Falscher Bericht über LG Bochum

ROGERT & ULBRICH
Rechtsanwälte
PRESSEERKLÄRUNG
Verallgemeinernde falsche Berichterstattung in Abschreckungsabsicht
zu Gunsten des VW - Konzerns
im Zusammenhang mit dem Prozess zum Abgasskandal
vor dem Landgericht Bochum
Wir vertreten hunderte Geschädigte des VW – Abgasskandals. Vor dem Landgericht Bochum waren
wir nicht tätig. Umso erstaunlicher war es, wie der Wunsch der Medien VW - Flügel zu verleihen, um
einer Klagewelle zu entgegnen, durch alle Medien eifrig getragen wurde. Über die Rechte der
Geschädigten aber berichtete bis heute nur die freie Presse, wie AutoBild und FOCUS.
Sehr bedenklich stimmt, dass alle öffentlich-rechtlichen Medien zu dem Thema der Rechte der
Geschädigten schweigen und trotz vielfacher Kontaktaufnahmen unserer Kanzlei jedwede
Berichterstattung zugunsten der Geschädigten schlicht aus Staatsraison verweigern. Auch der
Verbraucherminister schweigt nach wie vor zu unserer schriftlichen und öffentlichen Aufforderung
die Geschädigten des Abgasskandals über ihre Rechte aufzuklären.
Die mündliche Verhandlung führte zum gewünschten Ziel von VW, Teilaussagen des Richters für eine
mediale Abschreckungskampagne auszuschlachten. Dies gelingt allerdings nur, wenn man zu diesem
Thema keine Juristen als Experten bemüht, da sich bei einem Einzelfall auch noch in der ersten Instanz
kein Jurist zu solchen Aussagen hätte verleiten lassen. So wurde der „Autopapst“ Prof. Dr. Dudenhöffer
bemüht.
Mit großem Interesse haben wir gelesen und im Radio gehört, dass der „Autopapst“ Prof. Dr.
Dudenhöffer und das Landgericht Bochum der Klage eines Geschädigten des VW-Abgasskandals keine
großen Erfolgsaussichten beimessen. Ehrlich gesagt sind wir über die Aussage des „Autopapstes“
erstaunt, da er in seiner Eigenschaft als hervorragender Volkswirt aber nicht gerade für seine
juristischen Fachkenntnisse bekannt ist.
Der Einzelrichter wies aufgrund dieses Vortrages darauf hin, dass er kaum Rechtsgeschichte schreiben
wolle und dass er wisse, man könne die Angelegenheit so oder so beurteilen aber er tendiere dazu,
keinen erheblichen Mangel zu sehen, der zum Rücktritt berechtige. Hierzu argumentierte der
Vorsitzende, dass der in der Klage lediglich geltend gemachte Mangel des erhöhten Stickoxidausstoßes
bereits deshalb nicht erheblich sei, weil er mit geringfügigem Aufwand zu beheben sei. Diese
Argumentation greift ersichtlich zu kurz.
Tatsächlich verhält es sich so, dass die Halter entsprechender Fahrzeuge nicht nur über die
Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs und den Stickoxidausstoß getäuscht wurden und daher ein
Sachmangel als Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit vorliegt sondern es ist auch zu
berücksichtigen, wie stark diese Abweichung ist und welche Konsequenzen sie für den Käufer hat.
Die Abweichungen sind – wie etwa das Team der ZDF-Sendung Frontal 21 „Die Abgaslüge“ mit
Unterstützung eines Berner Sachverständigenbüros festgestellt hat - enorm. Zudem führt die
Nacherfüllung ersichtlich (siehe Bericht Auto Motor Sport zum VW Amarok) zu einem erhöhten
Kraftstoffausstoß und damit zwingend auch zu erhöhten CO2-Werten.
Ferner stellt das KBA fest, dass die betroffenen Fahrzeuge über keine gültige ABE verfügen, sofern sie
nicht der Nacherfüllung zugeführt werden. Es steht also die Zulassungsfähigkeit und die
Betriebserlaubnis in Frage (=Sach- und Rechtsmangel). Der einschlägige § 19 Abs. 2 Nr. 3 StVZO ist
direkt oder analog anwendbar, da sind sich Juristen einig. Das KBA glaubt, dass die rechtswidrig
erteilten Typengenehmigungen durch nachträgliche – belastende – Verwaltungsakte (Auflagen) zu
rechtmäßigen Verwaltungsakten werden könnten. Das wäre allerdings ein Zaubertrick á la Houdini.
Meines Erachtens ist das nicht möglich. Es besteht daher die reelle Gefahr, dass die ABE erloschen ist
und die Behörden durch Gerichte gezwungen werden, entsprechend zu handeln.
Zudem stellt sich folgende Frage: Wenn es derart einfach sein soll, den Mangel zu beheben, weshalb
hat der Hersteller dann so tief in die Trickkiste gegriffen und seinen Ruf und sein Vermögen riskiert?
Das ist lebensfremd. Daher ist durch Sachverständige zu untersuchen, wie sich der NOX-Ausstoß, der
CO2-Ausstoß, die Leistung und der Kraftstoffverbrauch durch den Eingriff im Rahmen des Rückrufs in
der Vertragswerkstatt verändern. Sollte der NOX-Ausstoß ohne die unerlaubte Abschalteinrichtung
über den Grenzwerten liegen, wäre das Fahrzeug seine Zulassung und Betriebserlaubnis los. Davon ist
auszugehen, denn nur mittels der Manipulation konnten die Grenzwerte unterschritten werden. Dass
ein „Softwareupdate“ und ein billiges Kunststoffteil auf legalem Wege den NOX-Ausstoß verringern
können, erscheint unplausibel. Dann jedoch liegt ein Sach- und Rechtsmangel vor, der ohne Weiteres
zum Rücktritt berechtigt.
Zudem gibt es umfangreiche Rechtsprechung des BGH zu der Frage, wann eine Nacherfüllung
unzumutbar ist (zeitlicher Aspekt, Gefahr der Entstehung eines neuen Mangels, Vertrauensverlust,
arglistige Täuschung eines Dritten). Offenbar hatte der klägerische Anwalt diese Fragestellung nicht in
das Verfahren eingeführt. In diesem Fall steht der Weg zum Rücktritt nämlich ohne Weiteres offen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger entweder unzureichend vorgetragen hat oder das
Gericht den Sachverhalt unzureichend gewürdigt hat. Im Übrigen ist nicht einmal ein Urteil in der Welt
und der klägerische Anwalt kann noch argumentativ nachlegen. Dass die Beklagtenseite ein
wirtschaftlich interessantes Vergleichsangebot unterbreitet hat, was außergerichtlich bislang
überhaupt nicht vorkommt, ist doch auch ein starkes Indiz dafür, dass man sich auf Beklagtenseite
keineswegs auf der sicheren Seite wähnt.
Ob Klagen gegen den VW-Konzern, die auf einer anderen rechtlichen Basis erhoben werden,
erfolgreich sein werden, hierfür gibt das Verfahren vor dem LG Bochum schlichtweg gar nichts her.
Düsseldorf, den 03.03.2016
Prof. Dr. Marco Rogert
Rechtsanwalt
Tobias Ulbrich
Rechtsanwalt