500 Jahre Reformationsjubiläum: Selbstbewusst feiern?

Pressemitteilung
500 Jahre Reformationsjubiläum: Selbstbewusst feiern?
Bundesfinanzminister Schäuble und Friedrich Wilhelm Graf positionieren sich zum
Reformationsjubiläum.
Göttingen, 2. Februar 2016: Die Vorbereitungen für das fünfhundertjährige Reformationsjubiläum im Jahr
2017 laufen in Deutschland, Europa und sogar weltweit auf Hochtouren. Wie begeht man das Ereignis
angemessen?
»2017 – Jubel und Trubel im Namen der Reformation
Reformation?«
ormation?« heißt das aktuelle Heft der Monatsschrift
»Pastoraltheologie«. Darin nehmen maßgebliche Stimmen aus Theologie, Ökumene und erstmals auch
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zum fünfhundertsten Reformationsgedenken im kommenden
Jahr Stellung. Der Münchener Theologe Friedrich Wilhelm Graf ermuntert mit Blick auf die liberalen
Traditionen des Protestantismus das anstehende Jubiläum »selbstbewusst zu feiern«.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, evangelischer Christ, verweist einerseits auf die Reformation
als Ursprung moderner Religionsfreiheit. Gleichzeitig erkennt er in der Reformation auch die Ursache
für Verfolgung und Ausgrenzung.
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Zum Inhalt
Professor Dr. Harry Oelke fasst im Editorial zusammen:
»Die kommende Säkularfeier ist auf allen verfügbaren medialen Kanälen längst ein Gegenstand der
wissenschaftlichen Forschung, kirchlicher Grundlagentexte, ökumenischer Verlautbarungen und illustrer
Feuilletonbeiträge geworden. Die Debatten werden munter und nicht selten kontrovers geführt.
Evangelische und katholische Anteile und Rollen im Jubiläumsgeschehen sind ebenso strittig wie die Gestaltung des innerevangelischen Beziehungsgefüges zwischen lutherischen und reformierten Kirchen
sowie evangelischen Freikirchen. Wie ist angesichts des Jubiläums umzugehen mit den Schattenseiten
der Reformation, mit dem intoleranten Vorgehen gegen Juden und Moslems sowie gegen die Täufer und
anderen Abweichlern und Außenseitern des Wittenberger Mainstreamprotestantismus?
Die im nunmehr vorliegenden Monatsheft ›Pastoraltheologie‹ vorliegenden Stimmen entwerfen einen
multiperspektivischen Blick auf das kommende Reformationsjubiläum, bieten ökumenische Positionen,
reflektieren politische Implikationen und befassen sich mit den praktisch-theologischen Herausforderungen des Jubiläums.
Zunächst plädiert Friedrich Wilhelm Graf in seinem Beitrag dafür, »Das Reformationsjubiläum
selbstbewusst [zu] feiern«. Das sei möglich, weil der Protestantismus sich in der Neuzeit zu einer höchst
vielfältig dekodierten Religionsskultur entwickelt habe. Eindringlich plädiert Graf dafür, diese
protestantische Vielfalt ernst zu nehmen, am Ende versteht er sie als Gewinn v.a. an Freiheit des
einzelnen gegenüber der kirchlichen Institution. Er wertet das als ein Positivum, das dem
Reformationsjubiläum eine maßstabsetzende Bedeutung verleihe, ggf. sogar für andere Religionskulturen mit Reformbedarf.
Harry Oelke geht in seinem kirchenhistorisch angelegten Beitrag zunächst den geschichtspolitischen
Prägungen der vorangegangen Reformationsjubiläen nach. Er zeigt, wie die Säkularfeiern der
Reformation seit 1617 in jeweils ganz unterschiedlichen historischen Kontexten von obrigkeitlichen Akteuren für politische Zwecke funktionalisiert wurden.
Wolfgang Schäuble befasst sich in seinem Beitrag angesichts des bevorstehenden Jubiläums mit der
Verhältnisbestimmung der christlichen Religion mit der Politik in Deutschland und Europa. In subtiler
Weise entwickelt der Autor aus einer polit-pragmatischen Sicht eine differenzierte Sicht auf das
individual- und sozialethische Erbe Luthers: einerseits könne dessen Reformation als Wurzel moderner
Religionsfreiheit verstanden werden, gleichzeitig stehe sie am Anfang religiöser Verfolgung und Ausgrenzung. Der Autor bejaht am Ende die bei Luther vorgegebene Trennung beider Reiche Religion und
Politik, weiß aber um deren Beziehung aufeinander, die hilfreich sein kann, solange beide Sphären nicht
gänzlich ineinander aufgehen oder auf sich selbst reduziert werden.
Das Interview »Wem nützt das Reformationsjubiläum?« präsentiert Fragen an vier Vertreter von
führenden deutschen Institutionen mit konfessionsbezogener Forschung. Mit den Antworten auf Fragen
zur konfessionsspezifischen Einschätzung der erinnerungskulturellen Bedeutung des Reformationsjubiläums von Walter FleischmannFleischmann-Bisten,
Bisten, Wolfgang Thönissen,
Thönissen, Martin Laube und Volker Spangenberg
treffen eine lutherische, katholische, reformierte und baptistische Position direkt aufeinander.
Die Reformation und mit ihr Martin Luther gehören zum festen Bestand des Religionsunterrichts. Ulrich
Schwab entwickelt aus religionspädagogischer Sicht eine illustre Skizze wichtiger Luther-Deutungen
seit dem 16. Jahrhundert im Kontext wechselnder historischer Rahmenbedingungen.
Am 31.10.2017 werden auf fünfzehn bis zwanzigtausend evangelischen Kanzeln in der Bundesrepublik
Predigten gehalten werden. Grund genug für Frank M. Lütze »Überlegungen zu Aufgabe und Gestaltung
der Jubiläumspredigt« 2017 anzustellen. Der Autor hebt die identitätsbildenden Aspekte sowie
Aktualisierungsstrategien bei der Jubiläumspredigt hervor und macht auf die besondere Deutungsmacht
des Reformationspredigers aufmerksam.«
Harry Oelke: Zu diesem Heft (gekürzte Fassung). In: Pastoraltheologie (Heft 1) 2016. S. 2–4
© Vandenhoeck & Ruprecht.
Das Heft
2017 – Jubel und Trubel im Namen der Reformation?
Pastoraltheologie (Heft 1) 2016, S. 2–4
Weitere Informationen auf www.v-r.de.