38 Medizin Medical Tribune · 50. Jahrgang · Nr. 42 · 16. Oktober 2015 Leberzirrhose: Rasch gezielt einschreiten! Expertenrat: Wie sich bleibende kognitive Defizite am besten vermeiden lassen Medical Tribune Forum CME Ü MAGDEBURG – Bei Patienten mit hepatischer Enzephalopathie heißt das oberste Therapieziel: Rezidive verhindern! Denn mit jeder neuen Episode verschlimmert sich das kognitive Defizit. Die Bedeutung der hepatischen Enzephalopathie (HE) wird nach wie vor unterschätzt: In einer Studie an 278 konsekutiven Patienten mit Leberzirrhose, die akut in die Klinik eingewiesen wurden, zeigten 36 % eine manifeste Enzephalopathie (HE) und 48 % eine minimale HE, die sich nur in neuropsychometrischen Tests nachweisen lässt, aber HE-Klassifikation nach Westhaven Grad 1: Müdigkeit, Rechenschwäche, n Euphorie oder Ängstlichkeit Grad 2: Lethargie oder Apathie, inn adäquates Verhalten Grad 3: Somnolenz, Verwirrtheit, n starke Desorientiertheit Grad 4: Koma (keine Reaktion auf n verbale Reize oder Schmerzreize) Medical Tribune CME Fortbildung bereits mit einer deutlich eingeschränkten Fahrtüchtigkeit, erhöhter Sturzneigung (Frakturen) und ungünstiger Prognose einhergeht. Die hepatische Enzephalopathie hat eine schlechte Prognose: 64 % der HE-Patienten sind bereits nach einem Jahr verstorben und 85 % nach fünf Jahren, erklärte Professor Dr. Ahmed Madisch vom KRH Klinikum Siloah in Hannover. Erste Hinweise liefert schon eine krakelige Handschrift Der Nachweis einer manifesten Hirnschädigung bereitet aufgrund typischer Symptome (z.B. Gedächtnisstörungen, Desorientiertheit, Gangunsicherheit) i.d.R. keine Probleme. Zum Nachweis der Minimalvariante empfiehlt Prof. Madisch den Zahlenverbindungstest, erste Hinweise liefert mitunter schon eine „krakelig“ veränderte Handschrift. Von der früher propagierten Eiweißreduktion für Zirrhosekranke ist man wegen drohender Mangelernährung abgekommen. Stattdessen wird ein hochnormaler Proteingehalt (1,2–1,5 g/kg KG/Tag) angestrebt, vornehmlich auf der Basis von Milchprodukten und Gemüse. Spricht Ihr Patient auf Lactulose an? Therapeutisch sollte man zunächst versuchen, ob der Patient auf Lactulose anspricht. Das nicht resorbierbare Disaccharid wirkt vor allem abführend, senkt aber auch den Stuhl-pH und die intestinale Ammoniak-Produktion. Dass dieses Konzept funktionieren kann, belegt eine Studie: Mit Lactulose erlitt ein Fünftel der Patienten innerhalb von 20 Monaten ein HE-Rezidiv, mit Placebo die Hälfte. Doch scheitert die Lactulose-Therapie in notwendiger Dosierung (30–60 ml/d) in der Praxis oft an gastrointestinalen Nebenwirkungen (Diarrhö, Flatulenz). Mit Rifaximin steht eine wirksame und verträgliche Alternative zur Verfügung. Das lokal wirksame Antibiotikum reduziert die Darmflora und drosselt so die Produktion von Ammoniak und Benzodiazepinlike-Compounds (BLC), die in der Pathogenese der Enzephalopathie ebenfalls eine Rolle spielen. Die Wirksamkeit belegt eine randomisierte Doppelblindstudie mit knapp 300 Patienten, die innerhalb von sechs Monaten mindestens zwei HEEpisoden erlitten hatten. Sie wurden ein halbes Jahr lang mit Rifaximin (2 x 550 mg/d) oder Placebo behandelt, wobei in beiden Studienarmen rund 90 % der Probanden zusätzlich Lactulose einnahmen. Mit dem nicht resorbierbaren Antibiotikum erlitten signifikant weniger Patienten ein HE-Rezidiv (22 vs. 46 %). Eine kleinere Fallkontrollstudie deutet Interesse an CME-Fortbildung mit Medical Tribune? Termine, Themen und Anmeldung unter: www.medical-tribune.de/fortbildung oder per E-Mail: [email protected] darauf hin, dass eine Dauertherapie mit Rifaximin weitere Komplikationen der Leberzirrhose günstig beeinflusst: Varizenblutungen, portale Hypertension und hepatorenales Syndrom traten im Verum-Kollektiv signifikant seltener auf als in der Kontrollgruppe. Mit Rifaximin überlebten 61 % fünf Jahre, in der Kontrollgruppe nur 13 %. Eine weitere Arbeit zeigt, dass Rifaximin die Fahrtüchtigkeit deutlich verbessert. Im Langzeiteinsatz ergaben sich weder Hinweise auf Resistenzinduktion noch auf vermehrtes Auftreten von Clostridien-Diarrhöen durch das Antibiotikum. rft Vortrag „Stopp der zunehmenden Verdummung – Hepatische Enzephalopathie schwerwiegende Komplikation der Leberzirrhose“, Medical Tribune CME Fortbildung, unterstützt durch Norgine
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