Dritter Teil: Widerruf wegen groben Undanks

 15.8.2015
Dritter Teil: Widerruf wegen groben Undanks
Immer wieder geschieht es, dass die beschenkte Person die Richtigkeit eines alten Sprichwortes
bestätigt: „Undank ist der Welt Lohn!“ Für derartige Fälle hat das Gesetz dem Schenker die
Möglichkeit eröffnet, unter näher definierten Voraussetzungen die Schenkung zu widerrufen.
3.1. Gesetzliche Voraussetzungen
Nach § 530 BGB kann eine Schenkung „widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch
eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers
groben Undanks schuldig“ gemacht hat.
Das Tatbestandsmerkmal der „schweren Verfehlung“ ist dann gegeben, wenn objektiv die
Handlung oder Unterlassung der beschenkten Person der zu erwartenden Rücksichtnahme auf
die Interessen des Schenkers nicht entspricht; auf der subjektiven Seite fordert das Gesetz, das
durch das Verhalten eine Einstellung offenkundig wird, aus der sich ergibt, dass der Beschenkte
in erheblichem Maß die von ihm zu erwartende Dankbarkeit nicht zeigen will.
Das vom Gesetz missbilligte Verhalten wird nur berücksichtigt, wenn es sich gegen den
Schenker oder einen nahen Angehörigen richtet und erst nach Durchführung der Schenkung
gezeigt wird. Ohne Berücksichtigung bleiben der Wert des Geschenks und die Frage, ob ein
Zusammenhang (zeitlich oder sachlich) zwischen diesem Verhalten und der Schenkung
gegeben ist. Zeigt ein Dritter derartiges unpassendes Verhalten, wird dies dem Beschenkten
nicht entgegengehalten werden können.
Aus der Verfehlung des Beschenkten muss „grober Undank“ erkennbar werden, also ein
subjektives Empfinden des Beschenkten, eine bestimmte Gefühlshaltung, die sich auch objektiv
äußerlich zeigt und eine gewisse Erheblichkeit („grob“!) hat.
Das Gericht hat eine Gesamtwertung des Vorgangs anzustellen, wobei einem engen
Verwandtschaftsverhältnis zwischen Schenker und Beschenktem nach der Rechtsprechung des
BGH keine erhöhte Bedeutung beigemessen wird. Richtete sich das Fehlverhalten des
Beschenkten gegen einen Dritten, ist für eine Vorwerfbarkeit erforderlich, dass sich darin eine
erträgliche Gesinnung gegenüber dem Schenker zeigt.
Beispielsfälle: körperliche Misshandlung, grundlose Strafanzeige, belastende Aussage trotz
Zeugnisverweigerungsrecht, Antrag auf Bestellung eines Betreuers zulasten des Schenkers
ohne sachliche Veranlassung, grobe Beleidigungen.
3.2. Das Widerrufsrecht
Das Recht des Widerrufs steht gemäß § 530 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur dem Schenker
persönlich zu. Nur in einem gesetzlich geregelten Ausnahmefall haben die Erben das Recht
des Widerrufs: „wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder
am Widerruf gehindert hat.“
Der Schenker muss, wenn er die Rechtsfolgen herbeiführen will, den Widerruf erklären, § 531
Abs. 1 BGB. Die Erklärung ist rechtlich formlos möglich, kann also beispielsweise auch
mündlich erklärt werden. Wie immer stellt sich dann aber das Problem des Nachweises, dass
die Erklärung wirklich abgegeben wurde, so dass es sich empfiehlt, eine schriftliche Erklärung
abzugeben und dafür Sorge zu tragen, dass der Zugang der Erklärung nachgewiesen werden
kann. Sicherster Weg: Zustellung per Gerichtsvollzieher.
3.3. Widerruf gesetzlich ausgeschlossen?
Der Schenker hat die Möglichkeit, wie auf jedes Recht so auch auf das Recht des Widerrufs
durch Verzichtserklärung zu verzichten, jedoch erst dann, wenn ihm die undankbare
Verhaltensweise bekannt geworden ist, § 533 BGB. Eine derartige rechtsgeschäftliche
Erklärung setzt naturgemäß Geschäftsfähigkeit des Schenkers voraus.
Leichter wird es für den Beschenkten im Falle der Verzeihung durch den Schenker – da der
Vorgang der Verzeihung rein tatsächlich ist, geht es um den tatsächlichen Umgang der Parteien
miteinander, soweit nicht ausnahmsweise eine schriftliche Verzeihung erfolgt ist. Da es sich
hier nicht um ein Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung handelt, hat zur Folge,
dass auch ein geschäftsunfähiger Schenker (altersbedingte Demenz!) noch verzeihen kann,
wenn jedenfalls noch eine natürliche Einsichtsfähigkeit vorhanden ist.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die
Einrede der Verzeihung trifft den Beschenkten.
Wenn der Schenker dem Beschenkten dessen Fehlverhalten verziehen hat, ist ein Widerruf nicht
mehr möglich (§ 532 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB).
Und schließlich gibt es noch die Verfristung: gleichfalls nach § 532 BGB ist der Widerruf
ausgeschlossen, wenn „seit dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem
Eintritt der Voraussetzungen seines Rechts Kenntnis erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist“.
Handelt es sich um mehrere Verfehlungen des Beschenkten, so läuft für jede einzelne
Verfehlung eine eigene Frist, jeweils ab Kenntnis des Beschenkten.
3.4. Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs
Steht fest, dass der Widerruf der Schenkung rechtswirksam ist, steht dem Schenker ein
Anspruch auf Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung zu, § 531 Abs. 2 BGB.
Im nächsten Schritt sind dann also nach den Vorschriften der §§ 812 ff BGB
bereicherungsrechtliche Fragen zu prüfen:
wenn der Beschenkte einwendet, er habe den Gegenstand weiterverschenkt – gemäß § 822 BGB
sind in diesem Fall die bereicherungsrechtlichen Ansprüche gegen den weiteren Beschenkten
zu verfolgen;
kann der Beschenkte nachweisen, dass die Herausgabe deswegen nicht möglich ist, weil dies
durch die Beschaffenheit des geschenkten Gegenstandes ausgeschlossen ist (Beispiel: der
Schenkungsgegenstand waren geleistete Dienste oder Gebrauchsvorteile durch Nutzung eines
Gegenstandes) oder aus anderen Gründen, ist die Höhe des Wertersatzes zu prüfen, § 818 Abs.
2 BGB;
oder es wird behauptet, dass sich beispielsweise der Beschenkte rechtswirksam entreichert hat
(Standardfall: das gesamte geschenkte Geld wurde ausgegeben für eine einmalige Luxusreise,
die er sich sonst nicht hätte leisten können - Rechtsfolge: Herausgabe wird nicht geschuldet)
oder dass dem Beschenkten andere Einwendungen aus dem Bereicherungsrecht zustehen
(Beispiel: Sittenwidrigkeit der Schenkung wegen der damit verfolgten Zwecke; § 817 Satz 2
BGB).
Der Rückforderungsanspruch des Schenkers ist durch Rechtsgeschäft übertragbar und
vererblich.