Alles über Grundwasser- Nutzung

20.01.2016 | 1
Alles über
GrundwasserNutzung
Grundwasser-Nutzungen gehören zur untiefen Geothermie. Dabei wird die Wärme
des Grundwassers genutzt. Grundwasser
kann in Lockergesteinen oder im Fels bis in
eine Tiefe von rund 500 Meter vorkommen.
Auch Quellen können zur Wärmegewin­
nung genutzt werden.
Nutzen: Heizen und kühlen für grössere Gebäude
Mit Grundwasseranlagen kann geheizt und gekühlt
werden. Grundwasseranlagen werden insbesondere für grössere Wohn- oder Bürokomplexe aber
auch Gewerbebauten (z.B. auch Kühlung) genutzt.
Je nach Anlagengrösse können mehrere Gebäude
oder Quartiere über ein Wärmenetz versorgt werden. Auch in der Landwirtschaft ist ein Einsatz
möglich. Grundwasseranlagen werden hingegen
nur untergeordnet für Einfamilienhäuser genutzt,
da solche Kleinanlagen nur in wenigen Kantonen
erlaubt sind.
Verbreitung und Potenzial: Überall in der Schweiz
Grundwasseranlagen sind überall in der Schweiz
zu finden. Die Verbreitung variiert aufgrund unterschiedlicher Bewilligungskriterien in den Kantonen.
Verhältnismässig viele Anlagen gibt es etwa im
Kanton Bern. Etwa 14 Prozent aller Wärmepumpen­
anlagen, die Geothermie nutzen, beziehen die
Wärme aus dem Grundwasser (Jahr 2014).
Das Potenzial von Grundwasser fürs Heizen und
Kühlen ist sehr gross. Jedoch ist es an Gebiete mit
geeigneten Grundwasservorkommen gebunden.
Zudem ist die Nutzung eingeschränkt, wenn ein
Grundwasservorkommen für die Trinkwasserver­
sorgung geschützt ist. Auch die Beschaffenheit des
Grundwassers kann die Nutzung einschränken. Bei
sauerstoffarmem Wasser mit hohen Eisen- und/
oder Mangangehalten könnte die Anlage verstopfen, bei aggressivem Wasser rosten.
In manchen Gebieten ist es verboten, zum Kühlen
Wärme ins Grundwasser abzugeben. Grund: Die für
das Trinkwasser ideale Temperatur von 8–12 °C
soll nicht überschritten werden (Bakte­rienwachs­
tum).
Funktionsprinzip: Offener Kreislauf
Über eine Bohrung wird das Grundwasser erschlossen und mit einer Unterwasserpumpe zur Wärme­
pumpe gefördert. Nach der Nutzung gelangt das
abgekühlte Wasser über einen Versickerungs­
schacht oder Schluckbrunnen wieder ins Grund­
wasser. Die Entnahme- und Rückgabestelle müssen – damit das zurückgegebene warme respek­
tive kalte Wasser nicht unmittelbar wieder durch
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die Entnahmebohrung hochgepumpt wird – in
Grund­wasserfliessrichtung und in ausreichendem
Abstand zueinander liegen. Grundwasser-Wärme­
pumpenanlagen können das ganze Jahr über konstant hohe Wärmequellentemperaturen von rund
8 – 10 °C nutzen.
Ökologie: Nahezu CO2 frei
Die Nutzung von Grundwasser ist äusserst ökologisch: Grundwasser mit seiner ganzjährig konstanten Temperatur stellt eine ideale Wärmequelle dar.
Wird Wasser in der Wärmepumpe um ein Grad
Celsius abgekühlt, wird sehr viel mehr Wärme ans
Heizsystem abgegeben als wenn Luft oder trockenes Gestein um ein Grad abgekühlt wird. Jeder
kennt dies von Seen. Im Frühling erwärmen sich
diese wesentlich langsamer als Luft und Boden. Im
Herbst hingegen sind sie noch angenehm warm.
Mit einer Wärmepumpe lässt sich viel CO2 einsparen. Die Einsparung hängt von der Qualität («Leis­
tungs­zahl») der Wärmepumpe und der Stromher­
kunft ab. Die Grundwasserwärme selbst ist nahezu
CO2-frei. Nur bei der Materialherstellung und beim
Anlage-Bau fällt CO2 an.
Wärmepumpen sparen gegenüber modernen Öl­
kes­seln bis zu 80 Prozent und gegenüber GasBrenn­kesseln bis zu 70 Prozent CO2-Emissionen.
Diese Zahlen wurden für den bayrischen Strommix
abgeschätzt und können in etwa auf die Schweiz
übertragen werden. Beträgt beispielsweise bei
einer Öl-Heizung der CO2-Ausstoss 2‘800 kg CO2Äquivalent pro Kilowattstunde, kann dieser bei einer Wärmepumpenanlage bis auf 560 reduziert
werden. Im Durchschnitt spart jede einzelne Wär­
mepumpe jährlich 2 Tonnen CO2-Äquivalent ein.
Förderung: Kantonal unterschiedlich
Für den Bau von Grundwasseranlagen gibt es auf
Bundesebene keine Unterstützung. Hingegen fördern manche Kantone und Gemeinden solche An­
lagen. Erkundigen Sie sich bei einer Energiebera­
tungs­stelle oder konsultieren Sie verschieden
Webseiten:
• Kantonale Energiefachstellen und Energieberatungsstellen: http://www.bfe.admin.ch/dossiers/00677/index.html?lang=de
• Bundesamt für Energie: http://www.bfe.admin.
ch/dienstleistungen/05822/index.html?lang=de
• Energie Schweiz: http://www.energieschweiz.
ch/de-ch/home.aspx
Ökonomie: Wirtschaftlichkeit abhängig von Tiefe
Grundwasseranlagen haben ganzjährig 8–12 °C
warmes Wasser zur Verfügung. Dies ermöglicht
hohe Jahresarbeitszahlen (bis 5). Dadurch sind
Grundwasseranlagen ab rund 10 Kilowatt Heizleis­
tung wirtschaftlicher als Erdwärmesonden. Ist ein
geeignetes oberflächennahes Grundwasservor­
kommen vorhanden, empfiehlt sich eine Nutzung.
Da Bau- und Betriebskosten mit zunehmender
Tiefe stark steigen, liegt die Wirtschaftlichkeits­
grenze für grosse Einzelobjekte (Mehrfamilien­
häuser etc.) bei 20 bis 50 Meter Tiefe, je nach An­
lagengrösse und Untergrundverhältnissen.
Grundwassernutzungen können über Nah- oder
Fernwärmenetze grössere Quartiere versorgen. In
solchen Fällen sind auch grössere Tiefen ökonomisch. Der Übergang zu den mitteltiefen Grund­
wassernutzungen (hydrothermale Anlagen) ist
fliessend. Der Anteil der zugeschalteten Wärme­
pumpe wird dabei immer kleiner.
Planung und Installation: Fachgerecht ausführen
Grundwasseranlagen sind nach der SIA-Norm
384/7 und allfälligen kantonalen Vorschriften zu
planen und installieren. Zu berücksichtigen sind der
Wärme- bzw. Kältebedarf und die hydrogeologischen Verhältnissen vor Ort. Allenfalls sind Sondie­
rbohrungen mit Pumpversuchen nötig.
Zwischen Wasserentnahme und -rückgabe braucht
es einen genügend grossen Abstand. Die Rückgabe
des abgekühlten Wassers muss oberflächennah,
z. B. in einer Versickerungsgalerie, erfolgen.
Schluck­­­brunnen mit Rückgabe des Wassers direkt
in den Grundwasserleiter können in manchen
Kantonen nur in begründeten Ausnahmen bewilligt
werden.
Anlagen mit grösserer Leistung werden meist professionell betrieben. Deshalb ist ihre Betriebs­
sicher­heit in der Regel höher als bei Kleinanlagen
für Einfamilienhäuser.
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Bewilligungsverfahren: Kantonal unterschiedlich
Ist die Trinkwasserversorgung weder beeinträchtigt
noch gefährdet, kann die Wärme des Grundwas­
sers prinzipiell genutzt werden. Die Grundwasser­
temperatur zwischen 8 und 12 °C sollte sich grossräumig nicht ändern. Zu berücksichtigen sind auch
von Menschen verursachte Einflüsse (z.B. Erwär­
mung unter Städten). Kühl-Anlagen sind aufgrund
des Wärmeeintrages ins Grundwasser in manchen
Kantonen nur bedingt möglich.
Gleich zu Beginn sollte die Bauherrschaft abklären,
ob eine Anlage am gewünschten Standort gewässerschutzrechtlich zulässig ist oder nicht. Die
Anfrage richtet sich an das zuständige kantonale
Amt. Gewöhnlich sind das die Ämter für Umwelt
oder Energie. Die Kantone geben Auskunft über
jene Aspekte, die für die Beurteilung eines Projekts
relevant sind. Unter Umständen sind für hydrogeologische Abklärungen Sondierbohrungen und
Pumpversuche nötig. Diese müssen separat bewilligt werden.
Die Bewilligung erfolgt im Rahmen des Baubewilli­
gungs­verfahrens und ist in den meisten Kantonen
bei der zuständigen Gemeindebehörde einzureichen. Zudem benötigt die thermische Nutzung von
Grundwasser in der Regel eine Konzession.
Die meisten Kantone geben auf ihren Webseiten
eine Übersicht über Zulassungskriterien und
Bewilligungsverfahren. Sie stellen Merkblätter und
Formulare zum Download bereit.
Vorteile
• Erneuerbare Energie.
• Heizen und kühlen mit der gleichen Anlage.
• Sehr kleiner Platzbedarf an der Oberfläche.
• Konstante und auch im Winter gleichmässig
hohe Temperaturen der Wärmequelle.
• Hoher Wirkungsgrad. Je höher die Wärmequellentemperatur und je tiefer die Nutzungstemperatur (Heizungsseite) sind, umso besser ist der
Wirkungsgrad der Wärmepumpenanlage.
• Einfach in der Auslegung.
• Geringe jährliche Kosten über die Lebensdauer
gerechnet.
• Hohe Zuverlässigkeit.
• Hohe Lebensdauer.
• Heizen und Kühlen möglich.
• Unabhängigkeit.
Nachteile
• Vorabklärungen sind umfangreich.
• Relativ aufwändig im Bau.
• Bei kleinen Einfamilienhäusern sind Investitionskosten unter Umständen ungünstig hoch.
• Abhängig von nutzbarem Grundwasser.
• Je nach hydrogeologischen Verhältnissen nur
eingeschränkt einsetzbar.