Merkblatt: Vertragliche Implementierung GAVP 2016-2018 1. Ausgangslage Der GAV Personalverleih (GAVP) 2016-2018 wird am 1. Mai 2016 in Kraft treten und neben einem geänderten Geltungsbereich neue Mindestlöhne und eine höhere Grenze zur zuschlagspflichtigen Tagesüberzeit vorsehen. Der neue GAVP bedingt eine Anpassung der entsprechenden Verträge durch die Verleihbetriebe: Die Anhebung der Mindestlöhne ist zu Gunsten der temporären Mitarbeitenden (TMA). Diese Änderung dürfte bei den TMA daher ohne Probleme durchzusetzen sein. (Ausnahme: Senkung der Mindestlöhne für Angelernte im Tessin.) Demgegenüber stellt aus Sicht der TMA die Erhöhung der Tagesüberzeitgrenze von 9 auf 9.5 Stunden und damit die Erhöhung der zuschlagspflichtigen Überzeit faktisch eine Verschlechterung ihres Arbeitsverhältnisses dar. Hier besteht ein gewisses Risiko, dass sie diese Änderung ablehnen könnten. Das vorliegende Merkblatt soll für die in den Verleihbetrieben für die Vertragsanpassung zuständigen Personen eine Richtlinie sein für folgende Fragen: In welchen Verträgen ist was anzupassen? Wie sind die Vertragsanpassungen vorzunehmen? Auf welche Zeitpunkte treten die geänderten Verträge (Einsatz-/Rahmen-, Verleihverträge) in Kraft? 2. In welchen Verträgen ist was anzupassen? Einsatzverträge sind anzupassen, wenn: Die Löhne unter den neuen Mindestlöhnen des GAVP gemäss Art. 20 GAVP liegen und/oder darin ausdrücklich festgehalten wird, dass zuschlagspflichtige (Tages-)Überzeit ab 9 Stunden anfällt. Merke: Keine Anpassung ist erforderlich, wenn betreffend Überzeit integral auf Art. 12 GAVP verwiesen wird, etwa: „Die Überzeit richtet sich nach Art. 12 GAVP“. In diesem Fall gilt die genannte Bestimmung automatisch in der jeweils geltenden Fassung. Rahmenarbeitsverträge sind anzupassen, wenn: darin ausdrücklich festgehalten wird, dass zuschlagspflichtige (Tages-)Überzeit ab 9 Stunden anfällt. Keine Anpassung ist erforderlich, wenn betreffend Überzeit auf Art. 12 GAVP verwiesen wird. In den Rahmenarbeitsverträgen wird der für einen konkreten Einsatz ausgerichtete Lohn in der Regel nicht erwähnt. Insoweit bedarf es keiner Anpassung. swissstaffing Stettbachstrasse 10 CH-8600 Dübendorf Tel. 044 388 95 40 [email protected] blog.swissstaffing.ch www.swissstaffing.ch Verleihverträge empfehlen wir anzupassen, wenn: darin der Lohn des TMA für den konkreten Einsatz definiert ist und dieser unter dem neuen Mindestlohn nach Art. 20 GAVP liegt und/oder dort explizit festgehalten wird, dass zuschlagspflichtige Tagesüberzeit ab 9 Stunden anfällt. Keine Anpassung ist erforderlich, wenn betreffend Überzeit auf Art. 12 GAVP verwiesen wird. Merke: Verträge sind anzupassen, wenn darin die Mindestlöhne Personalverleih und/oder die bisherigen Tagesüberzeiten des aktuell gültigen GAVP ausdrücklich geregelt sind. 3. Wie sind Vertragsanpassungen vorzunehmen? Anpassung Einsatz-/Rahmenarbeitsverträge: Sofern der/die TMA einverstanden ist, kann die Vertragsanpassung mit ihm/ihr einvernehmlich vereinbart und auf den 1. Mai 2016 in Kraft gesetzt werden; Wird die Unterschrift verweigert, bedarf es einer Änderungskündigung. Diese verbindet eine ordentliche Kündigung mit der Offerte, das bestehende Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der aufgrund des neuen GAVP gebotenen Änderungen fortzuführen, und zwar nach Ablauf der Kündigungsfristen gemäss Art. 11 GAVP. Der mit dem Kündigungsschreiben zugestellte neue Arbeitsvertrag ist dem Änderungskündigungsschreiben beizulegen. Bei kurzen Kündigungsfristen von 2 bzw. 7 Tagen: Stellen Sie sicher, dass Sie den bisherigen Arbeitsvertrag per Ende April 2016 kündigen. Bei einer Kündigungsfrist von einem Monat ist die Änderungskündigung so schnell wie möglich auszusprechen. Trifft bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keine schriftliche Zustimmung zum neuen Arbeitsvertrag ein, entspricht die Änderungskündigung einem normalen Kündigungsschreiben. Nach Ablauf der Kündigungsfrist gilt das Arbeitsverhältnis als beendet. Akzeptiert der TMA den angepassten neuen Vertrag, tritt dieser nach Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft. Anpassung Verleihverträge: Sofern der Einsatzbetrieb einverstanden ist, kann die Vertragsanpassung einvernehmlich vorgenommen und auf den 1. Mai 2016 in Kraft gesetzt werden; Weigert sich der Einsatzbetrieb den Verleihvertrag ausserterminlich anzupassen, kann die Vertragsanpassung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft gesetzt werden. 2 Die Vertragsanpassung in der Übersicht: Phase 1: Versuch einvernehmlich Abänderung Phase 2: Wie weiter? Phase 3: Änderungskündigung • Verleihbetrieb erläutert dem TMA die beabsichtigte Änderung des Vertrages • Verleihbetrieb gibt dem TMA den Vorschlag des geänderten Vertrages (Offerte) • Dem TMA ist eine angemessene Zeit (mindestens einige Tage) zur Prüfung der Offerte einzuräumen; TMA äussert sich über Annahme oder Ablehnung der Offerte (Schriftform verlangen). • Nimmt der TMA die Offerte an, gilt der angenommene Vertrag • Lehnt der TMA die Offerte ab, hat Verleihbetrieb zwei Möglichkeiten: •Dieser löst das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen auf, oder •Er spricht dem TMA eine Änderungskündigung aus • Damit bringt der Verleihbetrieb zum Ausdruck, dass er das Arbeitsverhältnis auflöst, aber bereit ist, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist unter geänderten Bedingungen (Mindestlohn, Tagesüberzeit) fortzusetzen. • Der neue Vertrag ist dem Änderungskündigungsschreiben beizulegen. • Verleihbetrieb räumt dem TMA eine Frist zur Annahme ein. • Nimmt der TMA an, gilt der geänderte Arbeitsvertrag nach Ablauf der Kündigungsfrist; • Lehnt der TMA ab, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist 4. Auf welchen Zeitpunkt treten die geänderten Verträge (Einsatz/Rahmen-, Verleihverträge) in Kraft? Der angepasste Einsatz- und der geänderte Verleihvertrag treten gleichzeitig in Kraft: unproblematisch Der angepasste Einsatzvertrag tritt zeitlich vor dem geänderten Verleihvertrag in Kraft: In diesem Fall muss der Verleiher dem TMA den höheren Mindestlohn ausrichten, kann dem Einsatzbetrieb aber weiterhin nur die tieferen Mindestlöhne weiterverrechnen. Er kann dem Kunden aber immerhin Tagesarbeitsstunden ab 9 Stunden mit einem Zuschlag von 25% in Rechnung stellen, obwohl er dem TMA den Überzeitzuschlag erst ab 9.5 Stunden schuldet. 3 Der angepasste Verleihvertrag tritt zeitlich vor dem geänderten Einsatzvertrag in Kraft: In diesem Fall muss der Verleiher dem TMA weiterhin ab 9 Tagesarbeitsstunden einen Überzeitzuschlag ausrichten, kann diesen dem Einsatzbetrieb aber erst ab 9.5 Stunden weiterverrechnen. Er kann dem Kunden aber immerhin bereits die höheren Mindestlöhne in Rechnung stellen, obwohl er dem TMA noch den tieferen Mindestlohn schuldet. 5. Wie sieht eine Änderungskündigung aus? Beispiel: Änderungskündigung Sehr geehrter (Frau / Herr) Aus den Ihnen am (dd/mm/jj mündlich) dargelegten Gründen, wurde Ihnen von unserer Seite das Angebot unterbreitet (Vertragsofferte vom (Datum)), das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen (neuer Arbeitsvertrag) weiterzuführen. Nachdem Sie sich nicht mit dem neuen Arbeitsvertrag einverstanden erklären konnten, sieht sich unser Betrieb aufgrund der Einhaltung des am (Datum) neu in Kraft getretenen GAV Personalverleih gezwungen, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist per (Datum) aufzulösen. Sollten Sie sich hingegen mit dem in der Beilage enthaltenen neuen (Einsatz- bzw. Rahmenvertrag), welcher den bisherigen ersetzen würde, einverstanden erklären, bitten wir Sie, den neuen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen und bis spätestens am (Datum) (Datum Poststempel) eingeschrieben im Doppel an uns zu retournieren. In diesem Fall würde das bestehende Arbeitsverhältnis - nach Ablauf der Kündigungsfrist - unter den Bedingungen des neuen Arbeitsvertrages weitergeführt. Falls wir den unterzeichneten neuen Arbeitsvertrag bis zum erwähnten Zeitpunkt nicht erhalten, gilt der bisherige Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter. Freundliche Grüsse Firma / Unterschrift - Neuer Arbeitsvertrag (im Doppel) Die obigen Erläuterungen können nur in allgemeiner Weise Anhaltspunkte für ein der Situation individuell anzupassendes Vorgehen bieten. Folglich sollten nicht unbesehen irgendwelche Formulierungen übernommen werden. Es empfiehlt sich deshalb, den Einzelfall genau zu prüfen und nötigenfalls juristische Unterstützung wie den Rechtsdienst von swissstaffing zu kontaktieren. Rechtsdienst, 4. April 2016 4
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