Reif für das digitale Schulbuch?

eEducation Sommertagung 2015
Reif für das digitale Schulbuch? Konzepte zu
dessen Nutzung an Schulen
Christian Nosko
Institut für Ausbildung Wien / Zentrum für mediengestütztes Lernen und IT
Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems
Mayerweckstraße 1
1210 Wien
[email protected]
Abstract: Um einen nachhaltigen Einsatz digitaler Schulbücher zu gewährleisten,
sind zukunftsorientierte Investitionen und Konzepte an der jeweiligen Schule
unerlässlich. Eine Untersuchung der Digitalisierungseffekte im Buchmarkt kann für
diese Planungsprozesse hilfreich sein.
Die Unterscheidung der Begriffe analog/digital ist seit dem Beginn der 90er Jahre
des 20. Jahrhunderts in aller Munde, wobei das Wort „digital“ mittlerweile zu einem
buzzword geworden ist, das mit „neu“ oder „fortschrittlich“, während „analog“ mit
„unscharf“ und „defizitär“ konnotiert wird [Sc04]. So werden, um nur ein paar
Beispiele zu nennen, Musik, Bilder, Kino und Zeitung digitalisiert – versprochen wird
bis dato unerreichte Qualität.
Auch die Schule ist nicht immun gegen die weltweiten Digitalisierungsanstrengungen: Der Begriff „digitales Schulbuch“ ist im deutschsprachigem Raum in
Verwendung, seit Südkorea 2007 damit begonnen hat, Schulen mit „digital
textbooks“ auszustatten. Mittlerweile sind auch in Österreich zahlreiche Produkte
verfügbar, die eine Bereicherung für den Unterricht darstellen können. Für eine
Orientierung in diesem zusehends unübersichtlichen Markt kann die Typologie von
Nosko [No15] hilfreich sein.
Selbst wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag, das digitale Schulbuch ist
kein zusätzliches Unterrichtsmedium, das - überhastet eingesetzt - einen Mehrwert
gegenüber dem gedruckten Schulbuch garantiert. Zukunftsorientierte Investitionen
und Konzepte sind nötig, um einen nachhaltigen Einsatz im Unterricht zu
ermöglichen und Prozesse rund um das digitale Schulbuch an der jeweiligen
Schule zu organisieren. Denn durch die Digitalisierung des Schulbuchs ergeben
sich nicht nur Konsequenzen im technischen, sondern auch im wirtschaftlichen,
soziokulturellen und pädagogischen Bereich. Diese lassen sich anhand der, durch
die Digitalisierung hervorgerufenen Veränderungen im Buchmarkt, auf den Ebenen
der Herstellung, des Produktes, des Vertriebs sowie der Nutzung [JA10] detailliert
darstellen.
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Digitalisierung der Herstellung
Software bestimmt den kompletten Produktionsprozess. Neben Layout und Satz
des Printbereichs wird das Design des Produktes und zusätzlicher Materialien
immer wichtiger. Kosten für den Druck zusätzlicher Seiten entfallen ebenso wie
lange Wartezeiten für die Übernahme von Aktualisierungen.
Digitalisierung des Produktes
Als Ergebnis des Herstellungsprozesses liegt kein gedrucktes Buch, sondern
elektronisch gespeicherte Information vor. Neben mehreren Dateiformaten (wie pdf,
epub oder ibooks) lassen sich auch digitale Erscheinungsformate (wie ContainerFormate, Software-Anwendungen, browserbasierte Webservices oder CloudServices) unterscheiden [Op14].
Digitalisierung des Vertriebs
Durch die Digitalisierung sind nicht mehr alle Akteurinnen und Akteure im
Herstellungsprozess, d.h. Autorin bzw. Autor – Verlag – Zwischenbuchhandel bzw.
Buchgrossisten – Onlinehandel bzw. Präsenzhandel, nötig:
- Open Educational Resources (OER) sind nicht auf einen Vertrieb angewiesen,
können Schulen aber auch keine mit Verlagen vergleichbare Unterstützung bieten.
- Statt einem Präsenzhandel, der Schulbücher an die Schule bringt, wird eine
gemeinsame Plattform für digitale Schulbücher erforderlich.
Digitalisierung der Nutzung
Ein virtuelles Buch zu nutzen hat zur Folge, dass die Leserin bzw. der Leser
- ein Gerät braucht, um die Inhalte – die zum Teil unterschiedliche proprietäre
Formate aufweisen – nutzen zu können,
- je nach Buchtyp eine Internetverbindung benötigt,
- das digitale Buch nicht besitzt, sondern lediglich ein Nutzungsrecht erwirbt.
Fazit: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich nicht sagen, wann und in welchem
Ausmaß digitale Schulbücher an Schulen zum Einsatz kommen werden. Wie aber
in aller Kürze gezeigt werden konnte, erfordert die Implementierung fundierte
Konzepte.
Literaturverzeichnis
[JA10]
Janello, C.: Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt. Springer
Fachmedien, Wiesbaden, 2010.
[No15] Nosko, C.: Typologie digitaler Schulbücher. In: Erziehung und Unterricht,
165. Jg., 3-4/2015, S. 315-324.
[Op14] Oppmann, V.: E-Reader, Smartphones & Tablets – Von der Vielfalt und
ihrer Bedrohung. In: D. Bluhm (Hrsg.). Bücherdämmerung. Über die
Zukunft der Buchkultur. WBG, Darmstadt, 2014, S. 104-122.
[Sc04] Schröter, J.; Böhnke, A. (Hrsg.): Analog/Digital – Opposition oder
Kontinuum? Zur Theorie und Geschichte einer Unterscheidung. Transcript
Verlag, Bielefeld, 2004.
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