AFOK Auswirkung des Klimawandels auf die Stadtentwicklung von Prof. Dr. Carlo W. Becker und M.S.c Anna Neuhaus (bgmr) Minderung der Freiraumqualitäten und Zunahme der Urban-Heat-Island Effekte in der wachsenden Stadt Wenn Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgt sind, können Freiflächen ihre Kühlwirkungen durch die Evapotranspiration für die umliegenden erhitzten Stadtquartiere nicht entfalten. Ein ausgetrockneter sonnenexponierter Rasen - z.B. auf dem Tempelhofer Feld - kann sich tagsüber fast genauso stark aufheizen wie eine Betonfläche. Zunahme der Versiegelung durch die wachsende Stadt, verstärkte Nutzungsintensität, knappe Mittel für die Pflege, keine Bewässerung des Stadtgrüns führen zur Verstärkung des Effekts der Urban Heat Island. Die wachsende Stadt im Klimawandel wird - ohne Anpassung - negative Folgen für die Größe und Qualität ihrer Grünflächen nicht vermeiden können. Sie gefährdet damit nicht nur deren Aufenthaltsqualität, sondern auch die menschliche Gesundheit in den Stadtquartieren, die wenig städtisches Grün besitzen. Urban Heat Island konterkariert Klimaschutzanstrengungen Gebäudekörper und Straßen heizen sich in Hitzeperioden erheblich auf. Deshalb sind Städte ohnehin stets wärmer als ihre dünner bebaute Umgebung. Stadtbewohnerinnen und –bewohner ebenso wie Beschäftigte und Touristen fragen im Zeichen des Klimawandels verstärkt Gebäudekühlung nach. Unter aktuellen Bedingungen heißt das meist: mehr Strom mit hohem fossilen Anteil, also auch mehr CO2. Damit würde die Klimaanpassung den Klimaschutz hintertreiben. Je nachdem, wie stark die Einsparung für Gebäudewärme im Winter aufgrund des Klimawandels ausfällt, kann die Lastverschiebung vom Winter zum Sommer zu höheren Netto-Emissionen führen. Das kann nur verhindert werden, wenn die neuen Klimaanlagen entweder mit „grünem Strom“ betrieben werden, oder wenn vermehrt bauliche Maßnahmen (Verschattung, Begrünung, Verdunstung) zu einer klimaneutralen „passiven“ Kühlung führen. Eine gute Anpassungsstrategie ist damit auch ein Beitrag zum Klimaschutz. Zunahme der Risiken der urbanen Überflutung Die stadtweite zunehmende bauliche Verdichtung, die oftmals mit der Abnahme von Oberflächen mit Versickerungs- und Rückhaltefunktionen einhergeht, kann bei Starkregen zu urbanen Überflutungen führen. Und genau diese Starkregenereignisse werden wir in Berlin ja in Zukunft öfter beobachten (vgl. Beitrag „Klimawandel: Gewissheiten und Unsicherheiten“). Urbane Überflutung Prager Platz/Berlin © bgmr Selbsthilfemaßahmen in der hitzebelasteten Stadt © bgmr Sind Infrastruktur und Gebäude nicht ausreichend geschützt, werden diese oft empfindlich getroffen und es kommt zu hohen Kosten. Im bundesweiten Vergleich sind die Schäden aus urbanen Überflutungen ca. doppelt so teuer wie die durch die Überschwemmung von Flüssen verursachten Kosten. Es ist daher wichtig für Berlin, sich gegen dieses Klimawandel-Risiko zu schützen. Das kann „defensiv“ an Gebäuden und Infrastrukturen geschehen, es kann aber auch „proaktiv“ in der städtischen Infrastruktur (z.B. im Straßenraum, auf den Grün- und Freiflächen) geschehen. Baden in der Urban Heat-Stadt Starkregenereignisse führen in Gebieten der Berliner Mischkanalisation zum Überlauf der Kanalisation und zur Entlastung des verschmutzten Kanalwassers in die Vorflutgewässer. Die aufgrund der sommerlichen Wärme meist ohnehin „angeschlagenen“ Gewässer werden zusätzlich belastet. Es kommt zu vermehrtem Fischsterben. Aber eigentlich möchten die Bewohner in der hitzebelasteten Stadt nach Feierabend in der Spree und in den Kanälen der Stadt baden. Lässt sich das mit dem Ziel einer klimaangepassten Stadt vereinbaren? Auch dieser Frage wird das AFOK nachgehen. Riechende Stadt Auch Trockenperioden können zu einer Belastung des Kanalnetzes führen. Unterlast in der Kanalisation führt zu Schädigung des Betons in der Kanalisation. Reparaturen werden notwendig. Dies kann Folgen für die zukünftigen Abwassergebühren haben. Unterlast in der Kanalisation kann weiterhin in bestimmten Gebieten zu Geruchsbelastung führen. Erhöhte Kosten für das Trinkwasser fördern dessen Einsparung, die Spülung groß dimensionierter Kanäle wird eingeschränkt. Fazit Die Untersuchung der klimatischen Wirkpfade auf die Sektoren Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft, Gebäude und Stadtentwicklung sowie städtische Grün- und Freiflächen zeigt, dass bestimmte Impacts in einem Sektor die Auswirkungen von Wettervariablen in den anderen verstärken. Diese Überschneidungen müssen bei der Begegnung der Folgen des Klimawandels berücksichtigt werden und prioritär Maßnahmen, die auf unterschiedliche Sektoren gleichzeitig wirken und Synergien evozieren, ergriffen werden. Eine gut durchdachte Klimaanpassungsstrategie kann umgekehrt die Lebensqualität der Stadt erhalten oder gar verbessern, und sie hilft, die Infrastruktur zu schützen. Gefördert im Rahmen der Nationale Klimaschutzinitiative durch
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