Notar Notariatsdirektor Dr. Oliver Fröhler Wintersemester 2015/2016 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Brsg. Vorlesung Schwerpunktbereichsstudium SP B2 Erbrecht und erbrechtliche Gestaltung Kap. 11: Schenkungen auf den Tod 1 Literatur: Rötelmann, Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall, NJW 1959, 661; Schreiber, Unentgeltliche Zuwendungen auf den Todesfall, Jura 1995, 159. S. auch die Nachw. in Kap. 73. Sind sich der Grundbesitzeigentümer und sein Abkömmling über die Übertragung des Grundbesitzes einig, möchte sich jedoch der Eigentümer zu Lebzeiten insbesondere aus emotionalen Gründen noch nicht vom Eigentum daran trennen und wünscht der künftige Erwerber gleichwohl insbesondere im Hinblick auf noch vor dem Tod des Eigentümers geplante Investitionsmaßnahmen eine möglichst weit gehende Sicherheit für den späteren Erwerb, bietet sich als Gestaltungsmittel eine erst auf den Tod des Schenkers zu erfüllende, jedoch bereits zu dessen Lebzeiten wirksame Schenkung an. 2 Diese beurteilt sich nach den §§ 516, 163, 158 BGB und unterliegt insbesondere in Abgrenzung zu einer Schenkung, die unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass der Beschenkte den Schenker überlebt, nicht den Anforderungen des § 2301 BGB und damit auch nicht den Bestimmungen über Verfügungen von Todes wegen. Die sofort wirksame Schenkung, deren Erfüllung bis zum Tod des Schenkers aufgeschoben ist, schafft im Gegensatz zu der unter der Überlebensbedingung des Beschenkten stehenden Schenkung bereits zu Lebzeiten des Eigentümers einen wirksamen - wenn auch noch nicht fälligen - Anspruch, der vererblich ist und damit im Gegensatz zu § 2301 BGB beim Tod des Beschenkten vor dem Schenker nicht untergeht. 1 2 In Anlehnung an Wurm/Wagner/Zartmann/Fröhler, Das Rechtsformularbuch, 16. Aufl. 2011, Kap. 91. BGHZ 8, 23 (24 ff.). 2 Es sollte daher in der Urkunde ausdrücklich klargestellt werden, dass die Schenkung nicht unter der Überlebensbedingung des § 2301 BGB steht, sondern lediglich in ihrer Erfüllung auf den Tod des Schenkers hinausgeschoben ist. Anders als bei Schenkungen unter Überlebensbedingung nach § 2301 BGB, für die der bedingt Beschenkte kein Anwartschaftsrecht erwirbt und daher auch nicht vormerkungsfähig ist, kann bei einer erst mit dem Tod des Schenkers zu erfüllenden, jedoch bereits zu Lebzeiten unbedingt wirksamen Schenkung unter Lebenden zum Schutz des Beschenkten sofort eine Erwerbsvormerkung im Grundbuch eingetragen werden. 3 Im Gegensatz zu Gestaltungen nach § 2301 BGB, die über die Anwendbarkeit der Bestimmungen über Verfügungen von Todes wegen zumindest ein höchstpersönliches Handeln des Schenkers voraussetzen - teilweise werden darüber hinaus zudem die Vorschriften über den Erbvertrag für anwendbar gehalten, 4 teilweise beschränkt man sich auf die Anwendbarkeit der Regelungen über einseitige Verfügungen von Todes wegen 5 -, ist eine erst mit dem Tod des Schenkers zu erfüllende Schenkung unter Lebenden auch dann wirksam, wenn der Schenker bei Vertragsabschluss vertreten worden ist und nicht persönlich gehandelt hat. Abweichend von einer Schenkung unter Überlebensbedingung, bei der ein Formmangel gem. § 2301 Abs. 2 BGB ausschließlich durch Vollzug zu Lebzeiten des Schenkers möglich ist, 6 kann eine Nichtbeachtung der zwingend vorgeschriebenen notariellen Beurkundungsform bei einer betagten Schenkung unter Lebenden auch noch durch Vollzug der Leistung nach dem Tod des Schenkers geheilt werden. Wird hingegen eine unentgeltliche Zuwendung von Grundbesitz ausschließlich unter der Voraussetzung, dass der Zuwendungsempfänger den Übertragenden überlebt, mithin ohne Vererblichkeit einer Anwartschaftsposition einerseits und eine möglichst weit gehende Absicherung des künftigen Erwerbers andererseits gewünscht, ist den Beteiligten zu empfehlen, dass der Grundbesitz durch Erbvertrag vermächtnisweise verbunden mit einer Verfügungsunterlassungspflicht, bei deren Missachtung ein bedingter Übertragungsanspruch ausgelöst wird, der seinerseits durch Erwerbsvormerkung zu sichern ist, zugewendet wird, da eine Schenkung unter Lebenden auf den Todesfall nach § 2301 BGB mangels Auslösung eines durch Vormerkung sicherbaren Anwartschaftsrechts für den investitionswilligen künftigen Erwerber zu riskant wäre. 3 LG Zweibrücken MittBayNot 1972, 118. Palandt/Edenhofer, § 2301 BGB Rz. 8. 5 MünchKomm.BGB/Musielak, § 2301 BGB Rz. 13. 6 BGHZ 99, 97 (99 ff.). 4
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