ACKER+Management ACKER+Management Warentermingeschäfte – Teil 1 Das Prinzip des Warenterminhandels Das schützende Netz der Intervention, Garantiepreise und straff regulierte Agrarmärkte: Alles samt Schnee von gestern. Warentermingeschäfte sind eine Alternative, die der landwirtschaftliche Unternehmer selber mit- Quelle. Deutz gestalten kann. 64 64 ACKER+plus | 05.10 ACKER+Management Im Erntejahr bereits Erlöspreis für Folgejahr sichern senkram“ sei viel zu kompliziert und zeitaufwendig, ist auf dem Holzweg. Das Grundprinzip des Hedgings, so nennt der Börsianer eine Preisabsicherung mittels Terminkontrakten (den so genannten „Futures“) besteht darin, am Warenterminmarkt eine Position einzunehmen, die der Kassaposition (am tatsächlichen Markt) entgegengesetzt ist. So wird ermöglicht, sich heute einen Preis für ein bestimmtes Produkt zu sichern, das erst in Zukunft gekauft oder verkauft werden soll. Getreideproduzenten können mit einem Termingeschäft beispielsweise den Erlös ihrer Ernte fixieren, während diese noch auf dem Halm steht. Auf der anderen Seite kann ein Verarbeiter wie zum ACKER+plus | 05.10 Quelle. Deutsche Börse Group W eltmarktpreise schlagen heute geradewegs auf den Binnenmarkt und Inlandspreis durch und damit auch auf den eigenen Betriebsgewinn. Das erhöht nicht nur den Wettbewerbsdruck, sondern erfordert zunehmend die Effizienz im betrieblichen Risikomanagement jedes einzelnen Unternehmens. Eine sichere Erlösabschätzung vor diesem Hintergrund? Mittlerweile beinahe unkalkulierbar. Abhilfe muss her, wobei eines immer deutlicher wird: Zurücklehnen war gestern, mitdenken und vor allem mitmachen ist angesagt – und das bereits heute und wohl auch künftig mehr denn je. Neben fixen Lieferkontrakten mit Genossenschaften, Landhändlern, Zulieferern oder Verarbeitern können sich dabei auch Warentermingeschäfte als echte Alternative erweisen. Diese stellen für viele Bereiche oft die einzige, vielfach die effektivste und manchmal sogar schlichtweg die einfachste Möglichkeit zur Risikosteuerung und -streuung dar. Wer indes von vornherein denkt, der Terminhandel sei viel zu komplex, schwer zu durchschauen, ja, der „Bör- Der Bulle ist an der Börse das Symbol für steigende Kurse (Bullenmarkt), weil er stets mit den Hörnern von unten nach oben stößt. Der Bär hingegen steht für die Erwartung fallender Kurse. Beispiel eine Mühle ihre Rohstoffkosten schon Monate vor dem tatsächlichen Kauf auf den Cent genau planen. Während sich beide Seiten so einen Fixpreis gesichert haben, werden die Kontrakte indes in der Regel fast nie bis zur Fälligkeit gehalten, sondern die Preisdifferenz wird vorher ausgeglichen, im Börsen-Jargon: glattgestellt. Es handelt sich also um eine Art „Papiergeschäft“, ein Nullsummenspiel, bei dem in den meisten Fällen gar keine physischen Waren ausgetauscht, sondern vielmehr Kauf- und Verkaufspreise festgeschrieben werden können. Doch wie funktioniert das „Papiergeschäft“ genau? Ausgeglichen werden die Verluste aus der eigenen Terminmarkt-Position in der Theorie letztlich immer durch die genau entgegengesetzte Kassa-Position am tatsächlichen Markt und umgekehrt, weil die Wertentwicklung der beiden Positionen gen Ende der Fälligkeit gegenläufig ist. Ein so genannter Hedger (Preisabsicherung mittels Terminkontrakten), der die Warenterminbörse allein aus Absicherungsinteressen nutzt, ist also stets an zwei Märkten gleichzeitig aktiv. Im Optimalfall besitzen Hedger dabei relativ deckungsgleiche Bestände sowohl am Terminmarkt als auch am tatsächlichen, physischen Markt, um Gewinne oder aber auch Verluste in etwa wertentsprechend auszugleichen. Zu theoretisch? Dann machen wir es einmal ganz konkret an einem praktischen Beispiel klar: Praxisbeispiel Landwirt Sicher bewirtschaftet einen Marktfruchtbetrieb und möchte einen Großteil seiner Fläche auch in diesem Jahr wieder mit Weizen bestellen. Anstatt sich wie bisher mit dem Verkaufspreis zufrieden zu geben, den ihm der örtliche Erfasser zur Erntezeit zahlt, wirft er einen Blick auf die aktuellen Termin-Notierungen. Während seine Produktionskosten bei 100 €/t liegen, das kann sich Landwirt Sicher vorher genau ausrechnen, notiert eine Tonne August-Weizen am Terminmarkt derzeit bei 130 Euro. Weil er diese 130 €/t jedoch auch nach der Ernte gerne für seinen Weizen hätte, verkauft er schon im Oktober an der Terminbörse genau die Menge an Weizen, die in etwa seinen zu erwartenden Erntemengen im nächsten Sommer entsprechen. >> 65 ACKER+Management von 130 €/t, der genau seiner geplanten Kalkulation entspricht. Ganz ohne Verlierer geht es bei diesem „Spiel“ allerdings auch nicht, denn: Die Gewinne des Verkäufers sind die Verluste des Käufers und umgekehrt. Das dürfte den Produzenten jedoch auch im Falle einer für ihn ungünstigen Preisentwicklung am Kassamarkt nicht allzu sehr stören, denn indem er sich bereits frühzeitig für eine „Kauf“ von kalkulierbarer Preissicherheit Fixierung seines Verkaufspreises entschließt, hat er sich gleichzeitig und von vornherein für einen festen, für ihn zufriedenstellenden Deckungsbeitrag entschieden. Er „erkauft“ sich mit dem Termingeschäft also eine ganz genau kalkulierbare Preissicherheit, wo- bei er gleichzeitig auf etwaige Gewinne (beispielsweise als Getreideproduzent bei steigenden Weizenpreisen im Kassamarkt) verzichtet. Stefan Niggenaber Vorschau – Teil 2 Erfahren Sie im nächsten Teil unserer Serie mehr über den so genannten Future-Kontrakt (Terminkontrakt), kurz „Future“ genannt. Er ist die Basis jedes Termingeschäftes, eine obligatorische Vereinbarung, die nicht allein die zu liefernde Ware, sondern auch die Lieferbedingungen genau definiert. Lernen Sie, wie man mit einem Future selbst handelt und wie es überhaupt möglich ist, dass bspw. in den USA jährlich in etwa das Fünffache der tatsächlichen Erntemenge an den Terminbörsen gehandelt wird. Quelle. Deutsche Börse Group Um sich gegen Preisänderungsrisiken abzusichern, nimmt er dabei einen so genannten Leerverkauf an der Börse vor, das heißt er kauft August-Kontrakte (Futures). Damit geht er eine zunächst bindende Verpflichtung ein, die entsprechende Menge Weizen mit einer festgelegten Qualität eben im August des Folgejahres zu liefern. Im August des folgenden Jahres notiert der Kassapreis nun bei 115 €/t. Durch den Preisrückgang macht Landwirt Sicher nun am Kassamarkt 15 Euro je Tonne Verlust. Wir erinnern uns, 130 Euro hätte er gerne. Am Terminmarkt hingegen gewinnt Landwirt Sicher genau diese Preisdifferenz zurück, weil er seine Kontrakte für 115 €/t zurückkauft, sie aber im Oktober für 130 €/t verkauft hatte. Er hat seine Position am Terminmarkt somit glattgestellt und sich dadurch auch seiner Lieferverpflichtungen entledigt. Seinen Weizen liefert er nun über die üblichen Vermarktungswege vor Ort ab, kassiert 115 €/t, addiert seinen Terminmarkt-Gewinn von 15 €/t dazu und erzielt somit einen effektiven Verkaufspreis Sieht komplizierter aus als es tatsächlich ist: An der Warenterminbörse werden Kauf- und Verkaufspreise festgeschrieben – ein gutes Werkzeug im betrieblichen Risikomanagement. 66 ACKER+plus | 05.10
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