Das Projekt „VorBild II“ „Vorpolitische politische Bildung“ für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche Am 7. und 8. Juni fand an der PH eine Fach‐Tagung im Rahmen des VorBild 2‐Projekts, das von der Bundeszentrale für politische Bildung (Caroline Seige) gefördert wird, statt. Bei dem VorBild‐ Projektzyklus handelt es sich um die Entwicklung und wissenschaftliche Begleitung eines außercurricularen Unterrichtsprogramms, mit dem Life Skills‐Förderung und politische Bildung für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche verstärkt in statusniedrigen Bildungsgängen (v.a. Förderschulen, Hauptschulen) etabliert werden sollen. Unter der Leitung von Fereschta Sahrai standen auf der Veranstaltung die beiden im Rahmen des Projekts entwickelten Unterrichtsmodule „Selbstvertrauen und Vertrauen in andere“ sowie „Grund‐ und Menschenrechte“ im Mittelpunkt. Die Tagung schlug dabei einen Bogen der von der Demokratiepädagogik und Politikdidaktik über die Arbeit mit den Modulen, die Gestaltung einer multimedialen VorBild 2‐DVD bis hin zu Erfahrungsberichten von Lehrkräften aus Baden‐Württemberg, Nordrhein‐Westfalen und Sachsen‐ Anhalt über Umsetzungshindernisse im Schulunterricht reichte. In einem ersten theorieorientierten Teil der Tagung wurde deutlich, dass die Kontroverse zwischen Demokratiepädagogen und Politikdidaktikern, die nunmehr über ein Jahrzehnt wärt, nach wie vor für Zündstoff sorgt. So präsentierte Georg Weißeno von der PH Karlsruhe ein kompetenztheoretisches Modell der politischen Bildung, das stark an PISA angelehnt ist und den Politikunterricht stärker evidenzbasiert ausrichten soll. Diesem sehr engen Verständnis von politischer Bildung stellte Helmolt Rademacher von der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik und u.a. Projektleiter des HKM Projekts Gewaltprävention und Demokratielernen das wesentlich offenere Politikverständnis der Demokratiepädagogik gegenüber. Die beiden Positionen von Weißeno und Rademacher markierten dabei die beiden Pole der Diskussion um den aktuellen Zuschnitt politischer Bildung. Edwin Stiller, Leiter des Projekts Einfach Sowi referierte in einem starken Vortrag über die Frage, welche sozialwissenschaftliche Bildung wir in der Schule wollen und betonte die Notwendigkeit der Vermittlung solcher Wissensbestände gerade für benachteiligte Jugendliche. Schließlich lieferten die Kollegen Hans‐Werner Kuhn (Politikwissenschaften) und Jürgen Gerdes (Soziologie) mit ihrem Vortrag Politische Bildung mit sozial benachteiligten Jugendlichen zwischen Adressaten‐ und Gegenstandsorientierung eine beide Pole vermeidende und vermittelnde Perspektive, die auch für das VorBild‐Konzept insgesamt prägend ist. Ein echtes Highlight war dann ein Gastauftritt von Johann Galtung, der in einem Gastvortrag auf die selten beachteten unmittelbaren Verbindungslinien zwischen politischer Bildung und Friedenspädagogik hinwies. Das weitere Tagungsprogramm sah vor, die Ergebnisse des VorBild 2‐Projekts ‐ insbesondere die entwickelten Unterrichtsmodule und das stärker lehrkraftzentrierte Konzept für eine zweite VorBild‐ DVD (die erste VorBild‐DVD ist etwa 1.400 mal angefordert worden) – umfassend zu diskutieren und über die Praxis des Unterrichtseinsatzes in Austausch zu treten. Hier ist die für eine solche Tagung nicht selbstverständliche Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen aus den VorBild‐Projektschulen – Frau Diana Wozny (FS Sangerhausen), Frau Katharina Malsch (Zarduna Schule Zarten) und Herr Joachim Nill (Mosel Hamm‐Schule Zell am See) – strukturiert über Möglichkeiten und Schwierigkeiten eines solchen Unterrichts zu referieren, zu danken. Die Tagung war inhaltlich abwechslungsreich, sehr interdisziplinär angelegt und eine seltene Verknüpfung von Theorie, Empirie und Schulpraxis. Einziges Manko der Veranstaltung war die sehr geringe Resonanz (etwa 40 Anmeldungen), die sicher dem geschuldet war, dass das Interesse für die Durchführung von politischer Bildung an einer stigmatisierten Schulform wie die Förderschule insgesamt nicht sonderlich groß ist. Diana Wozny aus Sangerhausen in Sachsen‐Anhalt wies darauf hin, dass ein solches Desinteresse fatal ist, weil von der Gesamtgesellschaft wenig be‐ und geachtete Jugendliche von Rechtsextremisten die Botschaft signalisiert bekommen: „Wir brauchen euch so wie ihr seid, unabhängig von euren Kompetenzen und Leistungen!“ Diesem Angebot sollten wir aus aufgeklärtem Eigeninteresse etwas entgegensetzen. Uwe H. Bittlingmayer
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