Juli 2015 VORRANG DER RUSSISCHEN VERFASSUNG GEGENÜBER DER EUROPÄISCHEN KONVENTION FÜR MENSCHENRECHTE – AKTUELLE ENTSCHEIDUNG DES VERFASSUNGSGERICHTS Newsletter Am 14. Juli 2015 verabschiedete das Verfassungsgericht der Russischen Föderation seine Verordnung Nr. 21-P (nachstehend „Verordnung“), in dem es die Frage des Verhältnisses der Vorschriften der Verfassung der Russischen Föderation zu den Verordnungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Kollisionen entschied. Falk Tischendorf Rechtsanwalt, Partner Standortleiter BEITEN BURKHARDT Moskau E-Mail: [email protected] Anlass für die Erörterung dieser Frage war die Anfrage einer Gruppe von Abgeordneten der Staatsduma der Russischen Föderation. Nach Ansicht der Abgeordneten verpflichtet die Konvention für Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend „Konvention“) die Russische Föderation de facto zur unbedingten Erfüllung der Entscheidungen des Straßburger Gerichts auch dann, wenn diese der Verfassung der Russischen Föderation widersprechen. In seiner Entscheidung verwies das Verfassungsgericht darauf, dass die Konvention durch die Ratifikation Bestandteil des Rechtssystems der Russischen Föderation geworden sei. Damit sei die Russische Föderation grundsätzlich verpflichtet, Entscheidungen des Straßburger Gerichts zu erfüllen. Allerdings dürfe eine solche Entscheidung in der Russischen Föderation ausnahmsweise nicht vollstreckt werden, wenn die Auslegung der Vorschrift der Konvention durch den Europäischen Gerichtshof den Verfassungsgrundsätzen der Russischen Föderation widerspricht. Soweit reiche die Übertragung der Souveränität durch die Ratifikation nicht. Zur weiteren Begründung seiner Entscheidung verwies das Verfassungsgericht auf ähnliche Sichtweisen in anderen Mitgliedsstaaten der Konvention. Dazu wurde auf Entscheidungen aus Deutschland, Italien, Österreich und Großbritannien verwiesen. Das Verfassungsgericht betonte außerdem, dass der föderale Gesetzgeber berechtigt sei, ein besonderes Verfahren einzuführen, mit dem das Verfassungsgericht Kollisionen zwischen der Verfassung und den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lösen kann. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verordnung konkret auf die Erfüllung der Entscheidungen des Straßburger Gerichts in Russland auswirken wird. Alexander Bezborodov, LL.M. Diplom-Jurist, Partner BEITEN BURKHARDT Moskau E-Mail: [email protected] Hinweise Diese Veröffentlichung stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr erhalten möchten, können Sie jederzeit per E-Mail (bitte E-Mail mit Betreff „Abbe stellen“ an [email protected]) oder sonst gegen über BEITEN BURKHARDT widersprechen. © BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Alle Rechte vorbehalten 2015. Impressum BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (Herausgeber) Ganghoferstraße 33, D-80339 München AG München HR B 155350/USt.-Idnr: DE811218811 Weitere Informationen (Impressumsangaben) unter: www.beitenburkhardt.com/impressum Weitere interessante Themen und Informationen zu unserer Expertise finden Sie in unserem Onlinebereich. Redaktion (verantwortlich) Alexander Bezborodov BEITEN BURKHARDT · RECHTSANWÄLTE (ATTORNEYS-AT-LAW) ST. PETERSBURG · MARATA STR. 47-49 LIT. A · OFFICE 402 · 191002 ST. PETERSBURG · TEL.: +7 812 4496000 · FAX: +7 812 4496001 NATALIA WILKE · [email protected] BEIJING · BERLIN · BRÜSSEL · DÜSSELDORF · FRANKFURT AM MAIN MOSKAU · MÜNCHEN · NÜRNBERG · SHANGHAI · ST. PETERSBURG WWW.BEITENBURKHARDT.COM 07/2015 MOSKAU · TURCHANINOV PER. 6/2 · 119034 MOSKAU · TEL.: +7 495 2329635 · FAX: +7 495 2329633 FALK TISCHENDORF · [email protected]
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