Erasmusbericht Alcalá de Henares (Madrid) WS 11/12 Allgemeines über Alcalá Alcalá ist eine süße, historische Universitätsstadt mit dennoch fast 250 000 Einwohnern und wurde von der UNESCO aufgrund vieler bedeutender Sehenswürdigkeiten wie der zweitältesten Universität Spaniens (Gründung 1498) und dem historischen Stadtkern zum Weltkulturerbe ernannt. Die Hauptsehenswürdigkeiten sind wie gesagt die Universität mit ihren vielen Gebäuden, der Plaza Cervantes und der Plaza Santos Niños mit der Kathedrale der Stadt. Ebenso schön ist das Flussufer des Henares, das sich gut zum Joggen und Spazieren eignet. Die umliegenden Berge laden zu einem Tagesausflug ein. Alcalá liegt ca. 25km entfernt im Nordosten von Madrid und ist durch Nahverkehrszüge und Busse sehr gut an Madrid angebunden, wodurch die gesamten Angebote der Metropole leicht zugänglich sind. Das Nachtleben, aber auch Museen und Einkaufspassagen, lassen sich daher einfach am Wochenende erkunden. Alcalá hat auch ein Shopping Center (Alcalá Magna), wer aber mehr Auswahl möchte und ein bisschen mehr Zeit hat, für den bietet die Shopping-Mall „Parque Corredor“ in der Nachbarstadt Torrejón de Ardóz optimale Möglichkeiten. Weiterhin bietet die zentrale Lage Alcalás und die gute Anbindung mit Zug und Bus die optimale Voraussetzung auch andere Landstriche der iberischen Halbinsel zu entdecken. Vorbereitung/Anreise Flüge in die spanische Hauptstadt gehen meist mehrmals täglich mit diversen Airlines, bspw. Lufthansa, Airberlin oder auch LAN Chile. Am Flughafen Madrid-Barajas angekommen nimmt man am besten den Bus, wenn man Geld sparen möchte. Ein Flughafenbus fährt tagsüber im 10-Minuten-Takt Richtung Canillejas (Achtung, der letzte Bus in diese Richtung fährt gegen 23.30 Uhr!). Dort nimmt man den grünen ALSA Bus mit der Nummer 223 in Richtung Alcalá de Henares. Wenn man mit viel Gepäck den bequemeren Weg bevorzugt, kann man auch mit dem Taxi fahren, welches ca. 30 € kostet. Hier wäre es gut vorher den Preis abzusprechen, da man sonst als offenkundiger Ausländer übers Ohr gehauen werden kann. Die ersten Nächte verbringt man am besten in einem Hostel, das man sich schon von Deutschland aus für ca. 4 Tage reservieren sollte. Selbst wenn man schon vorher eine Wohnung findet (was meistens der Fall ist), kann man ohne den vollen Preis zu zahlen früher ausziehen. Hostels in Alcalá sind beispielsweise das Hostal Cuatro Caños, Hostal Jacinto oder das Hostal Complutense. Als Erstes sollte man sich nach der Ankunft eine Handykarte zulegen, optimal hierfür ist das Phonehouse direkt am Plaza Cervantes. Ich hatte damals den Tarif „Happy Movil“, der sehr zu empfehlen ist, da er neben 9ct/min ins europäische Ausland (für Heimatanrufe) auch tarifintern viele Vorteile bietet. Nun sollte man sich im Erasmus-Büro des Hauptgebäudes am Plaza San Diego melden, um sich einerseits anzumelden und andererseits eine Liste mit Telefonnummern von freistehenden Wohnungen/WGs zu besorgen, die immer vom ESN (Erasmus Student Network) herausgegeben wird. Es sei hier bereits kurz anzumerken, dass jede Fakultät ein eigenes Erasmus-Büro hat, welches dann die Immatrikulation und alle weiteren Vorgänge (Kurswahl, etc.) bearbeitet. Wohnung und Lebenshaltung Diese Liste mit Telefonnummern bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Zu meiner Zeit war sie allerdings nicht topaktuell. So konnte es vorkommen, dass man eine ältere Dame am Apparat hat, die einem erzählt, dass die Wohnung schon seit 3 Jahren nicht mehr vermietet wird, aber trotzdem im sechsmonats-Turnus Interessenten bei ihr anrufen. Also in keinem Fall abschrecken lassen und immer munter weiter telefonieren und Besichtigungstermine vereinbaren. Optimal gelegen sind Zimmer innerhalb des historischen Stadtkerns. Rund um den Plaza Cervantes oder Plaza Santos Niños finden sich zentrale Wohnungen. Auch parallel zur Calle Mayor oder etwas am südlichen Rand ist eine gute Lage. Vermeiden sollte man allerdings das Gebiet nördlich der Bahnschienen, da dieses doch sehr weit von allen Universitätsgebäuden der Altstadt entfernt ist. Die Mietpreise belaufen sich auf ca. 250-300 € inklusive „gastos“ (Nebenkosten). Man sollte sichergehen, dass das Zimmer eine Heizung hat, vor allem in den Wintermonaten kann es aufgrund der schlecht isolierten Häuser empfindlich kalt werden in den Wohnungen. Die Lebenshaltungskosten sind ähnlich wie in Deutschland. Wer dennoch einen Nebenjob annehmen möchte, fragt am besten in einer der Bars oder Diskotheken nach. Diese beschäftigen sehr viele Austauschstudenten. Ich habe mir mit Sprachkursen in Deutsch und Englisch etwas dazu verdient. Entweder man erkundigt sich direkt bei den Sprachschulen oder macht einen Aushang an der Uni. Öffentlicher Nahverkehr und Reisen Von Alcalá nach Madrid kommt man zum einen mit dem Zug für 2,80 € pro Strecke. Der Zug braucht ca. 40 min bis zu Madrids größtem Bahnhof Atocha. Ebenso kann man mit dem Bus fahren (Linie 223), der bis zum Busbahnhof Avenida de America (im Nordosten Madrids) ca. 35 min braucht und 3,00 € kostet. Es verkehren auch Nachtbusse zwischen Madrid und Alcalá (ca. jede Stunde) ab Avenida de America. Für Nachtschwärmer lohnt es sich also, vom Club/Bar/etc. ein Taxi bis Avenida de America zu nehmen und dann den Bus nach Alcalá. Generell sind öffentliche Verkehrsmittel etwas günstiger als bei uns in Deutschland. Vor allem wenn man das Land bereisen möchte, empfiehlt es sich, mit den großen Busunternehmen ALSA, Avanza oder Socibus (Andalusien) zu fahren. Teilweise gibt es auch günstige Angebote der spanischen Bahn RENFE. Madrid ist der Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs, deshalb ist von dort aus eigentlich jeder Landesteil günstig und unkompliziert zu bereisen. Die Reisen, die die Studentenorganisation ESN organisiert, sind generell auch nicht schlecht. Man kommt günstig direkt von Alcalá an den Zielort und oft schließen sich viele Erasmus-Studenten an. Doch man sollte sich nicht auf die Planung verlassen. So kam es zweimal vor, dass die Reise eine Woche vorher verschoben wurde (einige hatten dann am neuen Termin keine Zeit mehr) oder die Daten wurden immer wieder geändert, was eine Planung sehr schwierig machte. Aber auf eigene Faust kann man auch in größeren Gruppen tolle Reisen organisieren. Sehr zu empfehlen sind auch Trips nach Marokko und Portugal. Universität und Studium Wie bereits oben erwähnt, hat jede Fakultät ein eigenes Erasmus-Büro. Hier immatrikuliert man sich nach der Ankunft, bekommt bestenfalls sofort seinen Studentenausweis und regelt die Angelegenheiten mit dem Learning Agreement (LA). Hier ist zu erwähnen, dass man sich wirklich keinen Stress im Vorneherein in Deutschland machen muss, da das LA in Spanien mit fast hundertprozentiger Sicherheit nochmals geändert wird. Die spanischen Mühlen der Bürokratie mahlen langsam, also nur nicht verrückt machen ;-) Von Deutschland aus sollte ein erstes LA nach Spanien geschickt werden, zur Orientierung dienen die Kurse, die im Internet angegeben sind. In meinem Fall waren diese Kurslisten völlig veraltet und wurden so in meinem Semester nicht angeboten, wie alle ErasmusStudenten dann vor Ort erfuhren (alle hatten auf Basis der Internet-Liste ein nun wertloses LA erstellt). Also mussten wir alle nochmals ein neues LA erstellen, was natürlich zu einer sehr langen Wartezeit geführt hat. So standen leider meine Kurse bis zur Hälfte des Semesters nicht richtig in meinem Portal (zu vergleichen mit unserem Portal des Prüfungsamtes). Dies musste man auch teilweise ausführlich den Professoren erklären, denn für die gilt: Wer nicht auf der Kursliste steht, darf nicht teilnehmen. Aber so unorganisiert die Spanier teilweise sind, desto unkomplizierter setzen sie sich eigentlich über manche Richtlinien und Deadlines hinweg. Am Ende konnte dann eigentlich doch jeder Student die von ihm gewählten Kurse besuchen – es hat nur eine bisschen längere Anlaufzeit gebraucht. Generell sind die Kurse in Spanien kleiner, so um die 50 Leute. Man muss sehr viel Gruppenarbeit machen, gute Profs schauen, dass hier die Gruppen gemischt sind und sich nicht nur ErasmusStudenten zusammenschließen. Oft hat man in den Kursen die Wahl zwischen „asistente“ oder „examen final“. Ersteres bedeutet, dass man mindestens 80% der Zeit anwesend sein muss. Meistens muss man eine Gruppenpräsentation halten und einen Essay oder Ähnliches abgeben, dafür entfällt dann das Examen am Ende des Semesters. Die Note setzt sich dann aus den diversen Komponenten zusammen. Wählt man „examen final“ hat man keine Anwesenheitspflicht und muss in der Regel maximal eine kleine Gruppenpräsentation machen. Dafür hat man am Ende des Semesters eine Klausur, die dann sozusagen die komplette Note ausmacht. Ich habe wenn möglich meistens die stetige Bewertung gewählt, da es meines Erachtens für Erasmus-Studenten einfacher ist, denn man kann sich oft die Zeit besser einplanen, die man aufgrund von eventuellen Sprachbarrieren noch benötigt. Außerdem gibt es bei den Klausuren keine „Erasmus-Klausur“ wie manchmal in Deutschland. Die Klausuren finden im „primero cuatrimestre“, dem Wintersemester, immer im Januar statt; im „segundo cuatrimestre“, also im Sommersemester, immer im Mai. Zu meiner Zeit fand gerade die endgültige Umstellung von „Licenciatura“ zu „Grados“ statt. Ersteres ist mit unseren Diplomstudiengängen zu vergleichen. Hiervon gab es in Spanien nur noch vereinzelte Kurse. Die „Grados“ sind die Bachelor-Kurse. Dies führt dazu, dass die Spanier im Vergleich zu uns Deutschen um einiges jünger sind als wir. Die Studenten, welche mit mir in einem Kurs waren, waren um die 19 Jahre alt. Was die Kurswahl im Allgemeinen angeht, sollte man sich einfach in der ersten Woche die Zeit nehmen und sich in alle Kurse reinsetzen, die einen interessieren. So kann man schnell herausfinden, ob die Professoren „Erasmus-freundlich“ sind oder eher nicht und ob einem der Kurs vom Inhalt zusagt. Änderungen des LA sind (auch entgegen der Aussage mancher Erasmus-Büros) bis eine Woche nach Vorlesungsbeginn möglich. Ausgehen in Alcalá und Madrid Alcalá ist eine Studentenstadt, weshalb man fast an jedem Tag ausgehen kann. Einläuten lässt sich der Abend gerne mit „Caña y Tapas“, einem Bier oder sonstigem Getränk und kleinen Speisen, die dazu gereicht werden. Diese Tradition ist für diese Region sehr typsich und durchaus preiswert – ein Getränk und eine Speise nach Wahl kosten zusammen nur 2,50 € und so kann man durchaus für 5 € gut gesättigt in den Abend starten. Die meisten dieser Tapas-Bars befinden sich auf der Calle Mayor. Montags geht der Student gerne ins „Burritos“, ein mexikanisches Restaurant mit Bar, dienstags ins „Whelans“, die „Media Pinta“ (beides Bars), und danach zum Tanzen ins „Casco Antiguo“. Mittwochs ist es eher ruhig in Alcalá, aber donnerstags wird in der „La Paloma/Gabanna Bar“ der Abend gestartet bis man anschließend im „Maná Maná“ und „Trabi“ bis in die Morgenstunden tanzen kann. Diese beiden Lokalitäten sind auch am Wochenende gern besucht, auch von einer Menge Spaniern. Trotzdem geht man am Wochenende gerne in die Hauptstadt, um das spanische Nachtleben, die „Movida“, zu erleben. Hier findet sich für jeden das Passende. Wer lieber gemütlich durch die Bars zieht, kommt im Viertel „La Latina“ sowie „Huertas“ rund um den Plaza Santa Ana voll auf seine Kosten. Wer danach noch zum Tanzen in einen Club möchte, kann beispielsweise ins „Independance“ oder „Joy“ (Indie/Rock/Pop), „Kapital“ oder „Pacha“ (Pop/Mainstream). Egal ob in Alcalá, Madrid oder sonst wo in Spanien – das Klischee, das Spanier erst sehr spät ausgehen, trifft in jedem Fall zu. Auf ein Bier in einer Bar trifft man sich keinesfalls vor 23.30 Uhr und ein Clubbesuch findet in der Regel nicht vor 2.30 Uhr statt. Zusammenfassend kann ich nur positives über mein Auslandssemester berichten. Die Zeit war eine wertvolle Erfahrung für mich und meine Sprachkenntnisse haben sich verbessert. Ich habe ebenso viele neue Bekanntschaften gemacht und mich auf das spanische Alltagsleben einlassen können. Getreu dem Motto „no te preocupes“ – „mach dir keine Sorgen“ – habe ich auch ein paar auftretenden Hürden und Schwierigkeiten gut gemeistert. Ich kann nur jedem empfehlen: Traut euch, nutzt die Chance ins Ausland zu gehen! Ihr werdet es nicht bereuen und noch lange davon zehren. Vielleicht geht es euch dann wie mir, die schon über die nächste Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes nachdenkt. Falls ihr irgendwelche Fragen haben solltet, scheut euch nicht, mich anzuschreiben!
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