Fall 12 SV - WueCampus2

Konversatorium Verwaltungsprozessrecht
Sommersemester 2015
Fall 12
– Sachverhalt –
A. Ausgangsfall:
A beantragt für sein Wirtschaftsunternehmen bei der zuständigen Behörde eine Subvention.
Da er fürchtet, dass die Behörde seinen Antrag deshalb ablehnen wird, weil sie von einer
unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgehe, beantragt er gemäß Art. 29 BayVwVfG Einsicht
in die bisherigen Verfahrensakten. Dieser Antrag wird zur Überraschung des A ohne nähere
Begründung abgelehnt. A möchte nun wissen, ob er gegen die Behörde auf Gewährung von
Akteneinsicht klagen kann.
B. Abwandlung I:
B, der Konkurrent des A, welcher an dem Subventionsverfahren nicht beteiligt ist, befürchtet
Wettbewerbsnachteile für sich, sollte dem A die Subvention bewilligt werden. Auch er
wendet sich daher an die Behörde und verlangt Akteneinsicht, welche ihm ebenso verweigert
wird. Kann B auf Gewährung von Akteneinsicht klagen?
C. Abwandlung II:
Dem A wurde mittlerweile die beantragte Subvention durch einen entsprechenden
Verwaltungsakt gewährt. B hält diese Subventionierung für rechtswidrig und sieht sich
dadurch in seiner Berufsfreiheit verletzt. Er erhebt deshalb ordnungsgemäß Klage gegen den
Bescheid. A hingegen benötigt die Subventionsmittel dringendst, ohne diese würde sein
Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen. Er wendet sich daher an das
Verwaltungsgericht, bei dem die Klage des B anhängig ist und bittet darum, von dem
Subventionsbescheid trotz des laufenden Klageverfahrens Gebrauch machen zu dürfen. Hat
das Gericht eine Möglichkeit, dem Begehren des A zu entsprechen?
D. Abwandlung III:
Nachdem seinem Antrag aus Abwandlung II entsprochen wurde, hatte A noch während des
laufenden Prozesses die gesamten bewilligten Subventionsmittel abgerufen und mittlerweile
investiert bzw. restlos aufgebraucht. Ungeachtet dessen ist A nun so gut wie
insolvent. B hingegen konnte zwischenzeitlich aus eigener Kraft wirtschaftliche Erfolge
erzielen, sodass er an der Aufhebung des Bescheides nun eigentlich gar kein Interesse mehr
hat. Er fragt nun bei Ihnen als sein Prozessvertreter an, ob und wie er:
1. seine ursprüngliche Anfechtungsklage umstellen kann auf einen Feststellungsantrag,
dass die Gewährung der Subvention bis zur Erledigung rechtswidrig gewesen ist,
2. den Prozess gegebenenfalls ohne gerichtliche Entscheidung beenden kann, wenn er
am Ausgang des Rechtsstreits kein Interesse mehr hat,
3. ob es möglich wäre, den Prozess dadurch zu beenden, dass er sich mit A und der
Behörde über die Zahlung einer angemessenen Ausgleichssumme an ihn einigt.
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E. Abwandlung IV:
B hat den Prozess verloren, seine Rechtsmittel dagegen blieben sämtlich ohne Erfolg und das
Urteil ist mittlerweile rechtskräftig geworden. Drei Monate später stellt sich allerdings heraus,
dass A in dem Verfahren eine Urkunde, auf die sich das Gericht in seinem Urteil als
Beweismittel maßgeblich gestützt hat, von A zu diesem Zweck gefälscht worden war.
Aufgrund dieser Straftat ist A mittlerweile auch von einem Strafgericht rechtskräftig verurteilt
worden. B fragt nun nach einer Möglichkeit, den alten Prozess neu aufzurollen.
– Auszug aus der ZPO –
§ 578 Arten der Wiederaufnahme
(1) Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens kann
durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. […]
§ 580 Restitutionsklage
Die Restitutionsklage findet statt:
[…]
2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht
war; […]
§ 581 Besondere Voraussetzungen der Restitutionsklage
(1) In den Fällen des vorhergehenden Paragraphen Nummern 1 bis 5 findet die
Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen
ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen
als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. […]
§ 582 Hilfsnatur der Restitutionsklage
Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war,
den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder
Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.
§ 584 Ausschließliche Zuständigkeit für Nichtigkeits- und Restitutionsklagen
(1) Für die Klagen ist ausschließlich zuständig: das Gericht, das im ersten Rechtszug erkannt
hat; […]
§ 586 Klagefrist
(1) Die Klagen sind vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis
erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Nach Ablauf von fünf
Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, sind die Klagen unstatthaft.
§ 590 Neue Verhandlung
(1) Die Hauptsache wird, insoweit sie von dem Anfechtungsgrunde betroffen ist, von neuem
verhandelt. […]
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