer negativ besetzt. Auch die Floskel „Menschen mit Migrationshintergrund“ erzeugt keine besseren Assoziationen. Jeder denkt sofort an türkische Parallelgesellschaft, Armut, Neukölln. Wenn in Zeitungen oder Studien die Rede von Migranten ist, sind meist diejenigen gemeint, die Probleme haben, gefördert werden müssen, benachteiligt sind oder von Nazis bedroht werden. Dabei steht der Begriff inzwischen für 16 Millionen Menschen in Deutschland aus über 180 Ländern – und ihre hier geborenen Nachkommen. Eine sehr heterogene Gruppe also. Rückblickend wird schnell klar, warum ich mich nicht wie andere Ausländerkinder fühlte. Ich sehe schon nicht so aus, habe keinen Akzent. Außerdem wurde ich als Deutscher erzogen, sendete also Signale der Zugehörigkeit. Aber was noch viel wichtiger ist: Brasilianer – sofern sie helle Haut haben – gelten als wertvoller als etwa Türken und Albaner, und sogar als Polen, die doch aus einem Nachbarland kommen und auch Christen sind. Mit den Brasilianern teilen die Deutschen keine durch Kriege belastete Vergangenheit, dafür gibt es viele Klischees vom tropischen Paradies, Samba tanzenden Bikinischönheiten und genialen Fußballspielern. Ok, es gibt Armut, die Favelas – aber die Menschen scheinen doch trotzdem so glücklich zu sein! Es ist leicht, so ein Abziehbild zu mögen. Ich kann mich an unzählige Szenen an Supermarktkassen oder Behördenschaltern erinnern, an denen mir ganz ohne Anstrengung Zuneigung zuteil wurde – nur wegen meines Namens auf EC-Karte oder Personalausweis. Mein ausländischer Vater schien mehr Trumpf als Makel zu sein. Besonders die links-akademischen Milieus machen einen Menschen schnell zum weltgewandten Kosmopoliten, der vor allem deshalb interessant scheint, weil er anders, nicht ganz deutsch ist. Auch später an der Uni wurde ich oft aufgefordert, meinen Namen langsam auszusprechen, um daraufhin warme Blicke zu ernten. Wenn mich ein Lehrer oder Dozent noch nicht kannte, fand er mich erst einmal deshalb gut, weil ich ein halber Brasilianer war. So fühlte es sich jedenfalls an. Das war alles sehr angenehm für mich. Aber nicht nur. Denn auch schmeichelhafte Klischees sind hohl. Die Menschen erwarten, dass ihr Vorurteil bestätigt wird. Wenn ich zum Beispiel erzähle, dass ich mich nicht für Fußball interessiere, sind einige schnell überfordert. Die meisten Deutschen sind Ausländern gegenüber tatsächlich aufgeschlossen. Nur dass viele die einzelnen Herkunftsländer hierarchisieren. Sie hätten wahrscheinlich ein Problem damit, in einem Viertel zu wohnen, in dem hauptsächlich Kongolesen leben, ein Schweden-Ghetto hingegen würde sicher schnell gentrifiziert. Diese selektive Liebe ist auch ein Schutz: Wer sagt, dass er Brasilianer, Italiener oder Thailänder total klasse findet, der kann doch nicht ausländerfeindlich sein – oder? Der Artikel ist in voller Länge erschienen bei Zeit-Online vom 14.1.2013. weltbewegt weltbewegt 13 13 Internationale Begegnungsstätte Haus der Kulturen in Lübeck Heimat kann überall sein Rafael Jancen N Zweifach verwurzelt. Rechts die Stämme eines schlangenwüchsigen Kiefernwaldes in Polen, links eine typisch deutsche Eiche. Heimat kann überall sein. 14 weltbewegt atürlich habe ich mich oft gefragt, wer bin ich denn? Bin ich deutsch oder polnisch? Ich könnte es nicht beantworten. Heute merke ich, dass es mir gar nicht mehr wichtig ist, es genau zu definieren. Wenn ich an Polen denke, dann habe ich allenfalls Heimatgefühle zu meinem Dorf, zu meiner Familie und zu den Menschen, die ich dort kenne. Aber nicht zu der Nation Polen. Mit Deutschland geht es mir genauso. Da fühle ich mich in Lübeck zuhause und hier in Hamburg, wo ich studiere. Mittlerweile merke ich: Ich kann meine Heimat in mir tragen. Sie ist nicht an einen festen Ort gebunden. Ein Zuhause-Gefühl kann ich an verschiedenen Orten spüren, die gut für mich sind. Dass ich zweisprachig und quasi zwischen zwei Ländern aufgewachsen bin, empfinde ich als eine große Bereicherung. Ich erlebe, dass man mit so einem besonderen Hintergrund eine größere Aufmerksamkeit für das Verhalten von Menschen, für Kulturen und nicht zuletzt für die Sprache entwickelt. Deshalb habe ich mich nach dem Abitur für das Slavistikstudium entschieden. Die Sprache sagt so viel über die Perspektiven und Werte von einzelnen Menschen sowie von ganzen Gesellschaften aus. Allein, welche unterschiedlichen Bilder mit bestimmten Wörtern verknüpft werden, finde ich faszinierend. Ein banales Beispiel: Bei dem Wort „Baum“ hat man in Libyen wohl andere Bilder vor Augen als in Polen oder Deutschland. Sicher fällt es mir mit meinen Erfahrungen auch leichter, Konflikte zu verstehen, die entstehen, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturräumen zusammenkommen. Allerdings glaube ich wiederum nicht, dass allein die Tatsache, dass man unterschiedliche Kulturen kennt, zu mehr Toleranz führt. Das hängt doch von mehreren Faktoren ab. Zum Beispiel auch davon, wie man in dem neuen Land aufgenommen wird. Wenn Menschen sich nicht willkommen fühlen, kann das auch zur Abschottung führen. In meinem späteren Beruf möchte ich auch immer etwas mit Menschen zu tun haben. Das ist mir im letzten Jahr noch einmal sehr deutlich geworden. Nach meinem Bachelorabschluss habe ich ein Freiwilliges Soziales Jahr im Haus der Kulturen in Lübeck geleistet. Ich brauchte die Unterbrechung für mich, um mir über meine weiteren Ziele noch mehr Klarheit zu verschaffen. Im Haus der Kulturen hatte mir besonders die Arbeit mit Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern viel bedeutet. Es waren auch Flüchtlinge aus Afghanistan, Pakistan und Syrien dabei. Ihre Geschichten haben mich tief beeindruckt. Die Kraft, die bei ihnen sichtbar wurde – neben all dem Schweren, das sie erlebt hatten. Ich wäre froh, wenn ich ihnen mit meinem Deutschunterricht das Leben hier zumindest etwas erleichtern konnte. Sie haben es ja immer noch schwer genug und ich finde die Abschottungspolitik Europas zurzeit unerträglich. Aber das ist ein ganz eigenes Kapitel. Plötzlich wurden materielle Werte wichtig Auch wenn meine Lebensgeschichte nicht im Entferntesten so dramatisch ist, wie die von Flüchtlingen, weiß ich wie es ist, etwas hinter sich lassen und sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden zu müssen, wo die Sprache fremd ist, man zunächst einmal überhaupt keine Orientierung hat und die ganzen Abläufe nicht kennt. Ich bin vor 25 Jahren in Lübeck geboren. Dort habe ich bis zu meinem fünften Lebensjahr gelebt. Dann sind wir nach Polen umgezogen, in ein winziges Dorf mit circa 70 Schwerpunkt Fotos: U. Plautz (1), Rzuwig/Wikimedia (1), Abrget47j/Wikimedia (1), C. Wenn (1), Zeichnung: C. Wenn (1) Rafael J an Masters cen (25) studie r tudieng a ng „ M e t d e n sprachig hrkeit und B an der U niversitä ildung“ t u n d h at einen B Hamburg achelorabschlu ss Slavistik in den Fächern un Als Freiw d Osteuropas tudien. il im Haus liger hat er ein Ja hr der Kult uren in mit inte Lü b rna lichen g tionalen Jugen eck earbeite dt. Einwohnern, wo meine Eltern ursprünglich herkommen. Als ich 15 war, ging es wieder zurück nach Lübeck. Die Umstellung von Polen nach Deutschland war für mich schon sehr groß. Ich kam in eine Schule, in der die meisten sehr wohlhabend waren. Plötzlich spielten materielle Dinge eine große Rolle. Bisher war mir das immer egal, aber nun war es plötzlich ein Thema. Es musste dann schon der echte Burberry-Schal sein und beim Ausgehen haben Klassenkameraden schon mal locker 50 Euro ausgegeben. Da konnte ich natürlich nicht mithalten. Ich war eben nicht so wohlhabend und bin es natürlich als Student auch heute nicht. Aber das stört mich nicht mehr. Damals hatte es mir das Ankommen jedoch schwer gemacht. Auch wenn ich immer Freunde hatte, fühlte ich mich trotzdem nicht so richtig zugehörig. In dieser Zeit war materielle Sicherheit für mich absolut erstrebenswert. Das hat sich dann in der Abi-Zeit gegeben. Nach und nach habe ich mich frei gemacht und entdeckt, was mir wirklich wichtig ist. Neben den Menschen ist es die Bildung. Damit meine ich nicht nur Universitätswissen, sondern ich möchte überhaupt viel über Menschen und die Welt erfahren. Ich brauche Denkanregungen und liebe den Austausch mit anderen Menschen. Für mich hat jeder Mensch eine Form von Bildung, nicht nur Akademiker. Ich möchte mich in meinem Leben stets weiterentwickeln. Dabei finde ich es absolut wichtig, offen zu sein und über den Tellerrand hinauszuschauen, auch global zu denken. Ich möchte nicht nur für mich da sein, sondern auch für andere. Mein Ziel ist es, etwas zu bewirken, um das Leben von anderen zu erleichtern. Ich möchte mit meinen Möglichkeiten einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Gerechtigkeit herrscht. Ich will neugierig bleiben! Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wünschte ich mir eine Gesellschaft ohne jegliche Form von Gewalt. Konflikte können auch friedlich ausgetragen werden. Ich weiß, es klingt sehr utopisch. Aber solche Utopien finde ich wichtig, als Gegengewicht zur Realität. In meinen Augen fördern Gier und Egoismus die Gewalt, Eigen- schaften, die im Kapitalismus leider sehr gefördert werden. Ich beobachte zudem, dass Menschen, die zur Gewalt neigen, häufig schlechte Beobachter und Zuhörer sind. Eine weitere Ursache ist aus meiner Sicht auch mangelndes Wissen. Wenn Menschen mehr über andere Lebensweisen wissen, denken sie weniger in Stereotypen. Dazu gehört die Frage: Was hat die anderen beeinflusst, so zu werden, wie sie sind? Wichtig finde ich, sich eine Neugier auf andere Menschen zu bewahren – ohne Vorurteile. Wir sollten es immer wieder wagen aufeinander zuzugehen. Es lohnt sich! Und es ist überall möglich. Protokoll: Ulrike Plautz „Heimat ist kein Ort . . . Heimat ist ein Gefühl.“ Ester Nabaasa weltbewegt 15 Unbekannt Was ist, wenn ich 18 bin? Carmelina* ist ein sportliches Mädchen mit ernstem Blick, das ihr Fußballtrikot oft auch zuhause trägt. Wenn sie aber lacht, strahlt ihr ganzes Gesicht. Ihre Lieblingstiere sind Hunde, über die weiß sie richtig viel. Vor vier Jahren war sie mit ihrer Mutter aus Mittelamerika nach Deutschland gekommen. Die meiste Zeit davon hat die heute 14-Jährige in Hamburg in einer Hausgemeinschaft verbracht. Noch leben beide ohne Papiere, mit vielen Unsicherheiten im Alltag. M ir kommt es vor, als sei ich in Hamburg geboren. Ich fühle mich so wohl hier, überhaupt nicht als Ausländerin oder wie man das nennt. Die Menschen, mit denen ich lebe, sind freundlich und ich kenne alle so gut. Das Einzige, was ich vermisse, ist meine Hündin. Sie heißt Mia, das heißt „meine“ auf Spanisch. Ich konnte sie nicht mitnehmen, aber mein Patenonkel schickt mir Fotos und schreibt, wie es ihr geht. Von ihm habe ich auch die Basketballpumpe geschenkt bekommen. Sie erinnert mich immer an ihn. Meine Heimat aber ist Hamburg, das ist mir ganz klar. Nur dass die Sprache und das Land anders sind als dort, wo ich herkomme. Deutsch spreche ich richtig gut, das war ganz einfach zu lernen, weil alle mit mir Deutsch reden. Vor vier Jahren sind meine Mutter und ich nach Deutschland gekommen. Wir haben keine Papiere, aber darüber möchte ich gar nicht nachdenken. Es macht mir schon Angst. In Mittelamerika, wo ich herkomme, habe ich noch meine Familie und meinen Patenonkel. Wir mussten fort, weil es so gefährlich war. Ich durfte nur noch mit dem Taxi zu Schule und sonst gar nicht aus dem Haus. In Hamburg kann ich allein in den Park gehen oder zum Schwimmen mit meinen Freunden. Ich spiele Fußball im Verein und stehe im Tor. Früher wollte ich mal Fußballerin werden, aber das will ich jetzt nicht mehr. Englisch und Sport sind gerade meine Lieblingsfächer. Manchmal möchte ich nicht älter werden In meiner Klasse gibt es nur zwei Kinder, die in Deutschland geboren wurden oder deutsche Eltern haben. Die anderen kommen aus allen möglichen Ländern, aus der Türkei, aus Syrien, Afghanistan, Venezuela, Mazedonien. Aber das macht für mich keinen Unterschied. Ehrlich gesagt, finde ich es überhaupt nicht wichtig, woher jemand kommt. In meiner Klasse halten wir zusammen. Eine meiner 16 weltbewegt *(Name geändert) Klassenkameradinnen soll abgeschoben werden. Sie ist aber schon ganz lange in Hamburg. Wir wehren uns alle dagegen, Schüler und Lehrer. Wir haben außerdem eine Online-Petition gestartet und ein Plakat mit einer Weltkugel gemalt, wo draufsteht: Annehmen statt abschieben. Sogar das Fernsehen war da und hat über uns berichtet. Ich will einfach daran glauben, dass es hilft, was wir tun. Meine Klassenkameradin gehört doch zu uns! Am Wochenende fahre ich oft zu Bekannten an die Ostsee. Wir haben uns in der Gemeinschaft kennen gelernt und sie sind fast so etwas wie Familie für mich. Sie haben zwei Hunde, das ist schön. Wir gehen viel am Strand spazieren, kochen und reden über alles Mögliche. Manchmal denke ich, ich möchte nicht älter werden. Oder nur ganz, ganz langsam. Ich weiß nicht genau, wieso. Kind-Sein ist einfach chilliger. Die Erwachsenen sind manchmal so hektisch. Ich bin glücklich so, wie es ist und brauche eigentlich nichts weiter. Auch keinen Führerschein oder so. Außerdem weiß ich nicht, wie es werden soll, wenn ich sechzehn oder achtzehn bin und wir immer noch keine Papiere haben. Ob ich dann abgeschoben werde? Ich möchte hier bleiben mit meiner Mutter. Nach Mittelamerika würde ich nur reisen, um meine Verwandten zu besuchen. Hier ist es viel entspannter. Ein Mitglied aus der Gemeinschaft sagt mir dann, ich solle nicht so viel über die Zukunft nachdenken. „Carpe diem“, meint er dann oft. Das versuche ich auch. Mein größter Wunsch ist, dass irgendwann alle Menschen gleichberechtigt sind. Protokoll: Kathrin Wienefeld Fotos: Corel (1), C. Horvat/Wikimedia (1), C. Wenn (2) „Du kannst nicht weggehen ohne verändert zurückzukommen.“ Schwerpunkt weltbewegt 17 „Religion kann Grenzen überwinden“ Im Hamburger Stadtteil St. Georg gibt es schon seit Jahren einen interkulturellen Konfirmandenunterricht. Emma, Wendy, Lorenda, Alva, Thore und Wondibel wurden gerade konfirmiert und schildern ihre Erfahrungen. Lorenda Lorenda Opoku(14): Emma Rantzau (13): Es ist toll, dass wir so viele Jugendliche in unsere Konfirmandengruppe habe, deren Eltern aus Afrika kommen. Ich finde zum Beispiel die Gottesdienste von Afrikanern viel lebendiger. Sie begrüßen sich, singen und tanzen durch die ganze Kirche. Ich war dort oft zu Gospelgottesdiensten und zu einer Taufe. Mir gefällt auch, dass die afrikanischen Jugendlichen in meiner Gruppe viel aufgeschlossener und fröhlicher sind als wir. Die zwei Jahre, in denen wir als Konfirmanden zusammen waren, waren für mich eine sehr bereichernde Zeit. Ich glaube an Gott und mag gerne über Religion reden. Religion bedeutet, dass man an einen Gott glaubt – jeder an einen anderen – und dass man davon überzeugt ist. Ich glaube, in dem Moment wo ich konfirmiert werde, gibt es eine besondere Nähe zu Gott, die zu spüren ist. Religion heißt für mich, auch zu lernen, dass man mit anderen Menschen so umgeht, wie man möchte, dass andere mit einem selbst umgehen. Liebe den anderen wie dich selbst, das ist für mich ein wichtiger Satz. 18 weltbewegt Wendy Wendy Otto (15): Ich finde erstaunlich, wie verschieden die Perspektiven sein können, die Menschen auf das Leben haben. Dabei fand ich es im Unterricht interessant zu erfahren, wie sehr diese unterschiedlichen Ansichten manchmal von der eigenen Kultur geprägt sind. Ich finde es auch gut, dass wir mehr über den Islam und das Judentum erfahren haben, die ja unserer Religion sehr verwandt sind. Es ist einfach spannend zu erfahren, wie die Religionen mit wichtigen menschlichen Fragen und Problemen umgehen. Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel hat jede der Religionen eine Heilige Schrift, im Judentum die Thora und im Islam der Koran. Überall gibt es auch Richtlinien, wie man sich verhalten soll, wie eine Art Regelbuch. Ich finde aber grundsätzlich, dass keine Religion behaupten darf, dass nur ihre Regeln für alle Menschen auf der Welt gelten dürfen. Fotos: U. Plautz (6), Zeichnung: C. Wenn Emma Der gemeinsame Unterricht war sehr spannend für mich. Auch zu sehen, wie unterschiedlich Gottesdienste sein können. In der deutschen Kirche finde ich gut, dass man dort auch leise zu Gott sprechen und in sich kehren kann. Das geht besser als in afrikanischen Gottesdiensten, wo immer Party ist. Die Entscheidung zur Konfirmation ist mir wichtig. Religion gibt Geborgenheit und ist wie eine Art Wegweiser. Ich finde, Menschen brauchen eine Orientierung, an der sie sich festhalten können. Bei der Beschäftigung mit der Religion finde ich interessant, welche Verschiedenheiten und welche Gemeinsamkeiten es gibt. Wichtig finde ich dabei, dass die Verschiedenheiten Religionen nicht voneinander trennen. Sie machen sie ja gerade besonders. Alle Religionen haben gemeinsam, dass sie an eine Übermacht, an einen Gott glauben, der uns Kraft gibt, wenn wir haltlos sind. Im Konfirmandenunterricht habe ich außerdem erfahren, dass Religion Grenzen überwinden kann. Nicht nur zu anderen. Für mich ist sie wie eine Brücke, die mein Leben in Deutschland mit meinem Mutterland Ghana verbindet. Alva Diederich(14): Thore Kraack (15): Wondibel Opoku (17): Mich hat der Konfirmandenunterricht sehr bereichert. Manchmal wundere ich mich, wie viel Heckmeck einige darum machen, dass wir mit afrikanischen Jugendlichen zusammen Konfer machen. Ich finde das ganz normal. Die anderen gehören doch selbstverständlich dazu. Konfirmation ist für mich eine Bestätigung. Als ich getauft wurde, wusste ich ja noch gar nicht, ob ich wirklich an Gott glaube. Auch wenn ich Zweifel habe, möchte ich mich trotzdem zum Glauben bekennen. Ich finde Religion einfach spannend. Zum Beispiel auch die Rituale, die andere Religionen haben. Ich mag afrikanische Gottesdienste sehr, die sind richtig schön. Dort gibt es Musik mit Bongobegleitung, statt einer Orgel, die sich oft so getragen anhört. Bei uns habe ich häufig das Gefühl, dass Gottesdienste manchmal Pflichtveranstaltungen sind, bei denen man nach einer Stunde schon auf die Uhr guckt. Allerdings haben sie mit den langsameren Liedern und ihrer eher ruhigen Stimmung auch einen Charme und ich bin sie als Norddeutsche eher gewohnt. Ich könnte zum Beispiel nicht so tanzen oder singen, wie es im afrikanischen Gottesdienst üblich ist. Da habe ich doch eine andere Kultur. Ich habe in der gemeinsamen Zeit viel über andere Menschen und ihre Kulturen gelernt. Wenn ich an unsere Gottesdienste denke, finde ich beide Formen gut. Manchmal gehe ich lieber in einen afrikanischen Gottesdienst, den ich interessanter finde. Bei den Deutschen ist es ruhiger. Dort sitzen oft mehr Rentner, die sich natürlich nicht so gerne bewegen. Trotzdem entspricht mir auch diese Form, weil sie vertraut ist. Deshalb würde ich an Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten eher einen deutschen Gottesdienst besuchen. Am wichtigsten ist mir in der Religion die Gemeinschaft. Das ist für mich so etwas wie eine Heimat. Ich interessiere mich allerdings auch sehr für andere Religionen. Deshalb Ich finde es wichtig, dass man als Christ auch mal eine Moschee besucht. Erst dann bekomme ich ein Gefühl für den Raum und dafür, was die andere Religion ausmacht. Ich sehe eher die Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen. Die Unterschiede liegen oft nur an der Oberfläche. Ich finde grundsätzlich, dass Religion hilft, Menschen, besser zu verstehen. Ich bin ja schon konfirmiert. Und für mich hatte es die Bedeutung, dass ich mich im Glauben und in meiner Beziehung zu Gott gefestigt fühle. Mich hat der Unterricht auch sehr geprägt, deshalb engagiere ich mich in der Jugendarbeit. Ich fand es interessant mehr über andere Religionen zu erfahren, welche Bedeutung zum Beispiel Jesus im Islam hat. Es gibt viele ähnliche Wertvorstellungen in den Religionen. Wenn Menschen sich bekriegen, hat das nichts mit Religion zu tun. Als ich zum ersten Mal einen deutschen Gottesdienst besucht hatte, dachte ich erst: Ich bin auf einer Beerdigung. Es war so still. Bei uns steht ja eher die Musik im Vordergrund. Eigentlich haben beide Formen etwas. An deutschen Gottesdiensten mag ich, dass sie so kompakt sind. Manchmal ist es auch gut, dass der Gottesdienst schon nach einer Stunde zu Ende ist. Wenn sie bei uns anfangen zu „preachen“ denke ich nach drei Stunden ab und an: Nun könnten sie auch bald mal ein Ende finden. Für mich ist die Religion auch wie ein Zuhause. Ich bin zwar deutsche Staatsbürgerin, meine Eltern kommen aber aus Ghana. Religion gibt mir den Anschluss an meine Ursprungsheimat. Sie hat eine Sprache, die uns Menschen verbindet. Hautfarbe und Nationalität sind dabei völlig unwichtig. Alva Thore Protokolle: Ulrike Plautz Wondibel weltbewegt 19 Fotos: U. Plautz „Zuhause ist dort, wo Menschen mich in ihr Leben lassen“ 20 weltbewegt Indho Mohamud Abyan (26) war vor acht Jahren aus Somalia geflohen. Seine Situation hatte er vor einem Jahr im Interview eindrucksvoll geschildert. Dann ist alles ganz anders gekommen. Meine Freunde haben mir zum Beispiel beigebracht, was Geburtstag bedeutet. Diesen Tag hatte ich bisher noch nie gefeiert. An meinem Geburtstag also hatte mich ein Freund zu sich eingeladen. Wir saßen zu zweit in der Küche. Bis ich plötzlich ein Rascheln und dann ein Kichern hörte. Freunde hatten sich im Flur und auf der Toilette versteckt und kamen nun aus allen Ecken, um mir zu gratulieren. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Vor einigen Wochen haben nun meine Freunde und deren Familien sogar beschlossen, meiner Mutter in Somalia monatlich 50 Euro zu überweisen. Das ist einfach unglaublich. Ich kenne mittlerweile wirklich viele nette Menschen und wurde sehr unterstützt. Vor allem durch kirchliche Einrichtungen, die sich für Flüchtlinge wie mich einsetzen. In der Familie meiner Gasteltern bin ich inzwischen fast so etwas wie der große Bruder. Manchmal koche ich für alle. Die Fladenbrote sind am beliebtesten. Vor kurzem hatten meine Gastmutter und meine Mutter in Somalia miteinander telefoniert. „Ich freue mich so sehr, dass Sie sich so um meinen Sohn kümmern“, hatte meine Mutter am Telefon erklärt. Gleichzeitig sagte meine Gastmutter: „Ich freue mich sehr, Ihren Sohn hier zu haben.“ Ich saß dazwischen und musste übersetzen. Beide hatten auf ihre Weise das gleiche gesagt. Ich hatte plötzlich das Gefühl, an zwei Orten gleichzeitig zu Hause zu sein. Protokoll: Ulrike Plautz Hier in Hamburg habe ich zum ersten Mal das Gefühl, richtig angekommen zu sein. Vorher hatte ich vor allem mit Menschen zu tun, die in einer Behörde sitzen. Ich weiß noch genau, wie ich mich vor einem Jahr gefühlt hatte. Am Tag, als ich das Interview für weltbewegt gegeben hatte. Zuvor hatte ich erfahren, dass ich wieder nach Ungarn zurück müsse. Dabei hatte ich gerade einen Praktikumsplatz in einem Altenheim gefunden. Der Vertrag war schon unterschrieben. Dann das. Ich kannte das schon. Aber es ist jedes Mal ein neuer Schock. Acht Jahre hatten sie mich von einem Land ins andere abgeschoben. Zwischendurch auch immer wieder zurück nach Ungarn, in das Land, das ich nach meiner Flucht aus Somalia zuerst betreten hatte. Ich war drauf und dran, die Hoffnung ganz zu verlieren. War erschöpft von der dauernden Unsicherheit im Nacken. Und unzufrieden. Ich bin schon über zwanzig und will etwas machen aus meinem Leben. Aber so? Wie soll das gehen? Inzwischen geht es mir wirklich gut. Gerade komme P.S.: Nach wie vor hofft Indho Mohamud Abyan auf eine ich aus der Volkshochschule. Ich will einen Hauptrechtskräftige Gewährung des Bleiberechts durch die Härteschulabschluss machen. Ansonsten helfe ich seit fallkommission. (Anm. d. Redaktion). zwei Monaten bei einer Tischlerei im Hamburger Schanzenviertel aus. Die praktische Arbeit mit Holz gefällt mir. Diese Tätigkeit hatte mir meine Gastmutter organisiert, bei der ich seit Herbst letzten Jahres wohne. Dort fühle ich mich sehr wohl. Auch weil ich nun richtig dazugehöre. Deshalb kann ich auch ganz anders auf andere Menschen zugehen. Sicher hat es auch etwas geholfen, dass ich in den Jahren zuvor lernen musste, mich auf verschiedene Familie ist mehr als eine Blutsverbindung. Kulturen einzulassen. Ich musste einfach Familie, das sind alle Menschen in deinem Leben, schnell erfassen, wie das Land tickt, in das die dich in ihr Leben lassen. ich gerade kam und musste in kurzer Zeit wenigstens so viel von der jeweiligen Das sind die, die dich so respektieren, wie du bist. Sprache lernen, dass ich mich im Alltag Es sind die Menschen, die dich dafür lieben, zurechtfinden konnte. wie du bist. In Hamburg habe ich inzwischen richtig gute Freunde gefunden. Manchmal machen wir Es sind diejenigen, die alles dafür tun, kleine Ausflüge an die Alster. Einmal ging es um dich lächeln zu sehen. sogar ans Meer. Zum ersten Mal seit meiner Flucht aus Somalia war ich wieder am Strand. Es sind die, die dich lieben Natürlich habe ich Heimweh. Vor allem würde ohne dass du dafür etwas tun musst. ich meine Mutter gern einmal wiedersehen. Neun Jahre war ich nicht mehr dort. Ob ich einmal ganz Indho Mohamud Abyan zurückgehe? Ich weiß es noch nicht. Inzwischen habe ich mich sehr an diese Kultur gewöhnt und fühle mich hier zuhause. Mit allem, was manchmal auch fremd ist. Fotos: D. Gerstner (1), Corel (1) ZUHAUSE weltbewegt 21 Besteht meine Identität darin, unterwegs zu sein? Diego Grützmann M ein Name ist Diego Grützmann und ich bin gebürtiger Brasilianer. Nach neun Jahren in meinem Geburtsland zog ich mit meiner Familie nach Deutschland. Mein Vater ist Pastor und hatte in Breklum, einem kleinen Ort im Norden Schleswig-Holsteins, eine neue Arbeitsstelle. Mit kindlicher Sorglosigkeit und ohne weitere Gedanken zu verschwenden, stimmte ich dem Umzug zu. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich mir noch nicht vorstellen, wie mich das prägen und zu dem machen würde, der ich heute bin: ein Dritt-Kultur-Kind. Die Anfangszeit in Deutschland war alles andere als leicht für mich. Die gewohnte Umgebung und meine Freunde, Bekannten und Verwandten blieben in Brasilien. In Deutschland war alles neu. Neue Wohnung, neue Stadt, neue Sprache, neue Kultur und damit auch neue Schwierigkeiten. Es hatte lange gedauert, bis ich wirklich angekommen war. Oft bin ich an meine Grenzen gestoßen. Nicht selten fragte ich meine Eltern: „Können wir nicht bald nach Brasilien zurück?” Mittlerweile ist meine Familie wieder nach Brasilien zurückgekehrt. Ich bin heute 20 und lebe zurzeit in Südafrika. Hier in Durban absolviere ich einen Freiwilligendienst in einem Kindergarten für Flüchtlingskinder. In Südafrika habe ich mich sehr schnell eingelebt und zurechtgefunden. Ich denke, dies hat auch, zumindest in gewisser Weise, mit meiner bisherigen Auslandserfahrung zu tun. Einige Herausforderungen, die mir dort begegneten, waren mir nicht mehr neu und erinnerten mich an Situationen, die ich schon gemeistert hatte. Ein Beispiel: Als meine Eltern 2012 nach Brasilien zurückgekehrt waren, hatte ich mich entschieden allein in Deutschland zu bleiben, um hier mein Abitur abzuschließen. So war ich zum Zeitpunkt meiner Ausreise nach Südafrika bereits gewohnt, nicht mehr bei meinen Eltern zu wohnen und um einiges selbstständiger. Es passiert beinahe von allein, dass ich die Kulturen miteinander vergleiche. Dann fallen mir Gemeinsamkeiten, aber auch Gegensätze auf. 22 weltbewegt Mich überrascht es besonders, dass ich hier anfänglich viele Dinge erlebt oder gesehen hatte, die ich mit Brasilien assoziierte. Sei es das Verhältnis von Arm und Reich, der Bezug zu Kirche und Familie oder nicht zuletzt die Lebensmittelauswahl in den Supermärkten. Wenn ich über das Thema Sicherheit in Südafrika nachdenke, fällt mir auf, wie gut es mir in Deutschland ging, wo ich mich mit dem Thema kaum auseinandersetzen musste. Ich fühle mich dort zuhause, wo Menschen sind, deren Werte ich teile Was ist Heimat? Man könnte meinen, der Begriff Heimat wäre einfach zu definieren. Ich habe allerdings meine Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Ist es Brasilien, weil ich dort geboren wurde? Ist es Deutschland, weil ich dort am längsten gelebt habe? Ist Heimat überhaupt ein Ort, oder doch eher ein Gefühl? Es sind Fragen, für die ich eher vage Antworten habe. Ich fühle mich oftmals hin- und hergerissen. Als sich Brasilien und Deutschland in Halbfinale der Weltmeisterschaft in 2014 gegenüberstanden, traf ich jedoch eine Wahl. „ Stabilitä t entsteht durch die Art wie du leb , st.“ Unbekan n t Schwerpunkt Fotos: Freiwilligenprogramme (2), C. Wenn (2), G. und R. Grützmann (2), Wikimedia (2) Diego Grützmann (20) arbeitet als Freiwilliger in Durban/Südafrika und betreut dort Kinder in einem Kindergarten für Flüchtlingskinder. Er wurde im Rahmen von „weltwärts“, dem Stipendien- und Freiwilligenprogramm des Zentrums für Mission und Ökumene, ausgesandt. Sein Vater, Pastor der evangelischen Kirche in Brasilien (EKLBB), hatte von 2004 bis 2012 als Ökumenischer Mitarbeiter des ZMÖ in Breklum gearbeitet. Hinter meiner Wahl verbarg sich keine hochkomplizierte Wahrscheinlichkeitsrechnung oder die Aussage eines Orakels über den möglichen Sieger. Ich entschied mich für Brasilien, wobei mein Gefühl der Verbundenheit das einzige Auswahlkriterium war. Es gibt viele Definitionen von Heimat und sie alle sind rein subjektiv. Meine Eltern verabschiedeten sich von Deutschland mit ihrer Fotoausstellung, die den Namen „Heimat auf Zeit” trug. Für mich kann Heimat mehr als nur ein Ort sein. Letztendlich ist Heimat für mich überall dort, wo ich Zuhause bin und mich Zuhause fühle. Familie und Freunde spielen dabei eine Rolle, denn sie machen das Zuhause-Gefühl aus. Ein weiterer Bestandteil dieses Gefühls ist es, dazuzugehören und seinen Platz in einer Gruppe zu haben, dessen Werte mit den eigenen übereinstimmen. Manchmal löst schon eine Kleinigkeit, wie eine traditionelle Runde mit einem “Chimarrão”, einem südamerikanischen Mate-Tee, dieses Zuhause-Gefühl aus. Ich vergleiche mich, meine Ansichten und Werte, mit den Menschen und Normen anderer Kulturen. Erst nach diesem Vergleich erfolgt für mich der Anpassungsprozess. Durch meine bisherigen Erfahrungen in anderen Ländern denke ich, dass ich einige besondere Fähigkeiten entwickelt habe, die auf privater sowie auf beruflicher Ebene hilfreich sind. Zu meinem Leben gehören Trennungen und ein weiterer Horizont Ich spreche fünf Sprachen und erlerne neue mit Freude und meist mit Leichtigkeit. Ich habe viele Menschen kennengelernt und im Umgang mit ihnen meine sozialen Fertigkeiten verbessert. Es fällt mir leicht, Kontakte zu knüpfen. Dadurch habe ich Freunde auf mehreren Kontinenten. Außerdem habe ich gelernt Sachen zu hinterfragen und die Fähigkeit erlangt, verschiedene Ansichtspunkte zu verstehen und respektieren. Zum Bespiel ist es für mich immer selbstverständlich Menschen in die Augen zu sehen, wenn ich mit ihnen rede. In Südafrika erlebe ich, dass einige Gesprächspartner ihren Blick stets gesenkt halten und jeglichen Augenkontakt vermieden. Was mir anfänglich merkwürdig erscheint und sich zugegebenermaßen immer noch komisch anfühlt. Doch für mich ist es eine selbstverständliche Geste des Respekts. Meine Erfahrung verschafft mir außerdem einen weiteren Horizont und globales Denken, sei es auf ökonomischer, politischer oder kultureller Ebene. Dadurch verstehe ich besser, wie die Welt funktioniert. Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sind weitere Fähigkeiten, die ich nun in meinem Repertoire habe. Ein Dritt-Kultur-Kind zu sein bringt allerdings auch einige Nachteile mit sich. Trennungen, seien es die von der Familie, von Freunden oder von Orten, werden zwangsläufig zu einem Teil des Lebens. Die große Distanz zu meinen Verwandten macht ein Wiedersehen selten möglich. Es ist auch schwer, Stabilität in einer Kultur zu finden, denn ich stehe immer zwischen zwei oder mehreren Kulturen. Ich weiß nicht wirklich, wo ich dazugehöre. Dadurch wird es ständig Situationen geben, in denen ich auf Unverständnis treffe. Meine Stabilität erhalte ich durch das Unterwegssein. Ich merke, dass ich verschiedene Weltansichten und Wertesysteme erst einmal sortieren muss, bevor ich meine eigene Identität definieren kann. weltbewegt 23 „Woher komm st du?“ vor ern gehören m m o rp o V lenburg teuropa nach tion in Meck s ra O e s n u e a G n rn e e it lt nd deren E Zur zwe ristina (16), u ugendliche, K J ), d 1 n (1 u l r ie e n d a in allem K so wie D von der mmen sind, o k e g d und werden n la w h o n e g a H Deutsc ute in Sie leben he itet. Viktoria (16). meinde begle e g n e h c ir K n dortige Unbekannt us Eltern sind a sse. Meine la K in . e 5 t ie ib d g he in n. E s le Akkordeo re alt und ge h ie Ja sp lf h e Ic . in n b eißt bore niel, nöpfe und h h bin hier ge Ich heiße Da a s h a t nu r K men aber ic d m r zeigt, aber e e ko b g e a l g a t, d is m n Russla ähnlich e mir ein s si a t d a t, h n r e E . m Instru ine Flöte, die oschka russisches onika und e at eine Garm rm h a a h p d n O u in M e .M eine n mache ich Garmoschka h h a b e au c h it drei Jahre Ic se t. d h n ic U n . e e rr si ita n er dafür aber G spielen kan m ielen kann, sp t h ußen mit de ic n r e ich leid auch viel dra r . e in r b a u re e n in V h b c , im u em ich a spiele Karate in ein gern Laptop tter spreche u h c M em u r in a e e h in m e ic it m le ie as m h. Mit Ansonsten sp usste sie etw end Russisc m ß h ie fl lic n u n n e n N a ka . d nn . Ich gt. Als er sie t deutsch ka Rad und so r „O.K.“ gesa e so schlech u selbst si n h r il e Ic e m w t. , g im h c sa e Russis .K.“ ge i hatte si „O e r b u a n D r . e n d e ie h S ei prachen rec au c h w Trainer besp wenn man zw e, hatte sie t, tt u a g h s t e g e a d fr n e sg Ich fi he als einmal etwa m deutsch. ische Sprac lle ss a ru r ie vo d e n h c re re n de denke und sp h mit zwei a r uns. ier lang habe ic it e rsteht, auße Z ve e eisbaden. H d in n E a . m ie n kann ie , die gehen d te t, u ört, tz e h u L e n s g e e b e t b e ch . Ich ha r. Da gib ie ka h h ls sc a o Geheimspra rs rm e a d die G rügeln. ist vieles an iele spielen z schlimm p V n . a n g e l h a In Russland m se h e c g n t a s noch nich die Kinder m habe ich da in Russland n le u h c S n e d hen Fahne dass sich in t da . r der deutsc h e ic ß n u a h c ube rot t, o h n ic n r ja ehen. Ich gla weiß ich st t, n is e Aber ich wa h c rb a is F p ma l r die tschland ty damit wir ein gelernt, wofü t, ir tz w je n Was für Deu rt e a b a sp h g! Wir utter der Schule ier. Meine M d total holpri h n r si se rt u natürlich. In o ä d h n le e ypt mit Straß roten Zieg ine Mutter sk können. Die e n M re . h a stand für die fa m O d n r e en übers mein nach Russla elen Freund r Schwester vi e t d ib zusammen zu re t h k sc ta r n e rt noch Ko Meine Mutt lassniki“, die haben ja do h aber nicht. eißt „odno k ic h iß s e a d w , t, p n p h a o hats ihr. Wo sie w ramm wie W ibt ein Prog g s E alt war. Ich t. e rn Inte h drei Jahre ic ls “. a n t e d hat dort n d n ra e e tr m e g a ng e n u n Mutter ge kg c r e „Klassenka rü in e zu m d n n r la at sich vo meinem Vate ist nach Russ Mein Vater h e einmal mit mehr ihn. Er rn n e a g t e h rd ic ü n w h h erinnere mic ir hinfahren. eites Kind. Ic arate. hen, wenn w u und ein zw se ra l F a e m u in e e n il: Ich kann K e e ja rt n o ein V ih n h e ic in n e ha be en, wie es lleicht kan lles so bleib werden. Ich a t r is skypen. Vie ie liz h o n P n t h ka wohl und onst h vielleic h fühle mich brauchen. S Ic e . g t Später will ic se u u g a t h u m Z e n, d e n n t mein sie bestim nisch zu lern genow, es is a a p Das können H ja , in h e c o rn n e wann re es wohne g aber irgend en. Cool wä te ib h c le jetzt ist. Ich ö b m zu h r Ic ie . rate rstellen, h au s de m K a kann mir vo paar Worte in können. e n n e o h h c sc chen spre ra ich kann ja p S i e zw mehr als gerne noch 24 weltbewegt Fotos: C. Wenn (2) so s e l l a r e i h n n a k h c i l t n e Eig t s i s e e i w , n bleibe Schwerpunkt n e b a h n e b e L m i l e i Z n i e l l i Ich w Zug hat schlimm. Im r a w d n la Russ amit er bezahlen, d Reise durch n ie ih D n . te 16 ss in u b ltern m , die nicht toria und en. Meine E iner Familie m e m it Ich heiße Vik o M n . e g lle it e riedland Krimin l ein Mann m iner Zeit in F n bestimmt e re m a s w u mich einma A s . a n D ker war. efange r freilässt. der total lec lägerei ang , h se c ä S mich wiede K e n in e e in e recklich. und e e, haben si fand ich sch n Spielplatz e n d e rt n zahlen wollt a a rg m e d lle Konflikt Den Kin mich vor a m seit dem lle a r o erinnere ich V . in e. Viele d zu se meiner Klass aus Russlan in , r m a le a b p ro in P e gen ich nicht s eher ein mmen!“, sa auch wenn ko f, o n o e d Heute ist da ss k u ti R ri K tanden. iese ine. „Die Wörter vers ür mich ist d lle F . a mit der Ukra t ik h lit ic o n P h e es besser. e hab ic ie russisch anach ging zur 3. Klass D is kritisieren d B . in b t deutsch. gemein der Schule in persönlich h ic ke n e nderen Heute d hülern aus a sc it M n e in e in Kontakt ut mit m h a b e n, u m r auch sehr g te h h ic ic e le m r e m gst, dass inand lasse ko habe ich An ir es untere l w a In meiner K m ss h a c d n , a ke M r, als die a b e n. s. Ich den ie unter Hitle ahrungen h w rf d E Ländern au ir e w h lic so n s h lleicht ist ass e , weil wir ä richt oder d al davon. Vie m sb h u c a zu kommen n g a e m ri t K e n her hat. e red chland ein ieses Denke serer Klass n d u st in n r hier in Deuts so e r in e E ousin oder ht, wo lgt wurden. d, seinem C Ich weiß nic . n u zi a re N F Juden verfo in m e e wie n Vorteile. it mein er so etwas ne, hat scho wenn ich m n , ke se u n a e h h c zu ra i Sp d ich kann h denke ich ass ich zwe rstehen. Un D . ve in h b Auf russisc ic . n m e e m si ass übersetzen pels zusam de n, o h n e d re re seinen Kum e . d n n e a rd r ben wü ch ma l übe Russland le in Ich kann au h c so o t n h ir nic nw n und wäre s wäre, wen a mehr rede e ich, wie e d g h weiß es e ic rl h e e Ic b rd ü ? l ü in a ich so b orden? W M a nc h m w ss e a g d , rs e e h c d n sser haben. n Spra g a nz a ir es hier be er deutsche d w Wäre ich da n ss a a s ch d a r, d u t eiß n ? Lieg ir einmal na nicht. Ich w schüchtern war, sind w n h gt ze in h d e ic u nb Als t und wollte einem Dorf. in in e ir w e w h g n ic r te h b ss se a le st, d e ich In Russland atte ich Ang bschied hatt h A m e l. im a e rd e m B ß . in u n e ort. A efahre später spannend d Russland g che ich sie d n su u e t zu b u t t is h ra rt ic h isc Vielle war so ve ftliches Russ hen würde. bleiben. Es d mein schri ie wiederse n schlecht. n u n r e te u d n te a auch zu t is meine Verw r s a D . in h will späte e n, n e Aber da leb fwachsen! Ic u a e ig si h r c fü ra , p be eis ers. Ich glau natürlich zw er sind and n inder sollen n K ä r, dass sie n e M e g n e ti e h h c ig ic e Meine finden w ann. Deuts ie . M S n . e lle h c o R is ine a c he n ka n n n russ r der Frau ke d Karriere m einmal eine te n k u . t ra d n a n ie h si C rd n d e ve Geld erzog nheit un zu schlecht spielt Schö ft o ke e n h e d lic d n en an rn reden: D eutsche Jug ber ihre Elte uch, dass d ü a l a ihre Eltern m m e ie h rd n c e n n ß a e u der würd wie sie m , in Ich finde a K ss e ra h k c l is ta beleidigen. Russ es to eine Mutter! Für mich ist d h c o mir d t is as n. Das gibt ich, hallo, d n Plan habe e in e bin d h n Ic u . l e he n in Zie ymnasium g ich immer e g h te c h a c o h, F ö fr in m te e n u f e he eb h au Fälle bin ich In meinem L e möchte ic lle ss a la f u K hl. . o A . w 10 e r d b e n a riert u N ach d ieden h h hier integ Motivation. ic afür entsch d m t le tz h je fü h h ic . Ic hm hier zu sein froh, dass ic weltbewegt 25 Gemeinschaf t ist mir am wicht igsten Ich bin Krist ina, die best e Freundin vo Pelzmantel n Viktoria. W hatte und je ir sind mit d m and eine Pe gefallen. Da em Flugzeu lzmütze. Da s einzig Gute g gekomme s war viel zu w w ar, dass Vik Wegen der n. Ich weiß n arm für Deu toria da war Sprache ha och, dass m tschland. Im tt u n e eine Mutter d n wir zusamm wir natürlich „für Aussied Kindergarte einen en gespielt Nachteile in ler“. Das ge n h a t e h s fi a d m e b e l ir auch nich en r Schule. W mir nicht, de hatten uns g t gut ir hatten ab nn ich wuss esagt, dass er einen extr te nicht, was wir nicht ne Ich fühle me a Deutschku das bedeute beneinande hr deutsch rs. In meine t, und dachte r sitzen sollt als russisch spreche. Au m Heft stan en, damit w , das sei ein , da ich fast ßer mit mein d ir nicht russ S c himpfwort. U n u r e m r it Deutsche is Mutter. Trotz denke ich, d c h sp nsre Eltern re chen. Das fa n zusamme dem kränkt ass sie ja nu nd ich nicht n bin und a es mich, we r das Russla S e n du n g e n so gut. uch mit me nn man sch nd kennen, . Als wir ein in e le r c Familie meh d h a t m s ü ih a b l mit der Kla er Russland nen im deuts gewalttätig. r deutsch sse im Thea spricht ode chen Fernse Über diese r Kasachsta Klischees h ter waren, tr hen gezeigt Wenn ich in n. D a n n a at ein Vater t sich ein ru wird. Aber w Russland le ssischer Mit auf, der sollt ir sehen auc ben würde, kamen aus sc e h h ü w andere e ler echt aufg in Russe se äre alles ga einer Stadt, nz, ganz an in. Er war S eregt. Das ka und es ging Straßen und d ä e u n rs fe n . uns eigentlic r und ich verstehe Ich würde a so. Wir fahre nders denke h sehr gut. n. n diesen So Außerdem fi Aber ich ha n und vielle mmer zum e nde ich es a b ic e ht au c h m e h gehört, dass rsten Mal w uch gut, zw Ich finde au r reden. Wir ieder hin. Ic da jetzt gan ei Sprachen ch, dass Ru h will mir alle z viel kaputt is zu kö ss n n e e n. n mehr Wert Schönheit w s ansehen. A t, auch die ichtig, aber ber da leben aufs Äußere ich will erst möchte ich legen als D Kinder resp e nicht. in eutsche. Ab e Ausbildun ektvoller zu er ich bin a g m a c h e n, G Eltern, Lehre Mit mehrere u e c rn ld h schon etwa verdienen u oder überha n Sprachen s deutsch, nd dann ein upt zu Ältere h at m a n me Im Untersch ich finde Kind. Ich fin n sind. Ich m h r C h a nc e n ied zu Deuts d e a u c h, d a . Mein Neffe öchte, dass chland finde Personen. N ss sp a ru u ri c ssische c h h ich, dass die meine Kinde t drei Sprac icht nur Elte hen fließend r russisch sp Familien in rn und Kind können ausg R u re . n u A d ss c h e n. u ist in der Gru ßerdem find land eher zu elassener fe e ich die De ndschule! sammenhalt iern, verkleid wir mit unse u ts e n c e . Zur Familie hen sehr bü n sich. Trotz ren zwei Kult rokratisch. R dem finde ic gehören au uren und Sp Was mir im c h me hr ussische Me h deutsche rachen eine Leben wirklic M n b sc ä e n ss h n en sind offe e e r re in V h te orstellungsk wichtig ist, re ss a ner, die für Neues. E n te r. Ich denke ist die Gem raft entwicke in Ziel zu ha grundsätzlic einschaft vo ln. Wir habe ben. Unsere verstehen, w h n , dass n F einfach eine amilie und F Eltern hatte arum sie da andere Pers reunden. Ich n ja auch ein So war es n s g e m p a e m c ktive. h ö t haben. Ich icht so schw chte auch o en Plan und ffen und be bin froh, da er, die Spra ein Ziel und re ss ich als K che zu lerne it si n sein d dann aufg ind hierherg n. ebrochen. Ic ekommen b h ka nn in und nicht als Erwachse ne. Protokolle ng e s Viktoria und Kristina sind beide 16 Jahre. Viktoria kam 2003 mit vier Jahren mit Eltern, Großeltern und Tanten als Spätaussiedlerin von Russland ins Erstaufnahmelager nach Friedland. Kristina war drei, als sie mit Familie und Verwandten nach Friedland kam. Anschließend ging es für sie in das Aufnahmelager bei Lübtheen, bevor sie dann schließlich in die Kleinstadt Hagenow kamen. Viktoria besucht die 10. Klasse einer Regionalschule und Kristina das Gymnasium. Die Diplom-Pädagogin Katja Huenges arbeitet seit September 2007 in der evangelischen Kirchengemeinde in Hagenow in der Arbeitsstelle zur Unterstützung der Integration von Spätaussiedlern und anderen Zugewanderten. Zu den vielfältigen Projekten gehören auch Gitarrengruppen, in denen auch Viktoria, Kristina und Daniel sind. Die Arbeitsstelle wurde eingerichtet, da der größte Teil der Zugewanderten zur Gruppe der „Russlanddeutschen“ gehören. Viele sind Mitglieder der evangelischen Kirche, haben aber kirchliches Leben vorher kaum kennengelernt. 26 weltbewegt Fotos: C. Wenn (2), I. Stein (1) : Katja Hue Schwerpunkt Forum Ich bin dort zuhause, wo Freunde und Familie sind Wir sind 2002 nach Deutschland gekommen, da war ich drei Jahre. Meine Mutter hatte entschieden, dass es hier besser für mich sei als in ihrer Heimat in der Nähe von Omsk. Wir haben erst in Wismar gewohnt, meine Mutter hat studiert, mein Vater gearbeitet. So war ich als Kind oft bei den Großeltern, die mit uns nach Deutschland gekommen sind. Ich glaube, dass ich viel von ihnen übernommen habe. Ilja Stein ist Hamburg ist mein Zuhause. Heimat ist für mich dort, wo meine Freunde und Familie sind. Wenn ich mit Freunden 15 Jahre und an der Außenalster sitze, fühle ich mich heimisch. Aber das geht mir auch so, wenn ich in Russland mit meinen lebt mit seinen dortigen Freunden zusammen bin. Manchmal sind meine Eltern genervt, dass ich meinem Freundeskreis so viel Eltern in Zeit schenke. Für mich sind aber Freunde und Familie fast gleichwertig. Vielleicht liegt das daran, dass ich sehr Hamburg-Harselbstständig bin. Ich pflege meinen Bekanntenkreis und der ist ziemlich groß, weil ich in der Kirche und im burg. Ruderverein aktiv bin und Gitarre und Saxophon spiele. Mir bedeutet mein Glaube viel. In meiner evangelischen Gemeinde betreue ich eine Konfirmandengruppe. Bei einer Exkursion nach Dänemark haben wir eine Woche lang über Religion, Leben und Tod gesprochen. Da war dieser Ort ein Stück Heimat. Meiner Ansicht nach ist Deutschland bereits ein multikulturelles Land. Man kommt ja gar nicht umhin, Freunde mit Migrationshintergrund zu haben. Mein bester Freund ist Deutscher. Durch ihn habe ich jedoch auch Menschen mit polnischem, russischem und ukrainischem Hintergrund kennengelernt. Mir fällt auf, dass sie irgendwie lockerer miteinander umgehen, so als ob sie mehr im Jetzt lebten. Das spüre ich auch, wenn ich in Russland Urlaub mache. Sport ist Jugendlichen dort wichtiger als hier. Da ich sehr sportlich bin und Leistungsruderer war, wurde ich gleich aufgenommen. Auch vom Erwachsenensein gibt es dort ein anderes Verständnis. In Deutschland ist man mit fünfzehn noch eher ein Kind, in Russland fast ein Mann. Seit einiger Zeit spüre ich deutlicher, dass ich eine deutsche und eine russische Seite habe. Ich spreche beide Sprachen. Wenn ich Deutsch rede, lispele ich ein bisschen. Das tue ich nicht, wenn ich – mit leichtem Akzent – russisch spreche. Zwei Sprachen zu können, hat viele Vorteile. Ein Nachteil ist, dass diese Sprache in meinem Kopf Platz einnimmt. Wenn ich in der Schule dazu noch Englisch und Spanisch lerne, haben es andere manchmal leichter als ich. Aber die Vorteile überwiegen. Ich kann die kyrillische Schrift lesen und werde oft gebeten, etwas in der Sprache zu schreiben. Russisch ist ein Teil von mir, der mir fehlen würde. Deshalb versuche ich gerade, dieser Kultur näher zu kommen, lese und höre russische Musik. Ilja Stein Ich mag die Sprache. Das Russische steht für mich für Emotionen, Glaube, Familie, Gelassenheit. Mit meiner deutschen Seite verbinde ich vor allem meinen Freundeskreis, Toleranz und Sicherheit vom Staat. Mich interessieren überhaupt andere Menschen, Länder und Kulturen. Das fördert Kreativität, Phantasie und letztendlich den Kontakt zu Menschen. Was wäre denn, wenn jeder in seinem Land bleiben würde? Das wäre kein Leben. Letztendlich haben doch alle Kulturen eines gemeinsam: dass man Mitmenschen achten sollte, egal welchen Glaubens. Das ist ein Wert für mich. Vielleicht liegt es an meinem Hintergrund, dass ich so viel über diese Dinge nachdenke. Ein Freund von mir ist Russe, sein Großvater wurde in den Krieg gegen die Ukraine geschickt. Darüber haben wir oft gesprochen. Ich möchte Sport, Informatik und Religion studieren und Lehrer werden; auch um manches besser zu machen. Zum Beispiel finde ich es nicht gut, wenn jemand bevorzugt und ein anderer ungerecht behandelt wird. Später will ich einmal in Deutschland, den USA oder England leben. Auf jeden Fall in einer toleranten Gesellschaft, in der jeder seine Meinung sagen darf, ohne unterdrückt zu werden. Protokoll: Katrin Wienefeld „Wenn jeder in seinem Land bleiben würd e, das wäre doc h kein Leben!“ weltbewegt 27 n Unbeka nt „Man lernt toleranter zu sein“ Ravinder Singh gehörte zu den ersten Teilnehmern des FORUMS – Young Migrant Talents e.V., das junge Menschen mit Einwanderungsgeschichte fördert. Herr Singh, Sie sind deutscher Staatsbürger mit indischen Wurzeln und leben derzeit in den USA. Vor einigen Jahren verbrachten Sie ein Jahr in Hongkong. Was macht für Sie der Begriff „Heimat“ aus? Über diese Frage habe ich schon des Öfteren nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass Heimat für mich dort ist, wo die Familie ist. Daher würde ich Hamburg als meine Heimat bezeichnen. Bisher galt für mich Hamburg als schönster Ort der Welt. Seitdem ich allerdings hier in Kalifornien studiere, könnte ich mir auch vorstellen, meinen Lebenssitz hierhin zu verlegen. Die Freunde, die ich hier gefunden habe, sind wirklich etwas Besonderes geworden. Es wird mir schwer fallen, nach dem Semesterende alle gehen zu lassen. In Hamburg lebten Sie eine Jugend lang in einer viel- und nicht religiösen Umgebung: Christen, Muslime, Orthodoxe, Nichtreligiöse. Welche Rolle spielte die Religion bisher in Ihrem Leben? Meine Eltern sind Sikhs. Ich würde sagen, dass ich religiös bin, würde mich aber nicht wirklich einer Religion zuordnen. In der Vergangenheit habe ich schon mal den Hinduismus, Islam, Buddhismus und Sikhismus praktiziert. Ich bin der Ansicht, dass Religionen ein Weg sind, Gott näher zu sein und Hoffnung zu finden. Und, haben Sie aus Ihrer Religion bestimmte Werte entwickelt? Ich habe aus indischen Religionen, dem Hinduismus und Sikhismus, gelernt, dass Toleranz sehr wichtig ist. Der Sinn einer Religion ist es, den Menschen dazu zu erziehen, ein „guter“ Mensch zu sein. In unserer Organisation FORUM – Young Migrant Talents e. V. haben wir in den sieben Jahren des Bestehens keine offenen religiösen Konflikte erlebt. 28 weltbewegt Vielerorts ist das anders. Wie erklären Sie sich diese Differenz? Wahrscheinlich liegt das daran, dass wir YMT‘s aus verschiedenen Kulturen kommen und uns alle respektieren. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Bei YMT muss sich keiner für seine Religion schämen oder rechtfertigen. Die Atmosphäre war immer sehr angenehm, wenn wir über Religion gesprochen haben. Entwickelt man besondere Fähigkeiten des Weltverständnissen, wenn schon die Familie in zwei Kulturen lebt? Man lernt definitiv, toleranter zu sein und andere Menschen nicht nach dem Äußeren zu beurteilen. Meinen Eltern war es wichtig, dass wir gegenüber jemandem Fotos: YMT privat (2), C. Wenn (1), Cartoon: J. Tomaschoff/toonpool.com , „ Die Orte a n de n e n , bist n e s e w e du g ch haben di geprägt.“ Schwerpunkt aus einer anderen Kultur immer Respekt zeigen. Es hat mir im Leben sehr geholfen mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zu agieren. Wie verstehen Sie den Begriff „Parallelgesellschaft“? Darunter verstehe ich, dass in Deutschland gewisse Schichten aneinander vorbei leben. Die Minderheiten, die Immigranten, leben in ihrer Welt und die Deutschen in einer anderen. So scheint es mir zumindest manchmal. Das Verständnis zwischen beiden „Gesellschaften“ ist immer noch sehr schlecht. Dies ist der Grund, warum es mit Pegida und der AfD so weit kommen konnte. Vor einigen Wochen erzählten Sie mir von einem Gefühl der Freiheit und des Glücks, welches Sie in Ihrem derzeitigen Studienort erleben. Der Gründungsmythos Amerika lebt? Ich denke, es kommt darauf an, wo in den USA man lebt. Kalifornien unterscheidet sich noch mal deutlich von anderen Bundesstaaten. Die Menschen hier sind alle sehr offen, freundlich und gut gelaunt. Darüber hinaus nehmen sie das Leben viel entspannter. Seitdem ich hier bin, unternehme ich viel mehr in der Natur. Ich gehe kajaken, surfen, wandern und erforsche die Gegend rund um Monterey, wo ich studiere. Man hat das Gefühl, richtig zu leben. Ravinder Singh (links) während einer Auslandsreise mit dem FORUM Young Migrant Talents e.V. nach Istanbul. Rechts: Die Fachreferentin Sarah Wittkopf. Ravinder Singh wurde am 3. September 1991 in Ludhiana (Indien) geboren. Nach seinem Besuch in einer Hamburger Realschule war Singh auf einer Höheren Handelsschule und wechselte danach aufs Gymnasium Allee in HamburgAltona. 2012 schloss er seine Schulbildung mit dem Abitur ab. Auf Vermittlung von FORUM – Young Migrant Talents e. V. (YMT) nahm er noch während der Schulzeit für ein Jahr an einem Austauschprojekt in Hongkong teil. Danach begann er ein Studium in den Fächern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft (PGW) und Anglistik für Höheres Lehramt. Zudem war Ravinder Singh Stipendiat der Deutschlandstiftung Integration im Stipendiaten- und Mentorenprogramm „Geh Deinen Weg“. Derzeit absolviert er ein Auslandssemester an der Universität von Monterey/Kalifornien. Im Herbst 2015 wird er sein Studium in Deutschland fortsetzen. Ravinder Singh hat fünf jüngere Geschwister, von denen vier ebenfalls YMT-Mitglieder sind. Er gehört zur ersten YMT-Generation. Herzlichen Dank, Herr Singh! Emrecan Ata, Gülsah Cakas Die Fragen stellte Barbara Seibert. Barbara Seibert, studierte Geografin und Religionswissenschaftlerin, gründete in Hamburg 2007 das FORUM Young Migrant Talents e.V., der Bildungsprogramme zur Förderung engagierter und begabter jungen Migrantinnen und Migranten anbietet. Heute gibt es die Organisation auch in Berlin. Im Rahmen des Programms werden neben schulbegleitenden Veranstaltungen auch Informationsveranstaltungen zu gesellschaftspolitischen und religiösen Themen angeboten, u. a. unter Mitwirkung von Dr. Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene. weltbewegt 29 „Ich vermisse etwas und habe doch alles“ Mein erster Eindruck von Deutschland war, dass es einerseits ein modernes Land ist, dass die Menschen aber auch das Alte und Bewährte schätzen. Mir ist aufgefallen, dass viele sehr neugierig auf andere Kulturen sind und mehr darüber erfahren wollen. Zuerst ist mir die große Stille aufgefallen, die ich hier erlebe. Das finde ich schon besonders und genieße das. Ebenso wie die Möglichkeit sehr eigenständig leben zu können. Beeindruckend finde ich auch die Jahreszeiten. Im Winter gehe ich zu Arbeit, wenn es dunkel ist und wenn ich nach Hause komme, ist es bereits wieder dunkel. Im Sommer kann ich dann draußen noch abends um zehn die Zeitung lesen. Neun Monate lebe ich nun schon in diesem kleinen Ort an der Küste Norddeutschlands. Zu meinen Hauptaufgaben gehört es, die Klima-Ausstellung „Der achte Tag“ zu betreuen, die derzeit im Christian Jensen Kolleg in Breklum gezeigt wird. Das heißt, ich führe Interessierte durch die Ausstellung. Mein Anliegen ist es, den Besuchern dabei ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zum Thema Klima zu vermitteln. Als Umweltwissenschaftlerin ist es mir ein Herzensanliegen darüber zu sprechen, wie unterschiedlich die klimatischen Bedingungen sind, unter denen die Menschen in der Welt leben. Schon jetzt haben ja viele Menschen, vor allem in den Ländern des Südens, unter den Folgen des Klimawandels zu leiden. Die Meeresspiegel steigen und gefährden tiefer liegende Regionen und Inseln. Gletscher schmelzen, die lokalen Wetterverhältnisse ändern sich. Mit der Folge, dass es immer häufiger Stürme gibt und Dürreperioden die länger andauern. Diese Auswirkungen sind wirklich ein großes globales Problem. Eindrücklich haben wir über diese Folgen auch auf der Weltklimakonferenz in Lima gesprochen, an der ich als Jugenddelegierte im vergangenen Jahr teilgenommen hatte. undesstaat ypore, im B Je in t eltis i as Sie ist Umw Pranita Bisw s geboren. n es ie d d e In p p n e ru st r Arbeitsg e d Odisha im O d lie itg c tlerin, M limagere h m The m a K wissenschaf zu 5 s e 01 d 2 n r u e zemb n Weltb ierte im De Lutherische . d als Deleg ir w Paris reisen d h n u ac n it z n re tigke fe n o ak zur Weltklim 30 weltbewegt Meine andere Aufgabe in Breklum besteht darin, bei der Organisation von Seminaren zu helfen und einen Permagarten zu betreuen. Einen Garten, der so angelegt ist, dass die Pflanzen sich gegenseitig schützen. Bei dieser Arbeit wird mir noch einmal bewusst, wie wichtig Pflanzen für eine bessere Zukunft sind. Übrigens habe hier zum ersten Mal gesehen, wo die Äpfel herkommen. Natürlich denke ich auch an Indien, denke an Situationen, in denen ich mich mit meinem Bruder um ein Stück Schokolade gestritten habe, oder meine Eltern mich trösteten, als ich traurig war. Das bedeutet für mich Heimat, die ich verlassen habe und die ich vermisse. Aber Zuhausesein bedeutet auch, wenn man etwas vermisst und sich immer noch so fühlt, als ob man alles hat. Und das kann an Orten sein, zu denen man eine besondere Beziehung entwickelt. Dort, wo man spürt, dass man dazu gehört. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass alle Menschen auf der Welt gleiche Rechte und Chancen haben und die gleichen Möglichkeiten, um sich an den Ressourcen der Natur zu erfreuen. Ich möchte mich für eine Veränderung und für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen einsetzen. Auch wenn ich nur kleine Veränderungen bewirken kann. Ich will es versuchen. Fotos: L. Triebel (1), CJK (1) „Ich will etwas verändern“ Schwerpunkt Forum Die Inderin Pranita Biswasi (24) und Ester Nabaasa (23) aus Uganda arbeiten derzeit als Freiwillige im Christian Jensen Kolleg in Breklum. Dort engagieren sie sich für Themen, die ihnen am Herzen liegen. Ich freue mich, dass Pranita auch in Breklum ist. Wenn ich Zeit habe, begleite ich meine indische Kollegin durch die Ausstellung. Denn wenn sie abreist, werde ich die Führungen übernehmen. Das Thema Umwelt interessiert mich ebenfalls sehr. Als ich hierherkam, war ich natürlich sehr neugierig auf das Land und den Lebensstil der Menschen. Ich wollte meine kulturellen Kenntnisse erweitern, aber auch mein Wissen und meine Fähigkeiten einbringen. Ich bin froh, dass ich das hier kann. Ich mag es, mich mit anderen auszutauschen. Das macht mich aufmerksam für die Eigenheiten der deutschen und ugandischen Kultur. Ich will noch so viel kennenlernen. Was mich an Deutschland anfangs sehr beeindruckt hat, waren die schönen alten Häuser. In Uganda muss man schon sehr lange suchen, um alte Häuser zu finden, die noch so gut aussehen. Dann kann ich mich natürlich auch noch an den ersten Schnee erinnern. Noch nie habe ich zuvor Schnee gesehen. Das war wirklich aufregend. Ich bin auch immer wieder überrascht, wie pünktlich alles stattfindet oder erledigt wird. Es gibt kaum Verzögerungen. Auch das Verkehrssystem funktioniert fast perfekt. Ich war wirklich aufgeregt, als ich hier zum ersten Mal mit der Bahn fuhr. In Uganda gibt es auch Eisenbahnen, allerdings werden damit Güter transportiert und keine Menschen. Sehr schön finde ich hier auch das viele Grün und die vielen bunten Blumen an einem Ort. Ich liebe übrigens auch das deutsche Essen, Sauerkraut, Leberkäse, Kartoffelbrei, Schokolade, Äpfel und Erdbeeren. Was ich außerdem sehr mag, sind die Begrüßungen, die Art sich jeden Tag „Hallo“ zu sagen oder „Moin“. Trotzdem denke ich auch gerne an Uganda. Aber Heimat ist für mich kein Ort, sondern ein Gefühl. Ich fühle mich dort zuhause, wo ich von liebvollen und sorgenden Menschen umgeben bin. Wo ich mit anderen Geschichten, Ideen, Hoffnung und Traurigkeit teilen kann. Vor allem wenn man die Sprache und Kultur noch nicht gut kennt, helfen diese Erfahrungen, um sich trotzdem verbunden zu fühlen. Für die Menschen in der Welt wünsche ich mir Frieden. Ich wünsche mir, dass Menschen das bekommen was sie zum Leben brauchen, auch die Erziehung und die Medizin, die sie brauchen. Menschen sollten nicht mehr unter den Folgen des Klimawandels leiden müssen, weder unter Unwetter oder Dürre noch unter Luftverschmutzung. Mein Ziel ist es, hier und überhaupt in meinem Leben, noch möglichst viel zu lernen, damit ich die Menschen in meiner Heimat Uganda unterstützen zu kann. Protokolle: Ulrike Plautz „Heimat ist kein Ort, sondern ein Gefühl“ Ester Naba asa (23) kom mt aus dem im Südwest Bushenyi D e n Ug a n d a istrik t s. Sie arbeite gogin und h t als Sozialp at einen Bac ädahelor zum T lung an der hema Entw Mbarara Un ickiverstität fü und Techno r Wissensc logie absolv haf t iert. Zudem Freiwillige fü hat sie sich r landwir tsc als haf tliche En gramme en twicklungsp gagiert und rosich unter a Wiederauff nderem an orstungspro einem gramm bet eiligt. weltbewegt 31 Partnerschaften zwischen Schatztruhe und Beziehungskiste 139. Jahresfest der Ökumene in Breklum E ine Prozession wird das zweitägige Jahresfest der Ökumene 2015 am 20. Juni in Breklum eröffnen. Hereingetragen werden Schatzkisten, reich gefüllt mit Kostbarkeiten und Kleinoden aus den Partnerschaften mit aller Welt. Gruppen und Institutionen aus dem Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland werden sie gestaltet haben mit ihren Erfahrungen aus den Beziehungen in die verschiedenen Kontinente. Dazu gehören zwischenmenschliche Begegnungen mit ihren Gemeinsamkeiten, Unterschieden und auch Missverständnissen, sowie Vertrautes und Fremdes im Verständnis der Bibel und im geistlichen Leben. Der Reichtum, den das weltweite Netz der Partnerschaften in sich birgt, wird ebenfalls die Begegnungen und Gespräche, Work- 32 weltbewegt shops und Aktionen während des diesjährigen Jahresfestes anregen. Zwei Tage lang können Partnerschaftsgruppen ihre Erfahrungen austauschen, Neugierige sich informieren oder Interessierte sich anregen lassen: Was ist attraktiv an einer Partnerschaft? Welche Früchte kann sie tragen? Wann oder warum kann sie mühselig werden? Wo kann es zu Verstimmungen führen? Droht nicht auch manchmal aus einer verheißungsvollen Schatztruhe eine beengende Beziehungskiste zu werden? „Wo zwei oder drei – ökumenische Partnerschaften zwischen Schatztruhe und Beziehungskiste“, so lautet darum das Motto des Jahresfestes auf dem Breklumer Campus. Partnerschaftsgruppen, Kirchenkreise, Kirchengemeinden sind eingeladen, ihre weltweite Verbundenheit zu feiern und zu bedenken. Die Idee für Thema und Inhalte ergab sich aus dem Blick auf die Partnerkirchenkonsultation, zu der die Nordkirche etwa 30 internationale Partnerkirchen für September eingeladen hat. In Breklum wird zurzeit an einzelnen Programmpunkten für das Jahresfest intensiv gefeilt: am Auftakt des Festes, an kreativen und vertiefenden Workshops, an Spielerischem zwischendurch, an einem festlichen Abendprogramm, das den ersten Tag ausklingen lassen soll. An diesem Abend soll unter anderem ein Internetportal feierlich eröffnet werden, mit dessen Hilfe sich kirchliche und nichtkirchliche Partnerschaften in der Nordkirche vernetzen können. Im Plenum des Samstagnachmittags geht es um Parallelen in ökumenischen und zwischenmenschlichen Partnerschaften. Dr. Wolfgang Schnetzer, Bremer Trainer und Therapeut, wird Muster, Strukturen und Phasen vorstellen, in denen sich ökumenische Partnerschaften und zwischenmenschliche Beziehungen gleichen. „Aus dem besseren Verständnis der Beziehungsstrukturen ergeben sich neue Möglichkeiten zu gestaltendem Handeln“, so die These des Therapeuten. Der Gottesdienst am folgenden Sonntag in der Breklumer Kirche gehört bereits zur Tradition. Dort wird Bischof Job Titos Mbwilo aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania predigen. Nach dem Mittag wird Rudolf Giesselmann einen experimentellen Raum zum gegenseitigen Zuhören entwickeln. Als Bühne für sein „listening projekt“ dient ein leerer, zu einer Seite hin geöffneter Caravan. Außerdem wird eine Fotoausstellung eröffnet, mit der man unter anderem bereits einen Rückblick auf den ersten Tag des Festes werfen kann. Das Fest endet mit einem Ausblick auf die Partnerkirchenkonsultation im September, die unter dem Motto steht: „Gemeinsam den Weg der Gerechtigkeit gehen“. Fotos: C. Wenn (4) Klaus-Uwe Nommensen Nachrichten Nachrichten Schwerpunkt de der Generalversammlung des Zentrums für Mission und Ökumene. Auch Philip Potter fühlte sich dem Zentrum für Mission und Ökumene verbunden. So hatte er sich 2007 für die Aktion „ Aids bewegt“ zusammen mit seiner Frau engagiert, die die Kampagne eröffnet hatte. „Wir verlieren mit ihm einen Mann, der die Ökumene maßgeblich geprägt hatte“ erklärte Direktor Dr. Klaus Schäfer. Philippinischer Seemannspastor Aktionsstag der Aktion „Aids bewegt“ am 17. Juni 2007 auf der Kieler Woche. Hier im Gespräch Angelious Michael, Indien, Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, Philip Potter und Direktor Dr. Klaus Schäfer (v.l.n.r.) Großer Mann der Ökumene Nachruf auf Philip Potter In einem öffentlichen Trauergottesdienst am 16. April nahm eine internationale Trauergemeinde Abschied im Lübecker Dom Abschied von Philip Potter – einem großen Mann der Ökumene. Philip Potter war in der Nacht zum 31. März 2015 im Alter von 93 Jahren in Lübeck verstorben. Eine der Traueransprachen hielt unter anderem Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger Erzbischof von Kapstadt. Desmond Tutu und Philip Potter verband eine lange Freundschaft und das gemeinsame Engagement gegen Rassismus. Philip Potter war von 1972 bis 1984 Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf und in diesem Amt der erste Vertreter aus der sogenannten Dritten Welt. Er hatte sein Amt immer auch politisch verstanden. „In der einen Hand die Bibel, in der anderen die Zeitung“, war sein Motto. Potter ist auf der Karibik-Insel Dominica geboren. Schon seine Kindheit war ökumenisch geprägt. Demnach waren ihm konfessionelle Grenzen fremd. Er hatte multikulturelle Wurzeln, deshalb sei es ihm auch leicht gefallen, mit Menschen der verschiedensten Kulturen in Kontakt zu kommen, hatte seine Frau Bärbel Wartenberg-Potter einmal erklärt, mit der er seit 1985 verheiratet war. 1971 erhielt er von der Universität Hamburg seinen ersten Ehrendoktor, später auch von der Universität Kapstadt. Außerdem war Potter Träger des japanischen Niwano-Friedenspreises und des „Oliver Tambo Ordens“ Südafrikas. Zeitlebens hat er sich für die Einheit der Kirchen, Gleichheit und Würde aller Menschen, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eingesetzt. Nach seiner Pensionierung ging er mit seiner Frau von Genf nach Jamaika, wo beide an der Universität Theologie lehrten. Als Bärbel Wartenberg Potter 2011 zur Lübecker Bischöfin gewählt wurde, zogen beide nach Lübeck. Die ehemalige Lübecker Bischöfin war lange Zeit Vorsitzen- Pastor June Mark Yaňez von den Philippinen wird ab 11. Mai 2015 im Hamburger Seemannspfarramt der evangelischen Nordkirche arbeiten. Zu seinen Aufgaben gehören unter anderem Bordbesuche im Hamburger Hafen, Mitarbeit in den Seemannsclubs sowie Unterstützung der Arbeit für Kreuzfahrt Crews. „Mehr als die Hälfte der Seeleute sind Philippinos. Er wird die Arbeit der Seemannsmission sehr bereichern“, meint Seemannspastor Matthias Ristau. Pastor June Mark Yaňez ist Mitglied der „National Council of Churches in the Philippines“ (NCCP) und wird für drei Jahre in Hamburg tätig sein. Er stammt aus Cagayan de Oro, im Süden der Philippinen und war bislang Gemeindepastor. Er hat Erfahrungen im sozialpolitischen Bereich gesammelt und sich in der Vergangenheit unter anderem für die ökumenische Entwicklungsorganisation Kasimbayan und den NCCP engagiert. „Durch ihn können wir in der Nordkirche viel zum Thema Arbeitsmigration lernen“, erklärt Katrin Fiedler, Ostasienreferentin des Zentrums für Mission und Ökumene. June Mark Yaňez weltbewegt weltbewegt 33 33 Veranstaltungen Mit einem feierlichen Aussendungsgottesdienst werden 30 junge Erwachsene am Samstag, den 1. August 2015 im Ratzeburger Dom verabschiedet. Die jungen Menschen werden als Freiwillige nach Argentinien, Paraguay, Tansania, Südafrika, Indien, China, Kiribati und Papua-Neuguinea entsandt. Als Entsendeorganisation für die Nordkirche vermittelt das Zentrum für Mission und Ökumene junge Menschen in entwicklungspolitische und sozialdiakonische Projekte. Die Aussendungsfeier beginnt um 10.30 Uhr mit einem Gottesdienst im Dom mit anschließendem gemeinsamen Mittagsimbiss. Weitere Informationen: www.nordkirche-weltweit.de Sommerfest für ehemalige Freiwillige Nachtrag: Autorin des Nachrufs von Alex Afram in der weltbewegtAusgabe März - Mai 2015 war Martina Severin-Kaiser. 34 34 weltbewegt weltbewegt Am 29. August findet ab 16 Uhr im Zentrum für Mission und Ökumene ein Sommerfest für ehemalige Freiwillige, Stipendiatinnen und Stipendiaten statt. Eingeladen sind auch Familienangehörige, Freunde und Interessierte. Wie im letzten Jahr möchte das Zentrum für Mission und Ökumene eine Möglichkeit zum Austausch bieten. Es geht darum, die Verbindungen aufrechtzuerhalten und Partnerkirchenkonsultation „Gemeinsam den Weg der Gerechtigkeit gehen“ – unter dieser Überschrift steht die Partnerkirchenkonsultation vom 12. bis zum 21. September 2015. Mehr als 60 Delegierte der weltweiten Partnerkirchen der EvangelischLutherischen Kirche in Norddeutschland werden im September zu einer zehntägigen Konsultation über Fragen der Gerechtigkeit in der Nordkirche erwartet. Auftakt der Konsultation ist am 12. September in Hamburg. Im Anschluss werden die Delegierten in Gruppen vier Tage in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern unterwegs sein. Vor Ort wollen sie sich darüber informieren, wo sich unsere Kirche für mehr Gerechtigkeit engagiert sowie Perspektiven und Impulse für gemeinsame Anliegen formulieren. Dabei stehen neben Begegnungen und gemeinsame Andachten auch die Vertiefung inhaltlicher Themen wie Flucht und Migration, sowie Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit auf dem Programm. Am Sonntag, den 20. September endet die Konsultation mit einem Festgottesdienst um 10 Uhr in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. Kontakt: Pastor Matthias Tuve, Ökumemenische Arbeitsstelle, Pommerscher Evangelischer Arbeitskreis, [email protected], Weitere Informationen: www.nordkirche-weltweit.de. Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit Unter dem Motto: „Geht doch!“ startet am 13. September mit einer Eröffnungsveranstaltung um 13 Uhr in Flensburg ein „Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit“ zur UNKlimakonferenz 2015 in Paris. Der Pilgerweg, der von Flensburg über Trier nach Paris führt, endet am 6. Dezember. Weitere Informationen: Pastorin Anne Freudenberg, Tel. 040 88181-234, a.freudenberg @nordkirche-weltweit.de oder www.klimapilgern.de (s. auch Hinweis weltbewegt März - Mai S.34). Flüchtlingsschiff in Mecklenburg Das „Flüchtlingsschiff MS Anton“ ist in Mecklenburg-Vorpommern zu sehen. Die Kunstinstallation wird vom 4. bis 12. Juli in RostockWarnemünde und danach vom 17. bis 19. Juli in Greifswald zu sehen sein. Der dänische Künstler Jens Fotos: C. J. N. L. Kyll/Wikimedia (1), M. Baumann/adpic.de, ZMÖ-Bildarchiv (1) Gottesdienst für Freiwillige sich über neue Projekte auszutauschen. „Wir möchten den GrillNachmittag nutzen und die Freiwilligen, Stipendiaten und Stipendiatinnen aus fast vier Jahrzehnten an einen Tisch bringen, auch um den Austausch zwischen den Generationen zu fördern“, erklärt Julia Brockmeier. Sie betreut die Rückkehrendenarbeit im Referat für Stipendien- und Freiwilligenprogramme und ist verantwortlich für die Süd-NordProgramme. Bei dieser Gelegenheit sollen auch die neuen Büroräume des Stipendien- und Freiwilligenreferats im Erdgeschoss eingeweiht werden. Weitere Informationen: Julia Brockmeier, j.brockmeier@ nordkirche-weltweit.de, Tel. 040 88181-341 Service Service Galschiøt hat diese Installation auf einem Fischkutter geschaffen. Dort stehen siebzig „Flüchtlinge“ dicht gedrängt, dargestellt durch Bronzeskulpturen, deren Gesichter von Armut und traumatischen Erlebnissen erzählen. Mit dieser Installation will der Künstler auf die Flüchtlingsdramen an den EUAußengrenzen aufmerksam machen. Kapitän Knut Andersen hat mit diesem Schiff für die NGO „Danish Societey for a living Sea“ schon an vielen Häfen festgemacht und war in Deutschland erstmals auf dem Kirchentag 2013 in Hamburg zu sehen. Weitere Informationen: Dietrich Gerstner, d.gerstner@ nordkirche-weltweit.de, Tel. 040 88181-332 oder unter www.nordkirche-weltweit.de. Breklumer Gezeiten Vom 20. bis 27. August findet auch in diesem Jahr wieder der Breklumer Sommer statt. Das Programm ist ein Angebot an Menschen unterschiedlichen Alters, die gemeinsam Urlaub machen möchten. Es gibt gemeinsame Aktivitäten aber auch die Möglichkeit etwas allein zu unternehmen. Die Angebote sind vielfältig. So stehen unter anderem der Besuch einer Hallig oder des Noldemuseums auf dem Programm. Es gibt Andachten und thematische Impulse, dabei steht auch in diesem Jahr ein Land einer Partnerkirche im Focus. Weitere Informationen: www.nordkirche-weltweit.de Leitung: Pastorin Jutta JessenThiesen Anmeldung: buerobreklum@ nordkirche-weltweit.de, Tel. 04671 9112-14 Pilgern im Herbst Zum Pilgern im Herbst lädt das Referat Ökumenische Spiritualität vom 28. September bis zum 2. Oktober 2015 ein. Gepilgert wird auf unterschiedlichen Wegen durch die Landschaft Nordfrieslands. „Gemeinsam und auch in der Stille erleben wir die Natur um uns und unser eigenes Leben darin“, so die Veranstalter. Das Christian Jensen Kolleg ist der Ausgangsort, an dem die Tage mit einer Andacht beginnen. Die täglichen Strecken sind etwa 15 Kilometer lang. Sie erfordern eine normale Kondition und eine gewisse Wetterfestigkeit. Kosten: 265 €. Anmeldung bis 1. September 2015 Leitung: Jutta Jessen-Thiesen, Dagmar Messow, Karl Peter Hellfritz Weitere Informationen: www. Nordkirche-weltweit.de In eigener Sache Unsere neuen Kontodaten Dem Zentrum für Mission und Ökumene ist von der Evangelischen Bank (vormals EDG) aus technischen Gründen eine neue Kontoverbindung zugeteilt worden. Schwerpunkt Bitte verwenden Sie bei Überweisungen ab sofort nur noch folgende Kontodaten: Empfänger: Zentrum für Mission und Ökumene IBAN: DE77 520 604 100 000 111 333 BIC: GENODEF1EK1 Evangelische Bank. Damit uns Ihre Spende zuverlässig erreichen kann, benutzen Sie bitte keine alten Überweisungsträger mehr. In dieser weltbewegtAusgabe finden Sie am Ende des Heftes den neuen Überweisungsträger und eine kleine Informations-Karte zum Heraustrennen. Damit haben Sie unsere neuen Bankdaten immer griffbereit. Gerne senden wir Ihnen bei Bedarf weitere Zahlscheine zu. Tel: 040 88181-0 oder E-Mail: [email protected]. Falls Sie einen Dauerauftrag eingerichtet haben, informieren Sie Ihre Bank bitte so schnell wie möglich über unsere neuen Kontodaten. Wir danken Ihnen auch im Namen unserer Partner sehr herzlich für die Unterstützung der Programme und Projekte des Zentrums für Mission und Ökumene. Leserbriefe sind herzlich willkommen. Bitte senden an: Redaktion weltbewegt, Zentrum für Mission und Ökumene, Agathe-LaschWeg 16, 22605 Hamburg, E-Mail: [email protected] Leserbrief Nun wollen wir etwas tun (Ausgabe 2/14, Thema: Gerechtigkeit, Interview mit Indho Mohamud Abayan) Im letzten Jahr haben wir das Interview mit Indho Mohamud Abayan gelesen. Mittlerweile hat uns Indhos Odyssee dazu inspiriert, auf örtlicher Ebene etwas zu wagen. Zwei Mitglieder unserer Gemeinschaft gehen jetzt wöchentlich in die Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge, die sich in unserer Nähe befindet, um die Kinder dort zu betreuen. Zwei andere Mitglieder aus unserer Gemeinde machen beim dortigen informellen Sportprogramm mit. Chris Zimmermann, Holzlandgemeinschaft, Bad Klosterlausnitz weltbewegt weltbewegt 35 35 sandt. Jedes weitere Magazin kostet € 0,15 plus Vers (zu erfragen beim Behelfsdienst, tel. aus Österreich: Andere Konditionen gelten für Österreich (zu erfragen 0732. 76 10 - 38 13) und die schweiz (tecum, tel. aus behelfsdienst, tel. aus Österreich: 0732. 76 10 - 38 13 der schweiz: 052 720 73 81). die schweiz (tecum, tel. aus der schweiz: 052 720 73 Wir freuen uns über jede spende: evangelische darle Wir freuen uns über jede spende: evangelische darle genossenschaft Kiel (edg), Konto 317 659, BlZ 210 6 genossenschaft Kiel (edg), Konto 317 659, blZ 210 6 nächsteAusgabe Ausgabe DieDienächste erscheint am 1. Oktober 2012 erscheint Thema Ökumene am 1.1.September 2015 amzum Dezember 2013 Unser Unser aktuelles aktuellesProjekt Projekt in in China den Partnerländern Buenos Aires/Argentinien Wenn Eltern gestorben sind oder ihre Familien verlassen Zentrum für Mission und QuilmesDas ist eine Vorstadt am Rande vonÖkumene Buenos verhaben, bleiben in ländlichen Regionen Chinas meist nur mittelt jungen Auslandsaufenthalte Aires. Hier leben cirkaMenschen 500 000 Menschen – sehr die Großeltern, die sich um die Seite_2.indd 1 Kinder kümmern können. Asien,in Afrika, dem Pazifik, Europa und Die Laviele voninihnen den zahlreichen Elendsvierteln. Oft durch ein arbeitsreiches, hartes Leben selbst körperteinamerika. Sie können für einen Zeitraum Lage der armen Familien hat sich in den vergangelich geschwächt, erwirtschaften sie kaum genug, um sich von einigen Monaten bis zu einemInJahr nen die 30 Jahren kontinuierlich verschlechtert. den und ihnen anvertrauten Kinder durchzubringen. Ob in Projekten Partner des Zentrums fürfesten Miswenigsten Familiender gibt es Winterschuhe, jemanden mitauf einer Schulgeld, Arztbesuch oder dem sion diese undMangelernährung Ökumene mitarbeiten. Die Waisenjungen Arbeit.stellen Hunger, und unzureichende Lande Dinge die Pflegefamilien der kinder oftFreiwilligen vor unüberwindbare finanzielle Hürden. lernen, mit den Seit Augen Gesundheitsversorgung sinddie dieWelt Folgen. Staatliche 2002 unterstützt die Amity Foundation Waisen anderergibt wahrzunehmen undländliche ihren eigenen Sozialvorsorge es kaum. So sind die Lebensperund ihre Pflegefamilien – meist die Großeltern – ganz Lebensstil und eigenen Denkmuster neu spektiven für Kinder undihre Jugendliche in Argentinien gezielt. Im ganzen Land gibt es chinesischen Regierungszu bewerten. schlecht. statistiken zufolge 570 000 Waisen, von denen ein Drittel Vor Ort unterstützen dieQuilmes Freiwilligen Projekte Die Evangelische Gemeinde in versucht, ein dringend Unterstützung benötigt. Besonders betroffen ist Bildung, DorfentZeugnisund der Einrichtungen, Liebe Gottes fürdie diezur Kinder greifbar die Provinz Henan, denn hier gibt es durch einen Blutoder zum werden wicklung, zu lassen. InGesundheitsvorsorge den beiden Kindertagesstätten spendeskandal in den neunziger Jahren viele Aids-WaiUmweltschutz beitragen.und In dieser Zeitdeerwer„Los Angelitos“ (Die Engelchen) „El Arca los sen. ben die jungen Menschen wichtige entwickNiños“ (Die Kinderarche) werden 125 Kinder von Neben der finanziellen Unterstützung legt die Amity drei und KenntMonatenlungspolitische bis sechs Jahren betreut. Sie erhalten drei Foundation besonderen Wert auf interkulturelle die seelische Betreuung nisse. Siegegenseitigen lernen eine neue Perspektive einzuMahlzeiten, Gesundheitsbetreuung und eine umfasder Kinder. Durch Austausch, Weiterbildung und Gemeindearbeit sollen die sozialen Fähigkeiten nehmen und sich nach für eine sende Förderung. Parallel dazuihrer gibt Rückkehr es Programme der Kinder gefördert und ihre seelische Widerstandskraft gerechtere undin solidarische Lebensweise für die Eltern: Beratung Erziehungsfragen und gestärkt werden. „Ziel ist auch, den Kindern und wieder einzusetzen. AlsesBotschafterinnen BotAngebote, die die Gemeinschaft stärken. eine positive Lebenseinstellung zu vermitteln“, sagt Wang schafter fürZuschüsse interkulturelles Lernen geben sie Da die staatlichen nicht ausreichend und Wei, bei der Amity Foundation für das Projekt zuständig. Hilfe für Welterfahrungen Kindertagesstätten der Waisenkinder sammeln – sich engagieren Evangelischen Gemeinde Quilmes Erfahrungen an andere und brinauch nurIhre unzuverlässig fließen, ist dieweiter Kita-Arbeit in in den Alltagdurch in Deutschland ein. Quilmesgen auf sie Unterstützung Spenden angewieHelfen Sie mit Ihrer Spende! Sie für mit,Mission junges und Engagement unsere sen. DasHelfen Zentrum Ökumenefürfördert 25 Euro reichen für die Unterrichtsmaterialien eines Welt fördern.30 Mit Ihrergewährleisten Spende fürAires die die Arbeit derzu kirchlichen Partner in Buenos Kindes für ein Schuljahr, Euro die Freiwilligenprogramme ökumenisches und bittet in der jetzigenund Krise um Mithilfe durch Gesundheitsversorgung 90werden Euro decken die Leben und gesellschaftliche MitverantworSpenden. Wir würden uns freuen, wenn Sie mit uns Lebenshaltungskosten eines Kindes für ein Jahr. tungdie gestärkt damit junge Freiwillige unsere gemeinsam Kita in–Quilmes in dieser schwierigen Spendenkonto des Zentrums für Mission bereichern und verändern. SituationGesellschaft unterstützen. Jede Spende hilftund denÖkumene: KinKonto 27375 BLZ: 21060237 EDG Kiel dern und Familien in Quilmes. Ob Laura-Marie in Tansania, Daniel in Indien Eva in Die Kinder werden von den kirchlichen Kitas oder in Quilmes gut betreut. China – die Freiwilligen wollen verstehen, wie die Menschen in den Partnerländern leben und was man dort wirklich zum Leben braucht. Die jungen Freiwilligen hinterfragen vieles aus ihrer neuen Perspektive – und lernen, wie sich Fremdsein in Freundschaften verwandelt. 36 weltbewegt weltbewegt 28 Waisen in China/Amity (Projekt 5520) Spendenkonto des Zentrums für Mission und Ökumene: Spendenkonto des Zentrums für Mission und Projekt-Nr. bitte bei der Überweisung angeben! Ökumene: Nähere Informationen auch auf den Seiten 12 bis 13. Projekt 7015 05 Freiwilligenprogramme Konto- 27375, BLZ: 210 602 37 EDG Kiel, IBAN: DE77 520 604 100 000 111 333 Kitas in Buenos Aires (Projekt 6104) BIC: GENODEF1EK1 Evangelische Bank Foto: Quilmes (1), Titel:Foto: C. Wenn, Titelfotos: Freiwilligenprogramme (3), L. Paulsen (1), J. Gerundt (1), L. Borghorst (1), T. Kleyer (1), C. Kienel (1), C. Beyer (1), D. v. Eye (1), S. Aghte (1), D. Lünse (1) U. Fotos: Freiwilligenprogramme (1),Plautz Titel: (1) U. Plautz (8), YMT privat (1), Freiwilligenprogramme (1), L. Triebel (1), CJK (1), C. Wenn (1) 2
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