August 2015 BANKING & FINANCE CAPITAL MARKETS NR. 2/2015 Newsletter Deutsche Banken im Konflikt zwischen US-Sanktionen und Erfüllungspflichten In letzter Zeit häuften sich die Nachrichten über Strafen in Milliar denhöhe, die US-amerikanische Behörden über ausländische Banken verhängt haben. Vor dem Hintergrund, dass wohl die Mehrzahl dieser ausländischen Banken selbst keinen Verstoß aus Eigennutz begangen, sondern nur Bankgeschäfte für ihre Kunden ausgeführt haben – zu denen sie im Zweifel vertraglich verpflichtet waren –, wirken diese Strafen befremdlich. Im Folgenden sollen die Hintergründe solcher Strafmaßnahmen und Lösungsmöglich keiten aufgezeigt werden. US-Behörden, um das entsprechende US-Sanktionsrecht für anwendbar zu erklären und schlimmstenfalls Geldstrafen zu verhängen. Die bankvertraglichen Pflichten gegenüber ihren Kunden begründen für das deutsche Kreditinstitut dabei nicht immer einen Rechtfertigungsgrund. Gerade in letzter Zeit ist zu bemerken, dass US-Behörden Sanktionsverstöße kategorisch und mit aller Härte ahnden, ohne dabei auf die Ausgangslage des betreffenden Kreditinstituts Rücksicht zu nehmen. Gleichwohl besteht auch für US-Behörden grundsätzlich die Pflicht, die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Gegenüber dem Bankkunden wird sich die Bank auch nicht auf rechtliche Unmöglichkeit berufen können. Denn die US-amerika- Zahlreiche Länder werden von den Vereinigten Staaten mit Sanktionen belegt. Aber nicht nur diese Länder selbst und dort ansässige Unternehmen können in den Anwendungsbereich des US-Sanktionsrechts fallen, sondern auch deutsche Banken, die ihren vertraglichen Pflichten gegenüber Kunden nachkommen; sei es aufgrund der Herkunft des Kunden oder aufgrund etwaiger Bezüge der Transaktion zu einem solchen Land. Ein solch weitreichender Anwendungsbereich des US-Rechts folgt aus der hierfür maßgeblichen „effects doctrine of territorial jurisdic tion“. Grundsätzlich gilt auch in den USA das Territorialprinzip, wonach natürliche und juristische Personen den Gesetzen des Staates unterworfen sind, auf dessen Territorium sie sich jeweils befinden. Entfaltet ein Sachverhalt jedoch Wirkungen (effects) auf US-Territorium, genügt dieser Anknüpfungspunkt, um die Anwendbarkeit von US-Recht begründen und ggf. Strafzahlungen verhängen zu können. nische Sanktionsnorm ist nach deutschem Recht grundsätzlich Insbesondere für deutsche Kreditinstitute kann die effects doc trine ein gravierendes Dilemma begründen. Fällt ein Bankkunde oder eine Transaktion in den Anwendungsbereich einer US-Sanktionsvorschrift und besteht für diese Sanktion kein europäisches Pendant, so ist das deutsche Kreditinstitut aufgrund seiner bankvertraglichen Verpflichtungen grundsätzlich zur Ausführung des betreffenden Bankgeschäfts verpflichtet. Verweigert das deutsche Kreditinstitut gegenüber dem Kunden die Ausführung des Bankgeschäfts, kann es sich dem Kunden gegenüber schadens ersatzpflichtig machen. Führt es hingegen das Bankgeschäft aus, so genügt schon der entfernteste Anknüpfungspunkt für Behörden – teils in Milliardenhöhe – noch haltbar ist, erscheint unbeachtlich. Der Anspruch des Kunden auf Durchführung des Bankgeschäfts geht daher ungeachtet dem Kreditinstitut etwaig drohender Strafzahlungen nicht ohne Weiteres nach § 275 Abs. 1 BGB unter. Eine rechtliche Unmöglichkeit dürfte nur dann anzunehmen sein, wenn das entsprechende US-Sanktionsgesetz innerhalb Deutschlands anwendbar wäre bzw. wenn das Bank geschäft in den USA zu erfüllen und dort rechtswidrig wäre. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 9. Mai 2011 (Az. 23 U 30/10), wonach ein Verstoß gegen US-Sanktionsverordnungen für eine Bank grundsätzlich „zumutbar“ sei. Zu diesem Ergebnis ist das OLG gelangt, weil es unterstellte, dass die US-Behörden bei kollidierenden Rechtsvorschriften nicht auf der extraterrito rialen Anwendung ihrer Gesetze beharrten. Ob diese Begründung im Hinblick auf die in jüngerer Zeit verhängten Strafen von USnicht zuletzt im Lichte des Gebots von Treu und Glauben allerdings zweifelhaft. Erwägt nun das deutsche Kreditinstitut, sich ein Leistungsverweigerungsrecht für den Fall eines Verstoßes gegen US-Recht vertraglich vorzubehalten, muss es § 7 AWV (Außenwirtschafts verordnung) beachten. Hiernach ist es verboten, sich im Außenwirtschaftsverkehr an einem Boykott gegen einen anderen Staat zu beteiligen. Gleiches gilt für den Fall, dass sich die Bank eine Bestätigung einholen möchte, wonach der Kunde bzw. seine Newsletter August 2015 Seite 2 BANKING & FINANCE Wertpapiere nicht in den Anwendungsbereich von EU- und US-Sanktionen fallen. Wo die Grenze zwischen der zulässigen Wahrung des wirtschaftlichen Eigeninteresses der Bank an der Vermeidung hoher Strafzahlungen einerseits und einer nach § 7 AWV unzulässigen Beteiligung an dem Boykott eines anderen Staates liegt, ist derzeit unklar. Besonders kritisch ist die Situation für Institute, soweit die EU-Verordnung Nr. 2271/96 (sog. Blocking Regulation) die Befolgung bestimmter US-Sanktionen explizit verbietet. © BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Alle Rechte vorbehalten 2015. Es ist grenzüberschreitend tätigen Instituten anzuraten, ihre diesbezüglichen rechtlichen Risiken zu ermitteln und Regelungen aufzustellen, die einen Konflikt mit allen relevanten Rechtsordnungen vermeiden. 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