Die integrierte Versorgung von psychisch kranken Menschen als Systeminnovation? – eine qualitative Studie Katja Götz1,2, Daniel Ruppert1, Joachim Szecsenyi1,3, Constance Stegbauer3, Beate Bestmann4, Anke Bramesfeld3 1 Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (AQUA), Göttingen 4 Wissenschaftliches Institut der T K für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG), Hamburg 2 3 METHODE HINTERGRUND UND FRAGESTELLUNG Etablierung neuer Versorgungsformen, um das Gesundheitswesen zu entlasten integrierte Versorgung Rekrutierung der Patienten über die Netzwerke deutsche Entwicklung eines halbstandardisierten Leitfadens (Aspekte zur aktuellen Versorgungssituation und zu Optimierungspotientialen) Ausrichtung der Betreuung: ambulant vor stationär Versorgungsform Krankenkasse) „NetzWerk psychische Gesundheit“ (Techniker Fokusgruppen an fünf Netzwerkstandorten in Deutschland sektorenübergreifende und vernetzte Versorgung als politisches Anliegen, um effiziente und effektive Versorgung zu gewährleisten Aufzeichnung der Gespräche mittels Diktiergerät und Videokamera Fragestellung: Welche Strukturen und Prozesse sind aus Sicht psychisch kranker Menschen für eine effektive integrierte Versorgung relevant? Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse ERGEBNISSE Stichprobenbeschreibung (n= 40) Geschlecht: weiblich: n= 23 (58%) Alter: Ø 44 Jahre (min. 23, max. 60) „Ich habe aktiv nach dem Netzwerk gesucht, weil ich Krisenpension und Hometreatment brauchte, es war eine absolute Abwärtsspirale mit diesen Krankenhausaufenthalten.“ (FG9_P2) Führende Beschwerden (Mehrfachnennung möglich): Gedrückte Stimmung/ Antriebslosigkeit n= 27 Ängste n= 19 Körperliche Beschwerden n= 13 Rückzugsraum „Es gibt halt eben eine Kommunikation zwischen den Erkrankten und den Angehörigen teils die nicht funktioniert, und wenn der Angehörige da mit einbezogen wird, dann denke ich kann das besser funktionieren, dieser Austausch halt eben.“ (FG7_P6) Bedürfnisorientiertheit „Hier wird drauf eingegangen... wenn man sagt ich gehe zu dem Arzt oder ich habe das Problem, da wird immer zurückgefragt. Die versuchen auch mit den Ärzten den Kontakt aufzubauen und da Rücksprache zu halten.- Das ist ja das dass hier der Zusammenhang da ist.“ (FG6_P7) Externe Kooperation Interne Kooperation VERSORGUNGSKOMPONENTEN Einbezug Angehöriger Aufsuchende Betreuung Hausbesuch „ Ja zur Vernetzung hier kann ich nur sagen, ich habe immer das Gefühl es wird sich gekümmert, weil ich in den Einzelgesprächen mitbekomme, dass der Eine über den Anderen Bescheid weiß, und das kommt auch - rüber. “ (FG7_P4) Ständige Erreichbarkeit „Ich finde das Klasse. Ich werde da ganz anders wahrgenommen und respektiert, weil die dann mein Umfeld mitkriegen. Und das ist dann einfach noch eine Spur mehr auf Augenhöhe oder so.“ (FG9_P1) „und jetzt ist es soweit dass ich sagen kann: für mich ist es hilfreich immer zu wissen, ich weiß wo ich anrufen kann, das ist immer so wie als ob man nicht laufen kann, man fängt wieder an aber hat die Krücke in der Ecke noch stehen und man kann jederzeit drauf zurückgreifen.“ (FG7_P2) DISKUSSION UND PRAKTISCHE IMPLIKATIONEN Die qualitative Forschung als Methode eignet sich besonders, um subjektive Sichtweisen und Erfahrungen von Patienten mit psychischer Erkrankung abzubilden. Insbesondere die Erfahrungen mit dem Versorgungsmodell „NetzWerk psychische Gesundheit“ verdeutlicht, dass Patienten von den verschiedenen Versorgungskomponenten profitieren. Als wesentliche Strukturmerkmale können dabei der Hausbesuch, die Krisenhotline bzw. ständige Erreichbarkeit sowie der Einbezug der Angehörigen in die Versorgung positiv auf die Situation der Patienten wirken. Das vorgestellte Versorgungsmodell kann als Innovation innerhalb der Gesundheitsversorgung von psychisch kranken Menschen betrachtet werden. Allerdings bedarf es bezüglich der externen Kooperation, insbesondere mit anderen Leistungserbringern und Kostenträgern, Optimierungen, um einerseits die Netzwerke und anderseits die Betroffenen zu stärken. Diese Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (Förderkennzeichen: II A 5 - 2513 FSB 013). Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung Voßstr. 2 69115 Heidelberg www.allgemeinmedizin.uni-hd.de PD Dr. phil. Katja Götz 06221 - 56 8129 06221 - 56 1972 [email protected]
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