P.b.b. Verlagspostamt 1030 Wien, Zulassungsnr. 03Z034897M März 2016 DIE NÄCHSTE INDUSTRIELLE REVOLUTION Industrie 4.0 bringt Chancen für Menschen und Unternehmen. Gastkommentar von Hans Winkler: Ökonomischer „Analfapethismus“ Seite 10 120 Jahre: „Die Industrie“ im Wandel der Zeit Seite 2 Wien: Gesundheitswirtschaft im Fokus Seite 20 Foto: dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss DAS MAGAZIN FÜR MITGLIEDER 1914 FACTBOX 1918 1934 1937 „Die Industrie“ im Wandel der Zeit MAGAZIN Wie die heimische Industrie hat sich auch deren langjähriges mediales Sprachrohr im Laufe der Jahrzehnte immer wieder gewandelt. Die Schwelle zum 21. Jahrhundert brachte schließlich das Ende einer Epoche. 2001 15 Jahre „iv-positionen“ – 15 Jahre Information und Meinung für Mitglieder Dass Printprodukte im Medien-Konzert weiter eine wichtige Rolle spielen, beweisen erfolgreiche Druckmedien in Österreich und weltweit. Mag der Tageszeitungsmarkt unter zunehmendem Druck der Onlineangebote stehen, so genießen vor allem spezialisierte Publikumsmedien im Printbereich nach wie vor hohe Aufmerksamkeit und reüssieren am Markt. Nach dem Verkauf der „industrie“ und damit dem Rückzug aus dem allgemeinen Publikumsmarkt entschloss sich daher die Industriellenvereinigung nach eingehender Analyse, ein neues Printprodukt für Mitglieder ins Leben zu rufen: Vor 15 Jahren – mit April 2001 – erschienen erstmals die „iv-positionen“, die ihrem Titel entsprechend vor allem Meinungs- und Informationsmedium für IV-Mitglieder und eine qualifizierte Öffentlichkeit sind. Regionale Berichterstattung findet ebenso Platz wie Informationen zu den Aktivitäten der Jungen Industrie, neben volkswirtschaftlichen Analysen, Kommentaren externer Autorinnen und Autoren sowie Servicetipps. Europäische Themen, die für die Industrie entscheidende Bedeutung haben, haben naturgemäß ihren fixen Platz in den positionen. Dass viele Themen nachhaltig betrieben werden müssen, beweist übrigens das Cover der ersten Ausgabe der „iv-positionen“ aus dem Jahr 2001: (Noch) Mehr junge Frauen für die Industrie zu gewinnen – als Mitarbeiterinnen und Führungskräfte –, steht auch heute noch auf der Agenda der Industriellenvereinigung. Christoph Neumayer D ie Interessenvertretung der Industrie hat in Österreich eine lange Tradition, deren Beginn jedoch eher von Vielfalt statt Einheit gekennzeichnet war. Im Jahre 1896 gegründet, war „Die Industrie“ aus heutiger Sicht daher nicht einfach nur eine Zeitschrift – sie markierte vielmehr den ersten Meilenstein auf dem Weg zu einer organisierten industriellen Vertretung in Österreich. Denn seit 1875 vertrat der „Industrielle Club“ die Großindustrie, während der 1892 gegründete „Zentralverband der Industriellen Österreichs“ als Dachverband industrieller Branchenverbände fungierte. 1897 entstand der „Bund Österreichischer Industrieller“, der vorwiegend Klein- und Mittelbetriebe vertrat. 1999 Vom „Industriehaus-Verein“ zum Haus der Industrie Während die Zeitschrift „Die Industrie“ bis zum Ende der k.u.k. Monarchie allein vom Zentralverband herausgegeben wurde, einigten sich die drei industriellen Vertretungsorganisationen auf die Errichtung eines gemeinsamen Repräsentations- und Verwaltungsgebäudes. Sie gründeten im Jahr 1903 einen „ständigen Ausschuss“ mit dem Auftrag, ein „Haus der Industrie“ zu bauen. Der Ausschuss wurde in den „Industriehaus-Verein“ umgewandelt, das Haus am Schwarzenbergplatz 4 in den Jahren 1906 bis 1909 gebaut und nach Fertigstellung der aufwändigen, prunkvollen Innenausstattung 1911 durch Kaiser Franz Josef I. eröffnet. 1997 1995 FACTBOX 1914 Der Ausbruch des 1. Weltkrieges leitete das Ende der Monarchie ein 1918 Späte Einigung der industriellen Vertretungsorganisationen 1934 „Rauchende Schlote“ waren lange Zeit das Symbol der Industrie 1937 Das selbstständige Österreich kämpfte um sein Überleben 1946 Nach dem 2. Weltkrieg erscheint die erste Ausgabe von „Die Industrie“ 1955 Der Staatsvertrag brachte die endgültige Freiheit Österreichs 1946 In den Wirren der Weltkriege „Die Industrie“ erschien von 1896 bis 1918 als ausschließliches Organ des Zentralverbandes. Herausgeber und verantwortlicher Redakteur war der Sekretär des Zentralverbandes und spätere Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Welthandel in Wien, Dr. Dr. Univ. Prof. HR Josef Gruntzel. 1901 übernahm Jacob Julius Müller die Redaktion, die er bis zum März 1938 innehatte. Erst im Februar 1918 wurde, als Reaktion auf den kriegsbedingten Rohstoff- und Arbeitskräftemangel und die damit verbundene Notwendigkeit, bei Verhandlungen einheitlich aufzutreten, der „Reichsverband der Österreichischen Industrie“ gegründet. „Die Industrie“ blieb über das Kriegsende und den Zerfall der Monarchie im November 1918 hinaus das Organ der jeweiligen industriellen Vertretungsorganisation: „Hauptverband der Industrie Deutschösterreichs“ 1919 bis 1921, „Hauptverband der Industrie Österreichs“ 1921 bis 1934 und „Bund Österreichischer Industrieller“ 1934 bis 1938. Im März 1938 wurde „Die Industrie“ von den Nationalsozialisten „gleichgeschaltet“ und im März 1939 eingestellt. Ein neuer Anfang und das Ende 1846 wurde die bis heute bestehende „Vereinigung der Österreichischen Industrie“ gegründet. Die Zeitschrift „Die Industrie“ wurde von Dr. Ernst und Walter Müller, den Söhnen 1955 1958 von Julius Müller, neu aufgelegt und war wieder Sprachrohr und Mitgliederzeitung der industriellen Unternehmerschaft. Von 1961 bis 1991 war Prof. Herbert Krejci (Generalsekretär der IV von 1979 bis 1992) Chefredakteur, ab den 1980er-Jahren unterstützt von Dkfm. Milan Frühbauer, der von 1991 bis 1997 die Chefredaktion alleine übernahm. In gleicher Funktion wirkten 1998 Dr. Werner Lanthaler und 1999 bis 2000 Mag. Tatjana Halek. In der Sondernummer zum 100-Jahr-Jubiläum 1996 beschrieb Milan Frühbauer das redaktionelle Angebot des Wochenmagazins „Die Industrie“ als umfassende Analyse aktueller Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, als Meinungsspektrum auf der Basis eines klar definierten Weltbildes und als bewusst umfangreich gehaltene Unternehmensberichterstattung. 1958 Aufschwung, Wachstum und Vollbeschäftigung 1968 Das Cover wurde modern und passte sich den neuen Zeiten an 1973 Die Ölkrise wirft ihren Schatten auch auf Österreich 1978 Eine Volksabstimmung verhindert die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf 1987 Technologie, Fortschritt und Innovation bewegen Österreichs Industrie 1989 Der Mauerfall und die Ostöffnung beenden die Teilung Europas 1995 Der EU-Beitritt Österreichs 1997 Der Klimawandel wird global ein immer größeres Thema 1999 Laufend werden bis in die späten 1990-Jahre aktuelle Themen behandelt Im 104. Jahr ihres Erscheinens wurde „Die Industrie“ 2000 eingestellt. Sie hatte die letzten Jahre der k.u.k. Monarchie, den Ersten Weltkrieg, die Erste Republik, den „Ständestaat“, Nationalsozialismus, Alliierte Besatzung, die Zweite Republik, den Staatsvertrag, den Fall des Eisernen Vorhanges und Österreichs EU-Beitritt als Zeitschrift aus industrieller Sicht begleitet und kommentiert. Als Sprachrohr der freien Organisationen der Industrie war sie über Jahrzehnte ein wichtiger Bestandteil von Österreichs Medienlandschaft. � Paul Rachler 1968 1989 1987 1978 1973 Editorial Digitaler Strukturwandel – gestalten, statt nur erleben Mit einer konsequenten und nachhaltigen Industrie- & Standortpolitik steigern wir die Chancen, den digitalen Wandel für Österreich optimal nützen zu können. noch wichtiger. Darauf muss die Bildungspolitik überzeugende Antworten In vielen Debatten über Digitalisierung und Industrie 4.0 prägt die Angst vor „dis- • Digitalisierung braucht Zukunftsorientierung: Um die Chancen der Digita- ruptiver“ Zerstörung das Bild, die bestehende Geschäftsmodelle und Wertschöp- lisierung für Wirtschaft und Arbeit nützen zu können, müssen politische fungsketten von heute auf morgen zunichte macht. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt Entscheidungsträger konsequent Maß an der Zukunft nehmen. Politische wird von mancher Seite die Furcht genährt, dass Digitalisierung und Robotisierung Tauschgeschäfte aus der Vergangenheit verbieten sich: Es darf nicht mehr bloß das „massenweise Aus für Arbeitsplätze“ bedeuten. Manche politischen darum gehen, bloß eine Wohltat für eine Klientel gegen eine andere Wohltat Akteure leiten daraus die Notwendigkeit von Maschinensteuern ab – eine Idee aus für eine andere Klientel einzutauschen. Der Maßstab für Politik im digitalen den 1970er-Jahren, an deren ideologisch-wirtschaftspolitischer Museumsreife sich Zeitalter sind wettbewerbsfähige Lösungen im Interesse aller Beteiligten. finden. Nicht nur Organisationsformen, auch Inhalte des Bildungssystems müssen fit für die neuen Chancen gemacht werden. nichts geändert hat. Und Angst ist bekanntlich grundsätzlich ein schlechter Ratgeber. Digitalisierung und Industrie 4.0 bringen erhebliche Möglichkeiten für Österreich. Digitalisierung und Industrie 4.0 sind zweifellos große Herausforderungen für Unsere Voraussetzungen sind gut: eine starke Industrie, viele Hochtechnolo- den Standort Österreich, denen sich die Industriellenvereinigung auch intensiv gie-Unternehmen, qualifizierte und motivierte Fachkräfte. Diese Assets dürfen widmet (sh. auch Coverstory ab Seite 04). Entscheidend ist dabei ein realisti- jetzt nicht durch Schrebergarten-Politik und Stimmungsmache gegen den scher Blick frei von Alarmismus auf die Digitalisierung im industriellen Bereich. Wandel verspielt werden. Österreichs Unternehmen wissen es am besten: Der Dabei zeigt sich: digitale Strukturwandel findet statt, mit oder ohne uns. Wir müssen daher, vor allem auch die Arbeitnehmerseite, alles daran setzen, ihn als Chance zu nutzen • Digitalisierung braucht Industrialisierung: Die Prozesse der Industrialisierung und und zu gestalten – aktiv dabei sein, statt nur passiv erleben. Digitalisierung gehen Hand in Hand. Nur ein starker Industriestandort hat die Chance, durch digitale Anwendungen von mehr Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung Ihr und neuen Märkten zu profitieren. Notwendig ist daher mehr denn je eine starke Standortpolitik, die das Industrieland Österreich in den Mittelpunkt stellt. • Digitalisierung braucht Qualifizierung: Mit der Erweiterung der Handlungsspielräume von Unternehmen und neuen, kundenbezogenen Geschäftsmodellen sind erhebliche und neue Job-Chancen verbunden. Die Anforderungen an die Qualifikation von Mitarbeitern steigen – IKT- und MINT-Kompetenzen werden Christoph Neumayer, Generalsekretär IMPRESSUM Folgen Sie uns auf oder adden Sie uns auf . Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2301, Fax: 01/711 35-2313, E-Mail: [email protected], Homepage: www.iv-net.at, ZVR: 806801248, LIVR-N.: 00160, EU-Transparenzregister Nr.: 89093924456-06, Vereinszweck gemäß § 2 Statuten: Die Industriellenvereinigung (IV) bezweckt, in Österreich tätige industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten. Chefredaktion: Dr. Raphael Draschtak, Andrea Gabmeyer. Redaktionelle Mitarbeit: Mag. Martin Amor, Mag. Robert Albrecht, BA. Lektorat: Mag. Brigitte Mayr. Verantwortlich für den Inhalt: MMag. Mathias Burtscher, DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch, Mag. Johannes Höhrhan-Hochmiller, Mag. Josef Lettenbichler, Dr. Claudia Mischensky, Mag. Gernot Pagger, Dr. Ingrid Puschautz-Meidl, Mag. Michaela Roither, Mag. Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Matthias Penz, Doris Grussmann. Foto: IV Druck: Ueberreuter Druckzentrum GmbH, 2100 Korneuburg. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv-net.at/b80 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter gleichermaßen. März 2016 | iv-positionen 3 Coverstory Industrie 4.0 – Chancen für Wachstum und Arbeit nützen REVOLUTION Die Digitalisierung sorgt für einen Umbruch im produzierenden Sektor, der Chancen für Wachstum und Beschäftigung bringt. Damit Österreich von der „Industrie 4.0“ profitieren kann, braucht es eine zukunftsfähige Standortpolitik. 4 iv-positionen | März 2016 für Retro-Ideen, wie etwa die Wertschöpfungsabgabe. „Das wäre in Wirklichkeit nur eine Strafsteuer für Investitionen und Innovationen. Wir werden die Potenziale der Industrie 4.0 nur dann im Sinn des Standortes und seiner Beschäftigten nutzen können, wenn die Standortpolitik fit für ihre Herausforderungen ist“, so IV-Präsident Georg Kapsch. Große standortpolitische Chancen Dabei geht es um viel: Der gesamte servoindustrielle Sektor in Österreich – Sachgüterproduktion, Bau- und Energiewirtschaft sowie industrienahe und produktionsorientierte Dienstleistungen – generiert mit knapp 2,5 Mio. Beschäftigten eine Wertschöpfung von rund 160 Mrd. Euro. Das sind etwa 60 Prozent Foto: Peroutka D as Schlagwort „Industrie 4.0“ ist ein Top-Thema internationaler Kongresse und Foren. Zahlreiche Unternehmen setzen sich bereits intensiv mit den Potenzialen hochautomatisierter und vernetzter industrieller „Entscheidend ist, dass Produktions- und Logistikketten der Standort Österauseinander, die reich und Europa die Kundenwünsche Veränderungen durch in Echtzeit inteIndustrie 4.0 als Basigrieren und neue Geschäftsmodelle sinnovation verstehen ermöglichen. Teile und nutzen.“ der Politik sind IV-Präsident Georg Kapsch hingegen noch nicht in der Zukunft angekommen. Sie plädieren weiter Coverstory Fotos: Zinner, IStockphoto/Greyfebruary der gesamten Wertschöpfung im Land. „Wohlstand und Beschäftigung am Standort bauen wir dann aus, wenn wir die digitale Revolution und den damit verbundenen Strukturwandel proaktiv gestalten – Furcht ist fehl am Platz“, erklärt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. „Mit der Digitalisierung der Industrie sind große standortpolitische Chancen verbunden. Sie eröffnet produzierenden Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, Produkte und Lösungen schnell und effizient zu entwickeln und zu fertigen. So können Produktivität gesteigert, Kosten gesenkt, Fehlerquoten minimiert und die ‚time to market‘ verringert werden“, betont Peter Koren, IV-Vize-Generalsekretär und Bereichsleiter Ressourcen & Infrastruk- tur / Innovation & Technologie. „Mit der Digitalisierung Laut einer Erhesind standortpolitische bung von PriceChancen verbunden. waterhouseCoopers schätzen die Unternehmen haben Unternehmen die neue Möglichkeiten, durchschnittlich Produkte und Lösungen mögliche Effizischnell und effizient zu enzsteigerung auf entwickeln.“ 3,7 Prozent und Peter Koren, IV-Vize-Generalsekretär, die Reduktion der Bereichsleiter Ressourcen & Infrastruktur Herstellungskos/ Innovation & Technologie ten auf 2,6 Prozent pro Jahr. Industrie 4.0 bietet damit die Chance, durch Effizienzsteigerungen Produktion aus Niedriglohnländern zurück nach Europa zu holen. März 2016 | iv-positionen 5 Coverstory Mit Produktinnovationen, innovativen Serviceleistungen und neuen Geschäftsmodellen lassen sich erhebliche Potenziale für Wachstum und Wertschöpfung heben. Die Unternehmensberatung Roland Berger erwartet etwa, dass Europa bis 2025 einen Zuwachs von 1,25 Bill. Euro an industrieller Bruttowertschöpfung erzielen könnte. Bei Versäumnissen droht jedoch ein Wertschöpfungsverlust von 605 Mrd. Euro. Dies hätte auch massive Auswirkungen „Wohlstand und Beauf den Arbeitsschäftigung am Standmarkt. IV-Präort bauen wir dann aus, sident Kapsch: wenn wir die digitale „Die Sorgen vor Revolution und den sinkenden Mitarbeiterzahlen damit verbundenen stehen nicht in Strukturwandel proakRelation zu den tiv gestalten – Furcht Auswirkungen, ist fehl am Platz.“ unter denen wir IV-Generalsekretär Christoph Neumayer zu leiden hätten, wenn die Entwicklung an Österreich vorbeizieht.“ Für Deutschland bilanziert eine Studie des renommierten Fraunhofer-Instituts: „Ein Verzicht auf Industrie 4.0 in Deutschland kann in viel größerem Umfang Arbeitsplätze gefährden. Wichtig sind vernünftige 6 iv-positionen | März 2016 Rahmenbedingungen, um mit Industrie 4.0 neue Arbeitsplätze zu schaffen.“ Standortpolitik 4.0 Zukunftsorientierte Standortpolitik 4.0 muss daher aus Sicht der Industriellenvereinigung den Fokus auf folgende Schwerpunkte legen: F&E und Innovation vorantreiben: Notwendig sind dafür die Ausrichtung nationaler F&E-Programme zur Stärkung von Technologiekompetenz in Österreich, die Steigerung der digitalen Reife österreichischer Unternehmen und die Förderung innovativer Dienstleistungen. Gestärkt werden müssen die Schnittstellen zwischen technologieintensiven Startups und etablierten Unternehmen. Dazu sollen auch Finanzierungsquellen auf europäischer Ebene (Horizon 2020, Juncker-Paket) genutzt werden. Qualifikationen stärken: Durch die Digitalisierung verändern sich Tätigkeitsprofile und Beschäftigungsstruktur tiefgreifend. Arbeitsplätze mit höheren Qualifikationen werden erforderlich. IT-Kompetenz und interdisziplinäres Wissen sind künftig stärker gefragt, während einfache Tätigkeiten weiter zunehmend von Robotern übernommen werden. Der MINT-Bereich wird Fotos: dieindustrie.at/Mathias Kniepeiss, Johannes Zinner Heben wir die Potenziale? Wir haben es in der Hand Coverstory zum zukunftsentscheidenden Qualifikationssegment: Heute leiden bereits acht von zehn Leitbetrieben unter dem Fachkräftemangel im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Vor diesem Hintergrund fordert die IV die frühzeitige MINT-Förderung in Kindergarten und Schule, die Stärkung der HTL, die Attraktivierung von MINT-Hochschulstudien sowie die verstärkte Kooperation von Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Schnittstellen sichern: Den Schnittstellen zu europäischen und internationalen Initiativen kommt für den Erfolg von Industrie 4.0 in Österreich besondere Bedeutung zu. Standardisierung, rechtliche Rahmenbedingungen, Datenschutz und Cybersecurity erfordern ein eng abgestimmtes Vorgehen zwischen Politik und Industrie. Nur so können Interessen gesichert und industrielle Kompetenzen gestärkt werden. IKT-Infrastruktur gewährleisten: Eine digitalisierte Industrie braucht eine leistungsfähige IKT-Infrastruktur als „backbone“. Dem Breitbandausbau und F&E im IKT-Bereich kommt deshalb eine Schlüsselrolle zu. Das Projekt des digitalen Binnenmarktes, der erhebliche Wachstums- und Beschäftigungspotenzi- ale verspricht, muss forciert werden. Der Infrastrukturausbau muss auch auf europäischer Ebene Priorität erhalten. Modernisierung des Arbeitszeitrechts: Moderne standortpolitische Rahmenbedingungen für die Industrie 4.0 erfordern aber auch eine Modernisierung der Arbeitswelt. Die IV fordert in diesem Zusammenhang eine Reform des Arbeitszeitrechts. IV-Generalsekretär Neumayer: „Die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeitgrenzen des Arbeitszeitgesetzes entsprechen schon jetzt nicht den praktischen Bedürfnissen der Unternehmen und ihrer Beschäftigten, um Arbeitsspitzen abdecken zu können.“ Erforderlich sind Regelungen unmittelbar auf Betriebsebene durch Betriebs- oder Einzelvereinbarungen. Bilanz von IV-Präsident Kapsch: „Entscheidend ist, dass der Standort Österreich und Europa die Veränderungen durch Industrie 4.0 als Basisinnovation verstehen und nutzen. Die Digitalisierung ist der Schlüssel zur notwendigen Re-Industrialisierung.“ Die USA zeigen dies im Rahmen ihres Re-Industrialisierungskurses erfolgreich vor. Erfolgten 2006 noch 25 Prozent der Bruttoanlageinvestitionen im IKT-Bereich, sind es derzeit bereits 31 Prozent. � INDUSTRIE 4.0 Chancen für Österreichs Industrie Die PwC-Studie „Österreichs Industrie im Wandel“ prognostiziert, dass Österreichs Industrieunternehmen bis 2020 jährlich über vier Milliarden Euro in Industrie 4.0- Anwendungen investieren. Diese führen zu einer höheren Produktions- und Ressourceneffizienz. Erwartet werden 20 Prozent Effizienzsteigerung binnen fünf Jahren. Die Anzahl der hochdigitalisierten Unternehmen soll sich in den nächsten fünf Jahren mehr als verdreifachen. Digitalisierte Produkte und Services können zusätzlich knapp drei Milliarden Euro Umsatz pro Jahr für die österreichische Industrie erwirtschaften, so die Studie. Die Industriellenvereinigung befasst sich seit längerem intensiv mit den Potenzialen der Industrie 4.0 und unterstützt die „Industrie 4.0 Österreich – Plattform für intelligente Produktion“, die den Kompetenzaufbau forciert und Industrie 4.0-Aktivitäten in Österreich vernetzt. http://plattformindustrie40.at Chancen für die Arbeitswelt In der Produktion verschwimmen durch Industrie 4.0 die Grenzen klassischer Berufsbilder. Gab es früher Elektriker, Mechaniker und EDV-Techniker, sind es künftig Produktionstechnologen und Produktionsinformatiker. Studien zeigen, dass es einen Verlust an Routine-Tätigkeiten und einen Zuwachs an Nicht-Routine-Tätigkeiten mit höherem Qualifikationsniveau geben wird. Sowohl einfache Tätigkeiten mit wiederholendem Charakter als auch routinemäßige, kognitive Tätigkeiten werden abnehmen. Die Berufsfelder mit dem größten Wachstum sind unter anderem IT- und naturwissenschaftlich-technische Berufe. Vorteilhaft für Produktionsmitarbeiter sind geringere Leerlaufzeiten durch Personaleinsatz in Echtzeit. Mitarbeiter können durch ein Mehr an individueller Flexibilität Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren. Die neuen Assistenzsysteme bieten vor allem für ältere Arbeitnehmer Vorteile, da sie es erlauben, die immer komplexer werdenden Aufgaben leichter zu bewältigen. Weitere Vorteile für Mitarbeiter können die individuellere Vergütung und die einfachere betriebliche Mitbestimmung durch den Einsatz neuer Technologien sein. März 2016 | iv-positionen 7 INDUSTRY MEETS STARTUPS WETTBEWERB Beim zweiten „Pitch im Paternoster“ mussten die handverlesenen Startups die Industrie von ihren Ideen und Produkten überzeugen – Panono sicherte sich den 1. Platz. G Auch Staatssekretär Harald Mahrer drehte eine Runde mit den Startups. erade im Innovationsbereich können Partnerschaften zwischen etablierter Industrie und Startups beiden Seiten Nutzen bringen – eine klassische Win-Win-Situation also. Außerdem sollten wir alles tun, um möglichst dafür zu sorgen, dass jede innovative Idee aus Österreich auch in Österreich realisiert werden kann“, so Therese Niss, Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, bei der Begrüßung im Haus der Industrie. nahm die einzelnen Startups jeweils während einer Runde im Paternoster unter die Lupe – am Ende war das Ergebnis denkbar knapp. Mit einem hauchdünnen Vorsprung gewann schließlich Panono (www.panono. com) den ersten Preis, gesponsert von der Infineon AG. Der zweite Preis, zur Verfügung gestellt vom Austria Wirtschaftsservice (aws), ging an das Team von Kinexon (www.kinexon.com). Den dritten Rang, unterstützt durch das Aktienforum, belegte Optoforce (www.optoforce.com). Mindset ändern Knappes Rennen Die Jury, rekrutiert vor allem aus dem Kreise des IV-Bundesvorstandes, 8 iv-positionen | März 2016 Zudem konnte dieses Mal auch das Publikum die Startups bewerben: Über den Crowd Award, unterstützt von DealMatrix, konnte sich das Team von Parkbob (www.parkbob.com) freuen. Heinrich Schmid-Schmidsfelden bedankte sich nach der erfolgreichen Veranstaltung bei allen Sponsoren – und vor allem auch beim Partner WhatAVenture, der gemeinsam mit der JI-Bundesorganisation sowie der JI-Wien den „Pitch im Paternoster“ organisiert. Fotos zum „Pitch im Paternoster“ finden sich auf der Homepage der Jungen Industrie (www.jungeindustrie.at) sowie unter www.whataventure.com/ pitch-im-paternoster-2016. � Fotos: JI/Prantl Das Siegerteam von Panono mit InfineonInnovationschef Günther Wellenzohn „Für dieses Vorhaben brauchen wir auch die Unterstützung der Politik, denn nur wenn wir als Gründungsland attraktiv sind, werden wir auch die innovativsten und besten Unternehmer anziehen“, betonte Heinrich Schmid-Schmidsfelden, Vorsitzender der JI-Wien. Damit es soweit kommt, müsse auch die Gründungskultur stimmen. „Auch am Mindset von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müssen wir noch arbeiten, da wir von der Versorgungsmentalität wegkommen müssen hin zu mehr Mut für Risiko und Lust an Innovation“, so Schmid-Schmidsfelden. Junge Industrie Ein positiver Blick nach vorne Thematisch würden sich derzeit für einen Kommentar vor allem die Pensionen anbieten – aus aktuellem Anlass diesmal aber lieber einmal etwas Erfreuliches. eigenes Unternehmen zu gründen. Defacto hat sich Dazu können und wollen wir als JI beitragen. Und hier aber einiges getan, das Thema Startups – lange das ist ja auch einfacher und angenehmer als der Zeit recht stiefmütterlich behandelt – ist mittlerweile Austausch mit der Politik. Womit wir doch wieder „in“. Mit Harald Mahrer haben Jungunternehmer beim Pensionsgipfel sind. Nachdem dieser nach Beistehend findet ihr einen kurzen Bericht zum zudem einen klaren und sehr aktiven Fürsprecher Redaktionsschluss dieser Ausgabe stattfindet, ist zweiten „Pitch im Paternoster“, der kürzlich im Haus in der Regierung. eine Bewertung nicht möglich. Erwarten sollte man der Industrie stattgefunden hat. Erfreulich ist dieses sich aber wohl eher nichts – wie immer. Aber dazu Thema vor allem, weil die bereits zweite Auflage Aber bereits die Grundidee des ersten Pitch im Pa- des Events auf noch mehr Interesse gestoßen ternoster ging von einer Annahme aus, die auf zahl- ist – sowohl bei den Mitgliedern von IV und JI als reichen Gesprächen mit Startup-Vertretern beruht: auch bei den Startups. Die Beteiligung – bei der Vielen Startups würde ein regelmäßiger informeller begrenzten Teilnehmerzahl von 13 Startups keine Austausch mit den etablierten Unternehmen bereits Selbstverständlichkeit – war auch erfreulicherweise viel helfen. Sei es, um vom Know-How der „alten internationaler als 2015. Hasen“ in verschiedenen Bereichen zu profitieren, sei leider wohl mehr in der nächsten Ausgabe. Herzlichst Eure es, um später Partnerschaften bei der Realisierung Erfreulich ist das auch, weil dies endlich einmal ein einer Idee oder eines Produktes zu finden. Thema ist, wo wir als Wirtschaft nicht unbedingt auf die Politik warten müssen. Natürlich gäbe es Gerade im Bereich der Innovation sind Partnerschaf- auch im Bereich Förderung von Startups genug für ten zwischen Startups und etablierter Industrie sehr die Politik zu tun – bekanntlich ist es in Österreich erfolgreich – auch in Österreich tut sich hier bereits Therese Niss, nach wie vor schwerer als in anderen Ländern, ein einiges, es kann aber gerne ein wenig mehr sein. Bundesvorsitzende der Jungen Industrie Zu Besuch beim Weltmeister F Fotos: Junge Industrie/Prantl, JI-Salzburg irmenchef Cornelius Geislinger empfing am 4. Februar 2016 eine Abordnung der Jungen Industrie Salzburg im Hauptquartier in Hallwang-Mayrwies. Die Geislinger GmbH ist Weltmarktführer bei drehelastischen Kupplungssystemen für große Dieselmotoren. Es war ein Besuch bei einem Exportweltmeister: Von hundert Euro setze Geislinger nur einige Cent in Österreich um, betonte CEO Cornelius Geislinger beim Besuch im Firmenhauptqaurtier in Hallwang-Mayrwies. Auch bei Forschung Spitze Geislinger betreibt insgesamt sechs Werke in Salzburg, St. Leonhard im Lavanttal, in China, Korea, Japan und in den USA und setzt mit Kupplungen und Dämpfungssystemen für große Diesel- motoren rund 112 Millionen Euro um. In Hallwang beschäftigt der Konzern 160 Mitarbeiter, im Lavanttal knapp 500. Geislinger ist nicht nur Export-, sondern auch Forschungsweltmeister. 25 Prozent des Umsatzes werden in Entwicklung, Investitionen und Marketing gesteckt. „Noch vor 15 Jahren haben wir in Asien nur ein Drittel unseres Umsatzes gemacht“, sagte Cornelius Geislinger. „Wir erfinden uns alle vier Jahre neu“, sagte der Firmenchef. So fertigt der innovative Betrieb den größten Stahlfederdämpfer für das größte Containerschiff der Welt und die größte Kohlefasermembrankupplung für die größte Windkraftturbine der Welt. 60 Prozent des Umsatzes werden in Asien generiert, der Rest teilt sich auf die EU, die USA und den Rest der Welt auf. Dieser Umstand spiegelt auch das dynamische Wachstum im Fernen Osten. � Andi Wimmer von der JI (3. v. l. ) bedankt sich beim Leiter der Innovationsabteilung Christoph Sigle, CEO Cornelius Geislinger und bei Geislinger-Personalchefin Maria Aigner. März 2016 | iv-positionen 9 Kommentar von außen Ökonomischer Analfapethismus „14-Jährige haben Defizite im Wirtschaftswissen. Bei fast allen Fragen geben zumindest 30 Prozent keine einzige richtige Antwort. Defizite sind vor allem im Bereich des wirtschaftlichen Grundverständnisses und der Rolle des Staates zu erkennen.“ in dem die Wirtschaft meistens „unter die Räder herrschende Staatsgläubigkeit schlägt sich auch kommt“. Das bestreiten allerdings ihre Kollegen in den Antworten der Schüler nieder: Eine Mehrheit von den Pädagogischen Hochschulen vehement. unter ihnen glaubt, es sei der Staat, der bestimme, was importiert und exportiert wird. Vier von zehn Es ist erfreulich, dass sich die Wissenschaftler so Schülern meinen sogar, dass der Staat auch die hingebungsvoll damit beschäftigen, wie man der Preise von Produkten festlege. Zusammengefasst Jugend mehr Wissen und ein besseres Verständnis findet man das in der Aussage eines Schülers: „Der Dieses eher ernüchternde Resümee ziehen die von der Wirtschaft beibringen könnte. Aber die Staat ist das komplette Zentrum der Wirtschaft, Verfasser einer Studie des Instituts für Wirt- Schule, die Lehrer und die Wirtschaftspädagogen würde ich sagen. Er nimmt Steuern ein, er regelt schaftspädagogik der WU, bei der sie Schüler der Uni stehen auf verlorenem Posten. Die jungen die Steuern, er bestimmt, ob viel Geld für eine Straße ausgegeben wird.“ „Die jungen Österreicher wachsen in einer Umwelt auf, in der ‚Wirtschaft‘ fast ein Schimpfwort ist und ein Unternehmer als Ausbeuter und potenzieller Steuerhinterzieher gilt.“ Hans Winkler, Journalist Man muss den Schülern aber Gerechtigkeit angedeihen lassen: Sie können bei allem Mangel an Wissen auch sehr realistisch sein: „Ehrlich gesagt wäre ich lieber angestellt, weil ein eigenes Unternehmen derzeit nach viel zu viel Verantwortung für mich klingt“, schreibt Einer oder vielleicht Eine. Ein anderer sieht sich und die Welt ziemlich nüchtern: „Ich hätte lieber mein eigenes Unternehmen, weil an Gymnasien und Neuen Mittelschulen befragt Österreicher wachsen in einer Umwelt auf, gegen ich mir mit einem Chef in die Haare geraten wür- haben. Nur „bei Fragen zum alltäglichen wirt- die die Pädagogen wie gegen Windmühlen kämp- de. Am Anfang wäre es sicher schwer, das Geld schaftlichen Handeln als Verbraucher“ seien die fen, in der „Wirtschaft“ fast ein Schimpfwort ist und herzukriegen für ein eigenes Restaurant.“ Antworten besser ausgefallen, heißt es in der Stu- ein Unternehmer als Ausbeuter und potenzieller die. Immerhin – möchte man sagen –, wenigstens Steuerhinterzieher gilt. Ganz verloren ist die Lage trotz allem nicht: Dass eine Fahrt mit den Öffis auf Schülerfreifahrt, der aus. Aber leider ist es mit dem Wissen schon wie- Man braucht nur die Leserbriefseiten der Zeitungen Besuch beim Arzt und der Kauf von Süßigkeiten der vorbei, „wenn das eigene Handeln begründet zu überfliegen, um diesen Vorstellungen täglich zu vom Taschengeld etwas mit Wirtschaft zu tun oder hinterfragt werden soll“. begegnen. Begeisterte Zustimmung finden Ökono- hat, kapiert jeweils eine Mehrheit. Auf Fragen men, die den „Kapitalismus“ verdammen oder das zum Wirtschaftswachstum fanden bei einer mul- Für die Wirtschaftspädagogen ist die Folgerung Wort „neoliberal“ als Inbegriff von böse verwenden. tiple-choice-Befragung die richtigen Antworten aus diesem Befund klar: „Der Königsweg wäre ein Dass der Kapitalismus in Europa in der Gestalt immerhin viel größere Zustimmung als die falschen. eigenes Fach Wirtschaft“, sagt Bettina Fuhrmann, der sozialen Marktwirtschaft vorkommt, wird nicht Damit sind die Schüler jedenfalls gescheiter als unter deren Leitung die Schülerstudie erarbeitet verstanden. „Das Geld ist ohnehin vorhanden, man jene bekannte österreichische Sozialinstitution, die wurde. Das sei aber nicht realistisch, weil es das muss es nur richtig (um!-)verteilen“, findet etwa die erklärt, die Arbeitslosigkeit komme daher, „dass Fach GW, Geographie und Wirtschaftskunde, gibt, Leserin einer großen Bundesländerzeitung. Die alle nur aufs Wachstum schauen“. 10 iv-positionen | März 2016 Fotos: istockphoto.com_wragg, Privat beim eigenen Geld kennen sich die Jugendlichen Fragen an Porträt Dr. Hanno M. Bästlein 1 Warum engagieren Sie sich neben Ihrer Tätigkeit im Unternehmen als Bundesvorstandsmitglied in der Industriellenvereinigung? Die B&C-Gruppe hat sich der Förderung des österreichischen Unternehmertums verschrieben und unterstützt in vielfacher Hinsicht – angefangen mit zukunftsgerichteter Forschung sowie als Kernaktionär – Betriebe, die sich zunehmend zu globalen Unternehmen mit starken österreichischen Wurzeln entwickeln. So ist es nur folgerichtig, diese Erfahrungen in die vielfältigen Diskussionen bei der Industriellenvereinigung einzubringen, um zu Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den Standort und vor allem für die Menschen beizutragen. Zudem erlaubt es uns gleichzeitig, an den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen teilzuhaben. Foto: B&C-Holding 2 Was sind die drei wichtigsten standortpolitischen Herausforderungen für das Industrieland Österreich? Europas und Österreichs langjährige Produktivitäts-, Qualitäts- und Technologievorsprünge sind – zum Beispiel im Vergleich mit Asien – in vielen Bereichen deutlich geschrumpft. Im gleichen Zeitraum wurden bei uns zuletzt – ganz abgesehen von den ohnehin viel diskutierten hohen Personal- und Lohnnebenkosten – die Transport- und Energiekosten durch neue Steuern und Abgaben in die Höhe getrieben. Höhere Kosten in diesen Bereichen schaden der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie besonders und exportieren letztendlich Arbeitsplätze. Das wird politisch zu wenig wahrgenommen. Hier ist rasch gegenzusteuern. Zusätzlich belasten eine überbordende Bürokratie und geringe Flexibilität am Ar- Mitglied des Aufsichtsrates der B&C Industrieholding GmbH beitsmarkt die Wirtschaft. Dadurch kann in vielen Bereichen auf Veränderungen nicht schnell genug reagiert werden, wodurch auch weniger investiert wird. 3 Was macht Ihr Unternehmen erfolgreich? Eine klare Strategie, langfristige Orientierung und konsequente Umsetzung. Ziel der B&C Industrieholding ist es, Know how und Unternehmenszentralen dauerhaft in Österreich zu halten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Kernbeteiligungen langfristig sicherzustellen. Wir ermöglichen eine dauerhafte Planung, weil wir bei unseren Kernbeteiligungen keine kurzfristigen Ziele und Gewinnmaximierungen verfolgen. Das unterscheidet uns maßgeblich von vielen anderen Investoren. Der Erfolg eines Unternehmens wird stets von der Qualifikation und dem Engagement seiner Mitarbeiter bestimmt. Wir bieten unseren Beteiligungen einen Mehrwert, den wir über professionelle Aufsichtsräte einbringen und stehen dem Management unserer Kernbeteiligungen als verlässlicher Ratgeber und Diskussionspartner zur Verfügung. 4 Wie sehen Sie die Zukunft der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren? Wie zuerst erwähnt: Wir haben eine gute Basis und alle Chancen. Aber ohne Trendwende und mehr politischem Bewusstsein für die Bedeutung der Wirtschaft befinden wir uns in einer Sackgasse. Der Mangel an Reformfreudigkeit verkrustet unsere Rahmenbedingungen und schränkt damit die Bewegungsfreiheit der Unternehmen ein. Deshalb müssen alle gemeinsam mit der Politik in einen undogmatischen und zukunftsweisenden Dialog treten. Die Basis, um sich als relativ kleine Wirtschaft global behaupten zu können, liegt in einem breiten und hervorragenden Bildungswesen. Unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit, etwa in der Forschung und Entwicklung, bei technischen Standards oder im Außenauftritt auf Exportmärkten, ist ein Schritt zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit. Vor allem im stark zunehmenden Bereich der Digitalisierung der Wirtschaft ist eine flächendeckende Zusammenarbeit zwischen KMU und Industrie gefordert, um gemeinsame Standards zu etablieren. Dann kann die gesamte Wirtschaft unseres Landes von den massiven Investitionen in neue Technologien auch tatsächlich profitieren. � FACTBOX Seit der Gründung im Jahr 2000 verfolgt die B&C Privatstiftung das Ziel der langfristigen Förderung des österreichischen Unternehmertums. Mittels der B&C Industrieholding übernimmt die B&C-Gruppe die Aufgaben eines langfristigen, stabilen Kernaktionärs in österreichischen Industrieunternehmen. Sie hält derzeit Mehrheitsbeteiligungen an der Lenzing AG, der Semperit AG sowie der AMAG Austria Metall AG. Zudem setzt sich die B&C-Gruppe für verbesserte finanzielle Grundlagen für Innovation und Forschung in Österreich ein. Seit 2005 verleiht die B&C-Privatstiftung den Houskapreis. Mit einer Dotierung von 400.000 Euro ist es Österreichs größter privater Preis für wirtschaftsnahe Forschungsprojekte. 2016 wird dieses Engagement mit dem neuen „Bildungspreis der B&C Privatstiftung“ weiter ausgebaut, um zukunftsgerichtete Forschungsvermittlung in Bildungseinrichtungen zu fördern. www.bcholding.at März 2016 | iv-positionen 11 Europa Die Flüchtlingspolitik in Europa stößt an ihre Grenzen MIGRATION Im Rahmen des EU-Gipfels vom 18. und 19. Februar 2016 in Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs über weitere gemeinsame Schritte zur Flüchtlingskrise diskutiert. Es herrscht weiter Uneinigkeit. D Schengen-Raum nicht aufgeben Besorgniserregend sei auch die aktuelle Wiedereinführung von flächendeckenden Grenzkontrollen. „Diese kann nicht nur den 26 Ländern des Schengen-Abkommens jährlich mehrere Milliarden Euro kosten, sondern würde auch eine der größten Errungenschaften der EU aufs Spiel setzen“, so Neumayer. Die Beschlüsse des Europäischen Rats vom 18/19. Februar 2016 fordern, • nach wie vor die gemeinsame humanitäre Hilfe für die Nachbarländer Syriens zu gewährleisten, • weitere Anstrengungen bei der Umsetzung des EU-Türke-Aktionsplans zu unternehmen, • die Wiederherstellung eines normal funktionierenden Raums des freien Personenverkehrs zu garantieren, • eine Verbesserung der Einrichtung und des Betriebs von Hotspots (Registrierungszentren) vor allem in Italien und Griechenland zu erzielen, • vorübergehende Aufnahmeeinrichtungen für ankommende Flüchtlinge zu schaffen, • und finanzielle Kapazitäten zu etablieren, um Länder zu unterstützen, die mit einer großen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten konfrontiert sind. Neumayer erklärt dazu: „Die Beschlüsse des EU-Gipfels zeigen einmal mehr die große Dringlichkeit gemeinsamer und akkordierter Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten auf. Die EU hat bisher große Versäumnisse hinsichtlich einer einheitlichen Migrations- und Integrationspolitik zugelassen. Die EU muss möglichst rasch funktionierende Mechanismen für die Aufnahme, Verteilung und Rückführung der Flüchtlinge aufstellen und durchführen. Alle müssen an einem Strang ziehen und eine solidarische Haltung zeigen.“ Europa muss geschlossen handeln Spätestens Ende 2016 müssten die europäischen Mechanismen greifen und die Krise in geordnete Bahnen gelenkt sein. Nach der IV vorliegenden Zahlen werden bis Ende 2017 in Österreich mehr als 100.000 Menschen Asyl beantragt haben und 70.000 zusätzliche Personen am Arbeitsmarkt sein. Um diese Lage bewältigen zu können, bräuchte es möglichst rasch eine Reihe von Aufnahme- und Integrations-Maßnahmen. „Asylsuchende Menschen können auch eine Chance für das Land bedeuten, sie müssen dazu aber gezielt in Arbeitsmarkt und Gesellschaft integriert werden“, so Neumayer. Ein Leitbild für Migration in Europa und eine aktive EU-Integrationspolitik sind nun gefragt. � Foto: istockphoto.com/ Rawpixel Ltd erzeit sind etwa 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, die höchste Zahl, die der UN-Flüchtlingsrat jemals verzeichnet hat. Allein im dritten Quartal 2015 beantragten 413.800 Menschen Asyl in der EU. 2015 sind mehr als eine Million Flüchtlinge in Europa angekommen. Der Weg nach Europa führt für die meisten Flüchtlinge über die Türkei, die Balkanroute oder über das Mittelmeer. In der Türkei sind derzeit über 2,5 Millionen registrierte syrische Flüchtlinge. Noch immer ist nicht geklärt, wie die EU die zugesagten drei Milliarden Euro an die Türkei für die Flüchtlingshilfe aufbringen will. Der Türkei geht es in den Verhandlungen mit der EU neben der zugesagten Milliardenhilfe besonders um die Visumliberalisierung bei Reisen türkischer Staatsbürger, jährliche finanzielle Unterstützung und eine ernste Beitrittsperspektive. Die Fortschritte des Aktionsplans sollen im Frühjahr ausgewertet werden. „Aktuell spielt die Türkei eine Schlüsselrolle und kann dazu beitragen, die EU-Außengrenzen zu sichern. Die Beitrittsprozesse sind vorgegeben und dürfen durch aktuelle Maßnahmen keine präjudizierende Wirkung haben“, verdeutlicht IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. 12 iv-positionen | März 2016 Europa UK-Referendum am 23. Juni: Ergebnis offen BREXIT Erstmals steht mit Großbritannien der Austritt eines Mitgliedstaates aus der Europäischen Union im Raum. Die Frage, wie man damit umgeht, beschäftigt nicht nur Brüssel, sondern auch die Industrie. O Foto: istockphoto.com/ Gutzemberg b Einschränkung der Sozialleistungen für EU-Ausländer, die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens, die Rolle der nationalen Parlamente oder Fragen zur Euro-Zone und den Wettbewerb in der EU: Die Schlussfolgerungen zum EU-Gipfel am 18. und 19. Februar in Brüssel enthalten einige Zugeständnisse an die britische Regierung. PM Cameron spricht von einem zukünftigen „Sonderstatus“ Großbritanniens innerhalb der EU. Noch am 23. Juni dieses Jahres wollen die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen. Einschränkung der Sozialleistungen für EU-Ausländer: Trotz der in den Artikeln 21 AEUV und 45 AEUV geregelten Freizügigkeit der EU-Bürger und -Arbeitnehmer soll die von der britischen Regierung geforderte „Notbremse“, durch die EU-Ausländer von Sozialleistungen ausgeschlossen werden können, maximal sieben Jahre gelten. Der Betroffene selbst kann in Zukunft vier Jahre von Leistungen ausgeschlossen werden. Kindergeld für nicht in Großbritannien lebende Kinder soll für neue Antragsteller an die Lebenshaltungskosten im Ausland gekoppelt werden. Ab 2020 sollen dann auch die bereits in anderen EU-Staaten lebenden Unions-Bürger davon betroffen sein. Eine Einschränkung der EU-Richtlinie zur Arbeitnehmerfreizügigkeit soll diesbezüglich vorgeschlagen werden. Mitgliedschaft in der EU: Dem Königreich wurde zudem zugestanden, in Zukunft nicht gemäß Art. 1 EU durch eine „immer engere Bindung“ an die EU verpflichtet zu sein. Diese Ausnahmeregelung für Großbritannien soll in einer EU-Vertragsänderung verankert werden. UK ist kein Teil des Schengen-Abkommens. Nationale Souveränität: Den nationalen Parlamenten soll es in Zukunft anhand eines Vetorechts ermöglicht werden, EU-Gesetzesentwürfe zu stoppen, sofern 55 Prozent der Parlamente zustimmen. Euro-Zone: PM Cameron erhielt von den anderen Euro-Staaten die Zusicherungen, dass Maßnahmen des Währungsraumes keine negativen Auswirkungen auf den Finanzplatz London haben sollen. Umgekehrt soll es keine Beschränkungen für die Finanzmärkte der Euro-Zone geben. Großbritannien wird auch in Zukunft über kein Vetorecht bei Entscheidungen der Eurostaaten verfügen. Wettbewerb: Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft soll gefördert werden, etwa durch Bürokratieabbau für Unternehmen, was bereits durch das aktuelle Better-Regulation-Paket der EU gedeckt wird. PM Cameron zeigte sich mit dem Ergebnis des ER vom 18. und 19. Februar zufrieden und sprach sich für den Verbleib Großbritanniens in einer „reformierten EU“ aus. Brexit: Erstmals steht mit Großbritannien der Austritt eines Mitgliedstaates aus der Europäischen Union im Raum. Die Frage, wie man damit umgeht, beschäftigt nicht nur Brüssel, sondern auch die Industrie. Industrie will Großbritannien weiter als Teil der EU sehen Die IV hat einen offenen Brief des britischen Arbeitgeberverbandes CBI gemeinsam mit anderen Industrieverbänden für den Verbleib Großbritanniens in der EU unterzeichnet. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer: „Großbritannien ist ein wichtiges, wirtschaftspolitisch liberal ausgerichtetes Mitglied. Eine der wichtigsten Säulen der Verhandlungen über seine weitere Mitgliedschaft ist, die EU wettbewerbsfähiger zu gestalten. Eine Forderung, die der gesamten EU Vorteile bringen würde. Europa muss Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. Deshalb sind Reformen und ein globaler Ansatz für Wirtschaft, Bildung und Forschung essenziell.“ Etwa 45 Prozent der Exporte Großbritanniens gehen in die EU, 53 Prozent seiner Importe kommen aus der EU. Auch Auslands-Investoren würde ein „Brexit“ abschrecken, da diese an einem einheitlichen Markt Interesse haben. Die wirtschaftlichen Folgen eines „Brexit“ könnten daher noch ungeahnte Auswirkungen haben. � INFORMATION Florence Meyer-Landrut [email protected] März 2016 | iv-positionen 13 Initiative Stummvoll: „Haben keine Zeit zu verlieren“ WACHSTUM Der Sprecher der Plattform für Leistung und Eigentum, Günter Stummvoll, fordert umfassende Strukturreformen zur Standortverbesserung und eine Wachstumsstrategie. Wachstum heißt „immer mehr“. Muss es denn immer mehr sein? Mehr Wirtschaftswachstum heißt nicht immer mehr vom Selben, sondern heißt Günter Stummvoll, Sprecher der Initiative 14 iv-positionen | März 2016 Abgabenquote, die derzeit in Österreich die sechsthöchste in der Europäischen Union ist. Sie ist aber nicht deshalb so hoch, weil wir so viel in die Zukunft – in Wissenschaft, Technologie und Innovationen – investieren, sondern weil die Bereiche der öffentlichen Verwaltung ineffizient organisiert sind. Eine jüngst publizierte Studie der „EcoAustria“ ergibt ein Effizienzpotenzial alleine im Bereich der Länderverwaltungen von rund fünf Milliarden Euro jährlich. Fortschritt, Entwicklung, Innovation und Wandel, damit wieder mehr Arbeitsplätze entstehen können. Nur müssen wir dafür in die Strukturen gehen! Ein bisschen Kosmetik hier und da und eine Beschwichtigungsmentalität mancher politischer Akteure wird sicherlich nicht reichen. Was wären nun Ihrer Meinung nach die wichtigsten Maßnahmen in einem Wachstumspaket? Abgesehen von vielen Einzelvorschlägen, wie zum Beispiel die Umsetzung des Wohnbaupaketes und die Breitbandinitiative oder die Schaffung einer Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft, muss es vor allem um fünf Schwerpunkte gehen: 1. Die Einstellung zum Unternehmertum muss sich grundlegend ändern. Solange Unternehmen den Eindruck haben, sie werden als Kreuzung zwischen Melkkuh und Prügelknabe betrachtet, wird sich nichts zum Positiven ändern. Wirtschaft ist aber gleich Rechenstift plus Stimmung. Im Grunde brauchen wir eine Art – um dieses in der letzten Zeit so viel strapazierte Wort zu verwenden – Willkommenskultur für Unternehmer. 2. Abbau einer überbordenden Überregulierung der Wirtschaft, die heute die größte Wachstumsbremse darstellt. Wir müssen vom „Triple B“ – Belastung, Bürokratie und Bestrafung – wegkommen. Wir brauchen dazu aber keine neuen Arbeitsgruppen einzusetzen, es gibt eine Fülle an Vorschlägen, die nun endlich umgesetzt werden muss. 3. Belastungsstopp als Vorstufe einer Entlastungsstrategie. Es geht dabei um eine Senkung der Steuer- und 4. Die seit Jahren geforderten Strukturreformen gehören endlich umgesetzt. Empfehlungen von Rechnungshof, OECD, Internationalem Währungsfonds oder internationalen Beratungsorganisationen, wie McKinsey, gibt es seit Jahren und in großer Zahl. In diesem Zusammenhang eine wichtige Klarstellung: Sparen, zum Beispiel auch in den heiklen Bereichen Bildung, Gesundheit und Sicherheit, heißt nicht sparen zu Lasten dieser drei Bereiche, sondern die Mittel effizient einsetzen. 5. Mehr Flexibilität bei Arbeitsmarkt und Arbeitszeit. Die Zeit, in der wir leben, hat ein Hauptkennzeichen: Es ist dies das Tempo der Veränderungen. Veränderungen hat es in der Menschheitsgeschichte immer gegeben, das Tempo war aber noch nie so atemberaubend wie derzeit. Dies erfordert mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt und bei der Arbeitszeitgestaltung. Auch hierfür gibt es konkrete Vorschläge. Und diese müssen jetzt rasch umgesetzt werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren. www.der-mittelstand.at � Foto: Parlamentsdirektion / WILKE Die Plattform für Leistung und Eigentum fordert umgehende strukturelle Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort Österreich. Worum soll es konkret gehen? Wir werden ohne oder mit zu geringem Wachstum unsere Probleme im Staatshaushalt, am Arbeitsmarkt und bei der Finanzierung unseres teuren Sozialsystems nicht lösen können. Um nur ein Beispiel zu nennen: Expertenmeinung ist, dass eine spürbare Senkung der ständig steigenden Arbeitslosigkeit erst ab einem Wirtschaftswachstum von rund 2,5 Prozent möglich ist. 2015 hatten wir aber nur 0,8 Prozent, für heuer sind 1,7 Prozent prognostiziert. Das heißt, derzeit laufen wir dem Wachstum hinterher und sind auch in den internationalen Rankings stark zurückgefallen. Wir müssen wieder von der Kriechspur auf die Überholspur kommen. Bildung Partnerkonferenz NEUSTART SCHULE Mehr Energie für Bildungsreform MEETING Einen bildungspolitisch richtungsweisenden Frühling erwartet sich die IV-Initiative NEUSTART SCHULE. Bei einem Arbeitstreffen zogen ihre Partner Zwischenbilanz und konkretisierten Ziele der Bildungsreform. D ie Umsetzung der im November beschlossenen Bildungsreform stand im Mittelpunkt eines Arbeitstreffens der mehr als zwanzig Partner – darunter Hilfswerk, EduCare, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Bundesjugendvertretung – der IV-Initiative NEUSTART SCHULE. „Es wird ein richtungsweisender Frühling für die Bildungspolitik. Die kommenden Monate werden zeigen, ob erkennbare Reformschritte gelingen. Wir möchten jedenfalls unsere Erfahrungen und Vorschläge einbringen, weil der Reformstau hoch ist“, so NEUSTART SCHULE-Initiator Christian Friesl. Die wichtigsten Befunde des Arbeitstreffens auf einen Blick: n Die Aufwertung der Elementarbildung kann zum wichtigen Erfolg der Bildungsreform werden. Dazu braucht es die Finanzierung des zweiten Kindergartenjahres und die Entwicklung bundesweit einheitlicher und verbindlicher Standards für Qualität und Rahmenbedingungen. Der geplante Fotos: Rudi Froese FACTBOX NEUSTART SCHULE ist eine Initiative der Industriellenvereinigung und ihrer Partner, die Bewegung in die österreichische Bildungspolitik bringt. Ziel ist es, mit der Unterstützung von Partnern, Experten und der Bevölkerung auf die Notwendigkeit einer Bildungsreform aufmerksam zu machen und die Politik dafür zu gewinnen. Weitere Informationen unter www.neustart-schule.at und auf Facebook unter www.facebook.com/neustartschule. Besprechung der Ergebnisse mit BMBF-Sektionschef Kurt Nekula „Bildungskompass“ soll weder Momentaufnahme noch Selektionskriterium sein, sondern auf Stärken und Ressourcen ausgerichtet sein. n Um kontraproduktive Brüche zu vermeiden und einen fließenden Übergang zu ermöglichen, sollten die verpflichtenden Kindergartenjahre systematisch mit den ersten Schuljahren verknüpft werden. In verschlankten Volksschullehrplänen soll der Fokus auf Grundkompetenzen und Kulturtechniken gelegt werden. n Autonomie an den Schulen erfordert entsprechendes Know-how für Schulleiterinnen und Schulleiter. Das Bestellungsverfahren hat objektiv, ohne politische Einflussnahme und unter Mitwirkung der Schulpartner zu erfolgen. n Kritisch sehen die Partner von NEUSTART SCHULE, dass mit den neuen Bildungsdirektionen der kompletten Verländerung der Schulverwaltung der Weg geebnet werden soll. Friesl: „Wenn Bund und Länder nicht in der Lage sind zusammenzuarbeiten, soll die Bildungsdirektion eine Bundesbehörde werden.“ n Bei den Modellregionen plädiert NEUSTART SCHULE jenseits der Diskussion um Prozentanteile für alternative, schülerzentrierte Kriterien, damit jede Modellregion auch wirklich eine organische Einheit mit einem sinnvollen Einzugsgebiet wird. Einig waren sich die NEUSTART SCHULE-Partner auch darin, dass die Bildungsreform mit der Umsetzung der Vorschläge aus dem November nicht zu Ende ist, sondern erst richtig beginnt. Friesl: „Dann muss es endlich um Ziele und Inhalte von Bildung gehen.“ Für die notwendige „Bildungsrevolution“ benötigt es jedenfalls ein gemeinsames Vorgehen mit den Betroffenen, der Politik, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft, fordert NEUSTART SCHULE. � März 2016 | iv-positionen 15 KWT APAG: Unabhängige Prüfung und Transparenz statt Überregulierung INTERVIEW Herbert Houf, Vizepräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT), und Aslan Milla, Berufsgruppenobmann der Wirtschaftsprüfer der KWT, lehnen noch mehr Bürokratie für Unternehmen bei der Neuregelung der Abschlussprüferaufsicht strikt ab. Aslan Milla, Berufsgruppenobmann der Wirtschaftsprüfer der KWT Herbert Houf, Vizepräsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) 16 iv-positionen | März 2016 Wirtschaftsprüfer werden in Zukunft ja auch über eine neue Behörde überprüft… Houf: Wir begrüßen die Einrichtung einer weisungsfreien und unabhängigen Aufsichtsbehörde. Die Kosten dürfen aber nicht explodieren. Deshalb müssen die Aufgaben und Kompetenzen der Behörde auf das EU-rechtliche Mindestmaß beschränkt bleiben. Die schon bisher erfolgreich tätigen Qualitätsprüfer sollen weiterhin für die Qualitätssicherungsprüfungen herangezogen werden, der Inspektor soll nur dort zum Einsatz kommen, wo das auf Grund der EU-Vorgaben zwingend notwendig ist. Was halten Sie von der Ausweitung der neuen Prüfungsberichte auch für nicht-börsenotierte Unternehmen? Milla: Wir sprechen uns gegen die Einführung von weiteren Zusatzberichten für nicht-börsenotierte Unternehmen aus, weil damit nur ein bürokratischer Aufwand vor allem für die mittelständische Wirtschaft entsteht. In Österreich gibt es bei allen Aufsichtsrat- und Prüfungsausschusssitzungen zu Fragen der Abschlussprüfung ein Rederecht und eine Redepflicht. Die direkte Kommunikation der Ergebnisse einer Abschlussprüfung ist damit ausreichend sichergestellt. Neben einer neuen Prüferaufsicht sollen auch neue Regeln zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers kommen…. Houf: Was in der aktuellen Diskussion gerne vergessen wird: Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen in Österreich gehen weit über die bisherigen EU-Vorgaben hinaus. Wir haben bereits jetzt strenge Regeln, welche Beratungsleistungen ein Abschlussprüfer nicht erbringen darf, um seine Unabhängigkeit nicht zu gefährden. Wir sehen da keinen weiteren Handlungsbedarf. Ein zentrales Diskussionsthema ist auch die geplante zwingende Rotation der Prüfungsgesellschaft. Warum sprechen Sie sich gegen eine externe Rotation aus? Houf: Wir haben in Österreich seit vielen Jahren die personenbezogene (interne) Rotation nach fünf Jahren mit zwei Jahren cooling-off und sind damit strenger, als es die EU nun mit einer Rotation erst nach sieben Jahren und drei Jahren cooling-off vorsieht. Wir sind überzeugt, dass damit einer eventuellen Befangenheit des Prüfers ausreichend entgegengewirkt wird. Eine zusätzliche externe Rotation bringt mehr Nachteile als Vorteile. Milla: Jeder Wechsel einer Abschlussprüfungsgesellschaft ist immer eine kritische Phase für die Sicherstellung der zuverlässigen Finanzberichterstattung eines Unternehmens, die sehr gut vorbereitet werden muss und auch erhebliche Ressourcen bindet. Ein verpflichtender Wechsel birgt das Risiko eines quasi institutionalisierten Wissens- und Qualitätsverlustes und damit auch deutliche Nachteile für die Unternehmen. www.kwt.or.at � Fotos: KWT Wie stehen Sie grundsätzlich zur neuen Abschlussprüferaufsicht? Milla: Wir Wirtschaftsprüfer unterstützen alle Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz und Unabhängigkeit im prüfenden Berufsstand und zur Weiterentwicklung der Qualität und Aussagefähigkeit der Abschlussprüfung. Mit der Umsetzung des Abschlussprüferaufsichtsgesetzes (APAG) wird allerdings teilweise über das Ziel hinausgeschossen, was eine unverhältnismäßige Erhöhung des bürokratischen Aufwands für Unternehmen und Prüfungsbetriebe bringt. Und das lehnen wir strikt ab. Austrian Leadership Programs startet Fotos: BMEIA/Dragan Tatic, IV-OÖ Krügl NETZWERK Weltweite Kontakte und gute internationale Beziehungen sind am globalen Markt entscheidend. Eine Initiative von IV, BMEIA und WKÖ soll bestehende Verbindungen stärken und neue schaffen. E ine globalisierte Wirt- Mit Wachstumsmärkten vernetzen schaft bietet einer klei- „Mit dem neuen Programm starten wir nen, exportorientierten ein globales Besucherprogramm für ÖsVolkswirtschaft wie Ös- terreich, um ein starkes Netzwerk an interreich viele Chancen. ternationalen Entscheidungsträgern zu Sie birgt aber auch große Herausforde- schaffen“, so Außenminister Sebastian rungen, für deren Bewältigung gute in- Kurz. Denn für die österreichische Wirtternationale Kontakte immer wichtiger schaft biete sich die einmalige Chance, werden. Das betrifft Außenpolitik und mit Entscheidungsträgern und FührungsDiplomatie – und vermehrt auch Unter- kräften aus der ganzen Welt zusammennehmen. Die Einbettung in ein größeres zukommen. „Um erfolgreich zu bleiben, Netzwerk wird zum Erfolgsgaranten. müssen wir in neue Wachstumsmärkte Eine Entwicklung, der sich Industriel- gehen – und die liegen außerhalb Eulenvereinigung (IV), Wirtschaftskam- ropas“, so IV-Präsident Georg Kapsch. mer (WKÖ und Außenministerium Durch diese Initiative werde es erleich(BMEIA) mit der im Jänner „Um erfolgreich zu gemeinsam präsentierten Initibleiben, müssen wir in ative „Austrian neue Wachstumsmärkte Leadership Progehen – und die liegen grams“ (ALPS) außerhalb Europas.“ annehmen. VierIV-Präsident Georg Kapsch mal jährlich sollen internationale Führungskräfte aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft tert, Investitionen nach Österreich zu zusammenkommen. Gespräche mit ent- holen. Letzteres bedinge jedoch auch die sprechend hochrangigen österreichi- Verbesserung der wirtschaftspolitischen schen Vertretern stehen dabei ebenso Rahmenbedingungen am Standort durch wie die Präsentation des heimischen strukturelle Reformen. „Am Ende geht es Wirtschafts-, Innovations- und Techno- um die Schaffung und Erhaltung von Arlogiestandortes im Fokus. Für Öster- beitsplätzen. Darum stehen wir voll und reich politisch und wirtschaftlich inte- ganz hinter dieser Initiative – auch um ressante Länder werden dabei gezielt zu zeigen, was Österreichs Unternehmen berücksichtigt. können“, betonte der IV-Präsident. � März 2016 | iv-positionen 17 Wien Wien: Herausforderungen bieten Chancen INTERVIEW Zwei Top-Experten diskutieren im Gespräch mit den iv-positionen über die Zukunft des Wirtschaftstandortes. billiger und damit für einen Massenmarkt leistbar werden. Hoffmann: Die zur Verfügung stehenden Technologien vor allem im Bereich der Digitalisierung sind ein Turbo für den Ausund Aufbau von Geschäften. In Wien haben wir unter anderem in den Bereichen Life Sciences und Mobilität besonders starke Firmen, die Rahmenbedingungen müssen jedoch insbesondere in der Hin- Themenwechsel: In der Flüchtlings- sowie in der Migrationsfrage insgesamt dominieren die Negativschlagzeilen. Wo liegen jedoch auch hier konkrete Chancen? Helmenstein: Qualifizierte Zuwanderung ist hochgradig wünDie Industrie 4.0 und Digitalisierung stellen für die schenswert. Wirtschaft einerseits eine große Herausforderung bisher zu beobachtdar, welche Möglichkeiten und Chancen für Unter- ende Zuwanderung „Österreichs Unternehnach Österreich nehmen sehen Sie aber auf der anderen Seite? men sind stark in der Helmenstein: Österreich weist einen starken war jedoch von Prozessinnovation.“ industriellen Kern auf, der durch die rasche unterdurchschnittDr. Christian Helmenstein Adoption neuer Technologien einen Wett- lichen Qualifikatibewerbsvorteil zu erzielen vermag. Unsere onsniveaus geprägt. zahlreichen Hochtechnologie-Unternehmen Das verschärft das sind Industrie 4.0-affin. Deshalb sollten ge- Problem, dass das rade wir uns nicht vor Industrie 4.0 fürchten. Gros der Arbeitslosen schon heute geringqualifiziert ist. Die sicht verbessert werden, dass noch häuHoffmann: Wenn ein Unternehmen bisher größte Herausforderung wird daher sein, figer marktfähige Produkte und Dienstleisbeispielsweise Komponenten für Automo- dass uns die Qualifizierung der schon län- tungen entstehen können. bilproduzenten oder den Anlagenbau ge- ger anwesenden Bevölkerung wie auch der Flüchtlinge zukünf- Helmenstein: Österreichs Unternehmen zeichnet eine überdurchschnittlich hohe tig besser gelingt. „Durch Digitalisierung Fähigkeit zur Prozessinnovation und zur Hoffmann: Die Kombination von bestehenden Technolokann ein zusätzliches Chancen liegen ge- gien zu Nischenprodukten aus. Und dieServicegeschäft rade für Wien darin, se Fähigkeiten implizieren gerade heute entstehen.“ dass Kreativität, große Chancen: Das globale TechnoloUniv. Prof. Dr. Werner Hoffmann Wissenschaft und gie- und Kompetenzportfolio wächst in Innovation in einer einem atemberaubenden Tempo. Umso Großstadt eine tra- mehr Möglichkeiten gibt es für österreiliefert hat, kann es dank Digitalisierung ein gende Rolle spielen. Kreativität wird durch chische Unternehmen, durch konvergente zusätzliches Servicegeschäft aufbauen.Die Vielfalt unterstützt und befeuert. Man muss Technologien neue Marktpotenziale zu erDigitalisierung hat aber nicht nur Effekte die Zuwanderung aber wesentlich stärker schließen. � für den Leistungserstellungsprozess durch steuern, als wir es in Österreich derzeit tun. Automatisierung und Effizienzsteigerung, INFORMATION sondern vor allem auch an der Kunden- Die wirtschaftlichen Zeiten sind fordernd: Wie Das komplette Interview finden Sie schnittstelle. Effizienzsteigerung kann sogar können wir dennoch bestmöglich von den Stärkeunter: www.iv-wien.at/b412 Jobs bringen, wenn Produkte wesentlich feldern unserer Wirtschaft profitieren? 18 iv-positionen Wien | März 2016 Fotos: Contrast, IV, istock/amoklv D er Wissenschaftliche Leiter des Wiener Strategieforums (siehe Kasten Seite 19), Werner Hoffmann, und IV-Chefökonom Christian Helmenstein sprechen über Chancen für Unternehmen und den Standort in fordernden Zeiten. Wien Unternehmensstadt Wien: Leitbetriebe stärken! Der Standort Wien zeichnet sich durch eine gut durchmischte Wirtschaftsstruktur aus – sowohl in Bezug auf den Branchenmix als auch im Hinblick auf die Größe der Unternehmen. starken Leitbetrieben spielt aber auch die öffentli- sonders hohen Ausmaß technologisches Wissen che Wahrnehmung im Rahmen einer erfolgreichen sichern und fördern. Innovation und technologisches Standortentwicklung eine entscheidende Rolle. Know-how garantieren die Wettbewerbsfähigkeit Wien muss sich daher wie bisher - neben dem eines Wirtschaftsstandortes. Image als Weltstadt der Lebensqualität und Kultur Eine volkswirtschaftlich und gesellschaftlich re- – gleichwertig noch stärker als Stadt aufstrebender, Die IV-Wien wird daher auch weiterhin die Vermark- levante Rolle spielen dabei die Leitbetriebe. Sie moderner und innovativer Unternehmen vermarkten, tung der Unternehmensstadt Wien in den Vorder- lösen aufgrund ihrer Vorleistungsnachfrage nach als eine moderne und zukunftsgerichtete Stadt, die grund ihrer Arbeit stellen und dabei unter anderem hochwertigen Produkten und Dienstleistungen sowie talentierten Menschen aus aller Welt interessante die wichtige Rolle der Leitbetriebe für die Wirtschaft wegen ihres hohen Innovationspotenzials wichtige Chancen und Möglichkeiten bietet. der Stadt in diversen Projekten sowie in laufenden gesamtwirtschaftliche Effekte aus – und das unabhängig von Unternehmensgröße oder Umsatz. Kontakten mit Entscheidungsträgern in Politik und Kultur und Lebensqualität sind zweifelsohne zent- Verwaltung forcieren. rale Standort-Assets, die auf Top-Arbeitskräfte und Alleine in Wien sind mehr als 40 Leitbetriebe Investoren eine starke Anziehungskraft haben. Allein (zum Begriff siehe http://www.iv-net.at/leitbetriebe) dies reicht jedoch nicht. Die vergangenen, wirt- angesiedelt. Sie sorgen nicht nur im eigenen Unter- schaftlich herausfordernden Jahre haben deutlich nehmen, sondern vor allem bei KMU für zusätzliche gezeigt, dass es in erster Linie die ökonomisch breit Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Von dieser Dy- aufgestellten Regionen waren, die gut durch die Kri- namik und Interaktion zwischen großen, mittleren se gekommen sind, nicht jene, die sich zu stark auf und kleinen Unternehmen lebt und profitiert die einige wenige Wirtschaftsbereiche konzentrierten. Wirtschaft Wiens und Österreichs insgesamt. Denn es sind vor allem die industriellen Leitbetriebe, Ihr die intensiv in Forschung und Entwicklung invesNeben den eben angesprochenen Stärken und tieren und aufgrund ihrer oftmals hochkomplexen Ing. Wolfgang Hesoun, der Bedeutung einer diversifizierten Wirtschaft mit Produkte und Produktionsprozesse in einem be- Präsident der IV-Wien Wiener Strategieforum „Austrian Strategic Management Society“ in Kooperation mit IV-Wien 1. Juni 2016, 9:00 – 19:30 Uhr Wirtschaftsuniversität Wien Welthandelsplatz 1 1020 Wien Fotos: IV-Wien, WU Wien Das Strategieforum findet im Learning Center der WU Wien statt. D as Wiener Strategieforum ist eine internationale Tagung für Strategisches Management und Innovation. Das Forum bildet eine Brücke zwischen Praxis und Wissenschaft und bietet eine hochwer- tige Plattform für den Gedankenaustausch zwischen führenden Wissenschaftlern und Top-Entscheidern aus der Wirtschaft zu den essenziellen Fragen der Zukunftsgestaltung von Unternehmen. � INFORMATION Programm: www.strategieforum.at Kontakt: [email protected] oder +43 699 13182780 März 2016 | iv-positionen Wien 19 Wien WIEN Am Podium (v. l.n.r.): Philipp von Lattorff, Generaldirektor Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG, Sonja Wehsely, amtsführende Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Generationen, Moderatorin Corinna Milborn, Wolfgang Köppl, Leiter der Siemens Healthcare CEE, Ulrike Rabmer-Koller, Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und Gerald Gschlössl, Vertriebsleiter Lohmann & Rauscher GmbH und Präsident der AUSTROMED. Gesundheitswirtschaft im Fokus EVENT Am 23. Februar diskutierten Vertreter aus Industrie und Politik über die Zukunft der Medizinprodukte- und Pharmaindustrie. Im Rahmen der Veranstaltung wurde in Kooperation mit AUSTROMED auch ein Positionspapier der IV-Niederösterreich, IV-Wien und IV-Burgenland präsentiert. FACTBOX • • Die Gesundheitswirtschaft im Sinne von Medizinprodukte- und Pharmabranche besteht österreichweit aus 800 Unternehmen mit insgesamt rund 52.000 Beschäftigten und knapp 20 Milliarden Euro Jahresumsatz. Jeder Euro an Wertschöpfung generiert rund einen weiteren Euro an Wertschöpfung in Österreichs Wirtschaft. • Jedem Beschäftigten steht mindestens ein weiterer Arbeitsplatz gegenüber, der durch diese Branchen gesichert wird (Beschäftigungsmultiplikator: Medizinprodukte: 1,92, Pharma: 2,65). • Österreich gab 2013 10,8 Prozent seines BIP für das Gesundheitswesen aus und bewegt sich damit im oberen Rahmen der entwickelten Industrienationen. „Zukunftsstrategien für die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie“ download unter: www.iv-wien.at/publikationen 20 iv-positionen Wien | März 2016 Bestbieter- statt Billigstbieterprinzip „Um das System nachhaltig zu verbessern, müssen wir weg vom Billigstbieterprinzip und hin zum Bestbieterprinzip“, sagte dazu Wolfgang Köppl, Leiter der Siemens Healthcare CEE. Gleichzeitig waren sich alle Diskutanten einig, dass es nicht immer trivial ist, den Bestbieter zu ermitteln. „Hier ist insbesondere Transparenz wichtig, um die richtigen Entscheidungen zu treffen“, so Sonja Wehsely, amtsführende Wiener Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Generationen. Zudem müsse das System immer ganzheitlich betrachtet werden, wie Ulrike Rabmer-Koller, Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der österreichischen So- zialversicherungsträger, erklärte: „Neue, oft hochpreisige Medikamente führen häufig zu niedrigeren Behandlungskosten etwa in den Krankenhäusern. Hier muss es einen Ausgleich geben.“ Philipp von Lattorff, Generaldirektor der Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG, betonte, dass die heimischen Medikamentenpreise im internationalen Vergleich niedrig seien: „Viele Händler erwerben die Produkte daher in Österreich und verkaufen sie teurer im Ausland. Außer den Händlern hat da aber niemand etwas davon.“ Mehr Anerkennung für Innovationen Ein weiteres Hauptthema der Diskussion war die Frage, wie Innovationen in der Gesundheitswirtschaft gefördert werden können. „In der Vergabe werden Innovationen jedenfalls nicht entsprechend berücksichtigt. Dieser Mehrwert sollte besser anerkannt werden“, so Gerald Gschlössl, Vertriebsleiter der Lohmann & Rauscher GmbH und Präsident der AUSTROMED. Einig waren sich alle Diskutanten darüber, dass Innovationen schneller bei den Patienten ankommen müssen, hier habe Österreich noch Aufholbedarf. � Foto: Gabi Hofstädter U nser Gesundheitssystem hat eine hohe Qualität, wir lassen uns diese aber auch sehr viel kosten – so der Tenor der Diskussion unter dem Motto „Zukunftsstrategien für die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie“. Debattiert wurde vor allem auf Basis eines neuen Positionspapiers, das in einem Arbeitskreis der IV und Austromed sowie mit über 20 Unternehmensvertretern erstellt worden war.
© Copyright 2024 ExpyDoc